Als ich im Dezember 2017 das Manuskript meines Kaplaken-Bändchens „Tote weiße Männer lieben“ abschloß, war die Verbindung von antiweißem Rassismus und Misandrie noch kein sonderlich verbreitetes Thema, jedenfalls nicht aus der Perspektive einer Kritik daran. Die politkorrekten Diskursmatadore schwangen zu diesem Zeitpunkt allerdings schon länger ihre Capas.
Die notorische Taz unterhielt ab 2016 eine Kolumne mit dem Titel „Dumme weiße Männer“, deren Verfasser, „Wortpolizist“ (Selbstbeschreibung) Lalon Sander darin Sätze wie diesen von sich gab: „Weiße Männer sind stolz darauf, reicher zu sein als zum Beispiel ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘. Dabei haben sie ihren Wohlstand über Jahre zusammengeklaut.“
Die geballte wirtschaftshistorische Kompetenz, die sich darin ausspricht, findet ihr entwicklungspsychologisches Gegenstück bereits 2012 in der Zeit, wo die amerikanische Kulturwissenschaftlerin Marcia Pally dekretierte „Der weiße Mann muß nicht untergehen – er muß nur erwachsen werden.“
Mittlerweile mutet das harmlos an. Der Hass (es gibt kein anderes Wort) gegen „weiße Männer“ ist medial omnipräsent geworden und wird wie eine Eintrittskarte in den Diskurs der Wohlgesinnten vorgezeigt. Im Magazin der Süddeutschen Zeitung ventiliert ein weißer Mann seine Verachtung für „alte weiße Männer“, die ungerechtfertigte Privilegien genössen, auf Twitter tobt die Schlacht um den Hashtag „#MenAreTrash“, der als „#WhiteMenAreTrash“ gelesen werden muß, da jede Kritik an importierten Macho-Kulturen tabu ist.
Parallel dazu gibt man bezeichnenderweise erstmals zu, daß den Deutschen eine Minderheitenexistenz im eigenen Land bevorsteht, was für achtzigjährige CDU-Politikerinnen keinen Anlass zur Beunruhigung darstellt. Die Einschläge kommen näher.
Wie die verschärfte Diskriminierung im akademischen Bereich aussehen kann, demonstriert wieder einmal Großbritannien: Die „School of Physics and Engineering“ der Universität Birmingham betreibt ein Projekt, das weißen Professoren ihr „unbewußtes Vorurteil“ gegen Frauen und Minderheiten vor Augen führen soll. Klären soll es ferner, welche „tieferliegenden Gründe zur Unterrepräsentation von Frauen und ethnischen Minderheiten in akademischen Spitzenpositionen führen“.
Die Maßnahme ist Teil eines 5,5 Millionen Pfund schweren „Anti-Diskriminierungs“-Programms der Regierungsagentur EPSRC („Engineering and Physical Sciences Research Council“), mit dem „Equality, Diversity and Inclusion“ in Ingenieurwissenschaften und Physik gefördert werden sollen. Allein das ist erstaunlich, denn die Aufgabe der EPSRC war bislang die Förderung von Forschung in den genannten naturwissenschaftlichen Fächern, nicht der ideologiekonforme Umbau von Universitätsinstituten.
Im Rahmen der Fördermaßnahme wird jedem (weißen) Professor eine jüngere, farbige Kollegin als „Mentorin“ an die Seite gestellt wird. Zweck, so der Projekt-Leiter, sei es, daß die Kollegen sich möglichst unbehaglich fühlen und so ihres weißen Privilegs und ihrer unbewußten Vorurteile innewerden mögen: „…said he hoped the scheme would allow eminent professors to confront their own biases and leave them ‚feeling quite uncomfortably‘“.
(Offenbar sind Männer aus islamischen Kulturen oder aus Indien mangels weißen Privilegs von Vorurteilen gegen Frauen völlig frei. Das ist ja nicht unzutreffend, denn das Wegsperren von Frauen oder das Anzünden bei mangelhafter Mitgift beruhen ja nicht auf einem Vorurteil, sondern auf einem Urteil, wie die Welt zu sein hat. Vorurteile haben bekanntlich nur Europäer.)
Das fügt sich nahtlos in das Muster, das ich in „Tote weiße Männer lieben“ analysiert habe, etwa in die angestrebte Ersetzung der Büsten verdienter Gründungsprofessoren durch eine Bildergalerie farbiger Studenten und Dozenten (sog. „Wall of diversity“), natürlich insbesondere weiblicher, am renommierten und altehrwürdigen King’s College, London.
Die Hochschule ruderte nach dem Interview mit dem Telegraph, in dem sich der zuständige Dekan als eingefleischter Labour-Aktivist beschrieben hatte, zwar hastig zurück, aber dieser hatte der Zeitung seine Absichten in sehr eindeutiger Form zu Protokoll gegeben.
Die Formulierung „eminent professors“ spricht dabei Bände. Der hochrangige männliche Akademiker wird als Symbol und Stellvertreter für die Leistungen westlicher Zivilisation und Kultur gezielt ins Visier genommen. Die Kultur wird treffsicher in ihren Eliten attackiert. (Die Übertragung dieses Mechanismus auf Frauen ist nur eine Frage der Zeit und hat in den englischsprachigen Ländern bereits eingesetzt, wo weiße Feministinnen von farbigen wegen ihrer „Privilegien“ ins Visier genommen werden.)
Verräterisch ist die Sprache auch der Überschrift des Artikels: „Male, pale and stale university professors to be given ‚reverse mentors‘.“ Diese Wendung, etwa „männlich, blaß und altbacken“ ist seit etlichen Jahrzehnten belegt, taucht aber in letzter Zeit mit inflationärer Häufigkeit in den englischsprachigen Medien auf. Es ist einer der vielen Versuche, weiße Männlichkeit negativ zu rahmen, hier mit Hilfe eines suggestiven Schlagreims, der sich festsetzt wie ein musikalischer Ohrwurm.
Daß die Orwellsche Maßnahme, verdiente Hochschullehrer und Forscher durch eine Kontrollperson einzuschüchtern, genau die Diskriminierung nach Rasse und Geschlecht ist, die sie zu bekämpfen behauptet, ist jeder auch nur halbwegs bei Verstand befindlichen Person klar. Soziologische Spezialkenntnisse sind dazu nicht vonnöten.
Interessant ist vielmehr, daß es den Vorkämpfern des ethnischen Masochismus gelingt, dies auszublenden, eine geradezu absurde Leistung moralischer Gymnastik angesichts der Tatsache, daß sie selbst jederzeit die nächsten sein können. Denn in diesem wie in dem hier beschriebenen Fall sind es weiße Männer, die die Maßnahmen gegen ihre Vorgänger und Kollegen auf den Weg gebracht oder dies zumindest versucht haben.
Die Kombination von antiweißem Rassismus mit Misandrie bietet dem politisch korrekten Diskurs nach wie vor unschlagbare taktische Möglichkeiten. Sie sichert ein breites Bündnis aus farbigen Studenten und Nicht-Studenten beiderlei Geschlechts, weißen Feministinnen und weißen „allies“, jenen „Verbündeten“, die sich in letzter Zeit auf Twitter breit machen. Alle sind entweder diskriminiert oder empören sich über Diskriminierung – unter Bedingungen eines universalisierten Schulddenkens die perfekte win-win-Situation.
Der weiße „Ally“ ist ökologisch perfekt in die euroamerikanische Selbsthasskultur eingepasst und profitiert, eine Art Trichine im Speck verordneter Korrektheit, parasitär vom Aufstieg der ethnischen Minderheiten − was sich im Falle eines fortschreitenden Machtverlusts der Noch-Mehrheitskultur bald schmerzlich erledigen könnte. Als Mitreisende im Diskriminierungszug belegen sie die Schleudersitze.
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John Haase
Auch in den deutschen Medien häuft sich in letzter Zeit das Geschimpfe auf explizit weiße Männer stark. Auf Deutsch wirkt das sogar noch etwas gruseliger als auf Englisch, weil es bei uns eben keine historisch gewachsenen braunen Minderheiten gibt, mithin tritt wegen der Verschrobenheit der Formulierung der Kampagnencharakter der Sache noch deutlicher hervor. Ist „Gegen den weißen Mann“ die neue Homoehe?
Wie zu erwarten, ist man in der SPD eifrig mit von der Partie. Besonders seltsam, da alte weiße Männer vermutlich 50% der SPD-Wähler sind (die anderen sind alte weiße Frauen). So sagte Barbara Hendricks bereits im Februar, daß die Zeit der alten weißen Männer vorbei sei. Wessen Zeit anstelle derer angebrochen sein soll, verriet sie allerdings nicht. Es dürfte sich jedoch kaum um die Zeit der alten weißen kinderlosen Kampflesben handeln.
Wenn wir es nicht verhindern können wahrscheinlich das Zeitalter der Orks, fürchte ich.