Die sechs anderen Parteien versuchen zu verhindern, daß diese Frage unüberhörbar gestellt werden kann, und mehr: Es wäre ihnen immer noch am liebsten, wenn es den Fragesteller, den Infragesteller, gar nicht gäbe. Aber es gibt ihn.
Die AfD hat vor kurzem in einer von Infratest Dimap veranstalteten Umfrage bundesweit 18 Prozent erreicht und die SPD als zweitstärkste Kraft abgelöst. In den östlichen Bundesländern kursiert sowieso der andeutende und im Moment der Erkenntnis verblüffend wirklichkeitsnahe Spruch, daß es eine ehemalige und eine neue Volkspartei gebe.
Es gibt daher einen Grund, warum es vor allem die Vertreter der ehemaligen Volkspartei sind, die in ihren Gehirntaschen graben, um nach der vorletzten die letzte und dann die allerletzte Patrone herauszuklauben und sie auf den Gegner abzufeuern.
Ich meine zum Beispiel Martin Schulz, der vor anderthalb Jahren noch über Wasser gehen konnte und 102 Prozent der parteiinternen Stimmen eroberte, bei der großen Wahl aber absoff und nun als historisch viertelgebildeter Moralist die Faschismuskeule auspackt und letzten Applaus einsammelt – wobei der Eifer der Klatscher wiederum kennzeichnend für jene Sorte Mensch ist, die von ihrem alltäglichen Elend ablenken wollen.
Und ich meine Johannes Kahrs, der große Erfahrung in Hinterfotzigkeit hat und zuletzt so sehr unangemessen austeilte, daß der Applaus über ihn sogar aus der eigenen Sitzreihe eher spärlich niederging. Man darf sich sicher sein: Etliche seiner Kollegen wissen, daß es Kläffer gibt, die man besser hinterm und nicht im Hohen Hause hält.
Man muß solche Leute machen lassen, einfach machen lassen, denn alles trägt dazu bei, daß der Ruf nach einer Alternative, nach grundlegenden Veränderungen immer lauter wird, immer mehr Wähler erreicht und bei immer mehr Wählern jene über Jahrzehnte angezüchtete Hemmung beseitigt, die sie noch in der Wahlkabine daran hindert, das Kreuz an der richtigen Stelle zu setzen.
Es geht nun seit zwei Wochen die Angst vor dem Verfassungsschutz um in der AfD. Zwei Landesverbände der Parteijugend werden beobachtet, und über eine Beobachtung des Thüringer Landesverbandes ließ der dortige Chef des Amtes für Verfassungsschutz verlauten, man prüfe die Beobachtung.
Weil eine Beobachtung, die gerade erst beginnt, noch kein Ergebnis ist, kann die Prüfung einer Beobachtung erst recht noch kein Ergebnis sein – und ist eigentlich keine Meldung wert. Beide Ankündigungen aber – Beobachtung ebenso wie die Prüfung einer solchen – klingt in den Ohren derer, die sich von der Möglichkeit einer Mahnung vom Kaufe abhalten lassen, so, als läge das verfassungsfeindliche Ergebnis bereits vor.
Die Ankündigung einer Beobachtung ist also im besten Falle das erzieherische Mittel einer neutralen Behörde, im Normalfall jedoch die politische Waffe der herrschenden Klasse. Gegen die AfD wird diese Waffe in Bremen und Niedersachsen durch Länder mit SPD-Ministerpräsidenten, in Thüringen durch ein Land mit einem Ministerpräsidenten der LINKEN in Stellung gebracht, und Thüringen ist auch mit Blick auf das Vorgehen des Chefs der Behörde selbst, Stephan Kramer, ein schlagendes Beispiel. Kramer ist Mitglied des Stiftungsrates der Amadeu Antonio Stiftung. Er
hatte am 6. September vor TV-Kameras seinen neuen Verfassungsschutzbericht präsentiert. Darin kritisierte er AfD-Rechtsaußen Björn Höcke (46) und zitierte dabei 4:30 Minuten wörtlich aus der Linken-Zeitschrift „Graswurzelrevolution“ – ohne dies zu sagen. Die Anarcho-Postille kämpft seit 1972 für die Abschaffung unseres Staates und wurde früher selbst vom Verfassungsschutz beobachtet und als „linksextrem“ eingestuft. (Quelle)
Gemessen an dermaßen ruinierten Maßstäben ist jeder im passenden Moment Verfassungsfeind, und im vorliegenden Fall trifft es nun die einzige im Bundestag vertretene Partei, die in den vergangenen Jahren Demokratie eingefordert und hergestellt hat. Oder hat irgendjemand schon vergessen (um nur ein Indiz zu nennen), daß überall dort, wo die AfD antritt, die Wahlbeteiligung weit über den Werten liegt, die in alternativlosen Zeiten erreicht wurden?
Aber eine politische Waffe ist eine Waffe, sonst hieße sie nicht so. Man muß den Einsatz des Verfassungsschutzes gegen die einzige Partei, die die Verfassung schützen will, sehr ernst nehmen, und daher lautet der Rat an die AfD: keine Fehler machen!
Das Schwert muß in der Hand des Gegners stumpf werden, und stumpf wird es nur, wenn er es folgenlos zum Einsatz gebracht hat, offensichtlich folgenlos, für jeden offensichtlich folgenlos.
Daher drei Ratschläge:
1. Die Partei muß ernst nehmen, was in ihr als Schlagwort gilt: daß wir unter einer “Herrschaft des Unrechts” zu leben haben. In den falschen Händen gehört auch der Verfassungsschutz zu den Herrschaftsinstrumenten des Unrechts, und die AfD darf nun, also im entscheidenden Moment, nicht vergessen, daß sie angetreten ist, dieser Herrschaft ein Ende zu bereiten und das Recht wieder ins Recht zu setzen.
2. Die sogenannten “Liberalen” in der Partei müssen sich von dem Gedanken verabschieden, daß es im Kampf um die politische Macht eine AfD in einem Zustand gäbe, der für die herrschende Klasse und ihre Zivilgesellschaft akzeptabel wäre. Mit oder ohne Höcke, mit oder ohne Vogelschiß: knapp 20 Prozent (und im Osten Mehrheitswerte) sind in jeder Form inakzeptabel für diejenigen, die es sich im erbeuteten Staat gemütlich gemacht haben. Kurze Gedächtnisübung: Der Gegner befindet sich außerhalb der Partei. Außerhalb! AUSSERHALB!!
3. Die Partei muß in den nächsten Wochen weniger nach außen, mehr nach innen arbeiten: Gewählt wird sie sowieso – es gibt ja keine Alternative. Schlimm wäre jedoch, wenn sich nun die ängstlicheren parteiinternen Teile von der Androhung in Panik versetzen ließen und um ihre Reputation fürchteten. Deshalb ist jeder beruhigende Satz nach innen, ist jeder Kurzurlaub in AfD-Regionen wie dem Erzgebirge oder dem Süden Sachsen-Anhalts Gold wert. 20 Prozent kriegt der Gegner nicht mehr klein, außer es gelingt ihm, sie aufzuspalten. Und dies kann nur gelingen, wenn die Sorte AfD-Erklärer, die sich bisher stets irrte, nun wiederum zu Irrtum bläst und Panik verbreitet – mit Panik-Vorträgen etwa, in denen der Untergang der “Republikaner” Mitte der Neunziger Jahre auf einen drohenden Untergang der AfD übertragen wird.
Und noch ein Ratschlag:
4. Schaut nach links, schaut, wer dort alles seit Jahren nicht nur beobachtet wird, sondern in den VS-Berichten als offen verfassungsfeindlich geführt und dennoch von der Zivilgesellschaft “gegen rechts” eingemeindet, gefeiert, durchgefüttert wird, oder gar staatlicherseits gefördert, prämiert und beschirmt. Man blickt dann gelassener auf die Androhung einer (ergebnisoffenen) Beobachtung und denkt in anderen politischen Zeiträumen.
numerusclausus
So läuft es eben in einer wirklich lupenreinen Demokratie.
Vertreter der Altparteien ätzen ungestraft wo sie nur können, fordern Entlassungen als vorweggenommenes Ergebnis von nicht abgeschlossenen internen Untersuchungen eines öffentlichen Dienstherrn gegen seinen Beschäftigten (Stichwort: Deutschlandhutaffäre) und lamentieren öffentlichkeitswirksam über die Prüfung der Möglichkeit einer womöglich möglichen Beobachtung einer demokratisch gewählten Partei.
Der Einschüchterungsmechanismus ist immer derselbe:
Disziplinierung der unberechenbaren Öffentlichkeit durch Androhung und Inaussichtstellung eines existentiellen sozialen und/oder politischen Vernichtungsschlages gegen Einzelne. Das Drohpotenzial so einer Fliegenklatsche ist leider gewaltig...
"Die Partei muß in den nächsten Wochen weniger nach außen, mehr nach innen arbeiten: Gewählt wird sie sowieso - es gibt ja keine Alternative."
Die Alternative für Deutschland wird somit jedenfalls immer alternativloser.