Wir können der Welt nichts geben, wenn wir nichts haben

In seinem Buch Die Benedikt-Option zieht der konservative, amerikanische Kolumnist Rod Dreher ein deprimierendes Fazit.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Zugleich bie­tet er eine fas­zi­nie­ren­de Lösung an.  Für ihn ist klar: Die west­li­che, christ­li­che Welt ist ver­lo­ren. Die mate­ria­lis­ti­sche Kon­sum­kul­tur hat die Rech­te wie die Lin­ke erfaßt.

Die Demo­kra­ten stün­den für Lust, die Repu­bli­ka­ner für Gier. Bei­de hät­ten kei­ne ech­te Lösung für die Kri­sis der Moder­ne, deren Defi­ni­ti­on der christ­lich-ortho­do­xe Autor von Alasd­air Mac­In­ty­re und Zyg­munt Bau­man ablei­tet: Das Auf­kom­men des Nomi­na­lis­mus, des Sub­jek­ti­vis­mus und Indi­vi­dua­lis­mus, bis hin zum Huma­nis­mus, beglei­tet von Empi­ris­mus, Reduk­tio­nis­mus und tech­ni­scher Prä­zi­si­on habe ein geis­ti­ges Cha­os gestif­tet. Die Auf­klä­rung habe die Wur­zeln der Tra­di­ti­on abge­schnit­ten, aber es nicht ver­mocht, eine alter­na­ti­ve sta­bi­li­sie­ren­de Idee zu hin­ter­las­sen. Die Ver­su­che, eine poli­ti­sche Reli­gi­on zu schaf­fen, ende­ten im Wahnsinn.

Das Ergeb­nis ist eine laue, zyni­sche Post­mo­der­ne, deren ein­zi­ge „hei­li­gen“ Grund­sät­ze die Ableh­nung aller Grund­sät­ze und mit­hin die Skep­sis vor jedem Idea­lis­mus ist. Wir leben nach Dre­her in einer geis­ti­gen Völ­ker­wan­de­rungs­zeit. Die „liqui­de Moder­ne“ (Bau­man) hat alles erfaßt und durch­drun­gen. Auch das Chris­ten­tum wur­de von ihrem Geist (und nicht etwa einer sinis­tren Kaba­le) infil­triert. Es bie­tet einen „the­ra­peu­ti­schen Deis­mus“ am Markt der Sinn­an­ge­bo­te feil. Es war und ist nicht in der Lage, die Wel­le aufzuhalten.

Dre­hers Resi­gna­ti­on und Ekel über den sta­tus quo ist ehr­lich, sei­ne Ant­wort dar­auf radi­kal. Er sieht kei­ne ech­ten poli­ti­schen Ein­fluß­mög­lich­kei­ten mehr. Sowohl Lin­ke als auch Rech­te ori­en­tier­ten sich nach unten, das heißt, an einem popu­lis­ti­schen, och­lok­ra­ti­schen Mate­ria­lis­mus. Die Medio­kra­tie zwingt sie gera­de­zu, sich gegen­sei­tig zu unter­bie­ten und an die tiefs­ten Instink­te, den Sozi­al­neid, sowie plum­pes Grup­pen­den­ken zu appel­lie­ren und vor allem: der Mas­se ein­zu­re­den, daß sie grund­le­gend in Ord­nung sei, daß sie in ihrem Kon­su­mis­mus und Mate­ria­lis­mus gerecht­fer­tigt sei und es kei­ne ech­te inne­re Wen­de, kei­ne radi­ka­le Kri­tik des Gan­zen geben müsse.

Zwar ist Dre­her als Repu­bli­ka­ner froh über Trumps Wahl­er­folg (das Buch wur­de in Erwar­tung eines Siegs von Hil­la­ry Clin­ton ver­fasst), doch er sieht in ihm nicht ein­mal einen Kat­echon. Der libe­ra­le Wes­ten zuckt in den Augen des Autors zwi­schen „Via­gra und Dow Jones“ hin und her und über­tönt mit der „Kako­pho­nie der Kon­tem­po­rär­kul­tur“, den „Ruf von Wahr­heit und Weis­heit“. Als Gläu­bi­ger, wir dür­fen ergän­zen als Kon­ser­va­ti­ver, ist man in ihr ein Frem­der. Ins­be­son­de­re ein Satz von ihm spricht Mil­lio­nen kon­ser­va­ti­ven Fami­li­en­vä­ter im Wes­ten aus der See­le, die ohn­mäch­tig mit­an­se­hen müs­sen, wir ihre Kin­der in den staat­li­chen Schu­len und Unis ideo­lo­gisch umge­polt werden:

Ich habe oft das Gefühl, daß es mei­ne größ­te Auf­ga­be als Vater ist, Kin­der mit einer Lie­be zum Guten, zur Wahr­heit und zur Schön­heit zu erzie­hen, die dann aber  in die­ser Gesell­schaft wie Frem­de sein werden.

Die Lösung die Rod Dre­her vor­schlägt,  ist eben­so radi­kal wie sei­ne Ver­falls­the­se: Eine neue Völ­ker­wan­de­rungs­zeit und ein neu­er Zivi­li­sa­ti­ons­bruch brau­chen einen neu­en Hei­li­gen Bene­dikt. Er beschreibt die Lebens­ge­schich­te des Mönchs, der aus der spät­an­ti­ken Urba­ni­tät in die Wild­nis zog und dort mit sei­nen rudi­men­tä­ren Lebens­re­geln in monas­ti­schen Kom­mu­nen eine Gegen­kul­tur aufbaute.

Die­se Klös­tern wur­den zu  cha­o­sum­wog­ten Archen des Wis­sens und des Glau­bens. In einer his­to­ri­schen Anwen­dung der „pre­fi­gu­ra­ti­ve politics“-Strategie wur­den sie zu den Keim­zel­len für das euro­päi­sche Mit­tel­al­ter, das nach Dre­her „von Man­gel gepei­nigt, aber schwan­ger an Sinn“ war. „Pre­fi­gu­ra­ti­ve poli­tics“ sind nach dem Poli­to­lo­gen Carl Boggs jene poli­ti­schen Ansät­ze, die in ihren akti­ven Ver­tre­ter bereits die Zukunft der erwünsch­ten Gesell­schaft vor­weg­neh­men wollen.

Für Bene­dikt und Dre­her geht es aber weni­ger um eine hip­piek­se Lebens­re­form, son­dern um die Bewah­rung einer Leh­re, Geis­tes­hal­tung und eines Men­schen­ty­pus. Er pro­pa­giert die Schaf­fung neu­er bene­dik­ti­scher Rück­zugs­or­te, in Form von Sied­lungs­krei­sen, Pri­vat­schu­len, kul­tu­rel­len Netz­wer­ken und vor allem einer Wie­der­be­le­bung des monas­ti­schen Geists, so die empha­ti­sche Auf­for­de­rung des Autors an sei­ne zahl­rei­chen Leser, sich von der akti­ven Poli­tik dem Wachs­tum im Inne­ren zuzuwenden.

Für das Leben „in, aber nicht von der Welt“ gibt er in sei­nem Buch kla­re und prag­ma­ti­sche Hand­lungs­an­wei­sun­gen. Vor­bild ist die schein­ba­re Ange­passt­heit der Juden an das Leben im Baby­lo­ni­schen Exil: funk­tio­nie­ren, aber nicht dazu­ge­hö­ren. Es ist ein Vade­me­kum für das Leben als geis­ti­ger Exi­lant in einem Zeit­al­ter des Nihilismus.

Das Fas­zi­nie­ren­de an Dre­hers Denk­an­satz ist, daß die „Bene­dikt Opti­on“ kein meta­po­li­ti­scher Schach­zug am Weg zur Macht, son­dern eine Absa­ge an sie dar­stellt. Die Opti­on ist eine Ant­wort auf Dre­hers Fra­ge: Hat die west­li­che Gesell­schaft die geis­ti­ge und mora­li­sche Sub­stanz für eine Rege­ne­ra­ti­on? Er beant­wor­tet das mit „Nein“ und schlägt vor, reli­gi­ös-kul­tu­rel­le Archen zu bau­en, aus denen nach dem Zer­fall ein­mal eine neu­er Anfang ent­ste­hen kann.

So elek­tri­sie­rend die­se Opti­on auf den ers­ten Blick wirkt, so pro­ble­ma­tisch wirkt die Ana­lo­gie auf den zwei­ten. In der Völ­ker­wan­de­rungs­zeit waren die Klös­ter nicht nur Hor­te des Glau­bens und des Geis­tes, son­dern auch der Tech­nik und der Zivi­li­sa­ti­on. Nicht nur die Reli­gi­on, son­dern auch Fer­tig­keits­wis­sen von Acker- und Brun­nen­bau bis zu Heil­kunst und Bier­brau­en mach­te die Klös­ter so wirk­mäch­tig. Sie waren in ihrer Zeit die alter­na­tiv­lo­sen Zen­tren der „meta­po­li­ti­schen“ Macht. Um sie gab es nur ein zer­fal­len­des Reich und Cha­os, aber kei­ne ech­te geis­ti­ge, spi­ri­tu­el­le und lang­fris­ti­ge macht­po­li­ti­sche Alter­na­ti­ve. Das auf­ge­wühl­te, poli­ti­sche Cha­os muß­te sich dann not­wen­dig um die­se geis­ti­gen Zen­tren her­um strukturieren.

Das heu­ti­ge Cha­os ist womög­lich anders. Es ist kei­ne Absenz von Ord­nung, son­dern das neue, bizar­re Ord­nungs­prin­zip selbst. Es ist intel­li­gent, es ist sta­bil in sei­ner stän­di­gen Desta­bi­li­sie­rung, De- und Reter­ri­to­ri­a­li­sie­rung und es ist noch lan­ge nicht am Ende sei­ner Expan­si­on angelangt.

Der seins­ge­schicht­li­che Abschnitt des Gestells und des neu­zeit­li­chen Sub­jek­ti­vis­mus hat sei­ne vol­len Ent­fal­tungs­mög­lich­kei­ten noch lan­ge nicht aus­ge­schöpft. Kin­der-Drag­queens , schwan­ge­re Trans­män­ner und Men­schen, die sich als Hun­de iden­ti­fi­zie­ren, sind nur ein klei­ner Vor­ge­schmack auf die kom­men­de Revol­te des „Radi­kal­sub­jekts“.

Die reli­giö­sen Leh­rer und Pro­phe­ten der heu­ti­gen Zeit hei­ßen nicht mehr Bene­dikt oder Tho­mas von Aquin, son­dern Elon Musk und Jor­dan Peter­son. Die Intel­lek­tu­el­le Eli­te, wel­che die euro­päi­sche Ideen­ge­schich­te beerbt hat, ihre Biblio­the­ken archi­viert und ihre Tra­di­tio­nen kom­men­tiert und kri­ti­siert, denkt links­li­be­ral, ega­li­ta­ris­tisch, indi­vi­dua­lis­tisch und uni­ver­sa­lis­tisch. Sie wird nicht auf­hö­ren zu den­ken, zu schrei­ben und zu pro­du­zie­ren, eben­so wie die Tech­nik nicht auf­hö­ren wird, sich weiterzuentwickeln.

Ein Ende die­ser glo­ba­len Hyper­zi­vi­li­sa­ti­on ist, wenn man sie bis dahin gewäh­ren läßt, viel­leicht nur als Ende der gan­zen Mensch­heit denk­bar. Die Par­al­le­len mit dem alten Rom stim­men in vie­ler­lei Hin­sicht nicht. Rom war kei­ne moder­ne uni­ver­sa­lis­ti­sche Glo­bal­kul­tur. Rom kann­te kei­ne neu­zeit­li­che Tech­nik, deren Fort­schritt rela­tiv irrever­si­bel erscheint. Rom hat­te kei­ne geo­po­li­ti­schen Her­aus­for­de­rer, die das zer­fal­len­de Reich umge­hend kolo­nia­li­sie­ren konn­ten. Die Welt war noch nicht klein. Man konn­te noch eine “Aus­zeit” von der Geschich­te neh­men, ohne von ihr über­rollt zu wer­den. Vor allem war das römisch-christ­li­che Euro­pa selbst auch kein inte­gra­ler Rück­kehr zu einer ewi­gen Ord­nung, son­dern selbst ein ideen­ge­schicht­li­cher Fort­schritt in Rich­tung Auf­klä­rung und Atheismus.

Der “Welt­geist” leb­te auch in Bene­dikts Pro­jekt, das auf der geis­ti­gen Höhe sei­ner Zeit war. Der Rück­zug und das War­ten scheint mir heu­te im Ange­sicht des­sen eher eine aus­schließ­lich reli­giö­se Opti­on zu sein.

Die Hoff­nung auf einen Zusam­men­bruch durch einen Tag X hal­te ich für einen Aus­druck des stra­te­gi­schen und ideo­lo­gi­schen Bank­rotts. Sie hat ihren Platz in der Reli­gi­on als heils­ge­schicht­li­cher Chi­li­as­mus. Aber wenn man poli­ti­sche Rat­schlä­ge gibt, ist die­ses Den­ken fehl am Platz.

Ich fin­de: Man muß ein­grei­fen und ein­wir­ken, sub­ver­siv und offen­siv, geis­tig und poli­tisch. Man muß sich mit dem kon­tem­po­rä­ren Den­ken aus­ein­an­der­set­zen, sich in die­ses ein­schrei­ben, sei­ne Fäden auf­drö­seln, wo es geht, anknüp­fen und sie, wo es sein muß, abschnei­den. Die „Kul­tur­re­vo­lu­ti­on von Rechts“, also die Rück­erobe­rung der Ideen­ge­schich­te von den lin­ken Uni­ver­sa­lis­ten, ist nach wie vor das alter­na­tiv­lo­se Ziel, um die end­gül­ti­ge Ver­wirk­li­chung ihres Cha­ospo­ten­ti­als auf­zu­hal­ten. Nur in der Aus­ein­an­der­set­zung eröff­nen sich neue Seinsmöglichkeiten.

Dre­her hat aller­dings in einem unbe­streit­bar Recht. Ein Satz von ihm brennt sich ins Gedächt­nis: „We can­not give the world what we do not have.” Aus reli­giö­ser Sicht beklagt er, daß das Ein­wir­ken auf die Welt und die Jagd nach poli­ti­schen Erfol­gen, die Anpas­sung an die Popu­lär­kul­tur, das poli­ti­sche Cam­paig­ning und Lob­by­ing, die Insta­gram-Kanä­le und die You­Tube Skits die kon­ser­va­tiv-christ­li­che Welt inner­lich aus­ge­höhlt haben.

Die bene­dik­t­i­ni­schen Räu­me, als Korn­kam­mern eines ande­ren Lebens, als Rück­zugs­or­te und Lich­tun­gen in “Dickicht der Moder­ne” (McIn­ty­re), sind drin­gend nötig. Die geis­ti­ge Radi­ka­li­tät und das Stre­ben nach einem Typus, der Welt­an­schau­ung und Lebens­füh­rung in sich ver­eint, dür­fen nicht der prag­ma­ti­schen Selbst­op­ti­mie­rung oder tak­ti­schen Selbst­ver­harm­lo­sung geop­fert wer­den. Sonst hat man irgend­wann eine gro­ße Reich­wei­te, aber nichts zu sagen. Man hat viel­leicht poli­ti­sche Macht aber weiß nichts Wesent­li­ches damit anzufangen.

Die Gefahr, vor der Dre­her warnt, sehen wir, gera­de im „Tri­umph“ des Rechts­po­pu­lis­mus, über­all. Wir sehen sie sowohl in der Iden­ti­tä­ten Bewe­gung, wie es Alex­an­der Mar­ko­vics in einem inter­es­san­ten (aber etwas über­spitz­ten) Arti­kel aus­führt. Wir sehen sie im rechts­in­tel­lek­tu­el­len Lager und natür­lich in den rechts­po­pu­lis­ti­schen Par­tei­en. Wenn der Aus­bruchs­wil­le aus der geis­ti­gen Matrix der Moder­ne ver­lischt, wenn der Ekel vor ihrem Men­schen- Welt und Wahr­heits­ver­ständ­nis, ihrer Plas­tik­welt und die von ihr gespawn­ten NPCs schwin­det, dann hat man nichts mehr zu geben. Dann wur­de die poli­ti­sche Prag­ma­tik zur geis­ti­gen Selbst­kas­tra­ti­on. Die “Bene­dikt Opti­on” bedeu­tet auch und vor allem geis­ti­ge Arbeit.

Der Rech­ten fehlt nach wie vor eine ideen­ge­schicht­li­che Ant­wort auf die bren­nen­den öko­no­mi­schen, öko­lo­gi­schen und phi­lo­so­phi­schen Fra­gen der Neu­zeit. Der Wan­del der Arbeits­ge­sell­schaft, Trans­hu­ma­nis­mus, Trans­gen­der, Glo­ba­li­sie­rung, Kli­ma­ver­än­de­rung – auf all das wird eher lust­los und defen­siv reagiert, weil man dar­auf kei­ne Ant­wor­ten weiß.

Das drit­te Lager und der Kon­ser­va­ti­vis­mus haben es seit Jahr­zehn­ten nicht geschafft, sich in die herr­schen­de Nar­ra­ti­ve ein­zu­schrei­ben und die lau­fen­den Debat­ten umzu­lei­ten oder gar zu unter­bre­chen. Die Plump­heit der meis­ten rechst­po­pu­lis­ti­schen Ansa­gen (die sie nicht falsch macht) schreckt nach wie vor den Groß­teil des intel­lek­tu­el­len Nach­wuch­ses ab und treibt ihn in die Ideo­lo­gie­fa­bri­ken des Linksliberalismus.

In Öster­reich erle­ben wir gera­de in Echt­zeit das Dra­ma, wel­ches die­se geis­ti­gen Lee­re einer rein prag­ma­ti­schen Rech­ten bedeu­tet. Die FPÖ und die ÖVP haben trotz dem Sperr­feu­er der Medi­en, der Kir­chen, der ver­ein­ten Sin­ger und Song­wri­ter, Kaba­ret­tis­ten, Wirt­schafts­ver­tre­ter, Gewerk­schaf­ter, Uni-Pro­fes­so­ren und Stu­den­ten, immer noch die Mehr­heit des Vol­kes hin­ter sich. Die FPÖ liegt der­zeit bun­des­weit bei rund 25%.

An der Uni Wien, wo Jahr für Jahr der Nach­wuchs an Medi­en­schaf­fen­den, und soge­nann­ten „Exper­tIn­nen“ aus­ge­sto­ßen wird, wel­che Meta­po­li­tik und Poli­tik prä­gen, liegt der Anteil des Rings frei­heit­li­cher Stu­den­ten (RFS) bei mage­ren 2,6% (bun­des­weit sogar nur bei 2,46%). Das ist umso trau­ri­ger, als der RFS im Jahr 1967 noch 30% hat­te. Ins­ge­samt ver­ei­nen an der Uni Wien lin­ke bis links­ra­di­ka­le Par­tei­en heu­te rund 67% hin­ter sich.

Von der stu­den­ti­schen Oppo­si­ti­on geht kei­ner­lei geis­ti­ge Gegen­wehr aus. Sie befin­det sich seit den 68ern in einer arm­se­li­gen Defen­si­ve und will im Grun­de nur „jeg­li­che Ideo­lo­gie“ aus den Unis ver­ban­nen. Das tönt so ähn­lich, als wür­de ein Impo­ten­ter, „jeg­li­chen Geschlechts­ver­kehr ver­bie­ten“ wol­len. Die meta­po­li­ti­schen Schock­trup­pen des lin­ken Estab­lish­ment ver­set­zen die rech­te Regie­rung daher mit ihren uner­schöpf­li­chen per­so­nel­len, finan­zi­el­len und krea­ti­ven Res­sour­cen in einen per­ma­nen­ten Defensivmodus.

Auch wenn her­vor­ra­gen­de Poli­ti­ker wie Her­bert Kickl mit trumpes­ker Non­cha­lance ihre innen­po­li­ti­schen Visio­nen umset­zen: auf Dau­er wird das nicht hal­ten. Es feh­len neue  staats­tra­gen­den Ideen und alter­na­ti­ve Visio­nen der Zukunft. Law&Orders ist nicht der Stoff, aus dem Gegen­kul­tu­ren und Jugend­be­we­gun­gen gemacht sind. Es geht nicht nur um Refor­men, es geht um eine ideen­ge­schicht­lich ver­wur­zel­te Kri­tik des Zeit­geists, aus der eine alter­na­ti­ve Zukunft wächst.

Der Links­li­be­ra­lis­mus hat im Denk­rah­men des neu­zeit­li­chen Indi­vi­dua­lis­mus,  Glo­ba­lis­mus und Hedo­nis­mus auch lang­fris­tig die bes­se­ren Ant­wor­ten (und die Demo­gra­phie auf sei­ner Sei­te). Die FPÖ wird nicht ewig regie­ren. Nur meta­po­li­ti­sche Macht ist blei­bend und wirkt über Legis­la­tur­pe­ri­oden hin­aus. Die Zeit an der poli­ti­schen Macht soll­te daher genutzt wer­den, um meta­po­li­ti­sches Gelän­de zurück­zu­er­obern und ech­ten kul­tu­rel­len Wider­stand auf­zu­bau­en. Sonst könn­te Öster­reich nicht das Lehr­stück für ein kon­ser­va­ti­ves Risor­gi­men­to, son­dern Fall­bei­spiel für einen rechts­po­pu­lis­ti­schen Rohr­kre­pie­rer werden.

Aber die Schuld dar­an liegt nicht direkt bei der FPÖ, son­dern bei der gesam­ten Rech­ten. Und hier wird die Bot­schaft Bene­dikts wich­tig. Im neu­rech­ten Blog „Der Fun­ke“ wur­de in Grün­dungs­jah­ren der IB in einem damals viel gele­se­nen Text namens „Deka­denz“ und Nihi­lis­mus“ über die­ses The­ma nach­ge­dacht. In dem frag­men­ta­ri­schen und teils aus­ufern­den Text wird neben der Par­tei und der akti­vis­ti­schen Avant­gar­de die not­wen­di­ge Bil­dung eines „Krei­ses“ vor­ge­schla­gen, der Par­al­le­len zur Bene­dik­t­i­ni­schen Arche auf­weist und den Nihi­lis­mus über­win­den soll. Da der Text seit kur­zem wie­der les­bar wur­de, ein län­ge­res Zitat:

Selbst wenn eine der­ar­ti­ge rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei  in einem west­li­chen Land voll­kom­men an die Macht käme, also die Medi­en weit­ge­hend beein­flus­sen könn­te, die Exe­ku­ti­ve sowie die Legis­la­ti­ve kon­trol­lie­ren wür­de – all das wür­de nichts bedeu­ten, wenn sie das Pro­blem des Nihi­lis­mus und Rela­ti­vis­mus nicht ange­hen wür­de. Das Dilem­ma der eta­blier­ten rech­ten Par­tei­en liegt genau in die­sem Punkt. Sie sind see­len­los. Ihr Inners­tes steht nicht im Wider­spruch zum Libe­ra­lis­mus.  Man muss sich nur ihre lang­wei­li­gen und zah­men Logos anse­hen, die kei­nen Schim­mer von sym­bo­li­scher Tie­fe an sich haben. Man muss sich nur ihre Ver­tre­ter anse­hen, die, je erfolg­rei­cher des­to stär­ker, dem aal­glat­ten Yup­pie-Typus des Libe­ra­lis­mus glei­chen. Die Jeu­nesse dorée die­ser Par­tei­en unter­schei­det manch­mal nicht viel von dem, was man in den Per­so­nal­pools inter­na­tio­na­ler Unter­neh­men fin­det. Es ist kein Schick­sal in ihren Augen…

Das „Höchs­te der Gefüh­le“ ist dann manch­mal die pri­va­te Samm­lung an Nazi-Musik und die besof­fe­ne Eska­la­ti­on im klei­nen Kreis, wel­che am nächs­ten Tag mit beson­ders unter­wür­fi­gen Bekennt­nis­sen zum Zeit­geist wett­ge­macht wird. In der rechts­po­pu­lis­ti­schen Gegen­be­we­gung zum Mul­ti­kul­ti-Sys­tem ist kaum mehr die ober­fläch­li­che Fra­ge nach dem Nihi­lis­mus, geschwei­ge denn eine Kri­tik an ihm ent­hal­ten. Ihr Trom­meln gegen Mas­sen­ein­wan­de­rung, Isla­mi­sie­rung, Aus­län­der­kri­mi­na­li­tät, demo­gra­phi­schen Kol­laps, etc. muss daher not­wen­dig an der Ober­flä­che blei­ben. Ihr Geschäft ist es, den Spie­ßer-Blooms das zu sagen, was sie hören wol­len:  dass alles so blei­ben kön­ne wie bis­her, dass wir so blei­ben könn­ten, wie wir sind. Dass „bis auf die Aus­län­der“ alles in Ord­nung sei und dass die „gol­de­ne Zeit“ des libe­ra­len Wirt­schafts­wun­ders, das ist wohin wir zurück müss­ten. Die rechts­po­pu­lis­ti­sche Sym­ptom­be­kämp­fung und die libe­ra­le Islam­kri­tik wol­len sich nicht der inne­ren Krank­heit stel­len. Sie flüch­ten vor der Ent­schei­dung, vor der Euro­pa seit der Neu­zeit steht. (…)

Der poli­ti­sche Kampf will, über meta­po­li­ti­schen Akti­vis­mus oder rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei­ar­beit, in der Mas­se ein Bewusst­sein für die Lage schaf­fen und sie so zum Wider­stand gegen die herr­schen­de Ideo­lo­gie, die sie ver­schul­det hat, auf­we­cken. Die poli­ti­sche Gestal­tungs­macht die man damit gewin­nen will, ist aber sinn­los, wenn einem das Mit­tel zur Über­win­dung des wah­ren Fein­des, des Nihi­lis­mus, fehlt. Die­ses Mit­tel und Gegen­gift, kann nur in uns selbst, in sei­ner authen­ti­schen Über­win­dung erwach­sen. In uns selbst müs­sen wir die Deka­denz besie­gen, in einem klei­nen Kreis muss sich die­se Über­win­dung ver­fes­ti­gen und Raum grei­fen, damit aus ihr eine Idee, eine Visi­on und ein Zei­chen wer­den kann. Doch dafür muss erst im eige­nen Her­zen und in einer Grup­pe eine Offen­heit und Bereit­schaft geschaf­fen wer­den. Nicht jeder Mensch ist dazu geeig­net. Kei­ner jedoch ist über­haupt dazu in der Lage, solan­ge er voll und ganz in den Rhyth­men der Deka­denz hängt, wenn er im Kar­rie­ris­mus, im urba­nen Leben, in der Jagd nach Spaß gefan­gen und Skla­ve sei­nes eige­nen Kör­pers ist.“

Die­ser Kampf und die­se Über­win­dung des Libe­ra­lis­mus sind, und das muss tau­send­fach betont und wie­der­holt wer­den, KEIN The­ma für eine meta­po­li­ti­sche Mas­sen­be­we­gung. Das heißt, es hat auf Flug­blät­tern, Trans­pa­ren­ten, bei Demos und Aktio­nen nichts ver­lo­ren. Es eig­net sich nicht für knap­pe Paro­len, son­dern muss im stil­len Gespräch geweckt und in der per­sön­li­chen Besin­nung erkannt wer­den. Die prag­ma­ti­sche Über­le­gung, die in der  poli­ti­schen Arbeit vor­herr­schen muss, ist für die Fra­gen die sich so ein Kreis stel­len muss, sogar töd­lich. Sei­ne Auf­ga­be ist es, ein Feu­er zu ent­fa­chen und zu erhal­ten und im Inne­ren ein „geis­ti­ges Taber­na­kel“ zu schaf­fen, in dem eine Über­win­dung des Nihi­lis­mus vor­weg­ge­nom­men – oder das zumin­dest ver­sucht wird.  Er ist ein geis­ti­ges Labor, in dem das Gegen­gift für die­se Zeit lang­sam rei­fen kann. Die­ses Gegen­gift sind sei­ne Mit­glie­der selbst.

Die­ser “eso­te­ri­sche”, also inner­li­che Kampf gegen den Libe­ra­lis­mus, die Aske­se, die Beschäf­ti­gung mit reli­gi­ös-phi­lo­so­phi­schen Fra­gen, ist also kein Wider­spruch zur mas­sen­po­li­ti­schen Agi­ta­ti­on. Wie die poli­ti­sche Theo­rie und Stra­te­gie muss sie aller­dings klar von ihr getrennt sein. Im Unter­schied zu die­ser lei­tet der eso­te­ri­sche, „ant­in­hi­lis­ti­sche“ Zir­kel aber nicht die Bewe­gung, son­dern fin­det an ihren Rand eine freie „Klau­se“, in der er auf sie ein­wir­ken kann. In Bewe­gung und Par­tei muss aber das Bewusst­sein für die Not­wen­dig­keit der Fra­ge nach dem Nihi­lis­mus und damit die­sem Kreis geschaf­fen werden.

Nur in einem sol­chen Kreis, des­sen Sinn­su­che jen­seits aller stra­te­gisch-tak­ti­schen Nütz­lich­keits­er­wä­gun­gen ver­läuft, sind die Bedin­gun­gen zur Mög­lich­keit einer Über­win­dung des Rela­ti­vis­mus und Nihi­lis­mus gege­ben. Und nur eine Über­win­dung von Rela­ti­vis­mus und Nihi­lis­mus kann die Selbst­ver­nich­tung eines Vol­kes und ins­be­son­de­re des deut­schen Vol­kes aufhalten.

Die Leh­re die wir aus der „Bene­dikt Opti­on“ zie­hen kön­nen, ist, daß wir als Neu­rech­te wie­der stär­ker an uns selbst, unse­ren Inhal­ten, unse­re Ethik, an Fra­gen der Ideen­ge­schich­te und der Lebens­füh­rung arbei­ten müs­sen. Die Fra­ge wo und in wes­sen Tra­di­tio­nen wir geis­tig ste­hen und was das Mus­ter einer Mosa­ik­rech­ten aus­macht, ist eben­so wich­tig, wie Fra­gen der kon­kre­ten Lebens­füh­rung, nach dem „rech­ten Leben im Fal­schen“. Wir dür­fen in Mar­ke­ting und Akti­vis­mus, Pro­fes­sio­na­li­sie­rung und Info­krieg, also den Berei­chen des „Wie“ nicht das „Wor­um­wil­len“ vergessen.

Es ist ein gutes Zei­chen, daß  Sehn­sucht danach in vie­len, vor allem jun­gen Akti­vis­ten lebt und eini­ge, kri­ti­sche Arti­kel in letz­ter Zeit die­se Gefah­ren anspra­chen und Defi­zi­te bemän­gel­ten. Pro­jek­te wie „anbruch.info” las­sen hof­fen, daß die­se „eso­te­ri­sche“ Arbeit, nicht in alte Instant-Mythen des Faschis­mus zurück­kippt, oder in einem über­zo­ge­nen Reflex dem Akti­vis­mus und der Par­tei­ar­beit das Exis­tenz­recht abspricht. Es ist in der Tat Zeit, daß sich neben und ergän­zend zur Par­tei und zur akti­vis­ti­schen Avant­gar­de “bene­dik­t­i­ni­sche” Krei­se bil­den, die den ent­schei­den­den Fra­gen nach­ge­hen, ein anders Leben erpro­ben und das erhal­ten, was wir ein­mal der Welt geben können.
Denn:

“Sie­ger / Bleibt wer das schutz­bild birgt in sei­nen mar­ken / Und Herr der zukunft wer sich wan­deln kann”

(Ste­fan George)

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (143)

Caroline Sommerfeld

23. Oktober 2018 18:45

Großartig, ich freue mich. Ich freue mich aus zweierlei Gründen: Vor längerer Zeit hatte ich selber versucht, genau diese Tugend-Idee in die Welt zu werfen, auch der McIntyre kam darin vor: https://sezession.de/57492/unsere-moral-gibt-es-sie-und-kann-man-sie-begrundenij
Damals stieß ich weitgehend auf Unverständnis. Mit dem Dreher-Buch, das richtig schön populär geschrieben ist, und auch mit diesem Artikel von Dir kann an dieser Stelle etwas weitergehen.
Zweiter Grund ist diese Vorstellung von "Kreisen" im Sinne der kaltenbrunnerschen "Eliten". Das Geistige zieht uns hinan, hat aber auch eine pädagogische Dimension: andere zu prägen, über sich hinauszugehen, auf einer Ebene zu wirken, die nicht so offensichtlich ist wie politisches Tun, zumal in seiner medialen Erscheinungsweise. Was ich kürzlich als "Volksseelendeutscher sein" bezeichnet habe, wird auf Dauer nur tragfähig werden, wenn wir nicht nur gute Lektüre und Traditionspflege betreiben, sondern uns gewissermaßen uns selbst vergegenwärtigen. Nicht nur bei den "Themen" (von Ökonomie bis Klima und Transhumanismus) müssen wir nachlegen, sondern auch geistig. Wohlan!

Thomas Martini

23. Oktober 2018 20:03

Ist es sinnvoll, von Nominalismus, Subjektivismus, Individualismus, Humanismus, Materialismus, Konsumismus, Nihilismus, Chiliasmus, Rechtspopulismus, Transhumanismus, Konservativismus, Linksliberalismus, Globalismus, Hedonismus, Karrierismus, Liberalismus, Relativismus bis hin zum Faschismus, jeden -ismus aus seinem rechtsintellektuellen Repertoire zusammenklauben, um zu der profanen Erkenntnis zu kommen, daß der von europäischen Heiligen und Meistern inspirierte Rückzug ins Geistliche nicht die schlechteste Idee wäre, um dem System Sand ins Getriebe zu streuen?

Sandstein

23. Oktober 2018 21:05

@ Thomas Martini

..danke für diesen klugen Einwand. Überhaupt habe ich noch nie mitbekommen, dass jemand der IB auch nur irgendwie (s)einen Bezug zum Christentum aufgebaut oder bekannt hat.
Würde auch mal steil behaupten, dass nur eine Minderheit der (Neu)-Rechten getauft, konfirmiert oder bekennend christlich sind.

Das ist ja eben genau das Teil des Problems, das Dreher benannt hat.

Kositza: Da würde ich mal steil glatt das Gegenteil behaupten. Und was die IB angeht: Aktion Gipfelkreuz?

omen701

23. Oktober 2018 21:47

Bete, als ob alles nur von Gott abhinge, und arbeite (kämpfe), als ob alles nur von dir abhinge.

Der Hl. Ignatius war auch gelernter Soldat und wußte, daß es beides braucht: absolute Entschlossenheit und absolute Hingabe an Gott. Sonst wird es nicht gelingen.

#ArnaudBeltrame

Tobinambur

23. Oktober 2018 22:01

Wow! Ich würde Sie am liebsten umarmen.

Wir müssen in die Tiefe graben. Wenn wir uns eingestehen, dass der Nihilismus eine gigantische Welle ist, gegen die wir nicht anschwimmen können, sondern nur drunter wegtauchen, dann eröffnen sich neue Optionen. Die Zeit ist auf unserer Seite. Haben Nihilismus und "Diversität" (=Egalität) erst einmal gesiegt, wird es ganz einfach: Auftauchen, durchatmen, schwimmen... Der Nihilismus wird sich durch seine eigenen Leere in nichts auflösen und verschwinden. Gäbe es etwas absolut Dummes und Verwirrtes, dann gäbe es überhaupt kein Sein. Was die benediktinischen Keimzellen aber bewahrt haben werden, wird nur der Same sein und nicht die Frucht: Was sich daraus entwickeln wird, können wir nicht prognostizieren, schon gar nicht erzwingen. Letztlich wird es die Fähigkeit des Bewahrens sein, die entscheidend ist - das Bewahren an sich und nicht das, was bewahrt wird. Wir versteifen uns immer noch auf die Definition der Inhalte, aber je tiefer wir graben, desto mehr erkennen wir das nackte Eigene. Ob es ein Christentum sein wird, das auftauchen wird??? Ich glaube eher nicht.

deutscheridentitaerer

23. Oktober 2018 22:07

"Würde auch mal steil behaupten, dass nur eine Minderheit der (Neu)-Rechten getauft, konfirmiert oder bekennend christlich sind."

Sie schreiben meist stimmige Beiträge, aber was konkret die IB angeht, behaupten Sie oft allzu steil.

Thomas Martini

23. Oktober 2018 22:09

@Sandstein

"..danke für diesen klugen Einwand."

Den konnte ich mir nicht verkneifen.

@Kositza

"Und was die IB angeht: Aktion Gipfelkreuz?"

Da habe ich starke Vorbehalte, gnädige Frau.

Bei dieser und ähnlichen Aktionen, positionierte sich die IB vorrangig gegen das erklärte Feindbild Islam, daß sie sich von ihren falschen Freunden aus Übersse auf's Auge drücken ließen.

Eine Rückbesinnung zum Heiligen Benedikt, zur Scholastika von Nursia, zu Gregor dem Großen, oder der Heiligen Jungfrau vor Orleans, war das aber bestimmt nicht. Fairerweise muß man dazu sagen, daß diese Art von Bezugnahme in unserer Epoche fast schon ein Wunder wäre.

Selbstverständlich kokettiert die IB immer so ein bisschen mit der christlichen Tradition und Identität des Abendlandes, aber wie oben erwähnt, scheint die Abgrenzung gegenüber den Islam dafür die auslösende Motivation zu sein.

Wo wir nun aber hier auf die "Benedict Option" zu sprechen kommen, ich dachte erst, ich hätte mich verlesen. Es hat schließlich schon ein Geschmäckle, wenn ausgerechnet ein Ami auf solche Ideen kommt. Schwer zu glauben, wo die Amis doch in ihrer infernalischen Barbarei während des Zweiten Weltkriegs nicht einmal davor zurückschreckten, die Abtei von Montecassino in Schutt und Asche zu bomben. Leider weiß nicht mehr, wie man diese Unternehmung damals nannte. Operation Benedict womöglich?

Kierkegaard

23. Oktober 2018 22:11

https://voxday.blogspot.com/2016/05/the-milright-is-inevitable.html

Dreher ist "the cuckiest of conservatives". Wie Vox Day weiter schreibt:

"But don't get too carried away by Dreher's post. He's still a cuck. 'I would much rather my kids marry Ethiopians who were believing Orthodox Christians than marry fellow white people who aren’t. I really mean that.'

I believe he does. And that's why he is still a dyscivilizationist."

Das ist ein Rezept für den Untergang.

Auch kann der Atheismus nur zum Nihilismus führen, wenn man ehrlich ist; der Linksliberalismus hat daher keineswegs die besseren
Antworten, da, wie schon geschrieben, der Atheismus in den Selbstmord führt. (Verstehe gar nicht, daß ich als Atheist wohl einer Minderheit mit meinem Leiden an der Sinnlosgikeit angehörte. Doch es gilt: "Wenn man nicht an Gott glaubt, ist die einzig ehrliche Alternative der vulgäre Utilitarismus. Der Rest ist Rhetorik." --Gómez Dávila )

Transhumanismus ist keine große Beschäftigung wert, da sich das Problem durch die Ressourcenknappheit sowieso von selbst erledigen wird (siehe z. B. Piero san Giorgio); Bruce Charlton, selbst Christ, hat sich jedoch hiermit befasst. Der Transhumanismus wäre eine Art (Vor-)Hölle auf Erden (die die moderne Welt freilich zum Teil jetzt schon ist).

Ich kann nur immer wieder Vox Day wiederholen: Wenn der Westen nicht zum Christentum zurückkehrt, wird er von Dämonen regiert werden. Einen Plan B gibt es nicht.

Ich bin weder getauft noch konfirmiert und sehe auch keinen Sinn darin (gerade heutzutage, da es sich bei den meisten Christen -- das ist freilich leider schon lange so -- höchstens um Leichtmatrosen handelt, und die Kirchen offen Häresie betreiben; selbst Mosebach verleugnet die Gottheit Christi, um die Freundschaft mit seinem Kermani [oder wie auch immer der Typ heißt, der Deutschland so sehr haßt aber unbedingt hier leben will] nicht zu verlieren); jedoch, ich bin wie Pascal und Kierkegaard neugeboren. Die beiden Großkirchen (inkl. der Orthodoxen) kann ich weder ernstnehmen noch unterstützen.

"Auf das Zweite Vatikanische Konzil sind nicht Feuerzungen herabgekommen, wie auf die erste Apostelversammlung, sondern ein Bach von Feuer: ein Feuerbach."

Selbiger sagte bekanntlich zu Mosebach: "Die Kirche stirbt" und fährt mit gesenktem Kopf fort: "Wir müßen mit Gott allein sein, das Gebet ist die einzig intelligente Tat."

Ich schließe mit einem weiteren relevanten Aphorismus Don Colachos, der als unser aller Lehrmeister gelten kann:

"Die zwei Hauptprobleme der gegenwärtigen Welt: demographische Expansion und genetische Degeneration sind heute unlösbar.
Die liberalen Prinzipien verhindern die Lösung des ersten, die egalitären die des zweiten."

halbautomat

23. Oktober 2018 22:42

Jede hinreichend große und/oder familiär nicht verbundene Gruppe braucht einen identitätsstiftenden Mythos - so viel zum neurechten Allgemeingut.
Die identitäre Idee, das offensive Anknüpfen an die großen Traditionen, Schöpfungen, Ideen und Schlachten unserer Vorfahren, halte ich dabei für den guten und richtigen Weg. Doch leider scheint auch dieser Weg letzten Endes zu Böckenförde und seinem Diktum zu führen.
All die großen Taten unserer Völker sind ohne den Glauben nicht denkbar. Hinter die Aufklärung kommen wir aber nicht zurück. Auch ich persönlich nicht.

Die bittere Wahrheit ist: Unsere Gegner sind nicht stark, OBWOHL sie mit humanitärem Universalismus, Multikulturalismus, Egalitarismus und zugehörigem Schuldkult ein quasireligiöses Konstrukt anbieten. Sie sind stark, WEIL sie einen Mythos von nahezu religiöser Kraft anzubieten haben.
In diesem Sinne müssen wir Kräfte der Aufklärung sein und gleichzeitig lernen, einen starken, authentischen, „reformatorischen“ Mythos verkörpern.
Keine einfache Aufgabe für ein Mosaik.

Mauerbluemchen

23. Oktober 2018 23:27

@halbautomat

Bitte nehmen Sie mir meine dumme, aber ernstgemeinte Frage nicht übel, aber warum können wir "nicht hinter die Aufklärung zurück"?

Ich frage deshalb so naiv, weil ich mir das seit Jahren, nein Jahrzehnten, immer wieder vom Atheisten/Agnostiker des Hauses anhören muß, aber nie eine sinnvolle Antwort auf meine Frage nach dem Grund dafür erhalte (je nach Laune kommen entweder vage Seufzer wie "gehthaltnich" oder "isdochkwatsch" oder gereizt bis aggressive persönliche Bemerkungen gegen die Person des dummen Fragers. In jedem Fall endet jede Diskussion, alle Debatte immer an diesem Punkt; allmählich habe ich den Eindruck gewonnen, hinter dieser Alternativlosigkeit der sogn. Aufklärung steckt in Wirklichkeit etwas völlig irrationales, eine Art Voodoo für Intellektuelle, die man mit so lästerlichen Fragen wie der oben erwähnten verläßlich erschüttern kann).

Wegen der hier skizzierten Erfahrung mit agŕgumentationsunwilligen oder vielleicht auch -unfähigen Aufklärungsgläubigen (um es der Kürze halber so zu bezeichnen) habe ich den Eindruck, bei der Aufklärung handele es sich um eine Art Schöpfungsmythos oder Religionsgründung, also ein ebenso irrational-willkürliches Konstrukt wie eine politische Ideologie oder weltanschauliche Sekte. Und solche menschengemachten Dinge sind sehr wohl veränderlich, aufhebbar und können daher bei Bedarf (oder Notwendigkeit) abgelegt werden.

Gern lasse ich mich eines Besseren belehren.

Cacatum non est pictum

23. Oktober 2018 23:57

@halbautomat

Eine sehr kluge Wortmeldung von Ihnen. Es wird in der Tat die Aufgabe der Zukunft sein, einen neuen stabilen Mythos zu etablieren, der den Geist der Aufklärung mit umfaßt. Ich habe das Gefühl, daß wir uns in einer Übergangsphase befinden. Der Kosmos der totalen Entgrenzung wird irgendwann in sich zusammenfallen, weil er den Ballast seiner von ihm hervorgebrachten inneren Widersprüche nicht mehr abwerfen kann. Aus seinen Trümmern sollte wieder ein langfristig tragfähiges System erstehen, das gerne an Traditionen und an die Errungenschaften früherer Zeiten anknüpfen darf. Bis es soweit ist, wird es nicht das Schlechteste sein, sich als Einzelner, als Familie, als Zirkel von Gleichgesinnten dem hektischen Kesseltreiben der Moderne bestmöglich zu entziehen.

Amos

24. Oktober 2018 08:51

Sehr geehrter Herr Sellner,

das ist im Grunde ein theologischer Text mit einer Leerstelle: Gott. Ihre Analyse ist aber vollkommen richtig. Dass der Nominalismus, hervorgegangen aus dem mittelalterlichen Universalienstreit direkt in den heutigen radikalen Konstruktivismus und Subjektivismus führt, halte ich aber nicht für ausgemacht.

Jordan Peterson ist vielleicht „liberal“ im Sinne seiner Auffassung von Staat und bürgerlichen Freiheitsrechten, weltanschaulich ist er konservativ. Er versucht ja gerade, Gehalt zum Beispiel aus der biblischen Überlieferung zu „retten“, in dem er Sinn und Bedeutung im Zusammenhang mit der menschlichen Natur herausstellt, vielleicht ohne den störenden Überredungseifer der Mission. Seine Ausführungen über die Arche auf YouTube sind nicht so weit entfernt von den Ihren in diesem Artikel.

Zum Universalismus, den Sie ansprechen; gemeint ist ein Werte- Universalismus, der in der heutigen Zeit tatsächlich grenzenlos geworden ist. Dies hat tatsächlich damit zutun, dass nach dem Triumpf der Aufklärung und - Sie haben Recht - des deistischen Gottesbegriffs keine Unterscheidung mehr getroffen werden kann zwischen der „Sakralität der Person“ (Joas) und dem Bösen, das wir auch in uns tragen. Oder um es „old school“ zu sagen, zwischen Sünder und Sünde. Folge ist das „Recht auf Alles“, das z.B. Galtung mit seiner „strukturellen Gewalt“ erhebt und das wir in der Migration umgesetzt erleben dürfen - korrelierend eine Um- und Missdeutung des Begriffs „Würde“.

Merkel reicht somit vielleicht weiter zurück als Lessing und die Neologen. Paulus, Augustin und Luther haben den Staat gegen frommes Missverständnis als „Ordnung dir zugut“ gegen Sie verteidigt, Nietzsche mit der destruktiven Seite ihrer Mitleidsethik gerungen. Ohne ihr zuviel Gewicht beimessen zu wollen, reichen ein paar „Merkel muss weg!“ Schilder offenbar nicht aus. Die gegenwärtige Richtung und die Paradigmen des Projekts „Aufklärung“ müssen in die Revision, aber nicht schon wieder das Kind in deutscher Gründlichkeit mit dem Bade ausschütten!

quarz

24. Oktober 2018 09:34

@Kierkegaard (Ad "Die Kirche stirbt")

Ich möchte die Aufmerksamkeit auf einen Umstand lenken, den die wenigsten von uns auf dem Schirm haben. Der Religionssoziologe Rodney Stark schreibt:

“Although Buddhism seems to be thriving and so are the folk temples, the truly remarkable fact about religion in China is the rapid rise of Christianity.”

“More than forty new churches open every week (not counting new underground congregations)”

„A reliable estimate is that by 2007 there were about 60 million Christians in China. If the current rate of growth were to hold until 2030, there would be more Christians in China (about 295 million) than in any other nation on earth. This matters, both for China and the world.”

Und: Besonders stark ist das Wachstum des Christentums in den gebildeten Schichten

Und: Es ist keine westadaptive Modeerscheinung (wo im Westen sollte das Vorbild sein?)

Und: Es handelt sich um ein betont konservatives Christentum

Ich überlasse es jedem Einzelnen, diesen Befund einzuordnen.

MARCEL

24. Oktober 2018 09:57

Das erste Cönobium, also Kloster, in dem Mönche in Gemeinschaft leben, wurde von einem ehem. Legionär, Pachomius, in Ägypten gegründet. Das Mönchtum entstand ursprünglich als Eremitenbewegung im Osten und führte allerdings nicht immer nur Gottsucher in die Wüsten, daher die Notwendigkeit einer strafferen Ordnung.
Gleichwohl, es ging wesentlich immer darum, in der kompromisslerischen Imperiumskirche das Subversive des Ur-Christentums, mithin der Gottsuche, am eigenen Beispiel wieder zu erwecken. Mönchtum ist gewissermaßen ein Selbstversuch - heute erst recht (der Autor dieser Zeilen weiß, wovon er schreibt). Das Kloster sollte Kampfplatz im spirituellen Ringen und nicht beschaulicher Rückzugsort sein. Bis heute besteht da ein Mißverständnis, weshalb viele Stressgeplagte auf einmal die Stille einer Klausur nicht aushalten!
Benedikt adaptiert das östliche Modell für das Abendland, in dem er einen knappen "Leitfaden" verfasst, die Benediktsregel. Darin setzt er vieles voraus (namentlich die griechische Basilius-Regel) und beschränkt sich auf Vorschriften für den Rahmen (Gebetsrhythmus, Disziplin, Wirtschaften, Hierarchie etc.). Er schafft eine Ordnung, da er die ersten Krisen eines verwilderten Mönchtums (siehe Prolog) bereits mitbekommen hat. Ein Mann der römischen Disziplin, ganz sicher (seine Mönche dienten in der Militia Christi, so ein Synonym für das Kloster), doch auch sein Reich ist nicht von dieser Welt!
Wer Mönch war, weiß um die Faszination dieses Modells auf Außenstehende, kennt aber auch die Faszination, welche die Welt auf Mönche ausübt (z.B. "Benedikt für Manager", Mönche im TV, im Internet etc.), er kennt Illusionen, Schwächen, Mißverständnisse beider Seiten.
Als Möglichkeit der Bewahrung (Gralsburgen sozusagen) sowie der "Desinfektion" von allzu viel Welt, von allzu viel Diesseits kann ein monastisch inspirierter Rahmen sicher dienen. Man sollte ihn aber auch nicht überfrachten. Gott, zumal der christliche, ist kein "Vitrinen-Gott", den man nur hinter poliertem Glas beschauen könnte...
Grüße Marcel Kehlberg

Stil-Bluete

24. Oktober 2018 10:01

Ihr Beitrag und vor allem die Benedikt-Option lässt mich wieder mit Freude auf dieser, auf unserer Seite (der Sezession) bleiben.

IIOI

24. Oktober 2018 10:06

Nicolas Gómez Dávila:

Wir können schon die Mischung aus Bordell, Verlies und Zirkus vorausahnen, die das Universum von morgen sein wird, wenn der Mensch nicht wieder ein mittelalterliches Universum aufbaut.

Die Kirche hat nicht das Christentum an die Welt anzupassen, sie hat nicht einmal die Welt dem Christentum anzupassen; sie muss vielmehr in der Welt eine Gegenwelt bewahren.

Wer der gegenwärtigen Welt nicht den Rücken kehrt, entehrt sich.

**–*

Vielerorts existieren bereits Gegenkulturen, wie in diesem Roman geschildert:
Natalia Sanmartin Fenollera: Das Erwachen der Señorita Prim

Maiordomus

24. Oktober 2018 10:08

Wa Sellner über den "geistigen Tabernakel" ausführt (er spricht "das Tabernakel", welche Sprachregelung der Katholik nicht gewohnt ist), scheint mir vergleichsweise beeindruckend. Ebenso der Vorschlag zu benediktinischen Rückzugsorten, nicht zu vergessen Privatschulen, was heute aber viel schwieriger zu bewerkstelligen sein dürfte als auch schon, einerseits wegen den gesetzlichen Grundlagen und wegen den Finanzen. Kommt dazu, dass das Mönchtum derzeit zumindest in Europa sich im Zustand eines seit 1 500 Jahren noch nie gesehenen geistigen und auch zahlenmässigen Niederaangs befindet.

Unbechadet davon, dass er viel auf einmal sagen wollte, scheint mir dieser Aufsatz von Sellner im Vergleich wieder zu seinem übergeschwätzigen letzten Video als Strassengänger und Busfahrer so ziemlich das Gegenteil zu sein. Geschwätzigkeit ist nun mal unbenediktinisch. Eher schon wäre Konzentration gefragt, vielleicht auch eine Auseinandersetzung mit der in der Tat eindrucksvollen Regula Sancti Benedicti, dem historischen Gegenteil zum extremen Asketismus etwa der alten irischen Mönchsregeln, es sei an Kolumban erinnert, einen der Missionare Europas, der sich in seinem Übereifer auch als Bilderstürmer betätigt hat.

Wie ich jedoch schon in einem früheren Blog andeutete, war wohl der angelsächsische Benediktiner Beda der Ehrwürdige (gest. nach 730) nicht nur wegen seiner hochwissenschaftlichen Einstellung zu Quellen, auf die er sich nach Humanistenart beruft, wohl der für heute bedeutendste Benediktiner. Hat doch Beda mit aussergewöhnlicher Genauigkeit die Christianisierung des frühen Europa beschrieben, auch die damaligen chaotischen Zustände zwischen Katholiken, Arianern und Pelagianern und was noch wichtiger ist: Es war der wissenschaftliche Chronist der frühen, auch mit demografischen Konsequenzen verbundenen Völkerwanderungen, hat die Brutalität der Landnahmen beschrieben, die unzähligen Opfer, die es für Landnehmer allein schon auf dem Meere zu verzeichnen gab. Das ist nun mal so bei Eroberungen, wäre auch die Kardinäle Marx und Wölkl eine informative Lektüre. Wie auch immer, im Gegensatz zum heiligen Benedikt gehörte Beda zu den Gelehrten, die über das Überzeitliche hinaus bereits historisch denken konnten. Seine "Kirchengeschichte der Angelsachsen", deren deutsche Erstübersetzung durch N.M. Wilden zusammen mit dem ebenfalls äusserst lesenswerten "Leben des heiligen Bonifazius" von Willibald 1866 in der Hurterschen Buchhandlung in Schaffhausen erstmals erschienen ist, liest sich schon fast wie eine Geschichte unserer Tage.

Für mich selber wurde benediktinische Orientierung schon seit dem 22. April 1963, meinem ersten Schultag an einem Benediktinergymnasium, schon früh zur leitbildgebenden Orientierung, wobei jedoch solche Schulen in Deutschland und in der Schweiz kaum mehr existieren, wiewohl noch zwar mein Lehrer Hermann Lübbe vor 45 Jahren mit seiner Familie nach Einsiedeln als Wohnort gezogen ist, damit seine hochbegabten Töchter, später Professorinnen, darunter eine nicht gerade repräsentative Bundesverfassungsrichterin, dort an der Stiftsschule eine Bildung frei von 68er Schrott erleben durfte, was damals zutraf. Immerhin ist die Zeitschrift des Klosters "Einsiedeln", Salve, noch heute ein Abonnement wert.

Was die Bombardierung von Monte Cassino betrifft, mit den drei dort unterdessen installierten Soldatenfriedhöfen, so wurde mir dieselbe schon 1963 im Unterricht der Kirchengeschichte erklärt, durch den genialisch weitschweifigen Pater Bonaventura Thommen, der auch noch alles über Beda den Ehrwürdigen und seinen Namenheiligen Bonaventura, einen Franziskaner, gewusst hat, über den Josef Ratzinger 1957 seine umstrittene Habilitationsschrift verteidigt hat. Wie stark sich dieses Erbe jedoch verdünnt hat, ergibt sich indirekt aus der neuen Ratzingerbiographie von Elio Guerriero, einem schwach geschriebenen geschwätzigen Buch, welches zwar keine linken Zungenschläge enthält, aber das ist auch gleich schon alles. Dabei ist es noch wertvoll, zu erfahren, wie wichtig für den jungen Ratzinger die Lektüre von Hermann Hesse, Reinhold Schneider und Ernst Wiechert geworden ist. Dass Ratzinger sich indes Papst Benedikt XVI. nannte, erklärt sich ein bisschen auch aus dem, was Sellner in seinem vielleicht bis jetzt doch tiefsinnigsten Text den "inneren Tabernakel" nennt.

Dass Sellner mit dem obigen Blog einige seiner Leser etwas überfordert hat, ist weniger schlimm, als dass er sie in einer Überzahl von Video-Blogs mit Geschwätz unterfordert. Der Appell an geistige Orientierung, auch der Hinweis auf die partielle Gemeinsamkeit von links und rechts im Konsumismus, und dass vom Trumpismus natürlich keinerlei Orientierungswert ausgeht, scheint mir kein Luxus zu sein. (Dies ändert aber nichts daran, dass die tägliche Trump-Hetze des absolute Gegenteil von Aufklärung darstellt, so wie es Lichtmesz, der in einer Fernsehsendung als "Rechtsideologe" klassfiziert wird, im Gegensatz zu allen Linksideologen, bei denen dies nie zur Warnung des Publikums vermerkt wird. Immerhin scheinen mir Leute, vor denen noch gewarnt wird, am ehesten ernst zu nehmen.)

@Mauerblümchen/Halbautomat. "Nicht hinter die Aufklärung zurück?" - Über die sogenannte Aufklärung gibt es vom herkömmlichen Schulwissen her vielleicht Gerüchte, aber kein Wissen. Schon eines der Hauptwerke von Rousseau, die Akademiefrage, ob es einen Fortschritt gebe wegen der Aufklärung oder nicht,
ist eine krasse Dementierung dessen, was man mangels Wissen als "Aufklärung" bezeichnet. Nebenbei wird dort auch gleich das Wesentliche über den Islam gesagt, nämlich total negativ, wiewohl Rousseau ähnlich wie Thilo Sarrazin kein Kenner der mittelalterlichen islamischen Aufklärung war, die es zwar gab, die aber heute noch, z.B. im Iran, in keiner Weise ernst genommen wird. Lächerlich bleibt, dass Sarrazin in seinem Buch "Feindliche Übernahme", das für oberflächlich Informierte zwar noch wertvolle Informationen über den Islam bringt, sich zur Behauptung versteigt, logisches Denken sei in Europa erst mit der Reformation aufgekommen. Würde er Bochenskis Geschichte der Logik kennen (letzterer ein hervorragender Dominikaner an der Universität Freiburg Schweiz) so wüsste er, dass die Logik an der Universität Paris vom 12. bis 14. Jahrhundert ein Niveau hatte, von dem Kant meilenweit entfernt war mit Errungenschaften, wie etwa die Lehre von der Supposition, die erst mit der Erfindung der Elektronischen Datenverarbeitung etwa für Übersetzungsmaschinen praktische Bedeutung erlangen konnte. Auch kommen mir insgesamt die bekennenden Christen Nikolaus Kopernikus, Johannes Kepler (zitiert über 500mal Paracelsus), Isaac Newton, Leibniz und Pufendorff insgesamt aufgeklärter vor als das, was heute in Schulbüchern als "Aufklärung" verkauft wird, mit einem Gedankengut, das gerade die besten Aufklärer längst schon als falsch dargestellt haben.

Um es zusammenzufassen: der neueste Appell von Sellner in Richtung benediktinischer Orientierung war ein Lichtblick. Mit politischer Resignation ist das sicher nicht zu verwechseln. Wenn schon, liegt ein Aufruf zur Reflexion vor, ein Aufruf, an den sich nicht zuletzt der dazu Aufrufende selber noch stärker halten sollte. Wenn Sellner sich in seinem Geist noch den genannten "Tabernakel" bewahrt, liegt bei der Berufung auf Kaltenbrunners Elitegedanken keineswegs ein Missverständnis vor. Es gilt zu unterscheiden zwischen mehr vordergründigen politischen Botschaften und einem geistigen Gehalt dahinter. Wir brauchen keinen lächerlichen "Antifaschismus" um zu realisieren, dass eine europäische und abendländische Orientierung mit allen Ideologien, die in den letzten 200 Jahren aufgekommen sind, eigentlich tabula rasa machen müsste. Zu diesen unhaltbaren Sozialreligionen gehörte natürlich auch der Faschismus.

Marc_Aurel

24. Oktober 2018 10:24

Das Ganze (Thema: innere Substanz) müsste man noch um den Punkt ergänzen, das dem patriotischen Lager oder wie auch immer man diese Fraktion nennen möchte, vor allen Dingen auch eine ganzheitliche Vision (Thema: Zielvorstellung und praktisches Umsetzungskonzept) fehlt - eine konkrete Antwort auf die Frage wo die Reise hingehen soll. Eine Vision die schlüssig, überzeugend, machbar und erstrebenswert ist, eben etwas das verhindert, dass sich große Gruppen der Gesellschaft in Ermanglung an alternative Entwürfen, vom links-grünen Milieu widerstandslos einsaugen lassen.

Es gibt zwar zahllose Ansätze und Ideen, aber kein aufeinander abgestimmtes Gesamtkonzept.

Allerdings ist so etwas auch nicht so leicht aus dem Ärmel zu schütteln, es muss wachsen, da es ja zahlreiche Themenkomplexe umfasst und in vielen Bereichen Expertenwissen erfordert, um geeignete Schritte/Maßnahmen und Machbarkeiten zu beurteilen.

Franz Bettinger

24. Oktober 2018 11:42

@Mauerblümchen: Die Aufklärung (= Wissenschaft) klärte, was vorher unklar war - unter anderem die Fragen nach Gott und Teufel, Seligen, Heiligen und Hexen. Alles das gibt es nicht. Haben Sie dies einmal kapiert, gibt es keinen Weg zurück. So sehr ich ihn mir wünsche, so sehr ist mir seine Abwesenheit bewusst - ich rede von Gott. Ganz unbescheiden: Ich selbst bin mir der beste Beweis, dass Atheisten ein sinnvolles und glückliches Leben führen können. Auch ich lebe auf ein Ziel hin. Ich würde es aber nicht Mythos nennen.

deutscheridentitaerer

24. Oktober 2018 11:58

@Martini

Es ärgert mich, wenn "Altrechte", zu denen ich Sie auf Grundlage Ihrer hier verfassten Beiträge zähle, der IB aus Unkenntnis und wohl auch aus einer gewissen Arroganz heraus Positionen unterstellen, die sie schlicht nicht vertritt.

Sie sprechen von "falschen Freunden aus Übersee", die uns das "Feindbild Islam aufs Auge gedrückt haben".

Nun ist es erstens so, dass sich die IB samt ihrer ideologischen Verortung fast völlig unbeeinflusst aus "Übersee" formiert hat.

Zweitens hat gerade Sellner erhebliche Mühe aufgewandt neben dem Nutzen auch die Grenzen der liberalen Islamkritik aufzuzeigen.

Drittens ist doch ein zentraler Punkt von Sellners Artikel oben, dass die IB als politische Bewegung die Leute da abholen muss, wo sie nun mal stehen - es dabei aber aber nicht bleiben darf.

Dass der Islam eben nun mal ein Feind ist, wird man wohl kaum ernsthaft bestreiten.

Dass ein Amerikaner nicht über Benedict schreiben dürfen sollte, ist natürlich völliger Unfug. Die Amerikaner sind anständige und ehrbare Leute, alles Übel, das ihr Land in die Welt gesetzt hat, sind nur ihren (((Eliten))) zuzurechnen. Gerade als Deutscher sollte man an dieser Differenzierung festhalten.

Der_Juergen

24. Oktober 2018 12:05

@Mauerblümchen

Ein sehr luzider Kommentar; danke!

@Thomas Martini

In ca. drei Vierteln der Fälle kann ich Ihren Wortmeldungen beipflichten, aber die von gestern abend hat mich geärgert. Warum soll die Tatsache, dass die US Air Force Monte Cassino und zahllose andere Kulturschätze bombardiert hat, einen Amerikaner daran hindern, in religiösen Kategorien zu denken? Das ist doch die Kollektivschuldthese, unter der die Deutschen mehr als jedes andere Volk zu leiden haben, in Reinkultur!

Ein undifferenzierter Antiamerikanismus ist eines Sezessionisten unwürdig. Schliesslich kamen und kommen viele rechte Denker von Format aus den Vereinigten Staaten. Und die Geschichte Amerikas ist mitnichten jenes Verbrecheralbum, als die sie leider auch ein sonst heller Kopf wie Joachim Fernau darstellt.

Amerika hat Schriftsteller und Künstler von hohem Rang hervorgebracht. Kein Wunder - schliesslich wurde es von Europäern besiedelt und begründet, und die haben die Verbindungen mit der abendländischen Kultur nicht einfach gekappt. Dass die "liberals" in den USA heute mindestens 24 Stunden täglich Sturm gegen die "toten weissen Männer" laufen, ändert daran gar nichts. Die Kulturverderber und Volkszerstörer wüten jenseits des Teiches nicht minder arg als in Deutschland.

Imagine

24. Oktober 2018 13:00

Zum Fazit des konservativen, amerikanischen Kolumnisten Rod Dreher:
„Zugleich bietet er eine faszinierende Lösung an. Für ihn ist klar: Die westliche, christliche Welt ist verloren. Die materialistische Konsumkultur hat die Rechte wie die Linke erfasst.“

Dies erscheint bei oberflächlicher Betrachtung als plausibel, erfasst jedoch nicht das Wesentliche.

Es ist das System, welches die Menschen zu Konsumidioten macht.

Im System dreht sich alles darum, aus Geld mehr Geld zu machen, also um Profit. Um mehr Geld zu machen, muss man auf dem Markt profitabel verkaufen.

Folglich wird immer mehr produziert und es werden immer mehr Dinge und Dienstleistungen erfunden. Und man muss die Menschen dazu bringen, diese zu kaufen. Deshalb wird das Konsumverhalten mittels Psychologie und Werbung manipuliert.

So werden aus den Menschen Konsumidioten gemacht.

Die rationale Konsequenz wäre ein anderes Wirtschaftssystem, weil dieses System das Menschliche im Menschen zerstört.

Die Systembefürworter sehen dies anders. Sie meinen, dass dieses System der Natur des Menschen entspräche. Denn ihr Bild vom Menschen ist das eines sozialdarwinistischen Wesens.

Das die Systemprofiteure vermittels ihres Vermögend die Macht in der westlich-kapitalistischen Gesellschaft besitzen, bekämpfen sie humanistisch-emanzipatorische Menschen- und Gesellschaftsbilder.

Früher war die Rechts-Links-Unterscheidung einfach:
Die Rechten besaßen schon immer ein sozialdarwinistisches Menschen- und Gesellschaftsbild. In diesem konkurrierten Individuen, Völker, Rassen etc. gegeneinander. Das sehen sie als ewige Realität an. Ein TINA-Denken.

Inzwischen sind auch die Linken Teil des Systems geworden und können nicht mehr über das System hinausdenken.

Keine Bewegung und keine Partei vertreten heute im Westen noch humanistische Ideen.

Deshalb ist der emanzipatorische Humanismus aus dem Bewusstsein und dem Denken der Menschen in den kapitalistischen Gesellschaften verschwunden.

In diesen Gesellschaften leben die Menschen ein Leben, in dem sich alles um Geldmachen und Konsumieren dreht.

Daher der Nihilismus.

Victor

24. Oktober 2018 13:12

Dieser Beitrag von Martin Sellner hat mich wahrlich ins Staunen versetzt. Schließt er sich nun diesen Neo-Christen an, die meinen, mit ihrer Konvertierung zum Wüstenglauben könnten sie dem Islam etwas entgegensetzen?
Die Kirche ist tot. Ihre Anhänger und ihre Anführer sind alt und schwach, oder haben sich längst dem Multi-Kulti-System verschrieben. Bei einem Gottesdienst, dem ich jüngst beiwohnte, wollte der dickleibige Pfarrer, der die Predigt hielt, jenen, die Kirche spärlich füllenden, ergrauten Gläubigen tatsächlich weismachen: "Und wir werden immer mehr!" Sich selbst zu betrügen, auch eine christliche Kunst.
Ihr Rachegott Yahwe kann uns Europäern kein Heil schenken. Er dient nur seinem auserwählten Volk. Jeder Europäer der seine Energie im Gebet an diesen Gott sendet, stärkt ihn und sein auserwähltes Volk, nicht uns.
Diese Religion hat das Abendland über 1000 Jahre lang geprägt, das ist unbestritten. Aber genau in dieser Religion sind auch die Usprünge des Übels unserer Zeit zu suchen. Die Neue Rechte in Frankreich hat das erkannt, und sich auf eine Suche nach unseren vor-christlichen Wurzeln begeben.
Unser hellenisches und nordisches Erbe bieten uns einen überreichen Schatz an Mythen, die es wiederzuentdecken und aus denen es zu schöpfen gilt.
Die Bibel liegt bei mir immer zur Hand, und wenn ich, wahllos, eine Seite aufschlage, graust es mich immer. Diese alttestamentarischen Geschichten von Barbarei und Völkermord, von grausiger Rache und Wahn, können immer wieder herrlich abschreckend wirken.
Das, was unsere Völker im Namen der Kirche erschaffen haben, hätten sie bestimmt in viel herrlicherer Weise für unsere ursprüngliche, solare Kultur erbaut.
Sellner hat Recht, wenn er sagt, daß wir etwas Höheres brauchen, auf das wir uns beziehen können. Das Christentum kann es nicht mehr sein.
Es ist wahrlich der einfachere Weg, alles liegt bereits fertig da, man konvertiert, und schon ist man Teil eines "spirituellen" Systems, alles liegt parat, der "christliche Mythos", die Texte, die Hirten Gottes, die ihre Schäflein an der Hand nehmen und auf den richtigen Weg bringen, die Gebetsräume, Kirchen, Klöster, die gesamte "Infrastruktur des Glaubens", inklusive Kirchentag.
Was findet derjenige vor, der sich auf die Suche nach den vor-christlichen Wurzeln begibt? Die verstaubten Bücher von Altertumsforschern, französische Schriften der neuen Rechten, heidnische Gemeinschaften? Es bleibt eine Suche, eine Queste, ein Weg hin zu den Ahnen und zu sich selbst. Nichts ist vorgegeben, nichts kann einfach konsumiert werden. Nur die stärksten Charaktere können sich diesen Weg bahnen. Die, die es können, wären auch die richtigen Führer einer neuen Bewegung, die sich wahrhaft identitär nennen dürfte.

thw

24. Oktober 2018 13:25

Lieber Martin Sellner,

es freut mich außerordentlich, endlich wieder einmal etwas von Ihnen zu lesen! Ihr Artikel ist wie gewohnt gehaltvoll und richtungsweisend. Sie haben sehr gut formuliert, was als halbgare Gedanken auch mir im Kopf herumschwirrt. Ich hoffe, Ihr Impuls bleibt nicht nur bloße geistige Anregung, sondern "macht Schule"!

habenunach

24. Oktober 2018 14:45

"Wir können der Welt nichts geben, wenn wir nichts haben"
Ja und was haben wir nicht seit mehr als hundert Jahren ?
Was fehlt im Mosaik ?
"Die Monarchie ist einer der Strohhalme, an denen sich die Menschen in der unruhigen See der Orientierungslosigkeit festhalten können" Zitat Rainer Trendelberend
Immerhin ein Strohhalm mehr.

Pit

24. Oktober 2018 15:13

Wie schön wäre es, wenn man sich mit eindrucksvollen philosophischen Themen um das böse böse Thema "Rasse" herumdrücken könnte. Darf ich das Wort "Rasse" hier schreiben... ich vermute ja, werde aber im Weiteren dann bereits das Wort "Ethnie" benutzen müssen, weil das ja nicht so bös ist und also erträglicher ist. Ok... also nicht so sehr um "Rasse", sondern, genauer, um ethnisch basierte Gruppenzugehörigkeit geht es. Und man braucht keinen Philosophenkopf dafür oder überhaupt eine Philosophie und keine Raketenwissenschaft: denn man spürt es. Zu denken und nicht zu spüren, das ist die große Achillesferse der Weißen! Man spürt Zugehörigkeit und Nichtzugehörigkeit. Die anderen "Ethnien" hier fühlen sich falsch an. Zu meiner Gruppe gehören sie nicht. Ich schätze sie, aber sie gehören nicht zu meiner Gruppe (und nicht auf mein Territorium, um auch diesen Zentralbegriff genannt zu haben). Mein übliches Argument hier: Selbstsegregation. Die Leute wollen mit denen zusammenleben, die wie sie sind. Die bekannte R. Putnam-Studie usw. Es geht also um Selbstbestimmung. Was sollen die ganzen philosophischen Überlegungen. Man lasse einfach die Leute selbst bestimmen, DAS fordere ich. Da kommt man dann auf die entscheidende Frage: MACHT. Die, die uns hier austauschen, machen das aus Machtkalkulationen. Bitte z.B. Frank Stoners neuestes Video zur Fabian Society beachten, das ganze Wortgeklüngel von Sozialismus, Humanität, Erde retten usw. ist alles nur Fassade, Zweck ist: KONTROLLE; also Macht. Die Macht uralter Oberkasten, die Nichtoberkasten unter Kontrolle zu halten. Wo wird denn dies in M. Sellners Artikel thematisiert? Es wird über die ganz und gar falschen Fragen gesprochen. Diese ganzen Philosophiefragen sind bez. unserer Probleme fast völlig irrelevant; das einzige relevante Moment daran mag sein Besinnung auf sich selbst, also erkennen, was man will (und man will, behaupte ich, unter Seinesgleichen leben; wenn das das Ergebnis philosophischer Überlegungen ist, ok).

halbautomat

24. Oktober 2018 15:48

@Mauerbluemchen
Vielen Dank für Ihr Eingehen auf meinen Beitrag.

Kurz gefasst: Ich halte es für ausgeschlossen, kollektive Erkenntnis zu vergessen und so die Geschichte zurück zu drehen. Das Wissen über die empirische Beschreibbarkeit der Natur ist in der Welt und wird nicht wieder Verschwinden. Es wäre m.E. auch nicht gut, wenn dies gelänge. Nötig wäre vielmehr eine wirklich überzeugende Synthese aus Glauben und empirischer Wissenschaft. Diese ist mir trotz tief gehender Betrachtungen insbesondere aus der RKK (z.B. „Fides et ratio“ von Johannes Paul II) aber noch nicht über den Weg gelaufen.
Die Gültigkeit der wissenschaftlichen Methode in Hinblick auf die Beschreibung der „messbaren“ Welt halte ich für nicht sinnvoll bezweifelbar.

In meinem Beitrag habe ich bewusst einen autobiographischen Bezug hergestellt. Ich komme aus einem streng atheistischen Elternhaus und qua Ausbildung aus der naturwissenschaftlichen „Ecke“. Das Fides/Ratio-Thema hat mich viele Jahre intensiv beschäftigt und eine fundiertere Stellungnahme würde den Rahmen hier sprengen. Meine religiöse Odyssee hat mich vom Deismus über die Evangelikalen nach Rom und schließlich zum „feigen“ Agnostizismus geführt.
Ob und inwieweit meine Position vor diesem Hintergrund lediglich eine Projektion darstellt, vermag ich nicht zu sagen.

NB: Vom ideengeschichtlichen Standpunkt halte ich das Christentum in Gestalt des NT für allen anderen monotheistischen Religionen überlegen. Insbesondere der Islam stellt in meinen Augen eine fatale Rückentwicklung dar. Ein Atavismus bereits zum Zeitpunkt seiner Entstehung.

Monika

24. Oktober 2018 16:21

1. Die Verbindung von Spiritualität und Politik, von KOntemplation und Aktion ist ein heikles Thema, so es sich nicht um Pseudoreligionen oder weltliche Heilslehren handelt. Da wird es schnell irritierend oder komisch oder peinlich.
2. Die Benedikt - Option habe ich noch nicht gelesen ( ich vergesse tatsächlich immer wieder, das Buch mit zu bestellen). Wahrscheinlich bin ich so überheblich, von Amis nicht viel zu erwarten, was die geistige Wiedergeburt Europas betrifft. Mit Staunen nahm ich dagegen zur Kenntnis, daß Michel Houellebecq bei der Verleihung des Oswald Spengler ( ! ) Preises von seiner Hoffnung auf eine katholische Erneuerung in Frankreich sprach.
Auch die Bürgerrechtler in der ehemaligen UdSSR sind eine Inspiration, was die Verbindung von Moralmund Politik betrifft.
Es lohnt sich, mal wieder die Harvard-Rede ( 1977) von Alexander Solchenizyn zu lesen, die seinerzeit den Westen schockte. Solchenizyn kritisiert den westlichen Liberalismus mit starken Worten: "Der Humanismus des Liberalismus trägt den Antihumanismus in sich".
3. Es mag zwar Christen in der IB geben, aber nach außen ist ihr Auftreten nicht christlich geprägt. Sonst würde sie christliche Symbole im "Schilde" führen.
4. Der Universalismus steckt in einer Krise, aber der ethische Universalismus ist grundlegend für das Christentum . Hier wäre eine saubere Begriffsklärung nötig ! Allgemeingültige Werte und Normen ( ethischer Universalismus) schließen einen kulturellen Pluralismus nicht aus. Oder anders gesagt, erst die wohlwollende Anerkennung von Unterschieden ermöglicht Gemeinsamkeiten.
5. Mit Freude habe ich den unpolitischen Reisebericht ( für die Elite :)) von Martin Sellner angeschaut. Seine Wallfahrt nach Mariazell hat mir gefallen. Das scheint mir der richtige Weg.
Ihnen alles Gute, Herr Sellner.

Fredy

24. Oktober 2018 17:17

Der Kaiser der Römer, Julian, hatte wider den König der Junden die zweifellos besseren Argumente. Zum Christentum ist seither alles notwendige gesagt. Hinter die Aufklärung kann man alleine deshalb schon nicht zurück, weil das was geglaubt werden soll jetzt nicht mehr glaubbar ist. Wer sich intensiv mit der Bibel, der vermittelten Geschichte und dem dargestellten Gottesbild beschäftigt, wird nicht mehr glauben können, dem springen die ungeheuerlichen Zumutungen, logischen Schwächen und Widersprüche geradewegs ins Gesicht. Aus jemand der glauben möchte wird jemand, der zwar noch nicht die Antwort kennt, aber jedenfalls sicher ist, dass dieser Schwachsinn sicher nicht der Wahrheit entspricht. Es kann nie auf alles eine Antwort gefunden werden. Als Agnostiker kann man ebenso zur Ruhe einkehren, wie der in sich ruhende Gläubige. Letzteres ist aber eher selten: Viele macht der Glaube tatsächlich erst krank.

Das historische Christentum hat deshalb auch seine Verdienste für unser Volk und Kultur, weil es mit wahrem Christentum, wie die Bibel es tatsächlich vorgibt, nichts aber auch gar nichts zu tun hatte. Von dem ganzen Elend, das es gleichzeitig verursachte, muß man aber auch reden. Ob das Christentum dann für die westliche Welt eher Fluch oder Segen war ist durchaus der Diskussion wert.

Probiert es meinetwegen mit "Klöstern" und Refugien. Man kann der BRD viel vorwerfern, aber sie hindert Euch nicht, Euch dahingehend auszuleben. Die meisten derartigen Gemeinschaften werden zu Sekten. Alle wollen führen, keiner gehorchen. Solange das auf freiwilliger Basis geschieht, wird das nicht funktionieren. Und wenn es auf Zwang basiert, ist es totalitär und abzulehnen. Bleiben zwingende Umstände. Die sind aber nicht da.

Michael B.

24. Oktober 2018 18:11

> und schließlich zum „feigen“ Agnostizismus geführt.

Sie schreiben es ja schon in Anfuehrungsstrichen - ich denke, man sollte hier aber oefter einmal viel offensiver werden. Ich bin auch Agnostiker, atheistischer um genauer zu sein. Uebersetzt also: Ich kann die Frage nicht entscheiden, alle mir zur Verfuegung stehenden Mittel sprechen aber fuer eine Verneinung der in Frage stehenden Existenz.

Darueber hinausgehend messe ich allerdings auch der Frage keine wesentliche Bedeutung bei, deswegen bin ich Agnostiker und kein purer Atheist. Und das ist der Punkt, nix feig. Ein Mensch kann vollstaendig sein, ohne diese Dinge waelzen zu muessen. Und ich denke auch, eine Gesellschaft kann sich ueber anderes definieren.
Was das ist, kann man kaum mit einem Willensakt in die Welt schaffen. Die Versuche in Form der "Rueckbesinnungs"-Kategorie Christentum halte ich fuer besonders fruchtlos. Der Zug ist abgefahren und aus meiner Sicht ist das auch gut so.

Durendal

24. Oktober 2018 19:32

Der Philosoph Charles Taylor beschreibt in seinem unter Konservativen in Deutschland leider kaum wahrgenommenen Werk "Ein säkulares Zeitalter", dass man zwar nicht hinter die Aufklärung zurückgehen, aber sie überwinden könne.
Taylor zufolge beruhe die Aufklärung bzw. die gesamte Moderne auf einer grundsätzlichen Fehldeutung der Wirklichkeit. Sie nehme die Wirklichkeit innerhalb eines verengten Rahmen wahr, der keinen Raum für das Vertikale oder das Transzendente lasse, dessen Existenz schlicht bestritten werde. Innerhalb dieses geistigen Gefängnisses seien große Teile der Wirklichkeit für den Menschen unzugänglich bzw. würden als undenkbar erscheinen.
Die Überwindung der Aufklärung als Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Verengung des Blicks auf die Wirklichkeit ist aber durchaus möglich, denn die materialistischen Annahmen, auf denen die Aufklärung beruht, scheitern bereits bei der Erklärung von menschlichen Grunderfahrungen wie dem freien Willen.
Wenn einem der Austritt aus dem geistigen Gefängnis des modernen Denkens gelingt, kann man auch die großen Fragen wieder stellen, so wie Dreher es dankenswerter Weise tut.

Thomas Martini

24. Oktober 2018 19:35

@deutschidentitärer

"Es ärgert mich, wenn "Altrechte", zu denen ich Sie auf Grundlage Ihrer hier verfassten Beiträge zähle, der IB aus Unkenntnis und wohl auch aus einer gewissen Arroganz heraus Positionen unterstellen, die sie schlicht nicht vertritt."

Interessiert mich nicht die Bohne, wo Sie mich verorten, und ich bin höflich genug, um Ihnen nicht mitzuteilen, in welcher Schublade Sie bei mir stecken.

Habe hier oft genug erwähnt, daß ich mit Michael Jackson, HipHop, McDonalds, WWE-Wrestling und ähnlichem Kram aufgewachsen bin, und dieses Zeug verliert sich erst allmählich in meinem Gedächtnis. Manchmal - und ich verrate dieses kleine Geheimnis hier flüsternd leise - schaue ich mir sogar heute noch die Großveranstaltungen der WWE an.

Meine Vorbehalte gegen die IB wären in dem Interview nachzulesen, das ich im Sommer mit Johannes K. Poensgen führte:

https://coriolan.in/rom/identitaere-bewegung-ein-interview/

Kurzgefasst: Zu wenig Berufung auf die eigene Identität, zu viel positiver Bezug auf Angloamerika.

"Die Amerikaner sind anständige und ehrbare Leute, alles Übel, das ihr Land in die Welt gesetzt hat, sind nur ihren (((Eliten))) zuzurechnen. Gerade als Deutscher sollte man an dieser Differenzierung festhalten."

Auf die Weise lässt sich jedes Teufelswerk entschuldigen. Kennen Sie den Popsong "Cambodia" von Kim Wilde? Darin bringt die amerikanische Sängerin auf den Punkt, was das Brandbombenschmeißen auf fremde Länder für den "anständigen" John Doe ist: Ein Job.

"Dass ein Amerikaner nicht über Benedict schreiben dürfen sollte, ist natürlich völliger Unfug."

Da ich so etwas nie behauptet habe, läuft der Vorwurf völlig ins Leere. Mein Standpunkt lautete: "Es hat schließlich schon ein Geschmäckle, wenn ausgerechnet ein Ami auf solche Ideen kommt."

@Der_Juergen

"In ca. drei Vierteln der Fälle kann ich Ihren Wortmeldungen beipflichten, aber die von gestern abend hat mich geärgert."

Dann hat meine Ausführung ihre Wirkung wohl nicht verfehlt. Zudem: Wären wir immer einer Meinung, wäre es hier todlangweilig.

"Warum soll die Tatsache, dass die US Air Force Monte Cassino und zahllose andere Kulturschätze bombardiert hat, einen Amerikaner daran hindern, in religiösen Kategorien zu denken?"

Soll es doch gar nicht, aber ich finde es gut, wenn wir uns alle noch einmal in Erinnerung rufen, was wir den uns freundlich gesinnten US-Amerikanern so alles zu verdanken haben.

"Das ist doch die Kollektivschuldthese, unter der die Deutschen mehr als jedes andere Volk zu leiden haben, in Reinkultur!"

Und was schlagen Sie vor, was der beste Weg wäre, um uns endlich von diesem tief in die deutsche Seele imprägnierten Schuldkult zu befreien?

"Ein undifferenzierter Antiamerikanismus ist eines Sezessionisten unwürdig."

miserere mei Deus secundum magnam misericordiam tuam et secundum multitudinem miserationum tuarum dele iniquitatem meam

Aus einem Psalm, der ursprünglich nur in der Sixtinische Kapelle gesungen wurde, bis Mozart eine Raubkopie anfertigte. Und darauf ein Gotteslob, daß die "anständigen" Amerikaner uns dieses europäische Kulturwunder wenigstens heil gelassen haben.

"Schliesslich kamen und kommen viele rechte Denker von Format aus den Vereinigten Staaten."

Wären für mich alle zu vernachlässigen, solange die nicht Gedanken äußern, aus denen hervorgeht, welches Unrecht die USA an Deutschland und Europa verbrochen hat. Das gleiche gilt übrigens für Dichter.

Solche Dichter und Denker, sind in den USA jedoch eine Mangelware wie Blockschokolade zur Zeit von Billy the Kid.

"Und die Geschichte Amerikas ist mitnichten jenes Verbrecheralbum, als die sie leider auch ein sonst heller Kopf wie Joachim Fernau darstellt."

Die Geschichte der USA ist eine einzige Abfolge von brutaler Unterwerfung, Krieg, Völkermord, Sklaverei und Geldherrschaft. Alles andere ist nur das "konsumistische Flittergold" (Dr. Thor von Waldstein), das auch in der BRD alles übertüncht.

"Die Kulturverderber und Volkszerstörer wüten jenseits des Teiches nicht minder arg als in Deutschland."

Dazu gibt es soviele passende Sprichwörter, zum Beispiel "Die Geister, die ich rief", oder "Wer Sturm sät, wird Wind ernten".

Es sollte unser aller Hoffnung sein, daß das US-Imperium in nicht allzu ferner Zukunft implodiert, ohne daß es die ganze Welt mit in den Abgrund reißt.

Thomas Martini

24. Oktober 2018 19:40

"Wer Wind sät, wird Sturm ernten", heißt es natürlich.

links ist wo der daumen rechts ist

24. Oktober 2018 20:13

Wenn ich es richtig sehe, befinden wir uns also in folgender Zwickmühle:

Einerseits extrapolieren wir aus der Gegenwart in die Zukunft und landen bei Dystopien, wahrhaften Horroszenarien. Europa ist zerstört, es existieren vage nur noch einzelne Fellachenstaaten. Die „braunrassige“ Bevölkerung, weit davon entfernt, einzelne Völker zu repräsentieren, siecht kinderreich vor sich hin. Eine verschwindend kleine weiße Minderheit lebt in Zwingburgen und harrt der Dinge…

Andererseits extrapolieren wir aus der Gegenwart in die Vergangenheit und errichten retrospektiv geltungsverbürgende Idealzustände wie z.B. das deutsche Volk in Einigkeit, Recht und Freiheit. Ethnische Homogenität garantiere ein heute Solidar-, früher Volksgemeinschaft genanntes Ideal. Fremdes ist, höflich formuliert, ausgeblendet.

Ersterem entspricht der „Club-of-Rome-Effekt“ bzw. das auch auf diesen Seiten des öfteren angesprochene Phänomen der „halben Prophetie“ (Houellebecq).

Zweiterem würde ich persönlich mit milder Resignation begegnen, etwa als Trauer über den Verlust zweier Völker, die in gewisser Weise das alte Europa repräsentiert haben: die europäischen Juden und die Deutschen der Ostgebiete.

Meine Frage aber lautet, wenn ich den Zustand des Dorfes, in dem ich in den 70ern aufgewachsen bin, mit dem von heute vergleiche:
Wer hat denn, Herrschaftszeiten, die große Zerstörung betrieben? Wer hat die alten Häuser abgerissen, Wälder im Ortsgebiet gerodet, 1000jährige Linden gefällt, die ortsansässigen Geschäfte und Gasthäuser zur Schließung gezwungen, Supermärkte am Ortsrand gebaut, eine Schnellfahrpiste durch den Ort gelegt? Und bewohnt wird das Ganze von Menschen, die sich in nichts vom globalisierten Einheitsbrei in anderen Weltgegenden unterscheiden, abgesehen vom mit englischen Signalwörtern durchsetzten Dialekt.
Und darauf soll ich das Ideal eines Volkes gründen?
Nein, ein denkender und zur Trauer fähiger Mensch befindet sich per se in instinktiver Abwehrhaltung zu geschätzten 80-90% derjenigen, die man gezwungenermaßen als Landsleute zu bezeichnen pflegt.
Was habe ich mit diesen hightech-Fellachen zu tun?
Wer teilt meine Vernarrtheit in die deutsche Sprache und Kultur?

Es geht nicht (mehr) um eine drohende Umvolkung, die Entvolkung hat schon längst stattgefunden.
Die Zwingburgen existieren auch so.

deutscheridentitaerer

24. Oktober 2018 21:06

@Martini

"Interessiert mich nicht die Bohne, wo Sie mich verorten, und ich bin höflich genug, um Ihnen nicht mitzuteilen, in welcher Schublade Sie bei mir stecken."

Schubladen, Selbstverortungen sind immer unzureichend, aber nützliche Hilfsmittel, um die Aussagen des Gegenübers in einen entsprechenden Kontext einzuordnen. Sollten Sie sich also falsch eingeordnet fühlen, hätte mich wiederum interessiert, wie Sie sich stattdessen einorten würden, wie mich auch Ihre Einordnung meiner Person interessieren würden, denn so würde deutlich, ob man sich möglicherweise missverstanden. Mit Höflichkeit oder Mangel daran hat das alles meiner Meinung nach nichts zu tun.

Sollten Sie meine Verortung als unhöflich aufgefasst haben, tut mir das leid.

"Habe hier oft genug erwähnt, daß ich mit Michael Jackson, HipHop, McDonalds, WWE-Wrestling und ähnlichem Kram aufgewachsen bin, und dieses Zeug verliert sich erst allmählich in meinem Gedächtnis."

Das alles hat mich persönlich nie interessiert und es ist eben auch nur eine Ausprägung des amerikanischen Volkscharakters und wie gesagt nicht die, die bei mir besonderen Anklang findet.

"Auf die Weise lässt sich jedes Teufelswerk entschuldigen. Kennen Sie den Popsong "Cambodia" von Kim Wilde? Darin bringt die amerikanische Sängerin auf den Punkt, was das Brandbombenschmeißen auf fremde Länder für den "anständigen" John Doe ist: Ein Job."

Kenne ich nicht, aber für jeden Soldaten ist sein Handwerk eben auch ein Job. Das die moderne Kriegführung immer ehrenloser wird, ist bedauerlich, liegt aber in der Natur der Sache.

"Da ich so etwas nie behauptet habe, läuft der Vorwurf völlig ins Leere. Mein Standpunkt lautete: "Es hat schließlich schon ein Geschmäckle, wenn ausgerechnet ein Ami auf solche Ideen kommt."

Gut haben Sie so nicht behauptet, aber ich sehe auch kein Geschmäckle. Genauso gut hat es ein Geschmäckle, dass bspw. Sie oder ich sich gegen die Überfremdung aussprechen, wo doch unsere Regierungschefin Merkel sich in besonderem Maße darum verdient gemacht hat.

"Es sollte unser aller Hoffnung sein, daß das US-Imperium in nicht allzu ferner Zukunft implodiert, ohne daß es die ganze Welt mit in den Abgrund reißt."

Das Imperium kann gerne weg, und es schwindet ja bereits rapide dahin.

Sandstein

24. Oktober 2018 21:27

@ EK, deutschidentitärer

ich habe mir jetzt einmal die Mühe gemacht, und das Video von Martin Sellner zu der benannten "Aktion Gipfelkreuz" der bay. IB-Sektion angeschaut. Er trägt dort sogar ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Deus vult", Motto des ersten Kreuzuges, ausgerufen von Papst Urban in Clermont.

MS schafft es in einem 6-7 minütigen Video kein einziges Mal konkret auf das Christentum und seine Bedeutung für die Geschichte Europas einzugehen. Er schießt gegen Reinhold Messner, er schießt gegen die Presse. Und ihm gefällt es, dass die Aktion soviel Furore gemacht hat. Legitim. Und nebenbei: die Aktion auf dem Brandenburger Tor feier ich bis heute.
Aber wo bleibt der Bezug zum Christentum? Ist nicht zu sehen oder zu hören. Das ist schlichtweg Provokation, und das war es dann auch. Das wird aber dem Christentum nicht gerecht. Meine Meinung.

Jetzt noch 1-2 Takte zum T-Shirt. Ich kenne mich ganz gut mit Geschichte aus. Für den ersten Kreuzzug mobilisierten Geistliche, allen voran der Papst, Massen an jungen Männern. Es galt die heiligen Stätten zu befreien, die für Pilgerfahrten zur Grabeskirche etc. nicht mehr offen standen.
Das ist der Ursprung des "Deus vult", bekanntlich mobilisiert ein knackiger Spruch mehr Menschen, als es die bloße Auftragserteilung vermag. Ist heute mit #unteilbar oder #wirsindmehr ganz ähnlich. Damals gab es das direkte Ticket in den Himmel, heute eben ein Gratis-Konzert und eine lausige Cola.

Die wahre Ursache für die Notwendigkeit eines Kreuzzuges lag aber ganz woanders. Das uralte germanische Erbrecht, wonach jeder Sohn einen Anteil am Vatererbe erhielt, wurde umgestellt, womit die nachgeborenen Söhne allesamt leer ausgingen. Einige Söhne konnte man als Adliger in die Klöster schicken, aber eben nicht alle. Der kirchliche Frieden in Europa war in Gefahr, Fehden und Nachfolgestreitigkeiten machten sich breit. Auch päpstlich bestimmte kampffreie Tage änderten daran nichts. Man stelle sich vor: der Papst verbot das ausfechten von Fehden an Weihnachten! Mehr braucht man zum damaligen gesellschaftlichen Zustand nicht zu sagen.
Der Kreuzzug war hier ein willkommener Anlass, Dampf vom Kessel zu lassen.
Deshalb ist "Deus vult" ein einziger Propagandaspruch. Und ich gestehe ja einzelnen IB Mitgliedern zu, dass sie christlich sind. Aber bei der IB als Gesamtheit ist das nicht ansatzweise erkennbar.

Was den Antiamerikanismus angeht, halte ich es mit Volker Pispers: "wieso oberflächlicher Antiamerikanismus?! ... meiner ist gar nicht oberflächlich".
Natürlich ist es polemisch und billig, sich über Fettleibigkeit und Beschränktheit zu mokieren, aber da liegt eben auch verdammt viel Richtiges drin. Es ist die (Hab-)Gier, die Völlerei, die Faulheit. Und selbst die Wollust kommt zum Vorschein, wenn man weiß, wie besonders die Ostküste fundamental christlich ist, die Teenies aber zum Geschlechtsverkehr ins Autokino düsen.
Kein Land hat so viele Pornos, so viel Fastfood, so viele Drogenlaster wie die USA.
Ein Volk, das nach Weltkrieg I und II, Vietnam und Irakkrieg bis heute Söhne zum verrecken nach Übersee schickt, anstatt mal die Armut in all den Chicano- und Schwarzen-Vierteln zu bekämpfen und dort aufzuräumen. Seit 300 Jahren angeblich Melting Pot und bis heute herrscht de facto eine Rassentrennung. Erbärmlicher geht es doch nicht.

Und selbst wenn man behauptet, es seien eben nur die Eliten. Dann fällt auch das letztendlich auf das einfache Volk zurück, das unfähig ist, diese Eliten auszutauschen. Siehe Deutschland. Als hätten wir wirklich aus 1933 gelernt. Heute unter natürlich anderen Vorzeichen, aber es sind die gleichen Muster. Ein Großteil der Deutschen bleibt tumb, taub und dumpf wie schon immer. In 15 Jahren will ein großer Teil der Masse von nichts gewusst haben (Großer Austausch, Vereinigte Staaten von Europa, Deindustrialisierung etc.pp).

Tut mir Leid für die vielen Worte, habe aber glaube ich auch das Recht meine etwas überspitzte These zu erklären. Und ich schrieb ja, dass ich es steil behaupte, womit ich zugebe, dass ich es letztlich nicht weiß. Meine Kontakte zur IB beschränken sich auf "über 2 Ecken".

Liebe Grüße an alle Foristen die sich den halben Roman angetan haben.

deutscheridentitaerer

24. Oktober 2018 21:32

@Martini

Ganz klar wird mir aus dem Interview nicht, was Sie denn nun für Vorbehalte gegen die IB haben, dafür wird nicht deutlich, mit welchen Positionen, die sie fragehalber anführen ("Manche meinen") Sie sich persönlich identifizieren.

Wie auch immer, das Interview ist ein gutes Lehrstück für die Missverständnisse, die viele "Altrechte" gegenüber der IB hegen.

Poensgen erklärt das im Grunde schon sehr gut, auch wenn mich seine Aussage es gehe bei der Abgrenzung von der alten Rechten lediglich um eine Hygienemaßnahme, befremdet. Egal wie man dazu persönlich steht, das ist nicht die IB-Linie, und wenn man öffentlich sagt es sei nur eine Hygienemaßnahme, verliert sie ja selbst als solche ihre Wirkung.

Also, zur Sache:

Ich mache zwei Hauptvorbehalte gegenüber der IB aus:

1. Das identitäre Bekenntnis zur Demokratie und 2. ein vermeintlicher Fokus gegen Islamisierung unter außer Acht lassen der Amerikanisierung.

Was die Demokratie angeht, so ist das gar kein zentraler Punkt der IB. Es geht aber darum, dass man, wenn man schon in einer Demokratie lebt, bzw. in einem System, das vorgibt eine solche zu sein, grundlegende Fragen wie eben solche der Einwanderung doch bitte auch demokratisch entschieden werden sollen. Hinter einer solchen Forderung kann man sich auch als Kritiker der Demokratie einreihen.

Was nun die Amerikanisierung angeht, so ist zu unterscheiden zwischen "amerikanischer" Massenkultur (sie ist ja eben geraden spezifisch "amerikanisch" sondern global) und den Vereinigten Staaten als von Europäern gegründeter Staat. Dieser Staat ist mittlerweile natürlich wie alle anderen weißen Staaten vom Feind unterwandert und hat eine unheilvolle Rolle gespielt. Aber das muss ja nicht so bleiben.

Was nun die amerikanische Massenkultur angeht, also im Prinzip eben jene nihilistische Nicht-Kultur, um die es im obigen Artikel geht, so ist das in den Augen der IB durchaus der Hauptfeind.

Der Kampf gegen diesen Feind wird aber gewissermaßen über Bande gespielt. Kultur lässt sich nicht herbeireden, nicht herbeischreiben, sowenig wie Gras schneller wächst, wenn man daran zupft.

Die Idee der IB ist es nun eben, die bereits halbtoten Nerven des Abendlandes wieder zu wecken, indem man ihm die riesige und materiell greifbare Gefahr der Islamisierung vor Augen führt. In einem harten Abwehrkampf entsteht dann womöglich das Klima, in dem alte deutsche und europäische Tugenden wieder wachsen können.

Und vor allem: Die Amerikanisierung kann man immer rückgängig machen oder überwinden - aber nur solange die europäischen Völker noch materiell existieren. Ist der große Austausch erst einmal abgeschlossen, war es das aber endgültig.

All das was Sie kritisieren wird doch oben (und nicht nur dort) von Sellner ausführlich behandelt, ich verstehe nicht, warum Sie das einfach zu ignorieren scheinen?

Franz Bettinger

24. Oktober 2018 21:33

@imagine: Kapital ist Eigentum, materielles oder geistiges. Kapitalismus ist die Vorstellung, dass Eigentum wichtig sei ("property matters") und dass es ein Recht auf Eigentum gäbe und darauf, es zu verteidigen. Ein Cro Magnon Mann findet eine Höhle im Berg, sagt "Die gehört mir", zieht mit seiner Frau ein, errichtet eine Feuerstelle und macht die Höhle wohnlich. Ein anderer, vielleicht ein Neandertaler, kommt vorbei und sagt: "Ich bin Kommunist. Es gibt kein Recht auf Eigentum. Diese Höhle nehme ich mir und die Frau auch. Du hast beides lang genug gehabt." Das ist alles, was man wissen muss, um den Unterschied zwischen Rechts und Links zu kennen.

Olaf_S

24. Oktober 2018 21:34

Victor

"Die Kirche ist tot."

Die beiden deutschen großem Kirchen Ja, aber nicht die orthodoxen Kirchen! Die orthodoxen Kirchen sind zwar noch nicht unsere, aber wir können, wenn wir wollen uns dieses orthodoxe Christentum uns zu eigen machen und mit unserer Kultur vereinen, was ja auch schon geschieht, wenn auch im kleinen.

Fredy

24. Oktober 2018 21:47

@links ist wo der daumen rechts ist

Mir gehen Deine Fragen nicht tief genug. Wer hat denn die Häuser in dem Dorf gebaut wo früher ein schöner Wald war? Wer hat Gasthaus und Geschäfte eröffnet, wo man früher am Markt Tauschhandel trieb und sich am Brunnen verköstigte?

Jo mei, ich fänds vielleicht auch geil in einer anderen Zeit zu leben. Das ist aber kein politischer Ansatz. Rechts bedeutet für mich das lebensrichtige Weltbild zu haben, also dem Wesen des Menschen gerecht zu werden; hier sind wir dem Linken immer überlegen. Zum Wesen des Menschen gehört unbedingt das menschliche Streben nach Fortschritt. Freiwilligen Stillstand gab es nie. Dass durch die heutigen Möglichkeiten der Fortschritt auch zur Bedrohung wird, für den Einzelnen, für die Gemeinschaft und auch das Volk, ist nicht durch künstliche oder freiwillige Rückkehr, Stillstand und Verknappung zu lösen. Es wird doch aber auch Möglichkeiten geben fortschrittliche Technologien und Lebensweisen produktiv nutzen zu können. Sellner macht's doch selbst teilweise vor. Weitermachen.

Ansonsten war es nie leichter als heute auszusteigen. Von Hartz4 kann man heute besser leben wie ein Fürst früher. Ohne Auto, Telefon, Strom und fließend Wasser erst recht. Wem das aber alleine keinen Spaß macht braucht das für die Gemeinschaft erst gar nicht fordern.

Franz Bettinger

24. Oktober 2018 22:05

@halbautomat: Sie glauben, das Christentum in Gestalt des NT sei allen anderen Religionen überlegen? Mein Gott!

Tora: "Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."

Bibel, Mt 5, 43-48, Bergpredigt: "Ihr habt gehört, dass gesagt wurde: Du sollst deinen Nächsten lieben, aber deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde! Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden?"

Um das Rechte und dessen berechtigte Fremden-Abwehr trotz des Rechte-Wange-Linke Wange-Gebots zu retten, wird nun Haare spaltend behauptet, Jesus habe das gar nicht ernst gemeint, er habe zwischen persönlichem und politischem Feind wohl unterschieden. Nein, hat er nicht.

Wenn Jesus mit dem Nächsten nur die Familie, den Stamm oder das eigene Volk meint, dann kann er mit Feinden nur die Fernen und Fernsten meinen, da beißt die Maus keinen Faden ab. Man kann nicht behaupten, Jesus habe nur die Tora wiederholen und also die Nächstenliebe betonen wollen. Im Gegenteil, er machte sehr deutlich, was er unter Feind verstand: Alle anderen, auch die fernsten Fremden.

Wir Schwächlinge aber biegen es uns mit Übersetzungs-Ausreden zurecht, damit es uns politisch passt und unser Gottes-Konzept nicht annagt. Wir versuchen, das Jesus- Wort 'Liebet eure Feinde' zeitgemäß auszulegen, obwohl es gar keiner Auslegung bedarf, da Jesus an Klarheit nicht zu überbieten ist - genau was man von einem biblischen Text erwarten sollte. Denn Jesus hat mit dem Gebot der Feindes-Liebe das jüdische Gebot der Nächstenliebe übertreffen wollen - und mich damit verloren.

Passt modernen Christen ein klassischer Text nicht, behaupten sie, er sei so nicht gemeint gewesen, man müsse ihn anders übersetzen. Auch die Passage "und führe uns nicht in Versuchung" aus dem Vater Unser. Sie wurde einfach abgeschafft. Dabei hat der Gott des Alten AT die Menschen gern und oft in Versuchung geführt. Adam und Eva sind der Versuchung bzw. Verheißung von Erkenntnis - und was ist an Erkenntnis eigentlich verwerflich? - erlegen. Vom zweiten verbotenen Baum, dem des Lebens, der das Menschengeschlecht selbst zu Göttern gemacht und ihm ewiges Leben verliehen hätte, von diesem Wunderbaum hatten Eva und Adam dann keine Gelegenheit mehr, zu probieren. Die wenigsten, auch die wenigsten Priester, Pfarrer und die belesenen Zeugen Jehovas wissen etwas von dem zweiten Baum, obwohl er überdeutlich in der Genesis vorkommt. Warum wohl wird darüber nicht nachgedacht und disputiert? Warum wird Der Baum des Lebens von den Religions-Gelehrten aus dem Gedächtnis und vielleicht ebenfalls bald aus der Bibel gedrängt? (FB: Weil er peinlich ist. Peinlich für Gott.)

Carl Schmitt definierte Politik als das Unterscheiden von Freund und Feind. Genial einfach und richtig! Feindes-Liebe? Das ist einfach nur eins: Quatsch im Quadrat. Einen Feind zu lieben und ihm auch noch die andere Wange und die andere Schwester hinzuhalten, ist Selbstmord. Und das betrifft jede Art von Feind, den bösen Nachbarn wie den bösen Nafri. Ich sehe nicht ein, einem deutschen Schurken gnädig sein zu sollen, nur weil er ein Nächster ist. Dann müsste ich auch Merkel und Schulz Gnade erweisen. Wenn Jesus das gemeint hat, wenn unser christlicher Gott das will, dann muss er seinen Laden ohne mich betreiben.

Sorry für die Unbescheidenheit, aber ich habe wohl zu viel vom Baum der Erkenntnis in mir. Ich kann mir nicht denken, dass der Bergpredigt ein Übersetzungsfehler zugrunde liegt. Jesus sprach nicht griechisch, sondern aramäisch, also Alt-Hebräisch. Die Erst-Übersetzer haben zumeist recht mit ihren Übersetzungen, denn sie sind zeitlich am nächsten am Original. Hätte Jesus, wie uns einige Bibel-Ausleger weis machen wollen, mit seinem Gebot zur Feindes-Liebe nur den persönlichen Feind gemeint, der zu lieben sei, nicht aber den äußeren Feind, den politischen Feind, eben die Römer, so wäre er ein ganz normaler Nationalist und Rassist gewesen. Wieso auch nicht! All das wäre ja nur natürlich und verständlich gewesen. Nur eins wäre es nicht: eine berauschend neue Vorstellung von Religion. Es wäre eben keine Religion des Friedens und der Liebe, die uns aufgibt, in der eigenen Familie gnädig sein zu sollen, den politischen Feind aber hassen, bekämpfen und töten zu dürfen. Nein, das wäre kalter Kaffee. Das hatten wir schon immer. Wo soll da noch ein Unterschied zum Islam sein, zum Judentum oder zu einer anderen x-beliebigen Religion? Der Islam ist in seinem Gebot des Feindes-Hasses da einfach nur expliziter und ehrlicher.

Was sollen eigentlich diese modernen Versuche, etwas anders zu übersetzen? Will der Mensch denn eine Religion (wie das Christentum), die alltäglich neu ausgehandelt, ausgelegt, verändert und mit p.c. gefüttert werden muss, um vom Zeitgeist nicht als unappetitlich ausgespuckt zu werden? Will der Mensch nicht vielmehr einen Fels in der Brandung, an dem jeder Zweifel, jeder Modernismus abperlt?

So oder so, seit ich 16 bin, kann ich mit Religion nichts mehr anfangen. Die neue Version der Bergpredigt (von der eh normalen Nächstenliebe) gefällt mir nicht, da sie sich von anderen Religionen nicht unterscheidet, und die alte (von der Feindes-Liebe) gefällt mir nicht, weil sie uns den Selbstmord befielt. Ich hoffe, das war nicht zu weit off topic.

Maiordomus

24. Oktober 2018 22:24

@links, wo der Daumen rechts ist. Ihre kritischen Bemerkungen kommen mir in einem sehr realistischen Sinne als zutreffend vor, sozusagen "vernünftig-rechts".

@Fredy, Was Sie bei biblischen Texten etwas pauschal "Schwachsinn* nennen, lässt darauf schliessen, dass Sie sich mit dem Wirklichkeitsverständnis, wie es etwa im 1. Korintherbrief von Paulus artikuliert wurde, noch nicht oder zumindest nicht ernsthaft auseinandergesetzt haben. Zur Ergänzung empfehle ich Ihnen dazu "Die Mystik des Apostels Paulus" von Albert Schweitzer und warum nicht sogar die Hermeneutik des Erz-Deutschen Martin Luther? Derselbe ist im Zusammenhang mit Paulus durchaus auf weltanschauliches Niveau gekommen, kein Vergleich zu Friedrich Engels, für den das Huhn lediglich die Negation des Eis war, da scheint mir Luther schon von klarerer Perspektive. Auf seiner Paulus-Hermeneutik, die im Ansatz durchaus als ein für gewissenhaftes Handeln brauchbares weltanschauliches System gesehen werden kann, kann man weiterbauen, vielleicht noch ergänzend zur mittelalterlichen Formel "fides quaerens intellectum", der Glaube auf der Suche nach einer vernünftigen Grundlage. Ein modernes Weiterdenken dieser Grundlagen findet man beim reformierten Theologen Karl Barth, welcher den Vernunftgebrauch in der Theologie nie ausgeschlossen hat. Sie sollten ehrlich zugeben, dass Sie rein intellektuell, selbst wenn Sie mit Gründen Paulus nicht nachvollziehen, wohl noch nicht so ganz auf dem Niveau jenes nicht unintelligenten Rabbiners sind. Paulus nimmt es mit vermeintlich Aufgeklärten noch längst auf, kann er doch - wie sagen wir mal Einstein - in unterschiedlichen Systemen denken, was nun wirklich nicht jedem Durchschnittsbürger gegeben scheint.

@Maiordomus. Habe nicht zuletzt wegen gelegentlich auftauchender Schwierigkeiten mit dem Augenlicht heute morgen wieder arg meine eigenen Texte verschnitzert. Zwar kann ich noch leidlich schreiben, aber leider minder und minder schlecht lesen was ich schreibe. Um einige Missverständnisse auszuräumen:
- W a s Sellner über den "geistigen Tabernakel" ausführt, scheint mir beeindruckend. (Schreibe dies gerne ein zweites Mal!)
- Was ich über Beda den Ehrwürdigen als Chronisten der Völkerwanderung und der frühen Christianisierung des germanischen und keltischen Europa ausgeführt habe, wäre vielleicht f ü r die Kardinäle Marx und Wölkl lehrreich. (Dabei nehme ich weder an, dass diese Beda lesen, der selbst wohl über unsere Zeit mehr zu wissen schien als heutige Kleriker, noch dass sie bei unserem Blog reinschauen, welch letzteres aber schon eher zu verkraften wäre.)
- Lichtmesz wurde in einem Medium, ich glaube, es war ein Gebührensender, als "Rechtsideologe" klassifiziert, im Gegensatz zu den anderen Ideologen, vor denen leider nicht gewarnt wird.
- Könnte sich Thilo Sarrazin die Geschichte der Logik vergegenwärtigen, würde er sich nicht zur These versteigen, dass logisches Denken erst mit der Reformation aufgekommen sei. Im Gegensatz zu den rein empirischen Wissenschaften war die Logik nämlich eine ganz grosse Stärke der mittelalterlichen Philosophie, mit Errungenschaften, die zur Zeit Kants teilweise vergessen waren, erst mit und nach Frege wieder entdeckt worden sind und sich zum Teil im Zusammenhang mit der Elektronischen Datenverarbeitung sogar noch als praktisch nützlich erwiesen haben. Damit haben sich u.a. die Logiker Bochenski und Albert Menne näher befasst.

- Was Sellner ausführt über Nominalismus und Universalismus, deckt sich ungefähr mit meiner Sicht, als ich etwa 16 Jahre alt war. In 40 bis 50 Jahren wird Sellner dies womöglich etwas genauer sehen.

Martin Heinrich

24. Oktober 2018 22:29

Wir brauchen wieder einen demobilisierenden Mythos.

Schließ Aug und Ohr für eine Weil
vor dem Getös der Zeit.
Du heilst es nicht und hast kein Heil
als wo dein Herz sich weiht.

Dein Amt ist hüten, harren, sehen
im Tag die Ewigkeit.
So bist du schon im Weltgeschehen
befangen und befreit.

Die Stunde kommt da man dich braucht,
dann sei du ganz bereit.
Und in das Feuer das verraucht,
wirf dich als letztes Scheit.

halbautomat

24. Oktober 2018 22:35

@Michael B.

„Ein Mensch kann vollstaendig sein, ohne diese Dinge waelzen zu muessen.“

EIN Mensch schon. Sie vermutlich. Ich vielleicht.
Doch die Mehrzahl der Menschen scheint das Bedürfnis zu haben, Teil von etwas Größerem, etwas Höherem zu sein. Dieses Bedürfnis zu ignorieren, nur weil man es selbst nicht hat, führt ziemlich sicher aufs tote Gleis. Auch enthalte ich mich an dieser Stelle einer Wertung, schließlich bin ich noch nicht am Ende des Weges angelangt.

„Und ich denke auch, eine Gesellschaft kann sich ueber anderes definieren.“

Aber worüber? Das ist ja die zentrale Frage in Martin Sellners Text.

deutscheridentitaerer

24. Oktober 2018 22:44

@Sandstein

Sie haben ja nicht Unrecht, und ich bin meist inhaltich im Wesentlichen bei Ihnen, aber ich verstehe nicht, wo sie ständig ihre Probleme hernehmen?

Dass die IB eine geistige Erneuerung, etwa eine christliche Renaissance, weder leisten kann noch soll ist doch genau das Thema des obigen Artikels!? Wieso ignorieren Sie diesen großartigen Beitrag denn?

Das Video von Sellner ist eine launige Kommentierung, ich sehe sie sehr gerne, sie muntern mich auf und für kurze Zeit überträgt sich Sellners Mut und Festigkeit auf mich, bis ich dann wieder in Pessimismus und Defätismus versinke. Aber die tiefe geistige Auseinandersetzung mit dem Nihilismus hat Sellner woanders geleistet, etwa in den von ihm zitierten und verlinkten Funkenartikeln.

Ihr "Amerikabashing" nun ist so zutreffend wie billig. Sie sagen ja selber, dass wir unsere Elite ebenfalls nicht austauschen konnten. So einfach ist es halt nicht. Und Fette sehe ich hier auch mehr als genug. Dafür gibt es das ganze traditionell-konservative Milieu des amerikanischen Landes hier nicht. Amerika sind nicht nur die Küstenstädte.

Insoweit "Amerika" als Chiffre für Dekadenz und Wohlstandsverwahrlosung gelten soll, bin ich auch anti-amerikanisch. Aber ich sehe angesichts unserer eigenen Lage diesbezüglich wirklich gar keinen Grund für Hochmut.

Thomas Martini

24. Oktober 2018 23:07

@deutschidentitärer

"Die Idee der IB ist es nun eben, die bereits halbtoten Nerven des Abendlandes wieder zu wecken, indem man ihm die riesige und materiell greifbare Gefahr der Islamisierung vor Augen führt."

Die Islamisierung trägt keinerlei Schuld daran:

"- daß die Deutschen keine Kinder mehr in die Welt setzen,

- daß die Deutschen ihre Großväter als Verbrecher anzusehen sich anmaßen,

- daß der Stolz auf das Eigene und die Achtung vor dem Erbe der Vorfahren zerstört sind,

- daß die Deutschen sich immer noch von einer verfassungsbrecherischen classe politique regieren lassen, die sie unter Begleitung medialer Rattenfängermelodien dem großen Austausch entgegenführt,

- daß die Deutschen sich von ihrem höchsten Gericht oktroyieren lassen, ein Volk habe es nie gegeben, wer für dessen Erhalt eintrete, sei „Nazi“,

- daß die Deutschen militärisch wehrlos sind,

- daß die Deutschen seit 2015 in einem Land ohne Kontrolle der Grenzen leben,

- daß nahezu alle öffentlichen Einrichtungen, von den Schulen bis zu den Universitäten, von den Kirchen bis zu den Gerichten, in einer unbeschreiblichen Art und Weise heruntergekommen und unfähig sind, ihren Aufgaben gerecht zu werden." (Dr. Thor von Waldstein, "Das Eigene und das Fremde", 6. April 2018)

Was Dr. Thor von Waldstein schrieb, als er sich das letzte Mal hier zu Wort meldete, kann doch nicht so schnell in Vergessenheit geraten sein?

Wer die "greifbare Gefahr der Islamisierung" in den Vordergrund stellt, ohne auf die VSA zu verweisen, die Europa seit 1945 im Würgegriff halten, macht sich zum Handlanger des US-Imperiums. Und da kann ich wie so oft nur bekunden: etiam si omnes, ego non.

Das Europa Islamisierung und Vernergerung ins Haus steht, hat der überaus weitsichtige Klardenker Maurice Bardèche in seinem Buch "Nürnberg oder Das gelobte Land" schon unmittelbar nach dem IMT exakt prognostiziert, und das Eintreffen seiner Prophezeiung verleiht seinen Werken eine epochale Bedeutung. Soll bloß niemand behaupten, die Probleme kämen aus dem Süden oder dem Osten.

"Die Europäer, insonderheit die Deutschen, sind gut beraten, sich in diesen Schicksalsjahren des Kontinents nicht von falschen Freunden die falschen Feinde aufbinden zu lassen;" (Dr. Thor von Waldstein)

Genau das ist der IB offensichtlich passiert und Männern wie Martin Sellner als "Kopf" der angloamerikanisch-identitären Bewegung, fehlt entweder "die politische Klugheit" (Thor v. Waldstein) oder aber sie kollaborieren ganz ungeniert mit den Besatzern.

Ganz gleich wie sich das verhält, damit bedient man die Interessen derjenigen, die "die unendliche Blutspur des Westens im Orient" (Thor v. Waldstein) gezogen haben.

Ich erinnere mich an einen Polen, der in Politikforen den Standpunkt vertrat, die Fronten im 21. Jahrhundert verliefen nicht zwischen Rechten und Linken, nicht zwischen "Gutmenschen" und "Nazis", nicht zwischen Staaten und Völkern, sondern nur zwischen Gläubigen und Ungläubigen. Habe das zu der Zeit immer belächelt, und den Kopf darüber geschüttelt. Heute, und im Hinblick auf die "Benedict Option", muß ich sagen, da ist was Wahres dran. Und so kommt's, das ich auch davon überzeugt bin:

"Das historische und kulturelle Erbe des Islam verdient - gerade im Vergleich mit der konsumistischen Leerzivilisation der USA - Respekt und Hochachtung." (Thor v. Waldstein)

Rorschach

24. Oktober 2018 23:08

Ich musste beim Lesen an die jesidischen Kulturzentren in meiner Umgebung denken. Die Kurden leben dort ihre Lebensweise, Bräuche ect. ungestört und unter ihresgleichen aus und die Bemühungen der Integrationsbeauftragten und Gutmenschen, diese in das Ortsgeschehen einzubinden bleiben von den Kurden weitestgehend ungehört, sprich: Die Machen ihr Ding und brauchen uns nicht. Genau so sehe ich die Zukunft der Deutschen in Deutschland. Zentren, in denen unsere Lebensart gepflegt wird und wir noch in 100 Jahren (längst zur Minderheit verkommen) Kraft schöpfen können. Überlässt den öffentlichen Raum der Dekadenz. Wer braucht diesen dann noch? Solcherlei Gedankengänge stoßen aber auf breite Ablehnung, wenn angesprochen. Kann ich nachvollziehen aber die Lage ist mehr als schlecht, gerade hier im Westen. Man sollte sofort damit beginnen solche Zentren zu errichte bevor es gänzlich zu spät ist. Nebenbei kann der metapolitische Feldzug ja weiterlaufen. Warum nicht auf beide Pferde setzen? Natürlich bleibt bei solchen Zentren der Fade Beigeschmack einer Sekte, was das ganze erschwert. Aber NPCs sollen eh draußen bleiben ;)

Fredy

24. Oktober 2018 23:29

@hausmeier

Sie können sich nicht einen Teil der christlichen Lehre herauspicken. Die gesammelten Schriften erheben als unmittelbares Wort Gottes vollkommenen Wahrheitsanspruch. Alles oder Nichts ist der eigene Anspruch. Folglich ist die Gesamtheit Nichts. Dass auch ein paar sinnige Gedanken und sogar ein wenig korrekte Geschichtsschreibung beinhaltet ist, habe ich nicht bestritten. Die findet man aber auch im Buddhismus, beim Islam und an jedem Stammtisch.

Michael B.

25. Oktober 2018 00:16

> „Und ich denke auch, eine Gesellschaft kann sich ueber anderes definieren.“

> Aber worüber? Das ist ja die zentrale Frage in Martin Sellners Text.

Der Punkt ist doch gar nicht, dass man das bis in den x-ten Subparagraphen versucht, zu definieren. Oder wie hier oft zu sehen, in endlose Sophistereien versinkt. Anfangen zaehlt.

Als Beispiel: Ich als relativ unpolitischer Mensch wurde etwas munterer, als man eine gewisse Sammlungsbewegung namens PEGIDA unter medialen Beschuss von weit weg nahm. Irgendwelche Figuren von z.B. in Hamburg ansaessigen Medienunternehmen traten mit einem Vokabular und Ton auf, den ich lange nicht gehoert hatte.
Ich stamme aus Dresden, habe aber die letzten zwanzig Jahre an verschiedenen Orten gelebt, auch in meiner Heimatstadt, aber wenig daran gebunden. Ohne die Demonstrationen auch nur zu kennen, fiel mir die Unfairness, die Abschaetzigkeit und generelle moralische Verkommenheit dieser Medienvertreter auf - sofort. Und schnell auch ihre Anbindung an politische Kraefte dieses Landes, darunter damals fuer mich teilweise sehr Ueberraschende. Ich brauche keinen Gott und keinen Buddha, um ein Fairnessgefuehl zu besitzen (und um auf ihren anderen Einwurf einzugehen: die meisten Menschen auch nicht). Selbiges Fairnessempfinden wird auch immer neu durch das betonte Rudelverhalten der einstroemenden Goldstueckchen getriggert. Und - auf den ersten Blick ganz anders Gelagertem - ebensolchem einheimischer Seltsamkeiten.

Das waere nur Fairness. Es gibt unzaehlige andere einfache Werte - Wertschaetzung von Denken, Wille und Freude an Problemloesung, an harter Arbeit dafuer, Liebe zu Kindern u.v.v.m. (voellige 'ad hoc'-Sammlung) - die man nur aufgreifen muss. Die taeglich verletzt werden. Die alt und weiterhin breit gestreut sind. Die man sammeln und ausdruecken muss. Ja, da spaetesten faengt Schwierigkeit an, aber an Inhalten fehlt es nicht, das war ja die Frage. Eher an der Hoheit der Sprache ueber diese Dinge. Worte wie links oder rechts, Glaube oder Unglaube, muss ich dazu nicht einmal in den Mund nehmen.

Simplicius Teutsch

25. Oktober 2018 01:23

@Martin Sellner:
"Sieger / Bleibt wer das schutzbild birgt in seinen marken / Und Herr der zukunft wer sich wandeln kann." (Stefan George)

Und wandeln können sich die Deutschen! Stefan George hat seherisch recht behalten: Gewandelt haben sich die einstmals bösen Nazideutschen hin zu den guten Antinazis, die mittlerweile die „Zivilgesellschaft“ in allen Bereichen fast uneingeschränkt dominieren und selbst schon den ausländischen Nationen die demokratischen und moralischen Leviten lesen.

Einfacher gesagt: Die Zukunft gehört denen, die überleben. Aber das sind wohl nicht wir Rechten, nicht wir Graf Stauffenberg-Typen bzw. -Verehrer (wenn ich das so vereinnahmend sagen darf).

Cacatum non est pictum

25. Oktober 2018 01:40

@Thomas Martini

"... Es sollte unser aller Hoffnung sein, daß das US-Imperium in nicht allzu ferner Zukunft implodiert, ohne daß es die ganze Welt mit in den Abgrund reißt."

Zu dem Zeitpunkt, wo das passiert, werden die gerissenen und gewissenlosen Akrobaten des Geldes ein neues Wirtstier gefunden haben, dessen militärischer Macht sie sich bedienen können, um ihre Interessen durchzusetzen. Dafür gehe ich jede Wette ein. Wir dürfen annehmen, daß sie längst ihre Fühler gen Osten ausgestreckt haben. Andererseits meine ich, daß der geostragetische Rückzug der USA neue Chancen bietet für eine Resouveränisierung Deutschlands; natürlich nur unter der Bedingung, daß dann eine loyale Regierung im Sattel sitzt.

Ansonsten fällt mir noch folgendes ein: Die beiden Staaten, deren Institutionen traditionell wohl am stärksten von der Freimaurerei durchsetzt sind, heißen Großbritannien und USA (allenfalls Frankreich gehörte noch in diese Riege). Vergegenwärtigen Sie sich vor diesem Hintergrund einmal die geopolitischen Machtverhältnisse der letzten - sagen wir - 200 Jahre, und zwar inklusive aller geführten Kriege. Beschleicht Sie da nicht das Gefühl, daß Sie dem einfachen Volk in diesen Ländern unrecht tun, wenn Sie es für die Verbrechen ihres Elitenkarsumpels verantwortlich machen?

Lassen Sie sich - um es frei nach dem von Ihnen so geschätzten Thor von Waldstein zu sagen - nicht die falschen Feinde einreden. Auch das ist nämlich eine sehr bewährte Machtstrategie: Denken Sie etwa an die sogenannte griechische Schuldenkrise zurück. Seinerzeit hieß es in den reichweitenstarken Medien, die Griechen hätten sich den Beitritt zum Euro betrügerisch erschlichen. Außerdem hätten sie jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt und sich sozusagen von deutschem Steuergeld ihre Restaurantbesuche finanzieren lassen. Die deutschen Medienkonsumenten haben daraufhin Zeter und Mordio geschrien und dem griechischen Volk die Pest an den Hals gewünscht.

In Wahrheit aber sind die Griechen vom IWF fortan ausgenommen worden wie eine Weihnachtsgans. Sie haben staatliches Eigentum verscherbelt; es wurden die Renten und Gehälter gekürzt; die Staatsverschuldung ist angeschwollen; das Gesundheitssystem ist ruiniert worden; die Jugendarbeitslosigkeit ist durch die Decke gegangen etc. pp. ad infinitum. Mit anderen Worten: Die satanischen Alchemisten, die das griechische Volk zu eigenen Gunsten ausplünderten, haben noch die Chuzpe besessen, ihre Opfer öffentlich als Unholde darzustellen. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?

Gustav Grambauer

25. Oktober 2018 02:06

Die Regierungen sind die Spiegel der Völker, die "Schatten" der Völker, und viele Völker, auch unseres, haben sich offenbar für den schmerzhaften Weg entschieden. Gut, wenn Herr Sellner den Schwerpunkt darauf legt, was wir (!) wollen und was wir (!) tun können, ich erlaube mir, hinzuzufügen, im Respekt vor der Freiheit dieser Entscheidung. In dem Zusammenhang verweise ich zustimmend zu "kleine Kreise" / "stille Gespräche" auch auf die Sentenz von Donoso Cortés: "Nur Individuen können zum Glauben zurückfinden, Völker nicht". Obwohl dies - sehr, sehr langfristig gesehen - nicht stimmen dürfte, ist es ebenso gut, sich vorerst daran zu halten.

Was wir tun, entfaltet bereits heute eine pädagogische (päda- ?) Dimension, streng im Rahmen dieses Freiheitspostulats, ich kann dies attestieren, denn ich beobachte dies sehr genau. Schnellroda ist bereits heute ganz nebenbei die nationale Erziehungsanstalt der Deutschen, ohne daß dies in irgendeinem "Programm" geschrieben stünde, dafür umso mehr durch die Vorbildwirkung von Persönlichkeiten und dadurch, daß in kleinen Kreisen sehr viele und sehr lange stille Gespräche geführt wurden.

Hindu-Binsenweisheit: Ist der Schüler reif, so kommt der Meister; analog: die Realisation des spirituellen Durchbruchs auf der jeweilig anstehenden Stufe. Vorher ist es unnütz und, Verzeihung, etwas pittoresk, sich darüber Gedanken zu machen, ob und wann der Durchbruch kommt, wie man ihn erreicht usw. Noch pittoresker ist es, vor dem Durchbruch den Nachdruck allzusehr auf die eigenen missionarischen Vorlieben, wie z. B. das Projekt Hl. Benedikt Gestalt annehmen müßte, zu legen, die oft leere Projektionen sind, über die der allegorische Meister nur köstlich lacht. Das Motto sollte doch sein: einfach das organisch ausbauen, was bereits lebt!

Ja, die Diskussion hier ist ganz schön verkopft, an vielen Stellen allein schon deshalb, weil sie so abstrakt geführt wird. Andererseits kenne ich meine Sezessionisen gut genug, um zu wissen, daß sich ein Großteil der Verständigung, wie immer und überall, über die Andeutungen vollziehen wird ...

Ein Blick in den Bible Belt oder auch nur auf die hiesige christliche Sektenwelt zeigt, daß es die auf der Ebene eines Hl. Benedikt angemahnte spirituelle Radikalität längst gibt, sogar perfekt institutionalisiert und durchorganisiert, daß aber auch dort kein einziges Problem gelöst ist. Im Gegenteil, nicht nur hat diese Szene, in der sich die radikalsten Esoteriker im Sellnerschen Sinne, die zumeist auch ultrarechts sind, ja tummeln, mit sich selbst, höflich formuliert, einige Probleme. Vor allem wird von dorther ein Großteil der Probleme für die gesamte Zivilisation tagtäglich erst erzeugt, allein z. B. durch den dortigen von oben her eingeführten zionistischen Fanatismus (und wenn nicht durch den zionistischen, dann durch einen anderen). Für mich wäre das ein klarer Irrweg, so wie der Weg in jedes Pyramidensystem, jedes Führerprinzip-System hinein, für deren Existenz der Mißbrauch conditio sine qua non ist.

Es bringt auch nichts, sich über den Radikalindividualismus zu echauffieren, da wir nun mal onto-phylopsychogenetisch im Zeitalter der Individuation leben. Die Küken im Nest echauffieren sich auch nicht über ihre Geschwister, die schon flügge sind. (Um bei dem Gleichnis zu bleiben: die sollten sich, wenn sie könnten, die Frage vorlegen, was man dagegen tun könnte, daß so viele Vögel ohne Orientierungssinn aus dem Nest fliegen und gleich gegen die nächste Wand knallen!)

Wir sind alle Schöpfer, 99 % sind es eben unbewußt. Es wäre z. B. an der Zeit, sich einmal klarzumachen, daß jeder unserer Gedanken ein Wesen, ein Geschöpf, unser Geschöpf ist. Kein Arzt, keine Arznei heilt uns - wir heilen uns selbst, wozu uns Arzt und Arznei vielleicht anregen mögen. Gefährlich sind diejenigen, die ihr Schöpfertum verleugnen und somit unbewußte oder nur teilweise bewußte Schöpfer sind, oft aus konfessionell-dogmatischer Verengung bzw. Verblendung. Solche können sich ihrer vollen Verantwortung für ihre Schöpfungen nicht bewußt werden, nicht zur Übernahme absoluter Selbstverantwortung (und somit nebenbei gesagt auch nicht zum Blick aus der Kavalierperspektive) kommen, und schon nimmt das Verhängnis seinen Lauf. Um beispielhaft bei dem Bild zu bleiben: sie werden vielleicht Bataillone befehligen, aber vor ihrem Hausarzt ergo vor dem Pharmakartell haben sie vonvornherein kapituliert, was für eine Antagonismus im Grundsatz der Lebenshaltung! M. E. haben wir hier - heute, in Epochen vor Hölderlins Brot und Wein mag es anders gewesen sein - die tiefste Wurzel des Nihilismus, die tiefste Wurzel für das, was der Dekadenz-und-Nihlismus-Text so klar bezeugend auf den Punkt bringt. Die Wurzel ist m. E. die spirituelle Verzwergung, die spirituelle Verkrüppelung, wie sie z. B. bei vielen Christen nicht so plump wie über "Ich bin klein, mein Herz ist rein, nur Jesus soll drinnen sein" läuft, zumal unrealisiertes Schöpfertum in eine Art Fäulnis gerät, sogar mehr noch als entgleistes Schöpfertum.

- G. G.

Maiordomus

25. Oktober 2018 08:02

@deutscher Identitärer. "Der Feind heisst Nihilismus", artikulierte vor etwa 40 Jahren die damalige Genfer Star-Philosophin und Phänomenologin Jeanne Hersch (als sie sich wie Sellner von den Linken distanzierte). Die Ablehnung des Nihilismus kann nun aber gemäss Nietzsche vernünftigerweise nur den Vulgärnihilismus meinen, welchen der Pfarrerssohn aus Röcken bei Lützen als "unvollständigen Nihilismus" charakterisiert, bei welchem etwa Gott durch ein System ersetzt wird, zum Beispiel durch den Marxismus oder diverse unausgegorene Varianten des Idealismus. Typisch für den unvollständigen Nihilismus ist auch, dass man ein Feindbild, einen Teufel benötigt, selbst wenn dieser statt durch einen Stinkebock durch ein zu bekämpfendes Gegen-System ersetzt wird. Man hängt die Ikone ab und dafür ein Bild von Marx oder Mao oder Comte auf, ein echter authentischer Verblödungs- und Verdummungsprozess, den man dann grobfahrlässig mit Aufklärung verwechselt. Nietzsche hat aber mit Recht darauf hingewiesen, dass die meisten Menschen den Nihilismus nicht aushalten, was @Halbautomat in seiner kurzen Einlassung von gestern 22.35 sinngemäss erfasst zu haben scheint, ein wertvoller kleiner Beitrag.

Bei Sellner fällt mir bei seinen noch mangelhaften philosophischen Grundlagen auf, dass er zwar Heidegger gelesen hat, den man, wie der Mann aus Messkirch selber realisierte, politisch nicht gebrauchen kann, aber nicht die Hegelsche Rechte, welche indes auch an unseren Hochschulen heute ganz aussen vor gelassen wird. Falls Sparbedarf besteht, könnten die philosophischen Fakultäten wohl problemlos mal für 20 Jahre geschlossen werden. Walter Benjamin und Theodor W. Adorno würden deswegen trotzdem nicht in Vergessenheit geraten.

Maiordomus

25. Oktober 2018 08:26

PS. Es scheint mir nicht überflüssig, noch darauf hinzuweisen, dass es über die Repräsentanten des Alten-Wahren von vorvorgestern hinaus auch noch philosophisch und theologisch orientierte Denker der Gegenwart gibt, mit welchen dem Zeitgeist begegnet werden kann. Zum Beispiel Prof. Wolfgang Ockenfels, geboren 1947, als Sozialethiker ein Schüler von Arthur Fridolin Utz, einem noch hervorragenden politisch-ethischen Denker aus dem Dominikaner-Orden, der an der Universität in Freiburg im Uechtland lehrte. Ockenfels, der sich offenbar auch von der AfD nicht in gewünschter Weise distanziert hat, gehört zur Minderheit der Nicht-Infizierten in der deutschen Kirchenszene. Charakteristisch für Ockenfels scheint mir, dass er seinerzeit über das Gewerkschaftswesen doktoriert hat: ein Thema, das im 19. Jahrhundert zum Beispiel für die Hegelsche Rechte, etwa für den Demokratie-Pionier Friedrich Albert Lange, nicht zu vornehm war.

Sandstein

25. Oktober 2018 10:35

@ deutscheridentitärer

Mir geht es nicht um billiges Amerika-Bashing, ich schrieb ja, dass ich auch ähnliche Entwicklungen in Europa und besonders Deutschland wahrnehme.
Alles, was Sie an Symptomen des "neuen" Deutschlands beschrieben kommt schlichtweg aus Amerika. Die Bräsigkeit allein ist noch ein deutsches Merkmal, also der Unwille, Positionen wieder abzulegen, die einem aus Gewohnheit passend erscheinen.
Sie haben dann meinen Kommentar anscheinend nicht vollständig gelesen, denn es sollte deutlich geworden sein, dass ich die Deutschen als Volk durchaus kritisch sehe.
Null Hochmut von meiner Seite.
Ich bleibe dennoch dabei, ja es mag einzelne Amerikaner geben, die tolle Menschen sind. Als Masse sicher nicht.

Gegenbeispiel:
Es mag einzelne Japaner geben, die aufdringlich und ätzend sind, aber als Gesamtheit schätze ich deren vornehme und zurückgenommene, immer noble Art.
Einfach eine Kultur, die mir persönlich mehr gibt.

Und auch Japan erfährt seit Weltkrieg II und dem wachsenden Einfluss der Amis eine schleichende Amerikanisierung.

Empfehle hier eine Doku von und bei arte, "Das Schwert der Samurai". Gibt es bei youtube in HD.

Gruß.

Maiordomus

25. Oktober 2018 10:40

@Grambauer. "Ich bin klein, mein Herz ist rein, nur Jesus soll darinnen sein" - in diesem kleinen Gebet steckt 50 Prozent der abendländischen Mystik, von Heinrich Seuse bis Jacob Boehme. Werner Bergengruen formulierte es dann wie folgt:

"Das Grosse ist nicht gross; das Kleine ist nicht klein.
Es kann kein Erdenmass vor Gottes Antlitz sein."

Dieses Gebet schliesst ein intellektuelles Niveau wie Meister Eckhart, Niklaus von Cues und Blaise Pascal nicht aus, die in der Geschichte der abendländischen Intellektuellen so ziemlich zum oberen Rand gehören. Die Schweizer Mystikerin Marguerite Bays (1815 - 1878) , viel tiefsinniger als alle Bischöfe, die es in diesem Land je gab und ausserdem eine Heilige, formulierte: "Der Glaube ist so klein, er hat in einem Fingerhut Platz." Die Dame, von Papst Johannes Paul II. vor etwa 25 Jahren seliggesprochen, musste es wissen, sie war Schneiderin. Verdienstvollerweise praktizierte sie ihre Mystik wie Jacob Boehme nicht im Gehorsam zu einem Orden, sondern am Arbeitsplatz in ihrer Stube in Siviriez in Greyerz, welche heute noch aufgesucht werden kann.

Ich garantiere Ihnen, dass es Clemens Brentano in Sachen kritischem Intellekt, von der Genialität ganz zu schweigen, mit jedem Autor und Blogger von Sezession haushoch aufgenommen hat. Dies hielt ihn nicht davon ab, die Weisheit einer Mystikerin, welche nur ein Jahr lang in die Schule gegangen ist und unendlich viele Bücher weniger gelesen hat als wir, zu Protokoll zu nehmen. Über diese Mystikerin, Anna Katharina Emmerich, hat auch der mit Abstand gelehrteste Geisteswissenschaftler der deutschen Rechten der letzten 50 Jahre, Gerd-Klaus Kaltenbrunner, ein Buch geschrieben, das ich erst vor Wochenfrist mit Gewinn gelesen habe. Allerdings zur Ergänzung auch noch eine 1919 erschienene Publikation zur Pathografie der Mystik, herausgegeben in einer von Sigmund Freud verantworteten Buchreihe, vom Chefpsychiater der Klinik Königsfelden bei Brugg, Dr. med. Arthur Kielholz.

Im Spätwerk von Federigho Fellini, ich glaube "Intervista", ein Film über das Fernsehen, tritt auch noch ein Mystiker von der obigen Sorte auf. Die RAI wünscht von ihm exklusiv die Demonstration einer Elevation (Erhebung in die Luft, wie sie noch Filippo Neri und Don Bosco angeblich praktiziert haben sollen). Seine schlagfertige Antwort: "Das Leben ist voller Wunder. Wir sind bloss nicht klein genug sie wahrzunehmen."

Ruewald

25. Oktober 2018 10:53

@ThomasMartini 24.10.18 19:35

"Wären für mich alle zu vernachlässigen, solange die nicht Gedanken äußern, aus denen hervorgeht, welches Unrecht die USA an Deutschland und Europa verbrochen hat."

Solche Amerikaner gibt/gab es, etwa die hochgebildeten William Pierce("Who we are", etc.) und Prof. (of Classics) Revilo Oliver ("Americas Decline", "Against the Grain", "Is there Intelligent Life on Earth?", etc.), denen gerade Deutschland als eminentes Geisteszentrum galt. – In neuerer Zeit ist, wenn auch nicht auf dem hohen intellektuellen Niveau der Vorgenannten, noch die deutschstämmige Carolyn Yeager zu nennen. -

Es ist schon paradox, wenn wir als Antidot gegen den deutschen Nationalmasochismus in die USA schauen müssen.

RMH

25. Oktober 2018 10:55

"Andererseits kenne ich meine Sezessionisen gut genug, um zu wissen, daß sich ein Großteil der Verständigung, wie immer und überall, über die Andeutungen vollziehen wird ..."

Das haben Sie jetzt aber schön ausgedrückt, Herr Grambauer. Einige winken aber eher mit dem berühmten Zaunpfahl, als nur anzudeuten und man denkt sich zu A logischerweise B dazu und wenn man dann genau das einmal andiskutieren will, dann will der A-Sager auf einmal nur durch Provokationen eine "Debatte" vorangebracht haben (Feigheit vor den Konsequenzen des eigenen Geschwätzes).

Wie auch immer, ich wollte eigentlich einmal eine Zeitlang mit gutem Beispiel vorangehen und die Finger ruhig in diesem Forum halten, aber dennoch schreibe ich jetzt ein paar Zeilen, um bei so manchem Farbenblinden, der einem hier eine blühende Wiese erklären will, doch zu etwas Positivem zu kommen, ohne gleich in die Jubelperser-Fraktion abgeschoben werden zu wollen:

Seien wir dankbar, dass es so etwas wie die IB mit Köpfen wie Sellner gibt, die denken, sprechen UND handeln. Seien wir dankbar, dass wird mittlerweile in Deutschland eine AfD haben, die zumindest mit ihrer Bundestagsfraktion wirklich politisch talentierte Personen ins Plenum gebracht hat. Und vor allem: Das sich Ziele herauskristallisieren, die über ein schlichtes "dagegen" und ein vier Beine gut, zwei Beine schlecht hinausgehen.

Mein Dank geht daher an M. Sellner und alle, die sich über Internetforen und Blogs hinaus mit Tatkraft im realen Leben einbringen (auch wenn ich sie jetzt nicht alle einzeln auflisten und schon gar nicht alle kennen kann). Die sich regelmäßig ganz real im Leben dafür herausrufen lassen müssen und die Schikanen unserer heutigen Zeit ertragen und dennoch weiter machen.

Imagine

25. Oktober 2018 10:58

@Gustav Grambauer 25. Oktober 2018 02:06
„Die Regierungen sind die Spiegel der Völker ….

In der Aula unseres altehrwürdigen Ratsgymnasiums hing eine große Metalltafel mit der Überschrift: „Unsere Toten 1914 -1918.“
Unter den Namen der gefallen ehemaligen Schüler gab es noch den Spruch:
„Geschlagen kehren wir nach Haus – unsere Enkel fechten es besser aus“

Wir gehörten zu dieser Enkelgeneration. Aber wir fühlten uns nicht angesprochen. Denn wenn wir eines überhaupt nicht wollten, dann war es für irgendwen oder irgendwas in den Krieg ziehen.

Für uns war völlig klar, dass Deutschland eine geschlagene Nation war. Wir hatten noch die Bilder von den zerbombten Städten vor Augen. Überall gab es kriegsversehrte Menschen, die erblindet waren, Gliedmaßen verloren hatten oder verstümmelt waren. Wir erlebten das Leid, das unsere Eltern, Großeltern und Verwandten durchgemacht hatten. Wir waren in Armut aufgewachsen. Die Bilder von unserer Einschulung im Jahr 1955 zeigen uns ganz ärmlich gekleidet.

Für uns war völlig klar, dass sich Deutschland historisch disqualifiziert hatte: Durch die Terrorzeit des Faschismus, durch die Angriffskriege und kriegerische Überfälle, durch die Mordaktionen im Krieg und durch den Völkermord an den Juden.

Unser politisches Ziel war, als schuldlose Nachkommen dieser schlimmen Nation in Europa akzeptiert und integriert zu werden. Was zugleich bedeutete, dass wir an anderes und besseres Deutschland wollten.

Unsere holländischen Nachbarn hassten die Deutschen wegen des Überfalls, der Besatzungszeit und der Verbrechen an holländischen Bürgern. Die Deutschen wurden als die „Hunnen“ Europas angesehen.
Als ich Anfang der 70-er Jahre mit anderen Studenten einen Zelturlaub in Holland machte, gab es anfangs eine gewisse Distanz von Seiten der holländischen Zeltnachbarn. Aber dann boten sie uns frisch gekochten Kaffee an.

Diese holländischen Nachbarn haben uns nicht mehr als die „hässlichen Deutschen“ mit ihrem kriegerisch-aggressiven, bösartigen und menschenfeindlichen „Volkscharakter“ wahrgenommen, sondern als eine neue Generation. Zu verdanken ist dieser Wandel der Wahrnehmung der Jugendbewegung der 60-er Jahre.

Zudem hatte Deutschland mit Brandt seit 1969 zum ersten Mal einen Kanzler, der nicht Ex-Nazi oder Nazi-Kollaborateur war.

Heute ist Deutschland in Europa wiederum verhasst durch seine Politik des Wirtschaftsimperialismus zu Lasten seiner europäischen Nachbarn.

Man gebe bei „Google Bilder“ die Stichworte „Merkel Nazi“ ein und schaue sich die Bilder an.

Wer sich heute als Deutscher oder Österreicher „national und rechts“ positioniert, der sollte sich bewusst machen, dass und warum er damit Hass und politische Repression auf sich zieht. Das gilt auch für die „Identitären“.

Thomas Martini

25. Oktober 2018 11:41

@Cacatum non est pictum

"Andererseits meine ich, daß der geostragetische Rückzug der USA neue Chancen bietet für eine Resouveränisierung Deutschlands; natürlich nur unter der Bedingung, daß dann eine loyale Regierung im Sattel sitzt."

Ohne das Relais der transantlantischen Brücke, wären die USA mit ihrer CIA und NSA am Ende. Ihre globale Macht üben sie von europäischem, und speziell deutschem Boden aus, über die Echtzeitbrücke der amerikanischen Militärbasis in Ramstein-Miesenbach in der Pfalz. Die technisch-sterilen, mit dem Skalpell durchgeführten Interventionskriege im Nahen Osten, wären ohne dieses Relais gar nicht denkbar gewesen.

Würden wir Euopäer nur endlich die Kraft und den Mut aufbringen, die Amerikaner als raumfremde Macht zu vertreiben, hätte das den Zusammenbruch ihres militärisch-industriellen Komplexes zur Folge. Das wäre die Befreiung, auf die es ankommt. Wie das zu bewerkstelligen ist, ist die Herkulesaufgabe, der wir uns zu stellen haben.

Die Mohammedaner, auch die vielen, vielen frechen und in ihren Ansprüchen kaum mehr zu befriedigenden Afrikaner, sind doch in erster Linie angloamerkanische Söldnertruppen, die ganz gezielt als Migrationswaffe nach Europa gelenkt wurden.

Wer hier mitliest und Zeit hat, für den habe ich eine Rechercheaufgabe: Wie oft haben Vertreter der angloamerikanisch-identitären Bewegung schon auf diese eminent wichtigen Zusammenhänge aufmerksam gemacht, und dabei den Begriff "Migrationswaffe" im Munde geführt?

"Denken Sie etwa an die sogenannte griechische Schuldenkrise zurück.[...] In Wahrheit aber sind die Griechen vom IWF fortan ausgenommen worden wie eine Weihnachtsgans. [...] Die satanischen Alchemisten, die das griechische Volk zu eigenen Gunsten ausplünderten, haben noch die Chuzpe besessen, ihre Opfer öffentlich als Unholde darzustellen. Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor?"

Ist alles richtig was Sie schreiben, und da gab es viele Diskussionen mit BILD-Lesern, denen gar nicht klar war, welche Rolle der angloamerikanisch-dominierte IWF bei der Sache spielte, beziehungsweise die sogenannte "Troika". Dazu hat Ernst Wolff in dem Buch "Weltmacht IWF - Chronik eines Raubzugs" alles Notwendige dokumentiert.

Für mich war es in der Zeit sehr interessant zu beobachten, was die Griechen von uns Deutschen halten, und da habe ich in griechischen Politikforen so manche Kommentare gelesen, die ich hier besser nicht erwähne. Man kann jedenfalls sagen, daß viele der Meinung waren, wir Deutschen seien auf dem gleichen Trip wie zur Zeit der Nazis.

"Lassen Sie sich - um es frei nach dem von Ihnen so geschätzten Thor von Waldstein zu sagen - nicht die falschen Feinde einreden."

Bedaure, aber im Gedenken an die vielen hundert Millionen Toten in aller Welt, deren Gräber gequält nach Rache schreien, werden Sie von mir keine Verteidigung des amerikanischen Volkes zu lesen bekommen. Es ist der stinknormale John Doe, der beim US-Militär tätig ist, und es als das Selbstverständlichste der Welt empfindet, fremde Länder mit Angriffskriegen zu überziehen. Es sind ganz normale Amerikaner, die stolz ihre Sterne-und-Streifen-Flagge schwenken, und in dem patriotischen Gefühl baden, Angeghörige einer guten, menschheitsbeglückenden Nation zu sein.

Im Frühjahr diesen Jahres, zelebrierte der amerikanische Weltringerverband eine gigantische Schau in Saudi-Arabien unter dem Motto: "Greatest Royal Rumble". Diese "Show" war einmal mehr ein eindeutiger Beweis dafür, was es mit den Amerikanern auf sich hat. Indem man gegen das saudi-arabische Feindbild Iran agitierte, hat man die jubelnde Meute aufgehetzt, und der amerikanische (Militär-)Held John Cena sprach nach seinem Schaukampf den Saudis seine Dankbarkeit und Bewunderung aus.

Das sind alles stichhaltige Belege dafür, daß die Behauptung, nur die amerikanischen "Eliten" seien unser Feind, an den Haaren herbeigezogen ist. Das ist naives Wunschdenken.

Sollte es jedoch so sein, daß ein Amerikaner auf den Dreh gekommen ist, was seine Nation unzähligen anderen Staaten und Völkern angetan hat, bin ich gerne bereit, ihn in mein Herz zu schließen. Und das ist eben das große Problem, man findet eben - anders als im Dritten Reich - kaum amerikanische Emigranten, die sich von ihrer Völkermordnation abwenden. Man findet so selten Amerikaner, die sich für amerikanische Kriegsverbrechen schämen und entschuldigen, und man findet auch nur ganz wenige europäischstämmige Amerikaner, die Schriften publizieren, aus denen zweifelsfrei hervorgeht, welches Unrecht Amerika an Europa verbrochen hat.

Es gab solche Stimmen früher, Emanuel J. Reichenberger erwähnt in seinem Buch "Wider Willkür und Machtrausch", den hochanständigen Radioprediger Charles Coughlin. Aber den haben die Amerikaner damals auch mundtot gemacht.

Warum also sollte ich ein Volk in Schutz nehmen, das seit mindestens 100 Jahren nur Krieg, Raub, Mord, Vergewaltigung, Dollargeldherrschaft, Terror und Unfrieden über die Welt brachte?

Dieter Rose

25. Oktober 2018 11:50

@Cacatum non est pictum

nicht zu vergessen die Ausbeutung der Griechen
durch ihre eigenen Landsleute,
Stichwort nicht besteuerte Reeder.

Ruewald

25. Oktober 2018 13:00

Zum Nihilismus:

@Maiordomus 25.10.18 8:02. Sie bringen den wichtigen Hinweis auf den "unvollständigen Nihilismus", der anstelle des abgeschafften Gottes Ersatzgötter braucht. Nietzsche ist selbst daran gescheitert. Aber für mich ist Nietzsches wichtigstes Vermächtnis die – in umfänglichem Sinn ausdeutbare – Mahnung und Aufforderung "Bleibt der Erde treu!"

Zum "vollendeten Nihilismus" ist das brilliante Werk von Ludger Lütgehaus, "NICHTS. Abschied vom Sein. Ende der Angst" hervorzuheben, wo im Gegensatz zu Heideggers "Seinsvergessenheit" die sich durch die gesamte abendländische Geistesgeschichte ziehende "Nichtsvergessenheit" herausgearbeitet wird. Am Ende gibt eine neugewonnene "Adiaphorie" gegenüber Sein und Nichts das unerschütterliche Fundament einer stoischen "Apathie" und epikureischen "Ataraxie".

Ruewald

25. Oktober 2018 13:57

@FranzBettinger 24.10.18 11:42 und 21:33
Werter Herr Bettinger,
Ihre meist prägnanten, nüchternen und illusionslosen Beiträge ohne Ballast philosophischer Kopflastigkeit finde ich sehr erfrischend. Mich würde interessieren, ob Sie einen naturwissenschaftlichen Hintergrund haben.

In dem kohärenten Weltbild, das ich mir vorstelle, ist naturhistorisches, naturwissenschaftliches und vor allem biologisch-anthropologisches Grundwissen integriert und es ist frei von dem Mythos einer metaphysischen Sonderstellung des Menschen. Ein solches Weltbild kommt ohne die Fiktion Gott aus. Und "trotzdem" sehe ich mich auch als Beispiel dafür, daß man damit durchaus ein sinnvolles Leben als "anständiger Mensch" (zumindest als Leitidee) führen kann. "Glücklich" würde ich nicht hinzufügen – denn, was in der Welt vorgeht und die Zerstörung und Abwärtsspirale in fast jeder Hinsicht, erfüllt mich mit, wie ich es nennen möchte, kognitiver Melancholie.

Maiordomus

25. Oktober 2018 14:29

"Frei vom Mythos einer metaphysischen Sonderstellung des Menschen." Diese Aussage ist schlicht lächerlich, wird nämlich schon bei jedem Biss in eine Wurst praktisch und existentiell dementiert und auch sonst wird genau dies faktisch immer vorausgesetzt, nicht nur in der Rechtsordnung oder in der Lehre von der Person. Natürlich gibt es die banale Aussage, es gehe auch ohne Metaphysik, aber bereits diese ist längst Metaphysik, zu schweigen davon, dass man darunter offenbar nicht versteht, was ihr Begründer, Aristoteles, gemeint hat. Selbstverständlich ist Satz 1+1=2 bereits nicht nur eine mathematische, sondern eine metaphysische Aussage, gesetzt den Fall, man setze den Satz als wahr.

deutscheridentitaerer

25. Oktober 2018 15:53

@Martini

"Wer hier mitliest und Zeit hat, für den habe ich eine Rechercheaufgabe: Wie oft haben Vertreter der angloamerikanisch-identitären Bewegung schon auf diese eminent wichtigen Zusammenhänge aufmerksam gemacht, und dabei den Begriff "Migrationswaffe" im Munde geführt?"

Alleine schon, dass Sie sich nicht entblöden, permanent von der angloamerikanisch-identitären Bewegung zu schreiben, zeigt wahlweise ihre Dummheit oder Ihre Böswilligkeit. Ich nehme zu Ihren Gunsten ersteres an.

Aber spätestens Ihre Unverschämtheit, Sellner als entweder dumm oder Kollaborateur zu bezeichen (er hat ja zu allem Überfluss auch noch eine Verlobte aus dem verfluchten Land, vielleicht untermauert das Ihren Wahn), ist mir dann zu viel.

Wirrköpfe und Querulanten wie Sie müssen konsequent aus dem aktiven politischen Betrieb ausgeschlossen werden. Schade, dass das hier noch nicht geschehen ist und Sie denn Kommentarbereich zu diesem großartigen Artikel mit Ihrem Schwachsinn zugemüllt haben.

Nero

25. Oktober 2018 16:42

Die Christen die ich kenne, stehen voll hinter der Invasion aus dem Morgenland.

"Da kommt Jesus her..."
"Die Rechten glauben, dass Jesus weiß gewesen sei... da sieht man mal wie dumm die sind" (O-Ton Professor)
"Es ist unsere Pflicht..."
"Es ist unsere Aufgabe die uns Gott gestellt hat..."
"Unsere christlichen Brüder und Schwestern aus Syrien brauchen eine neue Heimat!"

Ich muss mir das anhören, da ich quasi im Zentrum dieses Wahnsinns lebe.

Das geht sogar noch viel weiter. Da wird ein Afghane in die Wohnung einquartiert.
Da wird die Tochter mit dem Afghanen verkuppelt. Die jungen Frauen in der Dorfgemeinschaft geben sich den Flüchtlingen freiwillig hin. Nix Vergewaltigung. Selbst in unserer Familie haben wir so einen hoffnungslosen Fall.

+++

Ich kenne einen persönlich der bei diesem Puls of Europe mitgelaufen ist und das mitorganisiert.
Der ist offensichtlich schwul und wurde von einem Flüchtling während einer Deutschstunde (die er kostenlos erteilt) gewürgt. Ziemlich lustig wie er mir das so erzählt hat. Konsequenz: Deutschland müsse mehr tun.

+++

Nach der Taufe beim Essen:
'Puls-of-Europe-Mensch' und Pfaffe hocken bei mir am Tisch und heulen sich über den Populismus aus. Trump ist ja so ein schrecklicher Rassist usw usf. Das habe alles nichts mehr mit Politik zu tun.

Ich schweife ab...

Wir brauchen eine neue Erzählung d'accord. Sie muss groß und Zeiten übergreifend sein.
Was das ist, weiß ich leider nicht. Eine Religion? Ein brutaler Materialismus? Vielleicht kommt zuerst die Tat und daraus entsteht dann die Geschichte für nachfolgende Generationen. Auf jeden Fall müssen 'wir' abgebrühter werden und brauchen dafür eine Bestätigung unserer inneren Stimme.

Aber bitte, bitte bleibts mir mit Eurem Christentum weg. Das ist ein autoaggressiver, gefährlicher Schmarrn. Jedenfalls für uns Westler.
Wenn ich die christlich-orthodoxen Syrer bei mir um die Ecke anschaue, stelle ich immer wieder fest, dass die es mit der Toleranz und Weltoffenheit nicht so haben. Die bleiben unter sich und verhalten sich extremst separatistisch. Die machen irgendwas anders. Herkunft, Abstammung usw ist da ein wichtiger Punkt.

@Franz Bettinger
Sie haben alles wesentliche gesagt, trotzdem möchte ich noch ein weiteres Beispiel erwähnen:
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Ungerechtigkeit pur. Der eine versäuft und verhurt alles, während der andere den Hof bewirtschaftet. Pleite kommt der Glücksritter wieder zurück und man feiert ein Fest, welches dem älteren Sohn verwehrt blieb.
Da schwingt auch dieses -die anderen sind wichtiger- mit.

Ruewald

25. Oktober 2018 17:04

@maiordomus

Sie haben, ich will nicht unterstellen absichtlich, mißverstanden. Die Betonung lege ich auf Sonderstellung des Menschen, und nicht auf Metaphysik. Wenn man Ontologie und Metaphysik gleichsetzt, dann gehört Materialismus selbstverständlich zur Metaphysik. Wenn wir den Abstammungsbaum der Lebewesen, in dem der Mensch ein Glied ist, als ontologisches Modell zugrundelegen, dann hat jede biologische Ordnung, Familie, Art, ebenso wie die Art Homo sapiens, in ihrer Einzigkeit freilich eine Sonderstellung.

Ich meinte "metaphysische Sonderstellung" in dem Sinne, daß wie im christlichen Dogma beansprucht wird, dem Menschen sei in einem ontologischen Sprung eine Sonderstellung durch Einhauchen einer völlig immateriellen Seele durch ein externes höheres Wesen, Gott genannt, eingehaucht worden, und dieser immateriellen Seele komme eine wie auch immer geartete außerweltliche Existenz über die physische Lebenszeit hinaus zu. Mir kommt eine solche Vorstellung überaus grotesk und absurd vor, wenn ich mir etwa Teilnehmer von Gruppenvergewaltigungen, Folterungen, grausamen Morden, Kannibalismus, usw. vor Augen halte; Bestialitäten, deren der Homo sapiens auf Grund seiner dem hochentwickelten Gehirn zu verdankenden Findigkeit fähig ist und die an Grausamkeit der jeden anderen Tiers weit übertreffen können.
Es ist nicht ganz abwegig anzunehmen, daß das angebliche Auserwähltsein des Menschen und der Auftrag "wachset und mehret euch und machet die Erde untertan" implizit den zunehmenden Raubbau mehr gerechtfertigt und gefördert als gebremst hat, ein Raubbau, der das sechste große Artensterben in der Erdgeschichte zu verursachen im Gange ist, erstmals verursacht die größte ökologische Katastrophe namens Mensch!

Ich plädiere dafür, den Menschen in größerer Bescheidenheit von dem hohen Roß der "metaphysischen" Sonderstellung gegenüber allen anderen Lebewesen herunterzuholen und ihn zu gemahnen, daß er nicht nur in seiner kulturellen Tradition verwurzelt ist, sondern auch verwurzelt ist in dem großen phylogenetischen Stammbaum aller Lebewesen , aus dem er sich entwickelt hat, mit entsprechender Demut und Verantwortung.

Ich war der Meinung, daß der Geist-Materie-Dualismus in der Folge der Entschlüsselung der Einheit des Lebendigen (von der DNS bis zu den Arten und "Superorganismen") überwunden sei. Ich empfehle von Mario Bunge et al.: Die Natur der Dinge, wo eine stringente Ontologie auf der Grundlage eines emergentistischen Materialismus entwickelt wird.

Verehrter Maiordomus, ich nehme nicht an, daß Sie Mathematik und Metamathematik studiert haben. So einfach ist das nicht, wie Sie die Beziehung zur Metaphysik simplifizieren. Diese wird durchaus konrovers diskutiert. Nur als Stichwort: Kurt Gödel galt als Platoniker und hatte einen absoluten Wahrheitsbegriff. Für Tarski (Wahrheit und Semantik) war Wahrheit etwas Geschichtetes in Relation zur Unterscheidung Objektsprache, Metasprache, Meta-Metasprache, usw.

HomoFaber

25. Oktober 2018 19:04

@Mauerblümchen

Wenn man eine gewonnene Erkenntnis nicht mehr verliert, kann man auch nicht mehr in den vorigen Bewußtseinszustand zurück.
Wer etwa einmal einen Zaubertrick verstanden hat, verliert die entsprechende illusion für immer.

Gerald

25. Oktober 2018 19:14

Damals in Babel baute die Menschheit (im Sinne des Wortes) an einem Turm. Um diesen Bau zu sabotieren und auch alle künftigen Werke (was immer sie sich ersinnen) zu verhindern, brachte Gott die Sprachverwirrung und die Menschen teilten sich in Grüppchen auf. Heute sind wir wieder soweit: eine Sprache, ein Netzwerk, eine Wirtschaftszone. Es gibt keine Rückzugsräume mehr, wo Kulturen untergehen und neue entstehen können. Die erwähnte Hyperzivilisation kennt kein Zurück. Die Endzeit, von der die Bibel redet, beginnt nicht mit der Apokalypse, sondern wenn sie sagen: Friede und Sicherheit!

Es ist spannend mitanzusehen, wie die rechten Vordenker auf der Suche nach dem Programm stets das (christlich)Religiöse mit in Betracht ziehen. Hier „Kann nur ein Gott uns retten?“, da die Erzählung von den 21 Märtyrern in Libyen. Hinter deren Tod wir einen Geist, ein Leben erahnen, der nachahmenswert ist. Sowas in der Art wollen wir der Volksseele einhauchen, denn darum geht’s hier ja. Etwas Sinnstiftendes finden, eine transzendente Idee ...

Eine einmal (durch die Aufklärung) gestorbene Religion ist nicht wiederzuholen. Gott ist bekanntlich tot und kann nicht mehr von oben/aussen den Leuten übergestülpt werden. Eine Bewegung entsteht immer durch Einzelne. Im Christentum ist es notwendig, das göttliche Angebot persönlich anzunehmen; Sünden bekennen, Buße tun, neues Leben erhalten. Jegliche andersgeartete Bemühung, oder sagen wir einen Anfang quasi aus dem Nichts in dieser Richtung bleibt kraftloses Ritual. Es ist in keinem anderen Namen das Heil, als nur im Namen Jesu Christi. Fragt die 21 Kämpfer oder andere Millionen Zeugen weltweit.

Dies als mein bescheidener Beitrag zum von M. Sellner aufgespannten Rahmen. Da er einen christlichen Bezug hat, bitte ich die Atheisten und Neuheiden hier, auf eine Antwort an meine Adresse zu verzichten. Ausser sie können selber mit einer tragfähigen, allgemeingültigen Idee aufwarten.

Ruewald

25. Oktober 2018 19:54

Nachtrag
@maiordomus

Ihre "Wurst-Metaphysik" nehme ich als Steilvorlage gerne an, zeigt dieses Beispiel ja gerade das, worauf ich hinaus will. Sie werden wohl kaum die Annahme bestreiten, daß ein Hund bei dem Biß in die Wurst überhaupt eine und, mit Verlaub, vermutlich ähnliche lustvolle Sensation empfinden wird wie Sie. Damit sind wir schon bei dem Problem Außenaspekt (Physiologie) versus Innenaspekt (Erleben). Was ein Hund genau empfindet, können wir nicht wissen (Thomas Nagel: how does it feel to be a bat?), nur erraten. Aber daß das, was wir Innenaspekt oder Innerlichkeit nennen, durch einen ontologischen Hiatus erst mit dem Menschen in die Welt gekommen sein soll, wäre nicht kohärent mit unserem biologischen, physiologischen und psychologischen Wissen vereinbar.
Trotz der hiermit festgestellten Ähnlichkeit zwischen Mensch und Hund gestehe ich Ihnen natürlich einen "geistigen" Vorrang zu, da Sie z.B. über die Wurst philosophieren können, der Hund vermutlich nicht.

Durendal

25. Oktober 2018 20:27

@Nero
Schwule, die sich auch auf politischer Ebene für die Penetration des Eigenen bzw. für offene Grenzen eintreten und von sich behaupten, Christen zu sein? Ich weiß ja nicht, mit wem oder was Sie da Kontakt hatten, aber echte Christen dürften das wohl kaum gewesen sein.
Es gibt im christlichen Bereich einen starken und immer stärker werdenden Untergrund, über den die Medien natürlich nicht berichten und über den die Bischöfe aus Angst vor den Medien nicht reden möchten, aber er ist da, und wer suchet, der findet.

Stefanie

25. Oktober 2018 20:27

@Franz Bettinger
"Adam und Eva sind der Versuchung bzw. Verheißung von Erkenntnis - und was ist an Erkenntnis eigentlich verwerflich? - erlegen. Vom zweiten verbotenen Baum, dem des Lebens, der das Menschengeschlecht selbst zu Göttern gemacht und ihm ewiges Leben verliehen hätte, von diesem Wunderbaum hatten Eva und Adam dann keine Gelegenheit mehr, zu probieren. "

"Passt modernen Christen ein klassischer Text nicht, behaupten sie, er sei so nicht gemeint gewesen, man müsse ihn anders übersetzen. "

Sie müssen den Text nicht anders übersetzen, aber Sie können ihn als einen literarischen Text nehmen und interpretieren. Sie könnten z.B. auch die Schöpfungsgeschichte parallel zum Prometheus-Mythos lesen: Der Titan Prometheus brachte den Menschen Ackerbau, Viehzucht und das Feuer - also die Dinge, die ihn aus dem Naturzustand herausheben und zum Menschen machen. Er versuchte Gott ein Schnippchen zu schlagen - im Mythos versucht er Zeus mit einer Opfergabe zu betrügen. Zur Strafe wurde er an den Kaukasus geschmiedet und ein Adler riß ihm jeden Tag ein Stück Leber (wir würden heute vielleicht sagen: das Herz) heraus. Man kann sagen, Prometheus brachte die Erkenntnis zu den Menschen, die sie von den übrigen Kreaturen unterscheidet - der Aha-Effekt, das Verstehen, den Einblick in Zusammenhänge, ob nun technisch genutzt oder der Unterschied zwischen Gut und Böse (die Moral). Die Folgen dieser Erkenntnisse, lassen dann dem Erfinder oder Überbringer das Herz bluten: aus dem Goldenen Zeitalter, in dem der Mensch in der Natur alles findet, was er braucht, steigt er ab zum Ackerbauern, der im Schweiße seines Angesichts der Erde sein Brot abringt. (oder nehmen Sie ein anderes Beispiel, das Haber-Bosch-Verfahren vielleicht oder das Dynamit). Der Prometheus-Mythos geht noch weiter, mit der Geschichte der Büchse der Pandora, die all die Übel über die Welt bringt. - Nur ganz am Grunde des Gefäßes bleibt etwas zurück: die Hoffnung, unerreichbar wie der Baum des Lebens im Garten Eden - der zweite Baum, der den Menschen zum Gott macht. Der Mensch bleibt ein Mängelwesen - Sie bemängeln ja selber, daß es mit seiner Rationalität im Schnitt nicht allzuweit her ist. Den Geist kriegt man nicht zurück in die Flasche . Ist der Mythos entzaubert, vom kalten Blick der Aufklärung, gibt es keinen weg zurück ins Paradies. (Vielleichtist deshalb die Hoffnung noch drin, damit Sie nicht auch noch ihren Charme verliert.) Diese Fähigkeit zur Erkenntnis entrückt den Menschen vom Rest der Schöpfung (@ Ruewald), die Hoffnung auf das ewige Leben/die Gottgleichheit trägt ihn weiter, zu neuer Erkenntnis oder neuer Hybris (und damit zum nächsten Kaukasus).
Ich hoffe ich war jetzt nicht allzu erbaulich. Zur Nächstenliebe fällt mir gerade nichts sinnvolles ein - außer daß es eigentlich ein Paradox ist. Kann jemand, den man liebt, ein Feind sein?

HomoFaber

25. Oktober 2018 20:45

Vor über drei Jahren war man in diesem Forum schon mal (weiter) beim Thema “ungeglaubter Glaube”:

https://sezession.de/50652/tatkult-und-revolution-von-rechts/3

Monika

25. Oktober 2018 20:46

"Auch die Aufklärung steht auf einem Grund, von dem aus sie ihre Grundlosigkeit behauptet."
Jörg Baberowski
Daß man sich von Gott abwenden kann, setzt einen Gott voraus, und zwar den christlichen ! Beim Gleichnis vom verlorenen Sohn geht es nicht darum, daß der Sünder belohnt wird ( @Nero), sondern das Wesentliche dieser Erzählung ist, daß der Mensch von Gott die Freiheit eingeräumt bekommt, sich von Gott abzuwenden. Eine Apostasie ist im Christentum möglich ! Gott freut sich über den, der zurückkehrt und verdammt ihn nicht. Dagegen wird der Abfall von Gott im Islam unter Todesstrafe gestellt . Im Islam kann sich der Mensch nicht ohne schlimme Folgen vin Gott abwenden. Nur ein christliches Glaubensverständnis kann die Aufklärung zur Folge haben.
Zur Gottlosigkeit unserer Zeit ist zu sagen: Nach der Aufklärung müßte der Mensch sich auf den Weg zurück zu Gott machen.
D.h. Wir sind verlorene Soehne und Toechter.
Das sollte jetzt keine Predigt sein. Vielleicht eine Anregung.

nigromontanus

25. Oktober 2018 21:31

Wobei ich das Fazit dieses im Großen und Ganzen recht uneingeschränkt meine Zustimmung findenden Beitrags nur bedingt teile, weil es mir dann doch wieder enorm rückwärtsgewandt erscheint, indem Begriffe wie "Liberalismus" oder "Nihilismus" als Feindbilder verwendet werden, wie vor 100 Jahren. Damit wird die Gegenwart jedoch nicht abgebildet. Die herrschende Ideologie ist weder liberal noch nihilistisch, sondern ein äußerst aggressives, autoritäres Weltverbesserertum, das den Menschen gerade nicht ihre Werte oder ihre Freiheit oder Selbstbestimmung überlassen möchte, sondern im Gegenteil ein sehr konkretes Programm als Ideologie zu verwirklichen sucht.

Die Trennungslinien - zwischen Establishment und Neuer Rechter - verlaufen anderweitig. Und meines Erachtens ist es gerade das, was die Neue Rechte aufzuholen hätte, nämlich ein ANNEHMEN zeitgenössischer Diskurse, vom verhassten Habermas über den noch mehr verhassten Foucault bis zur hyperverhassten Judith Butler. Ein bloßes ABLEHNEN reicht nicht, um eine Zukunft zu generieren, vielmehr bezeichnet Sellner es absolut berechtigt als "armselige Defensive", ein Überwinden vielmehr ist immer auch ein Mitnehmen, ein Übersteigen. Das gilt für das Individuum, also die Frage danach, was einen wirklich jenseits bloßen Hedonismus' begeistert, mitreißt, was einem bedeutsamer als das eigene Am-Leben-Bleiben scheint, als auch für den gesamtkulturellen Diskurs, worin die gesamte Nachkriegs-Intelligenz durchaus etwas geleistet hat, das erst einmal eingeholt und bewältigt werden will. Und falls es irrt: wieso? Auch das muss erst einmal begründet werden. Es gäbe also genügend Aufgaben - und damit Haltungen, worin die "Klause" oder "das Kloster" (auch das doch bereits wieder eine resignative Defensiv-Figur) nicht als Rückzugsort, sondern als Hort lebendigen, substanziellen Wissens und Denkens verstanden werden kann, in einer Welt, die zunehmend nur noch die leere Relativierung als Pose kennt.

(P.S. Die Art und Weise, wie beispielsweise in "Marx von rechts" links-marxistische und rechte Konsumkritik nebeneinandergestellt und reflektiert werden, ist interessant. Aber auch nur ein Anfang, der recht zögerlich über die altrechten Schemata hinauslugt.)

Maiordomus

25. Oktober 2018 22:09

@nigromontanus. Bedenkenswerte Ausführungen, aber von den drei angeblich Verhassten ist nur Foucault wirklich eine bleibende Grösse, vgl. Überwachung und Strafe, ist in einem gewissen eine Fortschreibung auch von Orwell und insgesamt zumal wegen des tiefen Pessimismus im Menschenbild für Rechte und Konservative anschlussfähig. Hat auch Schnittmengen mit Ernst Jünger, an den Sie mit Ihrem Pseudonym "nigromontanus" anspielen. Statt Judith Butler empfehle ich, mit dem Risiko, von Ihnen rückwärtsgewandt angesehen zu werden, Mechthild von Magdeburg, Annette von Droste-Hülshoff und die unübertroffen moderne Marie von Ebner-Eschenbach, unter den noch Lebenden Esther Vilar.

Cacatum non est pictum

25. Oktober 2018 22:58

@Thomas Martini

Selbstverständlich kann man ein Volk nicht vollständig von der Verantwortung für das freisprechen, was seine Eliten tun oder lassen. Das gilt für alle Zeiten und jeden Ort.

Die Bereitschaft vieler Amerikaner, ihrem Militär zu dienen, speist sich aus unterschiedlichen Quellen: dem Patriotismus ("Ich will meinem Vaterland helfen!"); der materiellen Armut (die Army zahlt gutes Geld und zieht dadurch natürlich auch in hohem Maße einkommensschwache Männer an); der massiven propagandistischen Beeinflussung, die es eben permanent schafft, die wahren Ziele eines Krieges völlig in den Hintergrund treten zu lassen zugunsten einer Version, in der das amerikanische Militär Aufträge ausführt, die nachgerade ethisch geboten scheinen.

Natürlich bietet besonders der letzte Punkt reichlich Anknüpfungspunkte für Kritik. Selbst schuld, wer sich verarschen läßt! Aber das ist eben Massenpsychologie. Diese PR-Dreckschleudern erreichen vielleicht politisch Interessierte und Querköpfe wie uns beide nicht, aber die übergroße Mehrheit der Medienkonsumenten eben doch. Das verhält sich andernorts genauso.

Wie dem auch sei. Indem Sie Ihren Fokus auf "die Amerikaner" richten, lassen Sie die Urheber und Schrittmacher der benannten Schweinereien für meinen Geschmack zu gut wegkommen.

Gustav Grambauer

25. Oktober 2018 23:04

"Das Grosse ist nicht gross; das Kleine ist nicht klein.
Es kann kein Erdenmass vor Gottes Antlitz sein."

Lieber Maiordomus,

wenn ich die Upanishaden mit dem, was diese über die Größenverhältnisse in der Mystik zu sagen haben, zitiere, dann werden Sie mir abnehmen, daß Sie bei mir mit Ihrer Erwiderung in spiritueller Hinsicht sozusagen die Eule nach Athen tragen:

"Das Selbst ist kleiner als ein Reiskorn und zugleich größer als das gesamte Universum" - III / 14. 3.

Im Yoga gibt es die Anima-Yogasiddhi (die nichts mit Siegmund Freud zu tun hat!), bei der sich der Yogi winzig macht. Hier haben Sie auch die von Ihnen erwähnte Elevation einmal systematisiert und als Methode erfaßt (Laghima-Yogasiddhi), leider werden beide mit zuviel Gesülze erklärt, welches noch dazu unzutreffend ist:

https://wiki.yoga-vidya.de/Siddhis
https://wiki.yoga-vidya.de/Animan
https://wiki.yoga-vidya.de/Laghiman

Gerate in die Gefahr, mich an etwas zu vergreifen, dem gegenüber der Respekt nicht groß genug sein kann, außerdem in die Gefahr der Mißverständnisse in einem Bereich, der zu intim ist, um ihn zu zerreden und zu subtil, um ihn überhaupt in Begriffe zu fassen, deshalb nur soviel: das Erheben der Mystik des Mittelalters und ihres Fortlebens z. B. in A. K. Emmerlich und anderen zum Ideal bringt, obwohl diese gerade nicht vorchristlich sind, heute im Bewußtseinsseelenzeitalter dieselbe Gefahr mit sich wie das Einlassen auf die asiatische Spitritualität - die Gefahr der Regression, die psychisch ungesund werden könnte, insbesondere zur Übersteigerung spiritueller Wollust führen könnte, zumal wenn das Gegengewicht etwa durch eine naturwissenschaftliche "Erdung" fehlen würde. Diese "Schlagseite" hat Rudolf Steiner bei all seinem Ausdruck des Respekts schon zu den damaligen Mystikern angemerkt und dabei zugleich auf das Versäumnis hingewiesen, bereits im Mittelalter noch viel stärker die Grundlagen der Anthroposophie zu erschaffen.

https://www.anthroweb.info/rudolf-steiner-werke/ga07-mystik.html

Aber wir schweifen ab. Wir haben hier eine politische Diskussion, und in dieser ging es mir darum, daß mit "Ich bin klein ..." seit jeher Mißbrauch getrieben wird, durch raffinierte Vermischung der mystischen und der lebenspraktischen Ebene mit dem Ziel, die Klientel machtpolitisch möglichst niederzuhalten. Dies mußte ich leider ausnahmslos jeder Predigt entnehmen, die ich selbst von vergleichsweise guten Pfarrern in Freikirchen gehört habe, und diese Vermischung wurde erst recht 2015 als das Pawlowsches Glöckchen eingesetzt, um die Kirchenherde zum Bahnhof zum Teddybärchenwerfen zu führen.

Grüsse!

- G. G.

Franz Bettinger

25. Oktober 2018 23:05

@Maiordomus: Sie schreiben, @Ruewalds Aussage, der Mensch könne "frei sein vom Mythos einer metaphysischen Sonderstellung" sei lächerlich, schon bei jedem Biss in eine Wurst würde sie praktisch und existentiell dementiert. So, so. Dann empfinden also auch eine Maus bei jedem Biss in den Käse und eine Katze beim Biss in die Maus lustvoll ihre metaphysischen Sonderstellungen im Kosmos? Ruewald hat Ihnen darauf schon die Antwort gegeben. - Disputieren Sie bitte kurz und gekonnt mit Sachargumenten und nicht mit dem Telefonbuch! Der gute Aristoteles? Auch er litt an Verstopfung.

@Stefanie: Sie schreiben, die Fähigkeit zur Erkenntnis entrücke den Menschen vom Rest der Schöpfung. Liebe Stefanie, ohne Erkenntnis könnte keine Amöbe eine Minute lang überleben. Auf vielfältige Weise haben Zoologen und Verhaltensforscher nachgewiesen, dass Tiere (und Pflanzen!) über fast alles verfügen, was auch Menschen zu eigen ist. Sogar ein Gespür für Musik haben sie, obwohl Milchkühe nicht von den "fallenden Quinten" Beethovens schwafeln würden, sie geben bei dieser Musik einfach mehr Milch. Dem genialen Autor von "Ruf der Wildnis" und "Wolfsblut" Jack London hat man zu seiner Zeit Anthropomorphismus vorgeworfen, also das Zusprechen menschlicher Eigenschaften bzw. eine Vermenschlichung von Tieren. Zu unrecht! Jack London hat intuitiv richtig empfunden. Konrad Lorenz und viele andere haben dies später experimentell bestätigen können. Zwischen Tieren und Menschen liegt ein Kontinuum. Kein Quantensprung! Aber einen Sprung in der Schüssel könnenauch Tiere haben - Menschen sowieso - und dann werden die "bösen" Tiere vom Rudel getötete oder ausgestoßen. Moral? Haben auch Tiere. Die Wissenschaft kann mit dem Begriff der Moral allerdings nichts anfangen, lieber redet sie von Motivation. Ich denke: würde es mehr das Tier in sich an-erkennen und würdigen, hätte das menschliche Tier weniger Probleme.

Weil @Ruewald danach gefragt hat: Ich bin Arzt.

@Monika schreibt: "Dass man sich von Gott abwenden kann, setzt einen Gott voraus." Dazu eine Anekdote: "Tut mir leid, lieber Gott," so begann mein letztes Gespräch mit ihm, als ich 16 war: "Es ist aus. Ich kann nicht mehr an dich glauben." Argumente brauchte ich nicht; er kannte sie. "Macht nichts, mein Lieber," sagte Gott, "ich glaube an dich, Franz." Liebe Monika, in NZ, wo ich die meiste Zeit wohne, mögen mich die Zeugen Jehovas. Weil ich ihren Mut respektiere und meine Arbeit liegen lasse, wenn sie unangekündigt vor der Tür stehen, und weil ich sie immer zum Tee herein bitte. Sie kennen so ein Verhalten nicht. Aber wenn ich ihnen von meinem letzten Gespräch mit Gott erzähle, sitzen sie sprachlos (!) zwischen den Stühlen. Denn sie können meine Anekdote nicht einordnen; sie hat ja paradoxer Weise beides: Blasphemisches und Gott An- Erkennendes. Gott und ich aber, wir können beide gut damit leben. Denn Gott hat Humor!

@Erkenntnis / Baum des Lebens:
Tut mir leid, dass ich mich nicht füge, aber hier wird Sinn aus einem Teppich geklopft, in dem nur Staub steckt. Gott. Das ist nur ein Wort, ein Wunder, ein GAW (das größte anzunehmende Wunder überhaupt). Warum braucht man das? Man braucht das GAW Gott, um die vielen anderen (kleineren) Wunder des Lebens und der Welt erklären zu können. Was mir bei allen Religionen von Anfang an hoch verdächtig vorkam, ist, dass keine ohne das Versprechen von ewigem Leben auskommt. Keine! Man kriegt, was man sich sehnlichst wünscht. Nein, nicht mit mir! Zu billig. - Es dreht sich alles um die verdammte Sinnsuche. Okay, stellt euch vor, ein Hühnchen oder ein Ei könnte die Sinnfrage stellen. Was würde es für einen Sinn machen, wenn das Frühstücksei den Sinn und Zweck seiner Existenz erfahren würde und sich die Frage beantworten könnte: "Wo komm ich her, wo geh ich hin?" Es ist vielleicht eine Gnade, den Sinn unseres Daseins NICHT zu kennen. Nein, wer Gott einmal begraben hat, wird ihn nicht mehr aus der Erde holen, oder, wenn er es doch könnte, nur unbrauchbare Knochen vorfinden. Ich komm gut ohne Gott aus. Ich kehre so gut es geht vor meiner eigenen Tür. Die Welt bietet mir Sinn genug.

Max

25. Oktober 2018 23:09

Um mal ein bisschen zu provozieren:

Die Rechte müsste in gewissem Sinne pluralistisch werden - für viele verschiedene politische Richtungen attraktiv.

Dies schließt den klassischen Liberalismus ein. Schließlich ist eines der Hauptprobleme der Rechten, dass ihre politischen Positionen tabuisiert werden, statt sie zu diskutieren. Was gibt es da besseres als den guten alten John Stuart Mill, On Liberty, der meinte es wäre nötig, für Positionen, die niemand bereit ist, überhaupt zu verteidigen, Advokaten des Teufels anzustellen, die auch dafür die besten Argumente finden.

Oder die klassische Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz. Etwas, was mit Quoten einfach nicht kompatibel ist, und mit dem neuen antiweißen Rassismus schon gar nicht.

Pluralismus auf Seiten der Rechten dürfte auch daher gute Chancen haben, dass die Linke immer totalitärer und einspuriger wird, und trotz Liberal- Pluralistisch-und Bunt-blabla antiliberal, antipluralistisch und einfarbig ist

Thomas Martini

25. Oktober 2018 23:09

Wenn ich könnte, würde ich hier gerne mal eine Umfrage durchführen, wer alles der Meinung ist, daß wir mit den USA, GB, und Israel Frieden haben.

Die Antwort würde sicher Bände sprechen, die interessante Frage, die sich dazu aber jeder stellen sollte, wäre: Was würde Carl Schmitt dazu sagen?

Cacatum non est pictum

25. Oktober 2018 23:10

@Imagine

In Ihrer Wortmeldung verdichten sich all die Selbstleugnung und all die Naivität Ihrer Generation. Keineswegs haben Sie (68er) sich als schuldlos wahrgenommen! Sie waren es maßgeblich, die das deutsche Büßergewand übergestreift haben. Und von wegen nie wieder Krieg: Dieses Postulat gestehe ich jedem zu, der den Krieg an eigener Haut erlebt hat (wie etwa meine beiden Großväter); nicht aber den schlau daherschwätzenden Nachgeborenen, die das Land ihrer Vorfahren zu einem nihilistischen Konsumtempel umgebaut haben und sich autorisiert fühlen, ihre Eltern großkotzig als irregeleitete Kriegstreiber hinzustellen.

Schlimme Nation? Hunnen? Häßliche Deutsche? Kann es sein, daß Sie und Ihre Kommilitonen damals einen allzu großen Schluck aus der Umerziehungspulle genommen haben? Aber das war Ihre Weltanschauung, nicht wahr? Sich bemüßigt zu sehen, das Antlitz Deutschlands zu wandeln, um es bei den europäischen Nachbarn wieder glänzen zu lassen.

Haben Sie mit den Holländern auf dem Zeltplatz eigentlich auch über deren Landsleute gesprochen, die willig bei den Deportationen mitgemacht haben? Sind Sie und Ihre Kommilitonen in einen Dialog darüber eingetreten, wie sich die Zerstörung quasi sämtlicher deutscher Innenstädte durch Briten und Amerikaner ethisch begründen lassen könnte? Oder haben Sie sich nur wohlig in den Pfützen der vermeintlichen deutschen Häßlichkeit gesuhlt, die Ihre Generation nun auszutrocknen angetreten war?

Ich will hier keine Rechnungen aufmachen, und ich möchte auch keine Untaten schönreden. Dennoch: Der Blick des Auslands auf die Deutschen ist nach meiner Erfahrung ganz überwiegend positiv. Ich kann mich an kein einziges persönliches Gespräch im Ausland erinnern, bei dem es in Sachen Deutschland schwerpunktmäßig um die Zeit des Zweiten Weltkriegs ging. Wenn in diesen Unterredungen dem deutschen Volk Wertschätzung entgegengebracht wurde - und das war erstaunlich oft der Fall -, dann gründete das entweder auf Bewunderung für kulturelle Leistungen der Vergangenheit; oder auf der Anerkennung dessen, was die Deutschen mit ihren klassischen Tugenden - vor allem Fleiß, Disziplin, Erfindungsreichtum - wirtschaftlich zuwege gebracht haben.

Niemals - niemals! - ist mir jemand begegnet, der den Deutschen für ihre "Jugendbewegung der 60er Jahre" auch nur irgendwie Anerkennung gezollt hätte. Soviel zum Selbstbild der 68er. Ihre Generation hat unserem Vaterland entscheidende Impulse in Richtung Höllenfahrt gegeben. Und glauben Sie mir: Das werden meine und spätere Generationen historisch zu würdigen wissen.

"...

Zudem hatte Deutschland mit Brandt seit 1969 zum ersten Mal einen Kanzler, der nicht Ex-Nazi oder Nazi-Kollaborateur war ..."

Dafür war er Ex-Kommunist und später eifriger Kommunistenjäger. Auch nicht schlecht.

Thomas Martini

25. Oktober 2018 23:45

@Imagine

"In Ihrer Wortmeldung verdichten sich all die Selbstleugnung und all die Naivität Ihrer Generation. Keineswegs haben Sie (68er) sich als schuldlos wahrgenommen! Sie waren es maßgeblich, die das deutsche Büßergewand übergestreift haben."

In dem Fall sehe ich mich veranlasst, den Foristen Imagine in Schutz zu nehmen, besonders wegen dem Beitrag, auf den sich dieser Vorwurf bezieht.

Das Büßergewand hat sich diese Generation nicht selber übergestreift, sondern Sie bekamen es übergezogen. Wir dürfen bitte nicht vergessen, was die Entnazifizierung und Re-Education in der Praxis bedeutete. Hätte man uns Deutsche - und ich kann nur immer wieder betonen, daß´das in ehrenvollen europäischen Zeiten - nicht wie die schlimmsten Verbrecher aller Zeiten behandelt, dann hätten sich Menschen wie zum Beispiel der Cellist Michael Schlechtriem, der bis heute extrem unter diesem Büßergewand leidet, ganz anders entwickeln können. Der besagt Cellist schilderte im Capriccio-Kulturforum eine ähnliche Geschichte wie der geschätzte Forist Imagine, und erzählte davon, mit welcher Verachtung und Abscheu er von Franzosen in einem Ferienlager behandelt wurde.

Gerade solche Kindheitserlebnisse brennen sich ganz tief ins Gedächtnis, und ich bin heilfroh eine Generation später geboren zu sein, als sich die Wogen etwas geglättet hatten.

(...)

Thomas Martini

25. Oktober 2018 23:51

"Stellen wir uns mal vor, eine polnisch-identitäre Bewegung hätte 1941 ihre gesamte Orientierung aus Nazi-Deutschland bezogen und sich auf nazi-deutsche Quellen bezogen?

Wie wäre das Ergebnis ausgefallen? Polnisch-identitär oder nicht eher deutsch-nationalsozialistisch?

Sobald sich eine wie auch immer geartete identitäre Bewegung in erster Linie und auch noch positiv auf die Besatzer und Todfeinde ihres Landes bezieht, kann man sie vergessen. Es handelt sich lediglich um eine scheinoppositionelle Veranstaltung.

Drum verfluche ich ja so den Amerikanismus, weil uns dadurch alle Wege zur Befreiung verbaut sind.

Wenn einer wie Sellner sich schon in den ersten Absätzen auf ausschließlich amerikanische Autoren bezieht, weiß ich, was kommt: langweilige und fade Babykost, Hipp und Alete für scheinbar erwachsene Systemkritiker. Milchbrei, verteilt auf vier Seiten." - Brutus

https://deutschlandforum.cc/index.php/Thread/180-Das-niedertr%C3%A4chtige-Imperium-VSA/?postID=114797#post114797

Skuld

26. Oktober 2018 08:14

@Amos

"...das ist im Grunde ein theologischer Text mit einer Leerstelle: Gott."

Ich sage: Gott steht für einen im Diesseits nicht verifizierbaren transzendenten Pol unseres Daseins.
Dazu ein verifizierbares Bild aus der Mathematik: Es gibt unendlich viele Funktionen mit ebenso unendlich vielen Polstellen. Eine Polstelle einer Funktion ist ein Punkt, an der ihr Funktionswert unendlich oder nicht definiert ist; z. B. die Funktion 1/x an der Stelle Null. Die Existenz des Funktionswerts an einer solchen Polstelle läßt sich nicht leugnen, da es ja einen zugehörigen Argumentwert gibt, auch wenn seine Präsenz im zur Verfügung stehenden diesseitigen Raum der Mathematik nicht gegeben ist.

Skuld

26. Oktober 2018 08:39

@Mauerbluemchen

"Gern lasse ich mich eines Besseren belehren."

Ohne besserwisserische oder belehrende Hintergedanken hier meine Gedanken zur Überwindung von Dogmen der Aufklärung:
Die Selbstbeschränkung der Aufklärung auf das Denken, das Rationale im menschlichen Dasein und die Leugnung oder Mißachtung aller weiteren Kategorien des Menschlichen ist der Nährboden für die gegenwärtige Orientierungslosigkeit.
Die Lösung liegt im evolutionären Ansatz, in einer evolutionären Weiterentwicklung der Aufklärung. Ein revolutionärer Ansatz dagegen mit vollkommener Verwerfung aufklärerischer Ideen würde nur zu neuer dogmatischer Erstarrung führen.
"Sapere ac sentire aude!" gesellt dem Denken die Gefühle bei, aus denen das Denken erst hervorgeht. Denn Gefühle sind der Gedanken Wurzelgrund.
"Sapere ac sentire ac transire aude!" schließt auch die Transzendenz menschlicher Existenz mit ein, ohne die dem nach Ganzheit strebenden Menschen etwas fehlt. Für den Menschen, der Religiosität als Konfession versteht, mündet ein solches Verständnis der Transzendenz in die Gottgläubigkeit.

Max

26. Oktober 2018 08:59

@Thomas Martini,
nationale Bewegungen verschiedener Völker haben durchaus viel gemeinsam. Sie müssen keineswegs gegeneinander sein. Abgesehen von konkreten Grenzstreitigkeiten wäre der einzige Grund, gegeneinander zu sein, ja ein "eigenes Volk über alles" Element, welches die anderen Völker als minderwertig abwertet statt einfach nur als anders zu akzeptieren. Sind die anderen Völker einfach nur anders, besteht ja Einigkeit, dass jedes Volk in den Territorien, in denen es lebt, die Leitkultur bestimmt, und Migranten höchstens dann akzeptabel sind, wenn sie sich dieser Leitkultur anpassen.

Das Problem mit den Amis sind daher nicht die Amis als Volk, sondern die Globalisten dort, die, die ein die ganze Welt beherrschendes Imperium mit Washington als Hauptstadt wollen. Diese Globalisten sind die Feinde aller Völker, einschließlich des amerikanischen.

Die Globalisten sind mit keinem Volk wirklich verbunden, auch mit dem amerikanischen nicht. Gegen das Imperium zu sein muss nicht bedeuten gegen Amerikaner zu sein.

Das wäre genauso eine Dummheit wie die Verbindung von Antikommunismus mit Hass auf die Russen - im dem Vielvölkerstaat des russischen Reiches waren es die Russen, die sich am längsten gegen den Bolschwismus gewehrt haben, die weiße Bewegung war klar russisch dominiert, in der bolschewistischen Führung gab es faktisch gar keine Russen.

Und genauso gibt es unter den Amerikanern eine starke gegen die Macht der Zentralregierung gerichtete Tradition. Ein wichtiger Teil davon ist, dass sie ihr Recht, Waffen zu besitzen, hart verteidigen.

"Wie wäre das Ergebnis ausgefallen? Polnisch-identitär oder nicht eher deutsch-nationalsozialistisch?"

Die Antwort ist aus der Geschichte bekannt, nicht so sehr von den Polen, aber von den Ukrainern. Bandera hat sich an den Deutschen wie den Italienern orientiert, bis hin zu Kleinigkeiten (das heutige "Slawa Ukraine", was Poroschenko selbst im amerikanischen Kongress unter Beifall hören ließ, war im Original mit dem Römischen Gruß verbunden), und war trotzdem ukrainisch-faschistisch, was letztlich zu Konflikten führte, weil die Deutschen nicht vorhatten, in der Ukraine einen ukrainischen Nationalstaat zu akzeptieren.

Maiordomus

26. Oktober 2018 09:08

@Ruewald/Bettinger. Wir verstehen uns da schon besser. Ich diskutiere aber nicht mit dem Telefonbuch, sondern auf der Basis jeweils der einschlägigen Gesamtausgaben. Für die Metaphysik-Diskussion verweise ich auf Heideggers vergleichsweise lesenswerte und verständliche "Holzwege" bei seiner Deutung von Nietzsches Wort "Gott ist tot", worüber ich seinerzeit eine Vorlesung gehalten habe. Auch gehört einer meiner Schüler zu den heute besten Metamathematikern. Ohne Pythagoras, Platon, Nikolaus von Cues und Pascal, aber natürlich auch Kepler, Leibniz, Kant, Bolzano, Frege geht es nun mal nicht im Zusammenhang mit den metaphysischen Hintergründen der Mathematik. Das Buch betr. Gödel und Bach ändert an der grundlegenden Fragestellung, die schon Pilatus an Jesus richtete "Was ist Wahrheit?" nichts, ich glaube aber in der Tat, dass Nietzsche, wie ihn Heidegger in den "Holzwegen" deutet, die Debatte um die Wahrheit auf den Punkt gebracht hat: eine späte "Quaestio disputata de veritate", wie es Thomas von Aquin nannte.

Dass der Kampf um die Wahrheit eine Art Machtkampf ist, deutet gerade den metaphysischen Hintergrund der Debatte an; Popper hat es aber noch enger geführt, mit seinem Festhalten an der objektiven Wahrheit, die aber nie mit Gewissheit verwechselt werden dürfe. Auch diese Fragestellung ist metaphysisch, sie führt als sokratische Frage tatsächlich zu jenem Abgrund, den man in der Lehrbuchphilosophie den "letzten Grund" nennt. Es reut mich nicht, dass ich das Fach 33 Jahre lang unterrichtet habe. Vor Ihren Einwänden und Antworten habe ich nichtsdestoweniger und erst recht Respekt, das waren und sind immer die substanziellsten Debatten. Um auf Sellner zurückzukommen: Für ihn wäre die Abhandlung Heideggers in den Holzwegen, wie Nietzsche "Gott ist tot" deutet, zumal wertvoll, dann käme er zu einem differenzierteren Begriff des Nihilismus. Möglicherweise war sogar Meister Eckhart der bis heute vielleicht fruchtbarste Nihilist, jedenfalls wundere ich mich nicht, dass die katholische Kirche ihn, obwohl man ihn im Kern wirklich nicht verstanden hat, aus ihrer Sicht verurteilen musste. Die Freiheit des Christenmenschen führt in den Abgrund, das hat wohl Dostojewskijs Grossinquisitor durchaus richtig gesehen. Ich würde denselben als einen vergleichsweise klugen "Rechten" einschätzen, der zwar, ungläubig wie @Fredy, die Hintergründe von Religion und Politik intellektuell jedoch ungleich tiefgründiger erfasst hat.

@Fredy. Ich bleibe dabei, dass Ihnen die Voraussetzungen für Ihre Behauptungen fehlen. Selbst bei der höchst notwendigen Kritik am Islam sollten wir wenigstens nicht hinter Goethe zurückfallen, den "West-östlichen Divan", zumal Goethes "Noten und Abhandlungen" dazu, ferner die von mir schon in einem früheren Blog genannte Studie von Karl-Josef Kuschel "Die Bibel im Koran", die jedoch einseitig als Verteidigung der sogenannten Weltreligionen angelegt ist. Es bleibt aber dabei, dass etwa Thilo Sarrazin zwar politisch sehr bedenkenswert argumentiert, aber keineswegs über genügende Kenntnisse des Islam verfügt. Dazu würde auch die Auseinandersetzung mit der islamischen Mystik gehören, welche in der Schweiz zum Beispiel der Islamwissenschaftler Fritz Meier (Gelterkinden) vor 60 und 70 Jahren auf einer noch ganz anderen, unbefangeneren Grundlage betrieben hat, als dies heute geschieht. Es bleibt doch dabei, @Fredy, dass Sie auf dem Gebiet der Religion bis jetzt nirgends Kenntnisse so ausgewiesen hätten, dass Sie auf Forschungsebene mithalten könnten. Ihre Wertung bleibt beim Biertischniveau der "Herumsteher, die nicht an Gott glauben" (Nietzsche/Heidegger) ohne zu realisieren, was das eigentlich heisst, womit Sie allenfalls nicht um ein Jota aufgeklärter sind als die Naiv-Gläubigen. Damit befinden Sie sich natürlich in bester Gesellschaft. Erst zu Beginn dieser Woche erklärte mir ein Computer-Ingenieur, er sehe keinen Unterschied im Glauben an Gott im Vergleich etwa zum Glauben an Vampire, welch letzteres Gebiet zwar auch wieder volkskundliches Fachwissen voraussetzt, ich habe mich im Schweizer Fernsehen mal darüber unterhalten. Wenn man keine Ahnung vom Vampirismus, dann kann man auch diesen Vergleich nicht machen, zu schweigen davon, dass Grundwissen über die "unsichtbaren Dinge" wiederum, wie Aristoteles betont, jahrelanges Studium erfordert.

Monika

26. Oktober 2018 09:14

@Max
1. Das ist keine Provokation, sondern wird sich so entwickeln.
Die sogenannten Weltanschauungsparteien CDU,SPD, FDP (christlich, sozial, liberal) befinden sich in einem Auflösungsprozeß und werden in dieser Form verschwinden. Zunächst verbleiben zwei große Blöcke: Eine links-grün-bunte totalitäre Einheitspartei und eben die Alternative. Die Alternative ist aber gerade keine Einheitspartei und wird in verschiedene Gruppierungen zerfallen. In soziale Patrioten, konservativ-liberale, rechte Christen u.ä.
Das bisherige Parteiensystem wird sich grundlegend verändern.
In nicht zu ferner Zeit wird es auch eine Islampartei geben.

2. Zur Fundamentalkritik am Konsumismus sei verwiesen auf das Buch von Zygmunt Baumann "Leben als Konsum". In der westlichen Welt gibt es keine Weltanschauungen oder Religionen mehr. Leben heißt Konsumieren. Unter diesem Aspekt ist Massenmigration Wanderung ins westliche Konsumparadies.
"Wir können der Welt nichts geben, wenn wir nichts haben", lautet der Titel dieses Beitags. Natürlich, wir können der Welt geben, was wir haben. Und wir haben viel . Haben oder Nichtsein ist zum Credo geworden. Wer nichts hat oder den Weg ins Paradies nicht erreicht, ist in der Soziologensprache von Zygmunt Baumann "strukturell überflüssig" , theologisch gesprochen, verdammt. Oder mit Claudia Roth gesprochen, nicht "unmittelbar verwertbar".
Was haben wir also zu bieten ?

Maiordomus

26. Oktober 2018 09:27

@Ruewald. Es ist ein grosses Verdienst von Ihnen, dass Sie auf das Magnum Opus von Ludger Lütkehaus verweisen, einen der bedeutendsten Denker der Gegenwart, würde ihn über Habermas einschätzen. Die "Nichtsvergessenheit" hat in der Tat mit der verpassten Chance zu tun, die selbst im Nihilismus, wenn man diesen denn ernst nehmen wollte, steckt. Lütkehaus, auch Verfasser eines Standardwerkes über Onanie, befasste sich auch mit Friedrich Hebbel, Günter Anders und Reinhold Schneider. Er plappert nicht immer die selben Autoren nach, wie es bei der Hochschulphilosophie Mode geworden ist. Ich würde Lütkehaus als den Atheisten mit dem heute bestreflektierten Diskussionsstand im deutschen Sprachraum einschätzen. Überdies ist er ein hervorragender philosophischer Schriftsteller.

@Skuld. Ihr mathematischer Vergleich steht im besten Sinn in der Tradition von Nikolaus von Cues und Pascal. Es lohnt sich, mit den Theologen "Zwiesprache" zu halten, die auch etwas von Mathematik verstanden haben. Wenn wir die anderen ausscheiden, wird das Feld schon ziemlich übersichtlich.

Michael B.

26. Oktober 2018 10:00

> gesellt dem Denken die Gefühle bei, aus denen das Denken erst hervorgeht.

Ich koennte Ihnen aktuelle Beispiele bringen, da geht daraus alles Moegliche hervor, aber bestimmt nicht Denken...

Ganz so simpel ist das nicht, bestimmt nicht im Sinn einer hierarchischen Schichtung. Die beiden Kollegen haben eigene Seiten, die ihnen im guenstigten Fall helfen einander in der Balance zu halten.

Thomas Martini

26. Oktober 2018 10:03

@Max

"Das Problem mit den Amis sind daher nicht die Amis als Volk, sondern die Globalisten dort, die, die ein die ganze Welt beherrschendes Imperium mit Washington als Hauptstadt wollen."

Stellen Sie sich doch einfach mal vor, die Nazis hätten den Krieg gewonnen, anschließend wie die USA international die Hoheitsrechte und als einzige Nation das Recht auf Unilateralität erworben, und somit ein Land nach dem anderen bis heute mit Krieg, Terror sowie Wirtschafts- und Geldherrschaft unterdrückt.

Was glauben Sie, würden die anderen Völker dann vermuten? Daß nur die deutschen "Eliten" oder sogenannte "Globalisten" der Menschenfeind sind? Ich hoffe Sie erkennen die Naivität ihrer Aussage anhand dieses Gedankenspiels. Diese und ähnliche Aussagen zu dem Thema, muß man sich vorstellen wie die "klugen" Ratschläge eines Boxtrainers, der seinem Schützling empfiehlt, sich nur auf den Kopf des Gegners zu konzentrieren, und der dazu rät, die Weichteile konsequent zu verschonen.

Es gibt allerdings einen amerikanischen Autoren, der zur Entlastung aller Amerikaner anzuführen wäre, und das ist der Autor des Buches "Höllensturm", Thomas Goodrich.

Das folgende Zitat stammt von ihm, und sollte ganz besonders die strammen Burschen von der angloamerikanisch-identitären Bewegung stutzig machen:

"Was Deutschland und Japan von den Alliierten während und nach dem Krieg angetan wurde, waren bösartigste Verbrechen solch ungeheuerlichen Ausmaßes, dass deren Schamlosigkeit und reuelose “Akzeptanz” bis zum heutigen Tag mir buchstäblich den Atem raubt." - Thomas Goodrich

Stefanie

26. Oktober 2018 10:34

@Franz Bettinger
"Was mir bei allen Religionen von Anfang an hoch verdächtig vorkam, ist, dass keine ohne das Versprechen von ewigem Leben auskommt. Keine! Man kriegt, was man sich sehnlichst wünscht. Nein, nicht mit mir! Zu billig. - Es dreht sich alles um die verdammte Sinnsuche."

Wenn Sie tatsächlich in der Lage sind, alle Hoffnung fahrenzulassen und die Sinnsuche für sich selber aufzugeben, dann besitzen Sie ein sehr seltenes Talent. Auch jemand, der in der Wüste auf einem Pfahl leben kann oder einer, dessen gesamtes Leben sich um ein Videospiel drehen kann, besitzt ungewöhnliche Fähigkeiten, die irgendwo als Ausreißer von der Norm ihren Sinn und Zweck (den es ja nicht gibt) erfüllen können. So eine Haltung als Leitlinie einer breitenwirksamen Weltanschauung, kann aber eigentlich nur zum Nihilismus führen. Solche Konzepte sind nicht hochskalierbar auf ganze Gesellschaften. Selbst ein Biene folgt einem Sinn, der über ihr eigenes Leben hinausgeht: dem Erhalt des Schwarms mit all seinen Eigenheiten und Honigtänzen. Ich gehe gerne mit, daß Erkenntnis eine graduelle Sache ist, das Lernen aus Erfahrung schon im Tierreich vorkommt. Aber auch zu Lernen ohne Erfahrung, zum gedanklichen Herumexperimentieren? Sind Amöben oder auch nur Dackel oder Schimpansen dazu fähig abstrakte Konzepte wie "Erkenntnis" oder "gut und böse" zu entwickeln? Dazu kommt der Umschwung vom Quantitativen ins Qualitative: Korallen mögen Riffe bilden und Landschaften formen, aber sie bleiben in ihrer Ausbreitung beschränkt und sind auf evolutionäre Anpassungen in ihren Genen angewiesen um neue Territorien mit neuen Formen gestalten zu können. Schauen Sie sich im Vergleich an wie schnell Menschen Kulturlandschaften (oder Werkstättenlandschaften) aufbauen und verändern und damit weit ins Gefüge der natürlichen Ökosysteme zurückwirken. Das abstrakte Denken ist gegenüber Erfahrunglernen und angeborenen Verhaltensweisen in seiner Komplexität und seinen Auswirkungen so verschieden, das es eine neue Art des "Seins" ist.
Ich will Ihnen auch nicht meine Deutung irgendwelcher Alten Mythen aufs Auge drücken - ich wollte Sie eher anregen, die alten "Lügengeschichten" für Kinder und Dummies selber mit neuen Augen zu betrachten und zu deuten.

Thomas Martini

26. Oktober 2018 12:52

"25. Oktober 2018 23:09
Wenn ich könnte, würde ich hier gerne mal eine Umfrage durchführen, wer alles der Meinung ist, daß wir mit den USA, GB, und Israel Frieden haben."

Die Umfrage läuft, falles jemanden interessiert, hier:

https://www.politikforen.net/showthread.php?182668-Der-Todfeind-des-deutschen-Volkes

Fredy

26. Oktober 2018 14:22

@Stefanie

Der Sinn des Lebens besteht gerade darin, nicht ewig zu leben, sondern zu leben und zu vergehen. Was für einen Sinn soll es denn haben wenn schätzungsweise 80 Milliarden Menschen, die die Erde bisher gesehen hat, ewig leben, sei es in Himmel oder Hölle. Das ist dich völliger Quatsch. Stellt euch das mal vor. Das kann doch nichtmal ein ungebildeter Mensch glauben.

Maiordomus

26. Oktober 2018 14:29

@Fredy. Meine scharfe Kritik an Ihnen betrifft Ihre inkompetente Behauptung des "alles oder nichts", was eine Verwechslung des fundamentalistischen islamischen Koranverständnisses mit dem von Paulus, Augustinus, Luther und Ratzinger ziemlich repräsentativ vertretenen christlichen Schriftverständnis bedeutet, was nun mal als "alles oder nichts" bei Luther einerseits, dessen gesamtes Schriftverständnis auf einem Leitsatz von Paulus als hermeneutischem Schlüssel aufbaut, nicht zutrifft, noch weniger bei Ratzinger, in dessen Jesus-Buch die Bibelkritik auf eine differenzierende und verständliche Weise ausdrücklich anerkannt ist. Die Schrift als solche ist, wie sie vorliegt, Menschenwerk, weshalb die katholische Kirche eigentlich fast stets vor dem Umgang mit ihr gewarnt hat. Der Begriff der Offenbarung lässt sich nicht auf einzelne durchaus kritisierbare und auf jeden Fall interpretationsbedürftige Sätze der Bibel reduzieren; wobei freilich bei fundamentaltheologischen Begriffen wie "Menschwerdung" und "Auferstehung" wohl massgeblich auf einen in einem reflektierten Glauben zu erfassenden unzerstörbaren Kern der Person verwiesen wird, wohl nicht das Gegenteil dessen, was Platon mit der unsterblichen Seele gemeint haben könnte, weswegen denn schliesslich Nietzsche das Christentum "Platonismus für das Volk" genannt hat. Das sind freilich einigermassen komplexe Zusammenhänge, die wie schon der Eingang zum Johannes-Evangelium eigentlich nur über die Geschichte der Gnosis verständlich zu machen sind. Als Religion für die "Dummen" hat da der Islam schon eindeutig die einfacheren Voraussetzungen. Für das praktische Christentum würde indes schon nach Paracelsus und Tolstoi das Verständnis des Paternoster/Unservater genügen, was aber auch bereits viel schwieriger ist als viele annehmen. Auf letzteres hat vor Jahresfrist mit Recht Papst Franziskus aufmerksam gemacht, z.B. was die Übersetzung des Satzes betr. die Versuchung betrifft. Meines Erachtens ist die appenzellische Version von Prof. Stefan Sonderegger, einem Protestanten, die wohl bis jetzt genaueste deutsche Wiedergabe, was ich hier aber nicht weiter ausführen kann. Generell scheint mir jedoch das Wort eines Kirchenvaters zu gelten, der mahnte: "Als sie die Worte hörten, wurden sie nicht erleuchtet. Als sie es aber taten, kam die Erleuchtung."

Fredy

26. Oktober 2018 14:37

@Hausmeier

Ich bin kein Vielschreiber, wie sie. Da fehlt mir die Zeit und ich nehme mich auch nicht wichtig genug. Ich habe auf die Schriften Julians verwiesen. Da steht schon viel drin. Wenn Ihnen das als Argumentation noch nicht genügt, und Sie ernsthaft an weoterer, widerlegender logischer Argumentation interessiert sind, dann bin ich gewillt mit Ihnen meinetwegen privat zu schreiben. Ich hab nicht studiert und über derartige Themen rede ich auch nicht am Stammtisch. Ich bin aber mit der Bibel gesäugt worden. Kein Tag verging ohne Bibel und Gebet. Keine Woche ohne ausufernde Gottesdienste, Predigten, Bibelschule, Andachten, Bibelkonferenzen etc. etc. Und dazu habe ich, man wurde fast wettbewerbsmäßig dazu angehalten, die Bibel noch alleine gelesen. Über die Jahre mehrfach, und immer wieder mit anderer Intention und Erkenntnis. Sie brauchen eine Konkordanz. Ich nicht. Es gibt keinen Themenbereich wo ich mich fundierter auskenne als mit dem christlichen Glauben. Ich weiß von was ich spreche. Ich wollte durchaus glauben. Logik und Verstand machen es unmöglich. Da wo Sie hinwollen und wir als Volk zurückfinden sollen, da komme ich her. Kehrt um, sag ich euch, hier gibt es nichts zu entdecken.

KlausD.

26. Oktober 2018 14:58

@deutscheridentitärer 25. Oktober 2018 15:53
„Wirrköpfe und Querulanten wie Sie müssen konsequent aus dem aktiven politischen Betrieb ausgeschlossen werden.“
Soso, Selbstkritik ist also nicht Ihre Sache, sondern jeder, der Ihnen und Ihren amerikanischen Ratgebern nicht in den Kram paßt, wird als „Wirrkopf“ und „Querulant“ bezeichnet und muß „aus dem aktiven politischen Betrieb ausgeschlossen werden“.
An wen und was erinnert mich das bloß …??

HomoFaber

26. Oktober 2018 20:39

“Was mir bei allen Religionen von Anfang an hoch verdächtig vorkam, ist, dass keine ohne das Versprechen von ewigem Leben auskommt. Keine! “

Soweit ich im Bilde bin, spielt im Judentum das ewige Leben wohl keine zentrale oder sogar gar keine Rolle. Meiner Erfahrung/Einschätzung nach wird es meist schlichtweg nicht oder uneinheitlich thematisiert. Das überindividuelle Weiterleben in den Nachkommen scheint eine viel größere Rolle einzunehmen. Vielleicht gibt es im Forum Leser, evtl. religiös gebildete, gläubige Juden, die das genauer und besser ausführen können.

Der Buddhismus stellt das Gegenteil in Aussicht indem er das Nirvana, also die “Nicht-Existenz” als Erlösung ansieht: das Ausscheiden aus der Kette der Wiedergeburten. Im Buddhismus bedeutet Leben bekanntlich Leiden. Und das Ziel des Buddhismus ist die Vermeidung des Leidens.

Amos

26. Oktober 2018 21:22

@Skuld: 1/x an der Stelle Null ergibt tatsächlich keinen Sinn, ist im Prinzip nicht beantwortbar, man kann nur sagen, dass die Ergebnisse in seiner Nähe immer größer werden. Die Zahl "Unendlich" ist aber ein schlechter Ersatz für eine Antwort, wie Hilberts Paradox uns zeigt. Religiöses kann ebenfalls nur in grauer Theorie vermittelt werden. Unser Zugreifen auf Jenseitiges ist entweder ein tapferes sich selbst am Schopf aus dem Sumpf (der Ebene, des materialistischen Nivellements) ziehen, nach dem Motto: "vorwärts Kinder, das Meer zittert vor Euch" oder spirituelles, -also Damaskuserlebnis. Glauben ist dennoch omnipräsent. Manches, was rational klingt, ist im psychologischen Sinne Rationalisierung. Der Klimaaktivist glaubt, was er nicht beweisen kann und die Empirie geht ihm bereits bei der vorindustriellen Warmperiode 950-1200 von der Fahne. Wo die Kausalketten enden, fängt das Glauben an. Die Frage ist vielleicht: welche Gestalt hat dieser Glaube. Ist er ängstlich und am Leiden orientiert und mündet in all seinem unsicheren Stochern immer im Satz Mephistos: "drum ist alles , was entsteht, Wert, dass es zugurunde geht" (und dies halte ich für das eigentliche Credo der Bunten und Grünen),- oder geht es von einem bleibenden, ultimativen Wert des Seins, des Lebens aus? Letzteren Weg einschlagend, wer oder was mag Vergebung der Sünden und Auferstehung der Toten überbieten? Das Nichts, im Übrigen, ist auch in der Physik ein Fall für sich. Ohne das Werden und Vergehen zumindest virtueller Teilchen können wir es nicht Nichts sein lassen: https://de.wikipedia.org/wiki/Vakuumfluktuation

tedesca

26. Oktober 2018 21:28

Für eine kurze Zeit haben Wir die Identitäre Bewegung durch Unsere Fördermitgliedschaft unterstützt. Doch Wir haben davon schon wieder Abstand genommen, denn wir meinten zu bemerken, daß die Bewegung ihr höchstes Gut: ihre Kampagnenfähigkeit verloren hat.

Der Artikel läßt Uns Resignation fühlen, die Wir Herrn Sellner nicht verdenken können. Und dennoch finden Wir es jammerschade, wenn der intellektuelle Teil des Kaders sich jetzt in die Metapolitik zurückzieht, welche gewiß auch verdienstvoll ist, aber über Jahrzehnte und Aberjahrzehnte nichts bewegt hat als andere Intellektuelle.

Wir glauben nach wie vor an die Ideologie und die Ziele der Identitären Bewegung und halten ihre Methode des gewaltfreien Kampfes für eines der besten Konzepte, die von der Neuen Rechten ausgearbeitet wurden. Wir halten ihre Vorgehensweise nach wie vor für hervorragend geeignet, die politischen Treueverhältnisse unter den Völkern der mittel- und westeuropäischen Länder zu einem neuen Gleichgewicht zu verschieben. Die Aktion Defend Europe hat Uns sehr beeindruckt, war außerordentlich professionell gemacht und sie hat dem Widerstand gegen die durch den Kulturfeind in unserem Innern forcierte Einwanderung den richtigen Spin gegeben.

Uns scheint, daß die Identitären selbst nicht mehr an sich glauben, und wenn Sellner Rekurs auf Dreher nimmt, stützt das Unsere Vermutung. Sehr zu bedauern ist, daß die Kräfte der Bewegung durch die Gegenoffensive der Staatsapparate und ihrer willigen Helfer in der Wirtschaft in den letzten Monaten gebunden waren. Das Scharmützel gegen die Willkür der sogenannten freien Wirtschaft, das Vorführen Englands als Hort der Unfreiheit und der Zwischensieg gegen die österreichische Justiz, zum Beispiel, haben gewiß viel Kraft und Mittel gekostet, entwickeln aber nicht die Bildmächtigkeit, die nötig ist, um die Masse des Volkes zu erreichen.

Uns selbst ist das Elitäre der IB sympathisch, aber für das Volk sind die Aktivitäten, die Defend Europe nachfolgten, zu wenig "Straße". Es würdigt den, der Handlungsmacht demonstriert (wie auf dem Brandenburger Tor oder dem Mittelmeer), nicht den, der nur recht hat (wie in englischer Abschiebehaft). Das ist die Grenze, die der Metapolitik, wie wir sie seit 70 Jahren oder so betreiben und betrieben sehen, leider gesetzt ist. Geredet und geschrieben wird schon genug. Die Bedeutung der Identitären Bewegung steht und fällt mit ihrer Kampagnenfähigkeit.

Wir wollen nicht undankbar sein. Daß das Geschäftsmodell der ganzen Privatorganisationen, die auf dem Mittelmeer jahrelang Schleusertätigkeiten verrichtet haben, jetzt zusammengebrochen ist, verdanken wir primär einer Hoffnung machenden neuen Regierung in Italien. Zu einem guten Teil aber eben auch den Identitären, die einen Bewußtseinswandel innerhalb der Völker befeuert haben. Defend Europe war eine geschichtliche Leistung.

Aber um monastischen Geist am Siedlungsort zu pflegen ist Sellner noch etwas zu jung, halten zu Gnaden.

Fredy

26. Oktober 2018 22:53

@Hausmeier

Selbst wenn die heilige Schrift, die konzilianische Zusammenstellung der Bibel, nicht Gottes überliefertes Wort, wie es Fundamentalchristen glauben, ist, dann nehmen wir einfach das was als Glaube der Kirchen übrigbleibt auseinander. Das ist doch noch einfacher. Warum? Welche sichere Grundlage habt ihr denn, wenn alles interpretationswürdig ist? Absolut nichts. Ihr seid viel armseeliger als die allesglaubenden, aber haltet euch für weise. Dazu auch ne Bibelstelle: Römer 1, 22. Sela. Psalmende.

Maiordomus

26. Oktober 2018 22:58

@Fredy. Vor Ihren persönlichen Erfahrungen bekunde ich hohen Respekt. Das ist und bleibt existentiell. Nur hat es nichts mit Ihren interpretatorischen Unterstellungen in Richtung "Unsinn" zu tun. Wenn Sie nur schon einen bedeutenden mittelalterlichen theologischen Text vornehmen, etwa Meister Eckhart, der intellektuell auch wohl dem Buddhismus überlegen ist (weil er die Gnosis, Aristoteles, Augustinus und das Universalienproblem mit verarbeitet hat - vgl. die Konsequenzen bei Descartes, Kant und Hegel), also, bei diesen Theologischen Texten müssen Sie stets die Methodik des "vierfachen Schriftsinns" berücksichtigen, nebst dem Literalsinn den allegorischen, moralischen und eschatologischen Sinn, letzteres hat mit dem Verhältnis zur Zeit zu tun. Im Koran hingegen und bei protestantischen Fundamentalisten mit ihrer bekannten Pädogogik gibt es nur den Literalsinn, was sie mit einer intellektuell verarbeiteten Mystik unmöglich verwechseln können. Schon nur die Frage nach der Existenz Gottes ist nach Meister Eckhart eigentlich falsch gestellt, weil ohne den entsprechenden Funken in Ihrer Seele Gott nun mal seinen Himmel behalten kann, wie es übrigens Sören Kierkegaard ausgedrückt hat, der radikale Kritiker des herkömmlichen Protestantismus.

HomoFaber

26. Oktober 2018 23:33

Anders formuliert: Das Anliegen des Buddhismus ist die Vermeidung des Leidens. Ein Ziel wird durchaus verneint.

Franz Bettinger

26. Oktober 2018 23:48

@Stefanie: Danke für Ihre Ausführungen. Stellen Sie sich vor, Aliens müssten die Menschheit bzw. das Tier Mensch beurteilen, ohne eine menschliche Sprache zu verstehen oder eins unserer Bücher lesen zu können; Aliens würden sich über das Tier Mensch also ausschließlich an unseren Re-Aktionen orientieren, ganz ähnlich wie wir es bei der Tier-Beobachtung tun, da wir Menschen über viele Sinne, die wir manchen Tieren zuschreiben - infrarot-visuelle, olfaktorsche, gustatorische, sonar-akkustische, taktile, magnetische, elektrische, telepathische? - schlicht nicht oder nur sehr rudimentär verfügen. Zu welchem Schluss würden die Aliens kommen? Würden sie in uns Tiere mit Abstraktions-Vermögen und Wesen mit Moral vermuten? Oder nicht doch nur die zur Zeit des Holozän dominante Tier-Rasse? Welch Hybris der Mensch doch hat! Was für ein eitles Tier! Eitelkeit? Ist das übertriebene Bemühen um die eigene Attraktivität.

links ist wo der daumen rechts ist

26. Oktober 2018 23:55

@ Fredy

Zitat:
Mir gehen Deine Fragen nicht tief genug. Wer hat denn die Häuser in dem Dorf gebaut wo früher ein schöner Wald war? Wer hat Gasthaus und Geschäfte eröffnet, wo man früher am Markt Tauschhandel trieb und sich am Brunnen verköstigte?
Jo mei, ich fänds vielleicht auch geil in einer anderen Zeit zu leben. Das ist aber kein politischer Ansatz. Rechts bedeutet für mich das lebensrichtige Weltbild zu haben, also dem Wesen des Menschen gerecht zu werden; hier sind wir dem Linken immer überlegen. Zum Wesen des Menschen gehört unbedingt das menschliche Streben nach Fortschritt. Freiwilligen Stillstand gab es nie. 

Entschuldigen Sie, daß ich mit Verspätung antworte – vielleicht auch etwas unpassend genau am österr. Nationalfeiertag.

Ich weiß nicht, welchen Text Sie gelesen haben, meiner kann's nicht gewesen sein.
Ich habe doch genau diese einseitige Aufwertung des vermeintlich guten Alten als zwanghafte Idealisierung kritisiert, weil man die Frage, wer denn dieses scheinbare Idyll zerstört habe, ausblendet.
Und auf Verluste, egal welcher Art, mit Trauer zu reagieren, ist doch eine Haltung und keine Regression oder Weltflucht.
Ich habe zudem auf ein grundlegendes Dilemma hingewiesen, aus dem ich derzeit keinen Ausweg sehe.

Irgendwie scheint mir das typisch zu sein und bestärkt meine „Zwingburg“-Position:
Jemand, der für mich weder altrechts, noch wert- oder nationalkonservativ, geschweige denn neurechts ist, liest ein paar Signalwörter und fabuliert munter drauf los.
Die mühsame Quintessenz lautet dann leichtfertig: wenn du mit der Gesellschaft, die sich ständig wandeln muß (eine unbewiesene Behauptung), nicht zurechtkommst, steig' halt via Hartz 4 aus.
Sorry, dümmer geht’s nimmer.

Ich habe es an anderer Stelle schon geschrieben:
Rechtes Denken bedeutet für mich in erster Linie Einspruchsinstanz (seit gut 200 Jahren) oder in den Worten Kubitscheks: subkutane Arbeit.

So, und jetzt trete ich wieder zurück und lausche der Debatte zwischen „Gottgläubigen“, Christenmenschen und „Neuheiden“; derzeit einem der Schwerpunkte in diesem Kommentarteil.

Und zum Nebenstrang USA vs. Europa noch einen Buchtipp:
Erik von Kuehnelt-Leddihn, Amerika. Leitbild im Zwielicht. Beiträge zu seiner Entmythologisierung. Johannes Verlag 1971.
Er geht dabei von dem Gegensatz Calvin – Rousseau und der verhängnisvollen Hinwendung Nordamerikas zu letzterem aus.
Man könnte seitenweise daraus zitieren, aber das überlasse ich anderen.

Franz Bettinger

27. Oktober 2018 00:28

@Fredy: 80 Milliarden Menschen, alle mit ewigem Leben, und es werden immer mehr. Haha! Guter Gedanke! Eine Seelenwanderung (an die ich nicht glaube) könnte uns ein wenig aus dem Dilemma der 80 Milliarden führen. Lesen Sie mal Michael Winklers Roman "Die Spirituelle Welt"! (https://www.michaelwinkler.de/Beschreibung5.html) Ja, ich weiß, das ist Werbung für den guten Mann, aber den Aufrechten gilt es eh zu unterstützen!

@Homo Faber: Vielleicht haben Sie recht. Ich weiß zu wenig über den jüdischen oder buddhistischen Glauben, um Sie fundiert widerlegen zu können. Vielleicht kann uns ein anderer Forist sagen, ob in diesen zwei Religionen nicht doch auch "der Wille, ewig sein zu wollen" die große Rolle spielt?

@Tedesca: Danke für diesen Beitrag! Ihre Anregungen sind wertvoll. Dennoch: Ich unterstütze die IB trotz Paypal- und Konto-Sperrungen auch weiterhin finanziell, auch wenn ich persönlich einen Sack Geld nach Wien bringen müsste. Die richtige Methode? Die reine Lehre? Mein Gott, wir dürfen nicht zu puristisch sein! Defend Europe! And do it if necessary again, Herr Sellner!

Simplicius Teutsch

27. Oktober 2018 00:47

Wenn ich Ihnen in vielem auch zustimme, da liegen Sie aber falsch,
@tedesca,
und tun Herr Sellner unrecht, wenn Sie schreiben:

„Der Artikel läßt Uns Resignation fühlen, die Wir Herrn Sellner nicht verdenken können. Und dennoch finden Wir es jammerschade, wenn der intellektuelle Teil des Kaders sich jetzt in die Metapolitik zurückzieht, welche gewiß auch verdienstvoll ist, aber über Jahrzehnte und Aberjahrzehnte nichts bewegt hat als andere Intellektuelle.“

Ich denke, mein Gespür trügt mich nicht, dass das große politische Rutschen sich bereits seit einiger Zeit mit stetem Knirschen im BRD-Gebälk und in den Mauern ankündigt. Es ist – trotz in den Blockmedien gefeierter Grüner Triumphe, versprochener Klimasiege und geschlossener AfD-Diskriminierung - eine untergründige Bewegung nach rechts da. Ob sie stockt, ob es zum Einsturz kommt und wer letztlich dann verschüttet wird und wer überlebt, das muss man sehen.

Aber gerade in dieser künftigen Hinsicht halte ich die Ausführungen von Martin Sellner gar nicht für resignativ, sondern für zielführend, wenn er z.B. schreibt:

„Ich finde: Man muß eingreifen und einwirken, subversiv und offensiv, geistig und politisch. Man muß sich mit dem kontemporären Denken auseinandersetzen, sich in dieses einschreiben, seine Fäden aufdröseln, wo es geht, anknüpfen und sie, wo es sein muß, abschneiden. Die „Kulturrevolution von Rechts“, also die Rückeroberung der Ideengeschichte von den linken Universalisten, ist nach wie vor das alternativlose Ziel, um die endgültige Verwirklichung ihres Chaospotentials aufzuhalten. Nur in der Auseinandersetzung eröffnen sich neue Seinsmöglichkeiten.“

Der Gehenkte

27. Oktober 2018 00:48

@ Monika

Messerscharf! Punkt 1 und 2. Die 100 Beiträge haben sich damit gelohnt. Warum hört man von Ihnen kaum noch etwas?

Simplicius Teutsch

27. Oktober 2018 01:34

Ich muss das politische BRD-Bild aus meinem obigen Kommentar korrigieren, da habe ich mich falsch ausgedrückt; zu schnell abgeschickt. - Wenn man im Bahnhof im stehenden Zug sitzt und auf dem Parallelgleis fährt ein anderer Zug los, meint man fälschlich oft, der eigene Zug würde sich bewegen.

Es stimmt ja nicht, dass ich eine monogerichtete „untergründige Bewegung nach rechts“ spüren würde. Ich sehe eher eine starke, freche, medienbefeuerte und polarisierende Bewegung nach links. - Aber, das ist das Neue: Es gibt einen nicht unbeträchtlichen rechten Teil mit Beharrungsvermögen, der diese Bewegung nach links nicht mehr weiter mitmacht und trotzig dagegen hält, wodurch am Ende die Gesellschaft auseinander gerissen wird. Die sogenannten Parallelgesellschaften und einen Finanzcrash gar nicht eingerechnet.

Nemesis

27. Oktober 2018 02:03

@Thomas Martini
Ist es wirklich unverständlich, daß die amerikanische Gesellschaft so handelt, wie sie es tut?
Im Grunde nicht.
Wenn man bedenkt, wie die amerikanische Gesellschaft entstanden ist.
Wer ging denn nach Amerika? Wer wanderte denn aus?
Es waren die, die in Europa nichts mehr zu verlieren hatten, außer ihrem Leben. Wer geht denn schon freiwillig, wenn es ihm möglich ist zu bleiben? Es waren diejenigen, die hier keinen Fuß mehr auf den Boden bekamen.
Und das diese Gesellschaft einen abgrundtiefen Haß auf die egalitären und selbst- oder gotternanten egalitären Strukturen
des alten Europas hatten: wer wollte ihnen das verdenken?
Die Ironie liegt wohl darin, daß exakt die gleichen egalitären Strukturen dazu geführt haben, daß sich wiederum
selbsternannte Eliten, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Volk zu tun haben, aufgeschwungen haben, diesmal aber mit umgekehrten Vorzeichen: Unter dem Diktum der Bekämpfung eben dieser egalitären Strukturen entstand wiederum geradezu perverse Ungleichheit. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Die Natur des Menschen.
Ich sage nicht, daß Sie in Ihrer Betrachtung vollständig daneben liegen.
In Ihrer Einseitigkeit treffen Sie aber auch nicht ins Schwarze.

Maiordomus

27. Oktober 2018 06:50

Was hat die ganze, ins Philosophische ausgreifende Debatte, wobei es durchaus nicht sogenanntes Seminarniveau haben muss (Sokrates gab auch keine Seminarien) mit Sellners immerhin gehaltvollem Artikel zu tun, seinem auf dem Umweg über Amerika eingeholten Hinweis auf die Tradition der Benediktiner? Letztlich geht es um die Kontemplation, welcher Sellner offensichtlich Platz in seinem Leben einzuräumen scheint, wiewohl mindestens jedes zweite seiner Videos diese Perspektive kaum denkbar erscheinen lässt. Ähnlich wie man bei den Saalreden Höckes nicht gleich auf die Idee kommt, dass dieser Politiker immerhin noch etwas für Martin Buber übrig zu haben scheint, was immer dieser dazu sagen würde, wenn er noch lebte. Es bleibt aber dabei: Ohne Kontemplation, noch Platon und Aristoteles sogar der Lebensinhalt des Gelehrten noch vor der vita activa, kann von sogenannten Beiträgen zur Metapolitik nicht die Rede sein. Es ist auch möglich, sich zugunsten der Kontemplation ganz aus dem politischen und wissenschaftlichen Betrieb zurückzuziehen, wie das Gerd-Klaus Kaltenbrunner gemacht hat. Die politische Situation von heute erlaubt dies jedoch im Prinzip nicht, von Einzelnen, auf die es durchaus ankommt, abgesehen. Ich widersprach aber Imfeld, als er kritisierte, dass zur Kolonialzeit die Schwarzen in Afrika hätten "Shakespeare lesen müssen". Es war auch ein Beitrag gegen die Tumbheit der Germanen, dass sie Vergil und Horaz kennenlernen mussten, was im heutigen Gymnasium aber nur noch am Rande der Fall ist.
I
PS zum endgültigen Schluss, was meine Beiträge in nächster Zeit betrifft: Als Benediktinerschüler während acht Jahren hatte und habe ich den amerikanischen Umweg um Rod Dreher wohl nicht gerade nötig, so wenig wie mein Schweizer Weggefährte, der bekannte EU-Kritiker und Kritiker der herkömmlichen Toleranz, Thomas Hürlimann, dessen Existenz ganz auf benediktinischer Grundlage. Unter den bedeutenden Autoren in Deutschland scheint mir Arnold Stadler der Benediktiner schlechthin zu sein. Wie Arno Borst von Konstanz, dem wir ein Standardwerk über die Mönche verdanken, wohl noch eine andere Liga als Rod Dreher, ist Stadler Bodenseeliteraturpreisträger von Überlingen, welcher Preis zwar Ernst Jünger im Gegensatz zu Martin Walser vorenthalten wurde. Und noch etwas: Sellner schreibt, wir würden in einer geistigen Völkerwanderungszeit leben. Das scheint mir nicht der Fall zu sein. Wir leben, wie zur Zeit Bedas des Ehrwürdigen, in einer realen Völkerwanderungszeit. Ich bedaure nachgerade, dass der geistige Einfluss Afrikas bei uns gegen Null tendiert, was mir im Vergleich zu den Boots-Attacken junger Männer durchaus aber willkommener wäre, weswegen ich die Anthologie "Afrika im Gedicht" des Exmissionars Al Imfeld (1935 - 2017). erschienen in Zürichs Union-Verlag, hier ausdrücklich empfehle.

A propos "Bootsattacken". Das ist kein Zynismus. Wie ich oben ausgeführt habe, verwies Beda der Ehrwürdige in seiner Kirchengeschichte der Angelsachsen ausdrücklich darauf, dass bei Landnahmen per Schiff nun mal mit dem Ertrinkungstod gerechnet werden müsse, ausserdem mit Widerstand der autochthonen Bevölkerung. Dieser wurde von Beda im Gegensatz zu den heutigen Bischöfen nicht einmal verurteilt. Auch die Schlacht bei Lepanto kann aus christlicher Sicht nicht einfach als "menschenverachtend" abgetan werden. Jahrhundertelang liess die katholische Kirche jeweils um 11 Uhr gegen die "Türkengefahr" läuten. Ich gehe nicht davon aus, dass dies heute noch im Unterricht der Kirchengeschichte vermittelt wird. Nur eine Minderheit der heutigen Theologen verfügt in diesem Bereich über genügendes Wissen.

Monika

27. Oktober 2018 09:40

@Maiordomus
Da Sie immer wieder auf Reinhold Schneider verweisen und es "Allein den Betern noch gelingen kann", muß ich doch ausdrücklich auf Schneiders Büchlein DAS VATERUNSER hinweisen !
( Ich fand es kürzlich im Erbe meiner Eltern ). Unter dem Kapitel "Und führe uns nicht in Versuchung" stellt er die gleichen Überlegungen an wie Papst Franziskus und kommt zu weit überzeugenderen Ergebnissen als der Papst. Da kann Franziskus als Theologe einpacken. Was aber viel aktueller ist in dieser VATERUNSER Meditation Schneiders ist etwa der Satz:
"Und es ist kein Name Gottes gültig, der den Vaternamen nicht einschließt."
Bekanntlicherweise schließt der Islam einen Vatergott aus.
Hierin liegt der entscheidende Unterschied zwischen Christentum und Islam !
P.S. Die Irrungen, Wirrungen, Unkenntnisse über den christlichen Glauben in diesem Strang machen einmal mehr eine
"Kleine Glaubenslehre für Sezessionisten" notwendig !

Ruewald

27. Oktober 2018 09:41

@maiordomus 26.10.18 9:27
Ihren Ausführungen entnehme ich, daß Sie das herablassende "lächerlich" implizit zurückgenommen haben. Sie meinten wohl, Sie hätten es mit plumpen materialistischen Reduktionisten zu tun.

Lütgehaus mit Habermas zu vergleichen halte ich für völllig abwegig. Erstens arbeiten sie auf ganz unterschiedlichen Gebieten; zweitens ist ein enormer Stilunterschied. Lütgehaus ist primär Literaturwissenschaftler und als Philosoph ein Sprachkünstler höchsten Ranges, der Schopenhauer und Nietzsche nahesteht.

Habermas deckt demgegenüber eine große Breite philosophischer Disziplinen ab, aber er ist als Stilist sprachlich, ähnlich wie Adorno (bei dem er aber nicht habilitiert hat), fast ungenießbar. Warum Einfaches einfach formulieren, wenn es auch kompliziert geht. Mich erinnert das, freilich überspitzt, an die Charakterisierung der heutigen Philosophie als "Inkompetenzkompensationskompetenz", wie es der konservative Philosoph Odo Marquard selbstironisch formuliert hat. Habermas wird m.E. stark überschätzt. Nur stichwortartig: Er ist trotz (oder auch wegen) seiner oft zutreffenden Gesellschaftskritik zeitgemäß und i.w. systemkonform. Wenn das Maß an Zeitgemäßheit in reziprokem Verhältnis zur überzeitlichen Bedeutung steht, dann wird Habermas weitgehend vergessen werden. Aber er kann als intellektuelle Herausforderung gesehen werden. Man muß sich mit ihm befaßt haben, um gegen ihn denken zu können und auch um gegen Links argumentieren zu können. Gegen seine Erkenntnstheorie; gegen seine Konsenstheorie der Wahrheit; gegen seine Diskursethik; den Historikerstreit, etc. Wer den Volksbegriff abschaffen und durch Verfassungspatriotismus ersetzen will, wer mit seiner philosophischen Ethik eine Rechtfertigung des Kriegs gegen Jugoslawien angedacht und die wahren politischen Interessenhintergründe nicht durchschaut hat, der hat m.E. als Philosoph versagt und ist für mich nicht mehr oder nur ex negativo ernst zu nehmen.

Zurück zu Lütgehaus: Sein Monumentalwerk "Nichts" (über 700 Seiten) ist das Buch, das mir nach nun fast 60 Jahren, damals ausgehend von "Das Sein und das Nichts" von Sartre (den ich heute nicht mehr sehr schätze), bisher philosophisch am meisten gegeben hat. Trotz außergewöhnlichen philosophischen Tiefgangs ein sprachlicher Genuß - ein Buch für die letzten Lebensjahre...

Monika

27. Oktober 2018 10:48

@Der Gehenkte
"Ich gehe jetzt in Klausur", sagte unser Mathelehrer zur allgemeinen Erheiterung immer, wenn wir Schüler ihn nervten.
Auch ich gehe jetzt gerne in Klausur oder suche mystische Stätten auf. Die Beiträge in Ihrem Blog verfolge ich ab und an, aber immer mit Interesse. Was die Verbindung von vita activa und vita contemplativa betrifft, so ist Meister Eckhart unser Lehrmeister.
Ich hatte das große Glück, bei Dietmar Mieth in Tübingen Ethik studieren zu dürfen. Er ist ein hervorragender Kenner und Übersetzer Meister Eckharts und ein Vertreter einer modernen Tugendethik. Seine Bücher kann ich nur empfehlen, etwa
Meister Eckhart, Mystik und Lebenskunst
Beste Grüße Monika

Imagine

27. Oktober 2018 12:47

@Sellner:
„Wir können der Welt nichts geben, wenn wir nichts haben“

Richtig.

Das Problem der Identitären ist, dass keinerlei Ideen für einen gesellschaftlichen Fortschritt haben, sondern zurück wollen in eine „tribalistische“ Vergangenheit, welche für moderne Gesellschaften irreversibel vorbei ist.

Genau dies wollen sie aber nicht wahrhaben.

Daher erinnert es mich an die K-Gruppen in den 70-er Jahren, jene Marxisten-Leninisten, Stalinisten, Maoisten etc., die immer noch von einer Arbeiterrevolution träumten, obwohl die Arbeiterbewegung längst untergegangen war.

Nebenan schreibt Kubischek: „Aber auf der Messe wurde wieder ausschließlich über Rechte geredet, nicht mit ihnen.“

Klar, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass es meist sinnlos ist, mit ihnen zu reden. Das ist ähnlich wie bei den Mitgliedern von K-Gruppen oder sonstigen politischen oder religiösen Glaubensgemeinschaften.

Im Grunde gibt es heute nur noch wenige Menschen, mit denen man wirklich diskutieren kann. Die meisten wollen nur ihre Vorurteile und Dogmen bestätigt haben.

Sellner fordert für sich Meinungsfreiheit, aber übt selbst Zensur aus, wenn er z. B. gestern meinen kritischen Kommentar nicht veröffentlicht.

Kositza: Nö, das war ich. Sellner kann hier nicht "administrieren".

Überhaupt haben die Identitären ein großes Glaubwürdigkeitsdefizit.

Nämlich indem sie bei der Massenimmigration die dahinterstehenden Kräfte und Personen nicht nennen, sondern den Fokus auf die Migranten lenken. Die Rolle des US-Imperialismus und die Interessen von reaktionären, neoliberalen (neokonservativen) Eliten und Plutokraten bleiben ausgeblendet. Sie machen das Gleiche, wie die „Lückenmedien“, welche mit Teilwahrheiten lügen, indem sie Zusammenhänge nicht in ihrer Komplexität darstellen und so ein falsches Gesamtbild konstruieren.

Stefanie

27. Oktober 2018 17:10

@Fredy

"Der Sinn des Lebens besteht gerade darin, nicht ewig zu leben, sondern zu leben und zu vergehen. Was für einen Sinn soll es denn haben wenn schätzungsweise 80 Milliarden Menschen, die die Erde bisher gesehen hat, ewig leben, sei es in Himmel oder Hölle. "

Nicht das ewige Leben selbst, sondern die Hoffnung auf das Überdauern: sei es in Form eigener Nachkommen, durch bleibende Werke oder das Fortbestehen der Entität, der man sich zugehörig fühlt (Stamm, Volk, Nation, Menschheit oder eine der hier angedachten benediktinischen Keimzellen) - und wenn einem alles weltliche aus den Fingern rinnt, eben die Große Gerechtigkeit in der Nachwelt.

Ergon

27. Oktober 2018 17:15

In Bezug auf den gelegentlich als Staatsphilosophen apostrophierten Sozialphilosophen Jürgen Habermas möchte ich auch davor warnen, sich allzu sehr an ihm abzuarbeiten, in erster Linie deshalb, weil er heute nur noch zu einem Relikt aus der alten Bundesrepublik taugt. Auf theoretischer Ebene ist es ein Amalgam aus einem konsensualistischen Wahrheitsbegriff und einer in Form der Universalpragmatik transzendental überhöhten Sprechakttheorie, die sich nicht nur wegen ihres pragmatischen Charakters schlecht für eine transzendentale Argumentation eignet, sondern die auch samt der hauptsächlich in GB beheimateten "Philosophie der Normalsprache" weitgehend von der Bildfläche verschwunden ist.

Und bezüglich seiner Wirkung läßt sich konstatieren, dass die Sozialphilosophie einschließlich ihrer weiterhin in Schnellroda beliebten marxistischen Varianten nach 1990 sukzessive versenkt wurde, dass der von ihm initiierte "Historikerstreit" von Fachhistorikern, z.B. in Kißener, Das Dritte Reich, als "hochgradig politisch-polemische Debatte", als "Hysterikerstreit", die kaum einen wissenschaftlich relevanten Ertrag hinterließ, eingeschätzt wird, und selbst sein ehemaliges Hausblatt, die ZEIT, sich von ihm vor einigen Jahren distanzierte. Irgendwann zu der Beginn der Eurokrise gab es von ihm einen Artikel, in dem er einräumte, das europäische Projekt sei von Beginn an ein Elitenprojekt gewesen, es aber dennoch, auch gegen den Willen der Völker, verwirktlicht werden müsse. Ein Kommentar in der ZEIT warf ihm daraufhin autoritäres Gehabe vor. Verorten läßt sich Habermas als soziologisches Phänomen irgendwo zwischen "identitätsflüchtigen Deutschen" und Maschkes "Verschwörung der Flakhelfer".

ElDuderino

27. Oktober 2018 20:40

Was für ein Unfaßbar Dämlicher Knieschuß (UDK)™:

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2018/meuthen-fordert-ausgangssperre-fuer-asylbewerber/

Maiordomus

27. Oktober 2018 21:02

@Ruewald. Wir sind ja hinsichtlich Lütkehaus, den ich in den frühen Achtzigerjahren kennenlernen durfte, ja völlig einig, eben dass derselbe als Autor und Philosoph mehr philosophische Substanz repräsentiert als Habermas, zumindest uns bei weitem mehr und erst noch in klarerer Sprache als einer der bedeutendsten philosophischen Schriftsteller des heutigen Deutschland zu sagen hat. Das war ja schon fast der ganze "Vergleich". Ich habe bei Habermas noch nie eine Aussage gefunden, welche nicht von anderen, meist schon längst vor ihm, präziser und differenzierter formuliert worden wäre, selbst dort, wo ich ihm bei einigen seiner Anfällen von Altersweisheit recht zu geben geneigt bin. @Monika. Werde mich mit ihnen vermutlich über Reinhold Schneider noch ausserhalb dieses Zyklus unterhalten können. Bei aller enormen Bedeutung des "Vaternamens", welchen man meines Erachtens in das Umfeld des Schöpfungsgedankens setzen muss, bleibt dieser eine Analogie, also genau das, was die höhere Mystik, mit der islamischen Bildlosigkeit als Bilderverbot nicht zu verwechseln, in ihrer letzten Stufe zu überwinden im Programm hat. @Fredy- Wenn Sie mir sagen im Zusammenhang mit den Kirchenleuten "Ihr", bloss weil ich auf das Interpretationsproblem hinweise, so ist das nicht die geeignete Ansprache an einen Blogpartner, der seit Jahrzehnten von den kirchlichen Bildungshäusern boykottiert und schon seit 45 Jahren für eine radikale Trennung für Kirche und Staat eintritt, wofür man auch noch beruflichen Ärger einzustecken hatte. Ein anerkannter angesehener Geistlicher empfahl mir vor Jahren "Moskau einfach". Auch wenn Sie Kierkegaard kritisieren wollten, mit dem ich mich ansonsten in keiner Weise zu vergleichen habe, der ist etliche Nummern grösser als wir alle, können Sie ihm nicht vorwerfen "Ihr von der Kirche" oder meinetwegen "Ihr von der Partei". Der Däne hatte es möglicherweise mit dem Umfeld der Gläubigen um ihn noch schwerer, als Sie es gemäss Ihren Andeutungen hatten.

Brettenbacher

27. Oktober 2018 21:34

@ Franz Bettinger
"So sehr ich ihn mir wünsche, so sehr ist mir seine Abwesenheit bewusst - ich rede von Gott."

"Abwesenheit" ist nun aber wirklich nicht Nicht-Existenz!

Ruewald

27. Oktober 2018 23:15

@maioromus
Dann sind wir uns ja über Habermas einig. Daß Sie ihn als "bedeutenden" Philosophen bezeichnet hatten, mißverstand ich als eine mich aus Ihrer Feder befremdende besondere Wertschätzung. Sonst hätte ich gar nicht so viel Worte darüber verloren.
@Ergon: es freut mich, daß Habemas auch in der Zunft keine Bedeutung mehr hat. Vergessen wir ihn.

Maiordomus

28. Oktober 2018 10:36

@Ruewald. Natürlich ist Habermas ein für heute bedeutender Philosoph, man zitiert ihn, kennt seinen Namen, obwohl er im Vergleich etwa zu so vergessenen Grössen wie Franz von Baader und Ignaz Paul Vital Troxler (aus der Zeit der Romantik, aber hochpolitische Philosophen) eine kleine Nummer ist,

Nun habe ich aber im Zusammenhang mit der "Wurst-Metaphysik" an Ihnen und an einem anderen Blogger doch noch wesentlich etwas zu kritisieren. Etwa wenn Sie meinen Biss in eine Wurst mit dem Verschlingvorgang des Hundes vergleichen. Man merkt gleich, dass Sie über Epikur und den Epikuräismus nicht doktoriert haben, was zwar auf mich genau so wenig zutrifft, nur habe ich jeweils Abiturienten über Epikur geprüft. Nun aber zur "Wurst"-Metaphysik, über die ich mich hier weniger von Epikur her als von der Wurst-Test-Kenntnis her philosophisch äussern möchte. Zunächst mal: Mein Bruder, mehrfach preisgekrönter Metzgermeister, wurde vor etwa 25 Jahren für die "zweitschönste Blutwurst" Europas ausgezeichnet in einem internationalen Wettbewerb. Wenn Sie die zweitschönste Blutwurst Europas würdigen wollen, müssen Sie den Transzententalbegriff der Schönheit erarbeitet haben, theoretisch und praktisch, und Sie müssen mit hoher Rationalität begründen können, was den Unterschied zwischen der drittschönsten, zweitschönsten und schönsten Blutwurst Europas ausmacht. Dies setzt ein Abstraktionsniveau voraus wie überhaupt auch eine Lebensphilosophie und Anthropologie, wo der Hund nun mal definitiv nicht mitkommt, zu schweigen davon, dass es für ihn vor dem Fressakt keine differenzierte Unterscheidungsdebatte gibt, wiewohl ich bei einem intelligenten Hund allenfalls noch voraussetze, dass er an der Wurst, bevor er sie vertilgt, noch schnüffelt; mir ist auch ein Hund bekannt, der nachweisbar eine Wurst von meinem Bruder und eine Wurst vom Warenhaus Migros unterscheiden konnte, was ich insbesondere bei der Riech-Intelligenz der Hundeartigen absolut nicht klein schreiben würde.

Aber nun die Hauptsache nicht nur bei der Wurst, auch zum Beispiel bei der epikuräischen Oenologe, womit man es noch besser illustrieren kann: Genuss von Essen und Trinken im Sinn von Epikur ist niemals Herunterschlingen, Fressen und Saufen. Es ist ein differenzierter Erkenntnisvorgang, sei es beim international anerkannten Wurstprüfer oder beim Oenologen, der bei den Weinsorten der Erde über eine annähernd vierstellige Zahl von Unterscheidungsmöglichkeiten verfügt, wobei es aber am Ende nicht nur um das Wissen geht, sondern um den vollzogenen Genuss als Erkenntnisakt. Mit dazu gehört auch das Mass, wobei zu berücksichtigen ist, dass der wahre Epikuräer immer weiss, wann genug ist. Demgegenüber philosophierte der von mir einst geschätzte Franz Joseph Strauss über den Hund wie folgt: "Ebensowenig, wie ein Hund sich einen Wurstvorrat anlegen kann, ebensowenig kann eine sozialistische Regierung sparen!" Der Epikuräer wird beim Umgang mit der Wurst, zumal mit der von ihm wertgeschätzten Wurst, einen fundamentalen Unterschied zwischen Mensch und Tier in Richtung des Genusses, welcher ein geistiger Vorgang ist, realisieren. Die Vergleiche mit dem Hund waren ganz daneben, ich finde ein kritisches Verhältnis zur Wurst ist noch anspruchsvoller oder zumindest gleich anspruchsvoll als etwa die Kritik des linken Weltbildes. Von Epikur und seiner Schule könnten wir da wohl viel lernen.

Maiordomus

28. Oktober 2018 12:01

@Breitenbacher: Die "Abwesenheit" Gottes ist in der Tat das Problem der christlichen Existentialisten, biblisch begründet bei Hiob und im in den Evangelien dokumentierten wohl historisch wahren Ausruf Christi "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!" Ein solcher Satz wäre im Koran undenkbar, beweist bereits, dass die beiden Bücher, wiewohl sie oft verglichen werden, neulich auch von Karl-Josef Kuschel, in der religiösen Substanz nicht vergleichbar sind. Noch zur Fortsetzung der Hunde-Philosophie: Es gibt bei Goethes westöstlichem Divan, in den Noten und Abhandlungen dazu, ein wunderbares persisches Gedicht über Jesus, wonach alle Genossen des Herrn über einen verwesenden toten Hund vor Jerusalems Toren schmähten. Der Kommentar von Jesus blieb sehr schlicht: "Die Zähne sind wie Perlen wiess." Da schämten sich die Jünger, wie es sich gehört. Sie sollten sich eigentlich noch heute schämen.

Gustav

28. Oktober 2018 17:57

@ Nemesis

Der Begriff ‚amerikanischer Exzeptionalismus‘ bezeichnet eine Ideologie, der zufolge die USA eine einzigartige Sonderstellung unter den Nationen der Welt einnähmen, die aus ihrer besonderen Geschichte und aus ihrer einzigartigen Machtfülle erwachse. Der Exzeptionalismus stellt die politische Kernideologie der USA dar. Er drückt sich, wie Stephen Kinzer schreibt, auch darin aus, dass die USA die einzigen in der Geschichte der Neuzeit sind, die überzeugt sind, dass sie Gottes Werk verrichten, indem sie ihr politisches und wirtschaftliches System anderen bringen.

Wegen ihrer Einzigartigkeit seien die USA, so die Vertreter des Exzeptionalismus, grundsätzlich an völkerrechtliche Vereinbarungen nur insoweit gebunden, wie ihnen dies nützt. Auch ließen sich ihre Taten grundsätzlich nicht nach den moralischen Normen bewerten, nach denen die USA die Taten anderer Nationen bewerten. Denn es könne grundsätzliche keine „moralische Äquivalenz“ zwischen den USA und anderen Staaten in der Bewertung ihrer Taten geben, da sich Verbrechen von ‚wesenshaft Guten‘ nicht mit Maßstäben bewerten ließen, die man an Verbrechen von ‚wesenhaft Schlechten‘ anlegt. Folglich mögen die USA zwar gelegentlich ‚Fehler‘ machen, können jedoch aus grundsätzlichen Gründen keine Kriegsverbrechen begehen – weder in Vietnam, noch im Irak oder in Syrien. Und aus ebenso grundsätzlichen Gründen können sie auch keine Zivilisten ermorden, sondern Zivilisten sterben einfach als ‚kollaterale‘ Folge bester Intentionen.

Es gehört nicht viel dazu, den Exzeptionalismus – der in der Geschichte, auch der europäischen, in vielfältigen Formen auftrat und auftritt – als eine moralische und intellektuelle Pathologie zu erkennen – eine Pathologie, die mitverantwortlich für die größten Blutspuren in der Zivilisationsgeschichte ist. Gleichwohl finden sich wieder zahllose Intellektuelle, die bereit sind, diese Pathologie mit einer Rechtfertigungsideologie zu versehen. Da die USA wesenhaft gut seien, entzögen sich ihre Taten grundsätzlich einer Bewertung nach völkerrechtlichen Normen.

Der damalige Chefankläger in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen Robert H. Jackson (1882-1954) hatte seinerzeit festgestellt24, dass die Rechtsprinzipien, die in Nürnberg entwickelt worden sind, allgemeingültig seien und somit auch zukünftig bei einer rechtlichen Bewertung von Verbrechen anderer Staaten, auch der USA, zugrunde gelegt werden müßten.25 Würde man diesen Anspruch ernst nehmen, so hätte, wie Noam Chomsky bemerkte, jeder amerikanische Nachkriegspräsident als Kriegsverbrecher gehängt werden müssen. - Soviel nur am Rande zum amerikanischen Exzeptionalismus.
(Die Angst der Machteliten vor dem Volk Demokratie-Management durch Soft Power-Techniken)

Rainer Mausfeld

Maiordomus

28. Oktober 2018 20:02

PS at least: Natürlich sind unsere Debatten im Moment weit entfernt von der Realität des politischen Alltags. Nach einem gemütlichen Wurstessen kann einem nach diesem Wahlabend nicht zumute sein. Krisenentwicklungen haben indes immer auch ihre heilsame Seite.

In Hessen sehen wir einerseits am disproportionalen Verhältnis der AfD-Wählerschaft zu den Grünen (wenn schon, müssten die Zahlen umgekehrt sein), dass sich realpolitisch nichts ändert, weil zumal Merkel mit diesem Resultat leben kann. Die Grünen sind für sie langfristig nützlicher als die Konservativen der eigenen Partei, die gerade noch vielleicht als Flankenschutz taugen und natürlich einen grösseren Rechtsrutsch verhindert haben. Es sei denn, Merkels eigene Leute verlieren in nächster Zeit die Nerven.

Anderseits scheint mir die positive Seite des Abends der Blick in den Bankrott des herkömmlichen Parteiensystems, zumal über den vermeintlichen Wahlsieger CDU kann man mittelfristig nur von hoffnungslosem Zustand sprechen. Der Mainstream geht zweifelsohne in Richtung linksradikal und grün, diese Richtungen werden noch stärker als bisher die Leaderschaft in der veröffentlichten offiziellen Trend-Meinung beanspruchen, wobei die Sorge um die heute nicht mehr zu unterdrückenden anderen Stimmen sich noch mehr in Richtung Hetze zur Unterdrückung alternativer Wortmeldungen im Internet austoben wird. Carolin Emke macht sich zum Beispiel Sorgen, dass ein einheitliches Wirklichkeitsverständnis der Öffentlichkeit abhanden komme, wobei ein solches sogenanntes Wirklichkeitsverständnis nur mit einem Orwellschen Wahrheitsministerium im Ernst behauptet werden kann. Nicht vergessen darf man auch, dass die völlig unqualifizierte, wirklich von "Hass" und mangelndem Hintergrundwissen betriebene Dämonisierung von Trump meines Erachtens noch stärker als die Furcht vor der AfD und vor angeblichen Nazis in nächster Zeit den Oberstrom der Meinungsmanipulation dominieren wird. Dabei sieht es so aus, dass die Rechte in Hessen eine eingeschüchterte Minderheit in ihrem Ghetto bleiben wird: noch mit der Hypothek, dass man mit Rücksicht auf berufliches, geschäftliches, amtliches und bildungsmässiges Vorwärtskommen sich oftmals hüten muss, zu Überzeugungen in dieser Richtung zu stehen. Es bleibt jedoch dabei, dass im Parteiensystem sich wie noch nie in den letzten 70 Jahren echte Zerfallserscheinungen mehr als nur andeuten. Insofern aber direkte politische Veränderungen nicht in Aussicht stehen, wird es sinnvoll bleiben, bei den metapolitischen Reflexionen, wie sie nunmehr auch im Zusammenhang mit dem obigen Sellner-Essay in den letzten Tagen ausschweifend gepflegt wurden, auch in Zukunft dranzubleiben, vielleicht mit noch mehr praktisch-politischen Erwägungen. Aber nicht mit dem Schwergewicht auf blosse Aktionitis.

Der Rückbezug zur Kontemplation, nicht mit Rückzug zu verwechseln, bleibt auf jeden Fall kein Luxus.

Ruewald

28. Oktober 2018 20:41

@maiordomus
Nochmal zu Habermas: Dann verstehen wir offensichtlich das Wort "bedeutend" unterschiedlich. In Ihrem Sinn wäre demnach jeder in den Medien Prominente "bedeutend(0)". In meinem Sinnverständnis als über-zeitmodengemäße Rangwertung ist "eine kleine Nummer", wie Sie H. relativieren, nicht "bedeutend(1)".

Epikur – allerdings jenseits der vulgarisierten Fehlinterpretation - ist einer der bedeutendsten(1) Philosophen aller Zeiten.

Ihre "Wurst-Metaphysik" erscheint mir als ein Musterbeispiel für die Rationalisierung biologisch-physiologischer Gelüste. Hedonismus, wohlan. – Zugegeben, Hedonismus ist eine kohärente Lebensphilosophie. Diesbezüglich Bernulf Kanitscheider, "Entzauberte Welt. Über den Sinn des Lebens in uns selbst", zitiert dazu David Humes These, wonach die Vernunft Sklavin der Leidenschaften ist und nicht deren Führer; wenngleich also die Vernunft nicht die Ziele auszusuchen vermag, so kann sie doch zu deren Optimierung eingesetzt werden.

Man kann es aber noch anders sehen: Sie beweisen hiermit einmal mehr Ihre ontologisch-metaphysische "Sonderstellung" als Raubtiernatur, freilich überhöht durch Ihre gegenüber dem Hund weiter entwickelte Ratio (kommen Sie mir aber bitte nicht oberlehrerhaft damit, daß der Mensch Allesfresser ist – selbst Biologen bezeichnen heute den Homo sapiens als größte Raubspezies der Erdgeschichte).
Sublimierung? Fehlanzeige. – Gaumenkitzel, Wanst füllen, ... allzu physisch. Was ist der proximate und der ultimate Zweck?

Wenn Sie schon darüber philosophieren wollen:
Kommt Ihnen da nicht der grauenhafte Gedanke, daß Sie mit der Wurst von der Leiche eines vormals auch fühlens- und leidensfähigen Lebewesens (mit dem Sie phylogenetisch nahe verwandt sind), das für Ihren leiblichen Genuß (den Sie gern "philosophisch überhöhen" möchten) geschlachtet worden ist – und bitte sehr, mit welchen Recht? - , sich goutieren?
Das ist ein sehr ernstzunehmendes und tiefgehendes Problem, metaphysisch und ethisch, um das sich die meisten Philosophen herumdrücken – das sich aber nicht einfach durch Lächerlichmachen oder den "naturalistischen" Sein-Sollens-Fehlschluß abwimmeln läßt.

Ich bin kein Buddhist; aber in dieser, und nicht nur in dieser, Hinsicht ist der Buddhismus in seiner Reinform dem Christentum überlegen.

Maiordomus

28. Oktober 2018 21:37

@Die Frage nach der Ästhetik und nach dem Genuss im Zusammenhang mit der Ernährungsphilosophie ist nun mal jenseits von Moral als nicht unbedeutender mensch-tierischer Unterschied in Rechnung zu ziehen. Im übrigen halte ich Metzger für einen ehrenwerten Beruf, viel ehrenwerter als in der Regel Politiker oder Geistlicher, und habe mich auch historisch sodann noch mit der Züchtung von Schweine- und Rinderrassen befasst. Völlig lächerlich war natürlich die Schlussfolgerung von Reichsbauernführer Darré in seiner Dissertation über das Schwein bei den Germanen: "Der Jude hat das Schwein nie verstanden.". Darüber müssen wir uns jetzt nicht weiter auslassen, bei aller Achtung, die ich Vegetariern und Veganer gegenüber durchaus hege, zu schweigen davon, dass ich die faktische Abschaffung des Fastens in der katholischen Kirche für ein gravierendes Dekadenzsymptom halte. Bei einer Debatte um das Ja oder Nein zur Kirchensteuer an einem Aschermittwoch habe ich übrigens im Gegensatz zu den Kirchensteuerverteidigern beim anschliessenden Imbiss kein Fleisch gegessen, nicht mal Fisch, weil ich das Fasten sehr viel substanzieller finde als die Kirchen steuer, um einfach auf die Proportionen des Wichtigen oder weniger Wichtigen zu verweisen. Der "leibliche Genuss" existiert übrigens sowieso nicht, weil jeder Genuss, der dieses Namens würdige ist, eine feinstoffliche geistige Seite hat. Hier findet natürlich in der Tat Kultur statt, dies haben wir bei ernährungsphilosophischen Seminarien mit entsprechenden Demonstrationen stets an den Tag zu legen versucht. Noch interessant war mal die Frage einer Schülerin im Zusammenhang mit der Debatte um die realen Speisen beim letzten Abendmahl von Jesus Christus, wo ganz sicher auch Lamm dabei war. "Glauben eigentlich die Katholiken Fleisch zu essen wenn sie über die Realpräsenz Christi in der Hostie sagen: Das ist mein Leib, und wer diesen Leib isset, der betreibt Kommunion?" Verstehen Sie bitte, dass ich meine damalige ausführliche Antwort hier nicht referieren kann. Es wäre indes durchaus ein Anlass zur Kontemplation und Meditation. Langfristig vielleicht wertvoller als die Analyse der Hessischen Landtagswahlen.

heinrichbrueck

28. Oktober 2018 21:48

@ Maiordomus
Sie verwechseln die wahren Mächtigen mit den Prostituierten im Reichstag. Die Mächtigen sehen eine Veränderung mindestens eine Generation (30 Jahre, also relativ kurz) im voraus. Eine demokratische Entscheidung wird nur selten in der Kombination "Wissen + Geld = Macht" gefällt, deshalb der kleine Wähler überhaupt nicht gefragt wird. Das Wahltheater in Hessen bestimmt nicht die Politik der künftigen Realität, es bestimmt den Glauben an der eigenen Machtteilnahme. Arme Kirchenmäuse bestimmen die Kirchenpolitik; was von Kirchenmäusen noch nicht bekannt geworden ist, daß sie sich einer solchen Illusion hingeben würden.
Der erste Schritt der Hessen wäre, wenn sie sich Klarheit darüber verschaffen könnten, daß sie am heutigen Tag nichts verkehrt haben machen können. Dieser Gedanke wäre eine Großtat von historischer Bedeutung. An dieser Schuldlosigkeit ließe sich anknüpfen, meinetwegen auch über vielgepriesenes Buchwissen.

Nemesis

28. Oktober 2018 21:57

@Gustav
vielen Dank für Ihre Ergänzungen und Weiterführungen, insbesondere auch Ihre Hinweise auf Noam Chomsky und Mausfeld, die ja beide auf ihre Art dazu beitragen, die entsprechend unterliegenden Macht-strukturen zugänglich zu machen.

Ich persönlich gehe davon aus, daß der Exzeptionalismus an sich keine Pathologie, sondern vielmehr offensichtlicher Normalzustand der Menschlichen Natur ist. Wie Sie auch richtig anmerken, berief oder beruft sich praktisch jedes großmachtpolitische System auf seine Einzigartigkeit, sei dies nun religiös , sozial, finanztechnisch oder sonstirgendwie begründet. Daß die Auswirkungen einer solchen Geisteshaltung meistens zu pathologischen Zuständen führt, bedarf wohl nur eines Blickes in die Geschichte.

Das gleiche Prinzip findet sich ja auch permanent auf kleineren Skalen des menschlichen Lebens wieder: Politische Lager, Vereine, Firmen, gesellschaftlichen Gruppierungen, wissenschaftliche (Teil)Disziplinen etc. pp. Dahinter steckt letztlich ja immer die Überzeugung, das Bessere, das Moralischere, das Sozialere, das Profitablere, das Wahrere...zu repräsentieren.

Das bringt einen nachdenklichen Mensch doch eigentlich zu der Frage, woher dieses Denken stammt und warum es anscheinend nicht zu stoppen ist, auch wenn dadurch Alle (oder zumindest die Meisten) gegen die Wand fahren.

Ich persönlich vermute, daß es an unsere Art zu denken, spezifischer; an unserere Ratio, geknüpft ist. Im Erkenntnis- und Verständnis-prozeß ist diese ein mächtiges Schwert. Die Wissenschaft, deren unvorstellbare Erfolge ja gerade auf der Basis des Reduktionismus basiert, kann ja nur durch diese Methodik Erkenntnis gewinnen. Fatalerweise bleibt damit jedoch das Verbindende, die Synthese auf der Strecke. Diese Art des Denkens, verbunden mit einem Geldsystem welches exakt diese Trennung immer weiter vorantreibt, tun ihr Übriges.

Meine obige Antwort auf @Thomas Martini war lediglich der (vielleicht etwas hölzerne) Versuch, daran zu erinnern, daß es zwar verständlich ist, wenn man seinen gesamten Haß auf auf ein vermeintliches Ziel lenkt. Wenn dieser jedoch undifferenziert durch die Gegend spritzt, vermag er letztlich nichts. Außer vielleicht kurzfristig als Überdruckventil etwas Linderung zu bringen. Das ist zwar kurzfristig auch etwas und verständlich, schadet aber letztlich nur demjenigen, der sich nicht davon befreien kann, selber am meisten.

Franz Bettinger

28. Oktober 2018 22:02

@Von Lotta Vorbeck hat mich (über geheime Kanäle ;-)) gerade wissen lasssen, dass Otto von Bismark gesagt haben soll: "Je weniger Leute davon wissen, wie Würste und Gesetze gemacht werden, desto besser schlafen sie." Ins Schwarze getroffen! Danke, Lotta!

Maiordomus

29. Oktober 2018 08:31

@Bettinger. Das mit Bismarcks Würsten und Gesetzen von @Lotta Vorbeck war grossartig: Ich würde dieser Dame, der es bei allzu weitschweifigen akademischen Debatten oft nicht wohl ist, den echt klugen gesunden Menschenverstand nicht absprechen.

@Ruewald. Sie schätzen die Bedeutung von Habermas falsch ein, wenn Sie die Medienpräszenz in den Vordergrund stellen. Habermas ist nicht deswegen wirklich bedeutend, weil er viel in den Medien auftirtt und dort oft genannt wird. Diese Medienpräsenz war und ist bei Sloterdijk eher höher als bei Habermas, obwohl Sloterdijk ein eher durchschnittlich wahrgenommener Philosoph ist, wohingegen Fernseh-Philosoph David Precht oder wie er heisst rein von der denkerischen Kreativität her eine absolute Nullnummer darstellt, seine Qualität liegt etwa darin, dass er absoluten Durchschnitt sagen wir mal eines nach dem Mainstream orientierten deutschen Gymnasiallehrers darstellt. Habermas aber hat über Jahrzehnt den universitären Diskurs nicht zufällig beherrscht, auch im Vergleich zu dem ihm analytisch haushoch überlegenen Lübbe, der in Sachen Zitiertwerden oder gar als zitierfähige Autorität um Welten hinter Habermas zurücksteht. So wie man nun mal Adorno mehr zitiert als Lütkehaus, unbeschadet der Frage, wer von beiden der tiefere Denker sei. Wir können indes nicht bestreiten, dass die Protagonisten der sogenannten Frankfurter Schule, deren Grundgedanken ich immerhin jeweils an Abitur geprüft habe (nicht um sie richtig zu finden), nun mal für die Schulszene und das gesamte öffentliche Bewusstsein bedeutend sind und bleiben. Unter den Frankfurtern muss man zumindest Horkheimer als eine sehr bedeutende, weit überdurchschnittliche philosophische Intelligenz einschätzen, so wie man beim ganzen Komplex etwa der marxistischen Philosophie Friedrich Engels am stärksten ernst zu nehmen hat. Ich schätze Engels bis heute als den Marxisten ein, von dem ich am meisten lernen kann, wiewohl ich mich gerade in diesem Blog bereits schon einmal oder zweimal über ihn lustig gemacht habe. Aus theologischer Sicht ist noch spannend, dass Engels sich immerhin wie die mittelalterlichen Scholastiker mit dem Weltuntergang befasst hat, durchaus in Richtung der Geheimen Offenbarung des Johannes: "Am Ende wird sein ein Brand und ein Schutt." Dabei bleibt jedoch Engels als Materialist der Überzeugung, dass sich die Materie auch nach dem Weltuntergang "neu organisieren" werde. Denker, die sich solche Gedanken machen, nannte Friedrich Heer "eschatologische Humanisten". Zu letzteren zählte er auch den konservativen Pazifisten und Kritiker des deutschen Widerstandes gegen Hitler, Reinhold Schneider. Bei letzterem bleibt indes bedenkenswert, dass Pazifismus und Sieg nicht gleichzeitig zu haben seien. Der ehrliche Pazifist bekennt sich zu Niederlage und politischer Unterwerfung, ausser dass er sich geistig nicht unterwerfen will.

Maiordomus

29. Oktober 2018 09:13

PS II. Zum oben falsch wiedergegebenen Jesus-Zitat aus den Abhandlungen zum Westöstlichen Divan von Goethe, als alle Jünger über einen toten Hund die Nase rümpften: "Die Zähne sind wie Perlen weiss." Das ist auch für uns eine eindrucksvolle Anweisung zum Führen von Dialogen, wobei gegenüber jener Aussage von Jesus wohl selbst Schopenhauer nicht von "ruchlosem Optimismus" gesprochen hätte. Das zitierte Gedicht über Jesus und den toten Hund stammt übrigens von einem Muslim. Der westöstliche Divan wäre heute noch ein Entkrampfungsmedikament für den in der Regel leider oft unehrlich geführten sogenannt christlich-islamischen Dialog.

Ruewald

29. Oktober 2018 11:21

@Bettinger/Vorbeck
Treffendes Bismarck-Zitat. Psychohygienische Prophylaxe gegen kognitive Dissonanz. Das philosophische Problem wird dadurch "gelöst", daß man es ignoriert.

@ Maiordomus
Auch das kannibalistische Massenabschlachten der Azteken war Kultur.
"Feinstoffliche Seele" als Alleinstellungsmerkmal des Homo sapiens in der Phylogenie? Wolkenkuckucksheim! (frei nach Schopenhauer).

Bevor man Philosophie studiert (oder parallel dazu), halte ich es für unabdingbar, daß man sich erst einmal einen soliden naturwissenschaftlichen Fundus aneignet und mit naturwissenschaftlicher Methodik arbeitet, am besten in Biologie, Ethologie, biologischer Anthropologie, historischer Geologie, Medizin, etc. Erst wenn wir ein von Illusionen geläutertes Bild von der Natur des Menschen gewonnen haben, halte ich den Übergang zum philosophischen Überbau für fruchtbar. Die Rückkopplung ergibt sich dann von selbst.
Ich empfehle noch einmal die Ontologie des Wissenschaftsphilosophen Mario Bunge: Die Natur der Dinge.

Bei einigen Foristen habe ich den Eindruck, daß bei ihnen die Philosophie immer noch "die Magd der Theologie" ist.

H. M. Richter

29. Oktober 2018 14:34

Dank zuvor an Martin Sellner für diesen guten Text !

Dank auch für viele lesenswerte Kommentare !
_______________________________________________

Manche Bücher, Texte, bleiben lange liegen, und gestern Abend wollte ich nun endlich doch, vielleicht auch angeregt von den hier versammelten Kommentaren, mich einer Schrift des von mir hochverehrten Gustav Theodor Fechner widmen, die er unter seinem Pseudonym Dr. Mises im Jahre 1873 verfaßte und die den Titel trägt: "Warum wird die Wurst schief durchschnitten?"

So las ich dann bald in der damaligen Erstveröffentlichung (1875) jene Sätze, welche sich auch hier finden lassen:

https://gutenberg.spiegel.de/buch/essays-9615/20

"In einer größeren Gesellschaft von Professoren und Dozenten der Universitäts- und Weltstadt L. warf ich die Frage auf: Warum wird die Wurst vielmehr schief als gerade durchschnitten, so daß die Schnittfläche wie die Scheiben sich nicht kreisrund, sondern elliptisch (oval) darstellen?

Die Sache scheint nicht der Frage wert; doch kann sich der Scharfsinn spielend daran üben, und vielleicht erfährt man nicht ungern, wie sich der Scharfsinn so gelehrter Männer daran geübt hat. Und wenn sich selbst große Prinzipien am Kleinen oft ebensogut, nur niedlicher als am Großen erläutern lassen, warum nicht um so mehr die kleinen Prinzipien, die wir hier zur Beantwortung der Frage in Anspruch nehmen wollen?""

Drücke man nur künftig jedesmal ein Ohr zu, wenn man dem ästhetisch widerhaarigen Worte "Wurst" begegnet, was manchem Feingebildeten den Geschmack an der Wurst selbst verleidet und somit diesem Aufsatze dasselbe Schicksal zu bereiten droht."

Zum Ende der überaus lesenswerten Abhandlung findet sich schließlich die neckische Aufforderung:

"Bis zur Erlangung des Patents bleibt die Sache mein Geheimnis; wer es aber nicht erwarten kann, davon Kenntnis zu erlangen, braucht mir bloß für die private Mitteilung eine gute Wurst einzusenden; indes ich jeden, der sich nach der Patentierung noch des von mir entdeckten Wurstschnittes bedient, auf Konfiskation der Wurst für mich verklagen werde, um endlich alle Leser dieses Aufsatzes zu einem großen Wurstschmause einzuladen."
_____________________________

Die Kaffee- und Kuchenrunden in Schellroda sind, wie zu hören ist, legendär. Wie wäre es einmal mit Wurst in Schnellroda? Gar einem Schlachtefest? Zumindest wüßten wir alle nun, woher die dazu gehörende Blutwurst kommen könnte und warum diese dort wohl schief durchschnitten auf den Tisch kommen würde ...

P.S.: @Lotta Vorbeck sei versichert, daß ich nach der vergnüglichen Fechner-Lektüre nicht nur mehr über Wurst wußte, sondern durchaus auch gut schlafen konnte.

Maiordomus

29. Oktober 2018 15:09

@H.M. Richter. Hätte nie geglaubt, dass die "Philosophie der Wurst" zu so vielen geistvollen Kommentaren führt, der Ihrige ist der aus meiner Sicht für mich selber wertvollste.

@Sellner. Ehrlich gesagt, Sie deuteten es im neuesten Blog auch an, wäre der Rücktritt Merkels als Parteivorsitzende vorläufig nicht der geringste Grund zum Anstossen per Video, nicht mal dann, wenn, was ich nicht glaube, Merz Nachfolger würde. Es bleibt dabei, Ihr obiger Essay-Artikel, der aus meiner Sicht selbst und erst recht bei den Beiträgen, denen ich widersprochen habe, zu substanziellen Kommentaren führte, war und bleibt tiefgründiger als auch ihr heutiger Video-Auftritt. Es wird wohl so sein, dass Sie dafür Ihr spezielles Publikum haben. Aber etliche von hier setzen wohl andere Prioritäten als kurzfristige Spekulationen, wie es nun mit und ohne Merkel weitergehe. Sie selber sprachen vom "Merkel-System". Dieses wird, so nehme ich nicht als einziger an, sich als hartnäckiger erweisen als denjenigen, die sich dadurch verletzt fühlten, lieb ist.

Ruewald

29. Oktober 2018 16:38

@Bettinger/Vorbeck 28.10.18 22:02
Treffendes Bismarck-Zitat. Psychohygienische Prophylaxe gegen kognitive Dissonanz. Das philosophische Problem wird dadurch "gelöst", daß man es ignoriert.

Lotta Vorbeck

29. Oktober 2018 17:54

@H. M. Richter - 29. Oktober 2018 - 02:34 PM

" ...
_____________________________

Die Kaffee- und Kuchenrunden in Schellroda sind, wie zu hören ist, legendär. Wie wäre es einmal mit Wurst in Schnellroda? Gar einem Schlachtefest? Zumindest wüßten wir alle nun, woher die dazu gehörende Blutwurst kommen könnte und warum diese dort wohl schief durchschnitten auf den Tisch kommen würde ...

P.S.: @Lotta Vorbeck sei versichert, daß ich nach der vergnüglichen Fechner-Lektüre nicht nur mehr über Wurst wußte, sondern durchaus auch gut schlafen konnte."

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Das für's Laben der aus Nah und Fern angereisten Sezessionisten vom Schnellrodaer Gasthof zu bestimmten Anlässen bereitgestellte Buffet bietet auch immer eine kleine Auswahl an hausgemachter, anhaltinischer Wurst und Gehacktem.

Während der eigenen Kindheit stellten die von der Mutter allsonnabendlich, manchmal auch schon donnerstags - freitags gab's fleischlose Kost - angebotenen Gehacktesbrötchen mit Zwiebel, sowie dampfender, frisch aufgegossener, gekörnter Brühe in der Tasse immer einen (ungeduldig erwarteten) Höhepunkt der wöchentlichen Speisefolge dar.

Innerhalb der herbstlichen Hausschlachtesaison war's üblich, immer dann, wenn frühmogens eines der Schweine getötet worden war, die jeweiligen Nachbarn in Form eines kleinen, in Pergamentpapier eingeschlagenen Quantums Gehacktem und Kesselfleisch (Wellfleisch), sowie einer mit Wurstebrühe gefüllten Milchkanne daran teilhaben zu lassen.

Legendär sind die Schauergeschichten bezüglich dessen, was im Laufe der Zeit (angeblich) schon alles verwurstet worden sein soll.

"In der Not, schmeckt die Wurst (bekanntlich) auch ohne Brot!"

Seien Sie völlig unbesorgt, lieber @H. M. Richter - aufgewachsen, mit 'Angeräucherter' und dem seinerzeit nur selten verfügbaren und deshalb umso begehrteren 'Feldgiecker'

# Angeräucherte & Feldgieker
https://www.suedharz-galerie.de/pictures/32_2501-4094.jpg

# Unsere Liebhaberstücke
https://wurstliebhaber.de/#5
https://wurstliebhaber.de/#6

# Feldkieker
https://de.wikipedia.org/wiki/Feldkieker

ist @Lotta Vorbeck die Freude am Wurstgenuß - sämtlichen Warnungen vor deshalb dräuender Arterienverkalkung zum Trotze, bisher keineswegs vergangen.

Franz Bettinger

29. Oktober 2018 23:37

An alle Freunde und Vorturner des Geistes: Wer nur Luftschlangen im blauen Äther vollführen kann, wer nicht so schreibt und redet, dass das Volk ihn versteht, der wird das Volk bald verloren haben. Man kann Recht und Sinn, Kant und Nietzsche dem Bürger nahe bringen. Man kann den Ungebildeten zwar nicht die Details der Relativitäts-Theorie lehren, aber man kann ihm sagen, Einstein habe bewiesen, dass die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten - in kosmischen Maßstäben - nicht unbedingt die Gerade ist. Das Licht und mit ihm die Materie (und die Gedanken sowieso) reisen auf Gravitations-Kurven durch die Welt. Es gilt aber auch, was @Ruewald so treffend bemerkt: Philosophische Probleme (Recht, Sinn) werden dadurch gelöst, dass man sie ignoriert. Wie schafft man das? FB: Indem man den Körper (das Tier in sich) wieder entdeckt, Dinge, die man irgendwann in der Kindheit mal verloren hat.

Durendal

30. Oktober 2018 00:23

@Ruewald
Mit fortschreitendem Erkenntnistand der Naturwissenschaften, insbesondere der Neurowissenschaft, gewinnt die christliche Anthropologie, die von der Existenz einer Seele ausgeht, an Plausibilität. Für die Neurowissenschaft stellt z.B. der freie Wille ein unlösbares Problem dar. Sie kann diesen nicht nur nicht erklären, sondern er dürfte gar nicht existieren, wenn materialistische Annahmen zutreffen würden. Auf Makroebene gibt es demnach ja nur determinierte Abläufe in der Natur.
Einige Neurowissenschaftler, die an diesen Annahmen entgegen der Empirie festhalten wollen, erklären den freien Willen daher zu einer Illusion. Dabei geraten sie allerdings in einen Widerspruch, da es ohne freien Willen auch keine Wissenschaft bzw. keine ergebnisoffene Prüfung von Hypothesen geben kann.
Das "von Illusionen geläutertes Bild von der Natur des Menschen", das Sie einfordern, müsste daher m.E. zunächst einmal von den materialistischen Illusionen Abstand nehmen, auf denen das Welt- und Menschenbild der Moderne beruht.

Stil-Bluete

30. Oktober 2018 01:57

@ MARCEL

Ihr erster Beitrag ist nicht vergessen, haben Sie mich doch wieder auf die schmale Spur, die in unseren Breitengraden einem verstohlenen Waldweg gleicht, gebracht: Wohin?

Kontemplation
Kloster
Klausur
Schrebergarten
Exerzitien, Einkehr
Bibliothek
Kemenate
Herberge
Pavillon
Gärtchen
Insel
Laube
Biotop
Bude
Hütte
Behausung
Schreibtisch
Höhle
Rückzugsort
Hagen
Nische (Künstler in der DDR)
Untergrund
Hain
Bett
Refugium
Hinterhof
Atrium
Schnellroda

Auch
Friedhof
Golgatha
U-Bahn-Schacht
Luftschutzkeller
Schädelstätte
Gruft
Bunker ???

Maiordomus

30. Oktober 2018 02:17

@ Lotta Vorbeck. "Gibst du mir die Wurst, lösch ich dir den Durst." Altes Schweizer Politikersprichwort für Kompromisse.

Maiordomus

30. Oktober 2018 12:52

@Ruewald. A propos Naturwissenschaften. Habe selber u.a. über die Geschichte des Thermometers publiziert und referierte diesen Herbst in St. Petersburg über die Erforschung der dortigen Mineralwasser durch deutsche Apotheker. Aber mit welchem durchschnittlichen Naturwissenschafter von heute, selbst wenn er doktoriert hat, können Sie über Euler, Kepler und Newton reden im Zusammenhang mit Weltbildfragen? Die Abschiedsvorlesung von Hermann Lübbe an der Universität Zürich trug den Titel "Die abnehmende Relevanz der Naturwissenschaften im allgemeinwissenschaftlichen Diskurs", was er durchaus bedauerte. Zu Zeiten von Darwin und Max Planck konnten Naturwissenschaftler im öffentlichen Diskurs noch schockieren. So die Gattin eines anglikanischen Bischofs über Darwin: "Gott, lass es nicht wahr sein! Und wenn es wahr ist, lass es nicht bekannt werden!"

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