Clinton versus Trump: Zehn Thesen zur US-Außenpolitik nach Obama

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

Im Hin­blick auf die anste­hen­den 58. US-Prä­si­dent­schafts­wah­len im Novem­ber die­ses Jah­res steht, was die aus­sichts­rei­chen Kan­di­da­ten Hil­la­ry Clin­ton (Demo­kra­ten) und Donald Trump (Repu­bli­ka­ner) angeht, auch die Fra­ge nach einem Rich­tungs­wech­sel in der Außen­po­li­tik der Ver­ei­nig­ten Staa­ten im Raum. Wäh­rend im Fall Clin­ton, 2009 bis 2013 Außen­mi­nis­te­rin der Regie­rung Oba­ma, davon aus­ge­gan­gen wird, daß sie im Fall ihrer Wahl zur ers­ten Prä­si­den­tin der USA grosso modo den »mul­ti­la­te­ra­len« Kurs des jet­zi­gen Amts­in­ha­bers fort­füh­ren wird, sieht es im Fall einer Wahl des »Immo­bi­li­en-Tycoons« Donald Trump anders aus.

Für die­se Ein­schät­zung gibt es gute Grün­de: Trump hat, so zum Bei­spiel bei einer Grund­satz­re­de Ende April in Washing­ton, unmiß­ver­ständ­lich klar- gemacht, daß er die Außen­po­li­tik der USA seit Ende des Kal­ten Krie­ges für ein »Desas­ter« hält, für eine Fol­ge von stra­te­gi­schen Feh­lern, die letzt- lich zu einer Schwä­chung der USA und zu einer Stär­kung ihrer Geg­ner geführt habe.

Um außen­po­li­tisch und mili­tä­risch wie­der stark zu wer­den, bedarf  es aus der Sicht Trumps einer wirt­schaft­li­chen Rege­ne­ra­ti­on. Im Vor­der­grund aller Bemü­hun­gen müs­se die Maxi­me »Ame­ri­ca first« ste­hen, was Trump-Kri­ti­ker als Bekennt­nis zu einer uni­la­te­ra­len Außen­po­li­tik deu­ten. Damit ste­hen mit Blick auf Clin­ton und Trump die Alter­na­ti­ven im Raum: Uni­la­te­ra­lis­mus, ja Iso­la­tio­nis­mus, wie ihn zum Bei­spiel Mar­cus Pin­dur im Deutsch­land­funk bei Trump orten zu kön­nen glaubt, ver­sus Mul­ti­la­te­ra­lis­mus, der in der Regel Hil­la­ry Clin­ton zuge­schrie­ben wird.

Ob und inwie­fern es sich hier um tat­säch­li­che Alter­na­ti­ven oder nicht viel­mehr um ver­schie­de­ne Eti­ket­ten han­delt, unter denen die Ver­ei­nig­ten Staa­ten eine Inter­es­sen­po­li­tik ver­fol­gen, die im Kern von einer eiser­nen Kon­stan­te gelei­tet wird, näm­lich der Bewah­rung der domi­nan­ten Rol­le der USA im inter­na­tio­na­len Staa­ten­sys­tem, der sich weder Trump noch Clin­ton ver­schlie­ßen kön­nen, soll im fol­gen­den anhand von zehn The­sen zur US-Außen­po­li­tik beant­wor­tet wer­den. Der Bogen wird dabei von kul­tu­rell beding­ten Beson­der­hei­ten der US-Außen­po­li­tik (»Ein­zig­ar­tig­keit« der USA) über die wich­tigs­ten Denk­schu­len zu den (ver­deck­ten) außen- poli­ti­schen Wei­chen­stel­lun­gen der Regie­rung Oba­ma bis hin zu den ein­schlä­gi­gen Vor­stel­lun­gen des repu­bli­ka­ni­schen Kan­di­da­ten und der demo­kra­ti­schen Kan­di­da­tin geschlagen.

1.) Die Idee eines »ame­ri­ka­ni­schen Exzep­tio­na­lis­mus« ist ein wesent­li- cher kul­tu­rel­ler Pfei­ler im Selbst­ver­ständ­nis der US-Außen- und Sicherheitspolitik.

Ein bedeu­ten­der Fak­tor der US-Außen- und Sicher­heits­po­li­tik ist die Ideo­lo­gie der ame­ri­ka­ni­schen Ein­zig­ar­tig­keit (Ame­ri­can excep­tio­na­lism), die ihre Wur­zeln in der Kolo­ni­al­ge­schich­te der Ver­ei­nig­ten Staa­ten hat. Euro­pa wird von die­ser War­te als Ägyp­ten wahr­ge­nom­men, das das wan­dern­de Got­tes­volk ver­las­sen hat, Ame­ri­ka hin­ge­gen als das »gelob­te Land«, als das »Neue Jerusalem«.

Dem »Neu­en Jeru­sa­lem« indes, das alles über­strahlt, ste­hen »Orte des Schmut­zes«, »Schur­ken­staa­ten« gegen­über, gegen­über denen es kei­ne Kom­pro­mis­se geben kann. Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit die­sen »Schur­ken­staa­ten« (»Fein­de der Mensch­heit«) wer­den des­halb häu­fig in manich­äi­scher Wei­se als Kämp­fe zwi­schen Gut und Böse insze­niert. Es waren vor­ran­gig demo­kra­ti­sche Prä­si­den­ten wie Wil­son, F. D. Roo­se­velt, Tru­man, Ken­ne­dy und auch Bill Clin­ton – von dem durch »Neo­cons« beein­fluß­ten Repu­bli­ka­ner Geor­ge W. Bush ein­mal abge­se­hen –, die sich die­ses Manich­äis­mus bedient haben. Es liegt in der Natur der Sache, daß die­ser Exzep­tio­na­lis­mus Aus­wir­kun­gen auf die Außen­po­li­tik hat; zum Bei­spiel in der impli­zi­ten Erwar­tungs­hal­tung, daß der Rest der Welt das ame­ri­ka­ni­sche Modell »nach­emp­fin­det«.

2.) Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sehen eine »offen­sicht­li­che Bestim­mung« (Mani­fest desti­ny) zur Expansion.

Die Vor­stel­lung, daß es für die USA so etwas wie ein Mani­fest desti­ny (»offen­sicht­li­che Bestim­mung«) gebe, steht im engen Zusam­men­hang mit der Idee der ame­ri­ka­ni­schen Ein­zig­ar­tig­keit. Die USA hät­ten einen gött­li­chen Auf­trag zur Expan­si­on, der sich zunächst auf die Mit­te des 19. Jahr­hun­derts bestehen­de west­li­che Gren­ze in Rich­tung Pazi­fik bezog. Es sei»die offen­kun­di­ge Bestim­mung der Nati­on, sich aus­zu­brei­ten und den gesam­ten Kon­ti­nent in Besitz zu neh­men, den die Vor­se­hung uns für die Ent­wick­lung des gro­ßen Expe­ri­men­tes Frei­heit und zu einem Bünd­nis ver­ei­nig­ter Sou­ve­rä­ne anver­traut hat« (John L. O’Sullivan). In die­ser auf dem Exzep­tio­na­lis­mus fußen­den Dok­trin mani­fes­tiert sich ein über­grei­fen­des Sen­dungs- und Mis­si­ons­be­wußt­sein, das auch die US-Außen­po­li­tik durchdringt.

3.) Der Weg von der Mon­roe-Dok­trin (1823) zum Pan-Inter­ven­tio- nis­mus war fol­ge­rich­tig und mani­fes­tier­te die Rol­le der USA als eines »Rich­ters der gan­zen Erde«.

Die Mon­roe-Dok­trin fußt auf einer Rede zur Lage der Nati­on vom 2.Dezember 1823, in der US-Prä­si­dent James Mon­roe vor dem Kon­greß die Grund­zü­ge einer lang­fris­ti­gen Außen­po­li­tik der Ver­ei­nig­ten Staa­ten ent­warf. Mon­roe for­mu­lier­te die Exis­tenz zwei­er poli­ti­scher Sphä­ren, für die er mit Blick auf Euro­pa ein gegen­sei­ti­ges Inter­ven­ti­ons­ver­bot für raum­frem­de Mäch­te for­der­te. Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten ver­zich­te­ten damit auf jeg­li­che poli­ti­sche und mili­tä­ri­sche Ein­mi­schung in Euro­pa. Soll­te aber ein ande­rer (euro­päi­scher) Staat Kolo­ni­al­an­sprü­che haben, die auf Gebie­te des Dop­pel­kon­ti­nents Ame­ri­ka und der umlie­gen­den Inseln abziel­ten, wür­den die Ver­ei­nig­ten Staa­ten dies als feind­li­che Hand­lung ansehen.

Anfang der 1930er Jah­re wur­de die­se Dok­trin durch die Hoo­ver- Stim­son-Dok­trin in ent­schei­den­der Wei­se erwei­tert. Die USA behal­ten sich die­ser Dok­trin zufol­ge für alle Tei­le der Erde vor, Besitz­än­de­run­gen, die aus Sicht der Ver­ei­nig­ten Staa­ten zu Unrecht zustan­de gekom­men sind, die Aner­ken­nung zu ver­wei­gern. Was hier »zu Unrecht zustan­de gekom­men sind« kon­kret bedeu­tet, bestim­men allein die USA. Mit die­ser Dok­trin, die sich dann auch Frank­lin D. Roo­se­velt zu eigen mach­te, taten die USA einen ent­schei­den­den Schritt hin zu einer glo­ba­len impe­ria­len Macht, sehen sie doch bei jeder Kriegs­hand­lung in irgend­ei­nem Teil der Erde ihre Inter­es­sen berührt.

4.) Die Außen­po­li­tik der USA ist im hohen Maße geo­po­li­ti­schen Para­dig­men verpflichtet.

Einer der ers­ten geo­stra­te­gi­schen Mili­tär­theo­re­ti­ker, des­sen Werk – in den USA, aber auch in Euro­pa (Stich­wort: die Flot­ten­po­li­tik Alfred von Tirpitz’) – einen nach­hal­ti­gen Ein­fluß ent­fal­te­te, war der Mari­ne­of­fi­zier Alfred Thay­er Mahan (1840 – 1914). Mahan gab die Emp­feh­lung ab, sich am Bri­ti­schen Empire aus­zu­rich­ten; dem­entspre­chend soll­ten die USA dar­an­ge­hen, eine See­macht auf­zu­bau­en. Als ent­schei­den­de Fak­to­ren, um den Sta­tus einer See­macht zu errei­chen, wer­den Außen­han­dels­wirt­schaft, Han­dels- und Kriegs­ma­ri­ne sowie Kolo­nien bzw. Stütz­punk­te beschrie­ben. Apo­dik­tisch for­der­te Mahan: »Ob die Ame­ri­ka­ner wol­len oder nicht, nun müs­sen sie begin­nen, über die Gren­zen ihres Lan­des hin­aus- zublicken.«

Nach die­sem geo­po­li­ti­schen Big bang folg­ten wei­te­re ein­fluß­rei­che Arbei­ten, von denen hier nur noch eine Arbeit her­vor­ge­ho­ben wer­den kann, die wohl einen ähn­li­chen Ein­fluß wie die von Mahan ent­fal­tet hat und immer noch ent­fal­tet, näm­lich Zbi­gniews Brze­zinskis »Hand­buch« geo­po­li­ti­scher Impe­ra­ti­ve The Grand Chess­board (dt. Die ein­zi­ge Welt- macht, 1997), das der real­po­li­ti­schen Schu­le ver­pflich­tet ist. Der his­to­ri­sche Kon­text des Brze­zinski-Buches ist der Zer­fall der Sowjet­uni­on und der damit ver­bun­de­ne Auf­stieg der Ver­ei­nig­ten Staa­ten als »ers­te, ein­zi­ge, wirk­li­che und letz­te Welt­macht«, die eine Hege­mo­nie neu­es Typs aus­übe, zu der es in der Geschich­te kei­ne Par­al­le­le gebe. Ziel der USA müs­se es sein, die Vor­herr­schaft auf dem »gro­ßen Schach­brett« Eura­si­en zu sichern, um so eine »neue Welt­ord­nung« nach ihren Vor­stel­lun­gen abzusichern.

5.) Die mul­ti­la­te­ra­le und die rea­lis­ti­sche Denk­schu­le sind ver­schie­de­ne Ansät­ze, die im Kern ein Ziel ver­fol­gen, näm­lich die inter­na­tio­na­le Füh­rungs­rol­le der USA sicherzustellen.

Zwi­schen den »libe­ra­len« (mul­ti­la­te­ra­le Denk­schu­le) und den klas­si­schen »kon­ser­va­ti­ven Inter­na­tio­na­lis­ten« (rea­lis­ti­sche Denk­schu­le) ist unstrit­tig, daß den USA die Füh­rungs­rol­le im inter­na­tio­na­len Sys­tem zukommt. Die »kon­ser­va­ti­ven Inter­na­tio­na­lis­ten« – Bei­spie­le hier­für wären Hen­ry Kis­sin­ger, Samu­el Hun­ting­ton oder Zbi­gniew Brze­zinski – gehen davon aus, daß das inter­na­tio­na­le Sys­tem »anar­chisch« sei und sich die Staa­ten in einem per­ma­nen­ten Kon­kur­renz­kampf befän­den. Des­halb könn­ten kei­ne dau­er­haf­ten supra­na­tio­na­len Macht­struk­tu­ren aus­ge­bil­det wer­den. Das vor­ran­gi­ge Staats­ziel müs­se des­halb die Siche­rung des eige­nen Staa­tes sein, was vor­ran­gig durch die Akku­mu­la­ti­on von Macht (z. B. Wirt­schafts­kraft und mili­tä­ri­scher Stär­ke) zu gewähr­leis­ten sei. Des­halb streb­ten alle Staa­ten nach Macht; mit dem Ziel, mehr Macht als ande­re Staa­ten zu erlangen.

Dem­ge­gen­über ver­tre­ten die »libe­ra­len Inter­na­tio­na­lis­ten« die Auf­fas­sung, daß mul­ti­la­te­ra­le Mecha­nis­men ande­ren Staa­ten die Chan­ce eröff­ne­ten, ihre Inter­es­sen und Per­spek­ti­ven ein­zu­brin­gen, was die Akzep­tanz der Füh­rungs­rol­le der USA erhö­he. Die­se wer­de wei­ter­hin durch die Bereit­stel­lung »öffent­li­cher Güter« (wie der Siche­rung inter­na­tio­na­ler Han­dels­we­ge) erhöht, von denen auch ande­re Staa­ten pro­fi­tier­ten. Schließ­lich optiert die mul­ti­la­te­ra­le Denk­schu­le für die Auf­recht­erhal­tung koope­ra­ti­ver Bezie­hun­gen mit Groß­mäch­ten, womit ver­hin­dert wer­den soll, daß die­se die von den USA gepräg­te inter­na­tio­na­le Ord­nung herausfordern.

6.) Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sehen sich als Garant inter­na­tio­na­ler Sta­bi­li­tät und als »unver­zicht­ba­re« Ordnungsmacht.

Strit­tig zwi­schen bei­den Denk­schu­len ist der vor­ran­gi­ge Modus des inter­na­tio­na­len Enga­ge­ments, »das Mischungs­ver­hält­nis von Mul­ti­la­te­ra­lis­mus und Uni­la­te­ra­lis­mus«, wie es Peter Rudolf (SWP Ber­lin) genannt hat, der auch deut­lich macht, daß die Außen­po­li­tik der USA nach 1945 zunächst stark von der Idee einer mul­ti­la­te­ra­len Ord­nung gelei­tet war, sprich vom Auf­bau supra­na­tio­na­ler Insti­tu­tio­nen, deren Regeln für alle gel­ten soll­ten, womit sich die ame­ri­ka­ni­sche Hege­mo­nie von allen sons­ti­gen For­men hege­mo­nia­ler Macht­aus­übung unter­schied. Nach ame­ri­ka­ni­scher Auf­fas­sung ist die­se Füh­rungs­rol­le nicht nur im eige­nen Inter­es­se, son­dern auch in dem der meis­ten ande­ren Staa­ten, wes­halb mit Blick auf die Rol­le der Ver­ei­nig­ten Staa­ten von einem »wohl­wol­len­den Hege­mon« gespro­chen wer­den könnte.

Die Hal­tung der USA gegen­über inter­na­tio­na­len Insti­tu­tio­nen muß jedoch als ambi­va­lent bezeich­net wer­den; sie wer- den für die Durch­set­zung eige­ner Inter­es­sen genutzt, die Ein­schrän­kung der eige­nen Hand­lungs­frei­heit wird aber in der Regel abgelehnt.

7.) Die Regie­rung Oba­ma hat der Kräf­te­über­for­de­rung (Impe­ri­al overst­retch) Rech­nung getra­gen und die US-Außen­po­li­tik neu ausgerichtet.

Die außen­po­li­ti­sche Bilanz der Regie­rung Oba­ma, die im wesent­li­chen auf einen prag­ma­ti­schen Mul­ti­la­te­ris­mus unter Ein­bin­dung der trans­at­lan­ti­schen Netz­wer­ke setz­te, ist umstrit­ten; Oba­ma wird vor allem Ver­sa­gen in der Kri­sen- und Inter­ven­ti­ons­po­li­tik vor­ge­wor­fen. In der Tat setz­te Oba­ma auf Diplo­ma­tie und sah die USA nicht in der Rol­le des Welt­po­li­zis­ten, der »Schur­ken­staa­ten« mit dem »gro­ßen Knüp­pel« droht. Die Aus­wir­kun­gen der Finanz­kri­se von 2008, aber auch das Erbe des Pan-Inter­ven­tio­nis­mus der Ära Geor­ge W. Bushs im Zuge von »9 /11«, der letzt­lich eine Kräf­te­über­for­de­rung zur Fol­ge hat­te, erfor­der­ten eine Neu­aus­rich­tung der US-Außenpolitik.

Im Kern ver­folg­te Oba­ma eine Poli­tik des Off­shore balan­cing, wie es von den Poli­to­lo­gen John Mears­hei­mer und Ste­phen Walt skiz­ziert wor­den ist. Die­ses Kon­zept lenkt den Fokus der USA auf drei stra­te­gisch wich­ti­ge Regio­nen: Euro­pa, Nord- Ost-Asi­en (Stich­wort: »Pivot to Asia«) und den Per­si­schen Golf. Ziel der US-Außen­po­li­tik müs­se es sein, zu ver­hin­dern, daß in die­sen Regio­nen ein Land in einer Wei­se domi­niert, wie es im Fall der USA im Hin­blick auf Latein­ame­ri­ka der Fall ist. Die­ser Ansatz ver­zich­tet sowohl auf ei- nen mas­si­ven Mili­tär­ein­satz als auch auf eine zu star­ke inter­na­tio­na­le »Sicht­bar­keit« der USA.

8.) Die ver­deck­te Grand stra­tegy Oba­mas ver­folgt das Ziel, aus den USA ein Han­dels­im­pe­ri­um zu machen.

In sei­nem ener­gie­po­li­ti­schen Stra­te­gie­ent­wurf vom März 2011 erklär­te Oba­ma unter ande­rem, daß die Ver­ei­nig­ten Staa­ten »Markt­füh­rer in der glo­ba­len Ener­gie­wirt­schaft« wer­den müß­ten, was auf eine ver­stärk­te glo­ba­le Füh­rungs­rol­le der USA in den nächs­ten Jah­ren hin­aus­läuft. Der Fokus der USA lie­ge, so die The­se einer Stu­die von Mal­te Danil­juk, »klar auf der Schaf­fung eines Han­dels­im­pe­ri­ums«, das mit dem Bri­ti­schen Empire ver­gleich­bar sei. Im Rah­men die­ser Grand stra­tegy sei der erfolg­rei­che Abschluß eines Frei­han­dels­ab­kom­mens mit der EU (TTIP) ein wich­ti­ger Mei­len­stein, da in den USA seit Mit­te der 1970er Jah­re ein Export­ver­bot für fos­si­le Ener­gie­trä­ger besteht, das nur mit Frei­han­dels­ab­kom­men umgan­gen wer­den kann. Daß die­se Stra­te­gie impli­zit gegen Ruß­land gerich­tet ist und die ener­gie­po­li­ti­sche Abhän­gig­keit Euro­pas von Ruß­land zuguns­ten einer enge­ren Anbin­dung an die USA lockern soll, liegt auf der Hand.

9.) Sowohl Donald Trump als auch Hil­la­ry Clin­ton wer­den an Ob- amas Außen­po­li­tik anknüpfen.

Mit sei­ner Grand stra­tegy, aber auch mit der Poli­tik des Off­shore balan­cing hat Oba­ma einen Weg auf­ge­zeigt, wie die Über­deh­nung der Res­sour­cen, die zu einer wirt­schaft­li­chen und mili­tä­ri­schen Schwä­chung der USA geführt hat, zu über­win­den wäre. Trägt die­se Stra­te­gie Früch­te und kommt es zu einer wirt­schaft­li­chen Stär­kung der USA, ist ein ent­schei­den­der Schritt getan, die USA außen­po­li­tisch, aber auch mili­tä­risch wie- der stark zu machen. Alles das kommt Trumps »America-first«-Forderung und sei­nen außen­po­li­ti­schen Vor­stel­lun­gen, die grosso modo den Maxi­men einer rea­lis­ti­schen Außen­po­li­tik ver­pflich­tet sind, ent­ge­gen. Das gilt ins­be­son­de­re für sei­ne Maxi­me, der Wes­ten sol­le sei­ne Wer­te nicht durch mili­tä­ri­sche Inter­ven­tio­nen, son­dern auf der Basis sei­ner wirt­schaft­li­chen Leis­tung ver­brei­ten. Glei­ches gilt für Hil­la­ry Clin­ton, die sich wohl auf­grund ihres Kon­kur­ren­ten Trump außen­po­li­tisch ver­bal­ra­di­ka­ler als Oba­ma gibt, im Fal­le ihrer Wahl letzt­lich aber doch auf des­sen außen­po­li­ti­sche Vor­ga­ben ein­schwen­ken dürfte.

10.) Auch mit Trump als US-Prä­si­dent wird es kei­ne Rück­kehr zum Iso­la­tio­nis­mus geben.

Aus dem oben Gesag­ten folgt auch, daß es auch unter einem US-Prä­si­den­ten Trump kei­ne Rück­kehr zu einer iso­la­tio­nis­ti­schen oder semi-iso­la­tio­nis­ti­schen Poli­tik geben wird, wie das bestimm­te Augu­ren in Deutsch­land hys­te­risch an die Wand malen. Auch Trumps Aus­sa­gen, mit ihm wer­de es »kei­ne Abkom­men geben«, die »die Fähig­keit der USA«, die »eige­nen Ange­le­gen­hei­ten zu kon­trol­lie­ren, beein­träch­ti­gen« – was als Absa­ge an TTIP gele­sen wird –, sind als Wahl­kampf­ge­tö­se zu rela­ti­vie­ren. Es sind nicht nur macht­po­li­ti­sche Grün­de, die für der­ar­ti­ge Abkom­men spre­chen, son- dern auch die Inter­es­sen des trans­at­lan­ti­schen Finanz­ka­pi­tals, denen sich auch ein Trump nicht ver­wei­gern kön­nen wird. Nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann indes, daß er gegen­über dem Ruß­land Wla­di­mir Putins ande­re Akzen­te setzt.

Michael Wiesberg

Michael Wiesberg ist Lektor und freier Publizist.

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