Martin Burckhardt: Philosophie der Maschine

Eine Rezension von Tano Gerke

Mar­tin Bur­ck­hardt: Phi­lo­so­phie der Maschi­ne, Ber­lin: Matthes & Seitz Ber­lin 2018. 356 S., 28 €

Die Maschi­nen sind unse­rem all­täg­li­chen Leben so nah gewor­den, daß wir sie nicht mehr als sol­che wahr­neh­men. Sie – zumal die »smar­ten« Hand­ap­pa­ra­te – bestim­men nach­hal­tig die Struk­tur unse­res Emp­fin­dens und Han­delns und sind zu einer erwei­ter­ten Natur des Men­schen her­an­ge­wach­sen. An die­sen Sach­ver­halt knüpft der Kul­tur­so­zio­lo­ge Mar­tin Bur­ck­hardt in sei­nem jüngs­ten Titel Phi­lo­so­phie der Maschi­ne an.

Bur­ck­hardt möch­te auf die Vor­be­din­gung in unse­rem Den­ken durch die Maschi­ne hin­wei­sen. Die Eta­blie­rung der­sel­ben in unse­rem All­tag ver­än­dert die Grund­la­ge des mensch­li­chen Daseins, des­halb wird eine neue Auf­klä­rung benö­tigt, die die­sen Sach­ver­halt in das Bewußt­sein der Men­schen rückt, so Bur­ck­hardts The­se. Dabei wehrt er sich eben­so gegen Heils­ver­hei­ßun­gen, die in dem Kon­zept der Sin­gu­la­ri­tät zusam­men­lau­fen, wie gegen die apo­ka­lyp­ti­schen Unter­gang­sze­na­ri­en, in denen der Mensch hin­ter der Tech­nik voll­ends verschwindet.

Auf dem Gebiet der Kul­tur­ge­schich­te der Maschi­ne ist Bur­ck­hardt aus­gie­big erprobt. In vor­he­ri­gen Schrif­ten the­ma­ti­sier­te er die Fra­ge, wie durch ein ursprüng­lich mensch­li­ches Arte­fakt die digi­ta­le Moder­ne ent­ste­hen konn­te. Bereits in Digi­ta­le Renais­sance: Mani­fest für eine neue Welt (2014) for­der­te Bur­ck­hardt aber auch dazu auf, die Maschi­ne nicht zu feti­schi­sie­ren, son­dern zu ver­ste­hen, um sie danach als Bestand­teil unse­res Leben zu akzep­tie­ren. Wer hier also eine rein kul­tur­pes­si­mis­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit der Maschi­ne erwar­tet, wird im posi­ti­ven Sin­ne enttäuscht.

Um wei­te­re Zwei­fel aus dem Weg zu räu­men: Trotz eines durch­aus von Mar­tin Heid­eg­ger beein­fluß­ten Tech­nik­ver­ständ­nis­ses geht es Bur­ck­hardt nicht um das Wesen der Tech­nik. Viel­mehr ori­en­tiert er sich an der Fra­ge, was das für eine Maschi­ne sei, die so nach­hal­tig auf die Gedan­ken­welt des  Men­schen  ein­wir­ke. Vor allem die Kon­struk­ti­on eines glo­ba­len Ord­nungs­sys­tems beein­flus­se sicht­bar  unse­re  unmit­tel­ba­re Lebens­welt und ver­än­de­re somit auch das Bewußt­sein des Menschen.

Daß die­se Ent­wick­lung durch die abend­län­di­sche Phi­lo­so­phie,  ins­be­son­de­re durch Des­car­tes, begrün­det wur­de,  ent­geht  Bur­ck­hardt selbst­ver­ständ­lich nicht. Da die Maschi­ne aber einen uner­schöpf­li­chen Mög­lich­keits­raum eröff­net und damit stets über sich hin­aus deu­tet, über­steigt sie ihren eige­nen Ursprung und zeigt sich als die Ver­wirk­li­chung einer Utopie.

Bur­ck­hardt lie­fert kein linea­res Essay für eine Defi­ni­ti­on der Phi­lo­so­phie der Maschi­ne, obgleich er sich stets an sei­ner Aus­gangs­fra­ge ori­en­tiert. Viel­mehr lebt das Buch von einer gro­ßen Gelehr­sam­keit und einer Rei­he von Exkur­sen, die eben­so durch die Geschich­te der abend­län­di­schen Phi­lo­so­phie wie ihrer Mytho­lo­gie füh­ren. Fast apho­ris­men­ar­tig streut Bur­ck­hardt sei­ne eige­nen  Gedan­ken in den Text.

Weni­ger  ein  kla­res Kon­zept begeg­net uns, als Denk­an­stö­ße für wei­te­re  Fra­gen  an die Maschi­ne. Aus kon­ser­va­tiv-iden­ti­tä­rer Per­spek­ti­ve wäre eine mög­li­che Fra­ge, wie sich in Zukunft die par­ti­ku­la­re Kul­tur mit einer glo- bal­um­span­nen­den Ein­heits­kul­tur ver­ein­ba­ren läßt. Die Maschi­ne zu igno­rie­ren ist nicht mehr mög­lich – muß sie dadurch zwangs­läu­fig zum Aus­gangs­punkt unse­res Den­kens werden?
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Mar­tin Bur­ck­hardts Phi­lo­so­phie der Maschi­ne kann man hier bestel­len. 

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