14. November
Ein guter Freund schreibt mir heute:
Ein witziges Fundstück. Ich bin gerade zu Google Translate gegangen, um das rumänische Wort für “aufstehen” zu suchen. Dabei werden mir zwei Treffer angezeigt. Einmal “a ridica” für “aufstehen”.… Und dann?.… “se opune instigării de dreapta” für “Aufstehen gegen rechte Hetze”.
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15. November
Deutschland ist bunt, Gottseidank! Ein Hoch auf die Mentalitätsunterschiede! Ich bin schon an der Papiermülltonne, da sticht mir ein älterer ZEIT-Artikel (31. 10. 2018) ins Auge, den ich nun nachlese, Überschrift, in dicken Lettern: „AUCH EIN kleiner Nazi KANN EIN GUTER FACHARBEITER SEIN“.
Genau so wird ein sächsischer Schulleiter zitiert, nämlich im Abschlußbericht des 2015 begonnenen Modellprojekts mit dem wunderbaren Titel „Starke Lehrer – starke Schüler“. Initiiert hat es die Robert-Bosch-Stiftung gemeinsam mit dem sächsischen Kultusministerium.
Im Rahmen dessen sollten 25 Berufsschullehrer „gecoacht“ werden, damit sie „Strategien entwickeln im Umgang mit rechtsextremen Schülern“. Nur drei davon wollen nun, drei Jahre später, ihr erlerntes Wissen an Kollegen weitergeben.
Einer erklärt, er habe nun „eine Art Hobby“, nämlich, „an Pinnwänden, Garderoben, Waschbecken und in unauffälligen Ecken seiner Schule nach Aufklebern und versteckten Hinweisen zu suchen“ und solche dem Hausmeister zu melden. Schönes Hobby, guter Mann!
Und die anderen Lehrer? Haben aufgesteckt. Unverschämterweise gebe es noch immer Schulen ohne klare Kleiderordnung, in denen auch das Tragen bestimmter Schuhe (welcher denn?) reglementiert werde.
Manche sächsischen Lehrer (man reibt sich in der Tat die Augen!) kämen mit der Ansage „ich unterrichte keine Migranten“ tatsächlich „immer noch durch“.
Andere Lehrer (gegen-rechts-Lehrer) sähen sich Anfeindungen im Kollegium ausgesetzt. In vielen Fällen herrsche ein „akzeptierender Umgang“ mit „ausgrenzenden und menschenverachtenden Positionen“; dort sei man der Meinung, erst bei „manifestem Extremismus“ eingreifen zu müssen – ergänze: noch nicht bei den falschen Schuhen.
Etliche Lehrer, so wird hier, in der ZEIT, in kaltentsetztem Ton vorgetragen, hielten unbotmäßige Standpunkte ihrer Schüler für einen „Ausdruck der Suche nach Orientierung“ und den „Versuch der Bewältigung schwieriger Lebenslagen“.
Wohlgemerkt, das sagen jene Lehrer, die sich gern „gegen rechts“ schulen lassen wollten! Viel schlimmer noch stehe es um jene Kollegen, die etwa offen bekundeten: „Pegida? Wieso, ich lauf da mit, aber deshalb bin ich doch kein Nazi!“ Teile der Kollegien, das wurde im Rahmen des „krassen Lernprozesses“ klar, verträten offensiv rechtspopulistische Positionen. Pah. Sachsen. Krass bunt.
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16. November
Habe den Tag allein mit der Kleinsten verbracht. Momentan sind orakelhafte / magische Spielchen (es gibt bestimmt ein Fachwort dafür?) angesagt, dieser Art: Wir müssen es schaffen, mit weniger als 500 Schritten am Altglascontainer zu sein! Oder: Immer, wenn die Baumreihe (beim Spaziergang) unterbrochen ist, müssen wir die Luft anhalten! Oder: Wer die Uhrzeit am besten schätzt, hat gewonnen!
Dazwischen finden auch normale häusliche Aktivitäten statt, Quittenbewältigung zum Beispiel; das Radio läuft. Wir unterhalten uns über Radiothemen. Für was steht und stand eigentlich die SPD, was ist mit den Dieselfahrverboten, was ist das Gendersternchen, warum heißt es Kultusministerium? Die Jüngste ist ein dankbares Streberkind, das alles wissen will.
Das große Thema beim Zähneputzen: die Spendenaffäre.
Am Abend, beim Beten bestimmt sie: „Und jetzt beten wir noch für alle, die uns einfallen! So lange, bis uns … fünf Sekunden lang keiner mehr einfällt. Aber immer im Ernst, also aus ganzem Herzen!“
Na klar. Es geht los mit Papa und allen Geschwistern, dann die Opas, Omas, Tanten, Onkel, Lehrer usw., ein Ultragebet, eine Allerweltslitanei der Nächsten. Ich freue mich, daß bei ihr auch nicht so sehr geliebte Klassenkameradinnen drunter sind. Sie nennt den Fußballtrainer, ich die Nachbarin.
Langsam wird es langsamer. Dann sie: „Und für Alice Weidel!“ Ich: „Oh, dann bin ich erstmal… baff!“ Sie, stakkato: „Wegen der Spendenaffäre, und jetzt, Mama, schnell! Fünf Sekunden! NagutdannochmalichAngelaMerkelaberimErnst!“
Der_Juergen
Darf ich statt des geschätzten Maiordomus mal den Oberlehrer spielen? "Aufstehen" im Sinn von "sich aus dem Bett erheben" heisst auf rumänisch "a se scula". "A ridica" bedeutet u. a. "aufheben". "Gegen etwas aufstehen" ist allerdings mit "a se opune" (= sich widersetzen) richtig wiedergegeben.
Ansonsten ist der Artikel wie alles von Ellen Kositza höchst vergnüglich.