Zwei Ereignisse dominierten die politischen Nachrichten der Woche, beide haben sie irgendwie mit uns zu tun und irgendwie nicht. Da war zum ersten der Angriff auf ein Wahlkreisbüro der AfD in Döbeln, durchgeführt nach heute schon fast archaischen Standards: Ein Sprengsatz bei Nacht – Großer Knall, große Wirkung.
Zum zweiten war da der Datenleak, der auf dem Twitteraccount eines selbsternannten “G0d” veröffentlich wurde, einmal mitten ins politisch-mediale Establishment plautzte und seitdem die Schlagzeilen bestimmt. Auch hier: Großer Knall, große Wirkung, allerdings etwas zeitversetzt, denn ein Großteil der Veröffentlichungen stammte aus dem vergangenen Jahr, oder war inhaltlich noch älter.
Die zwei Angriffe haben, so unterschiedlich sie auch sein mögen, eines gemeinsam: Sie stammen aus den chaotischen Submilieus der jeweiligen politischen Lager. Allerdings: Einer von ihnen tut definitiv mehr weh als der andere.
Wer die Nachrichten-Hektik, die empörten Verurteilungen und das hysterische Aufgrunzen nach den nächsten Regulationsgesetzen in Politik und Feuilleton einmal tief einatmet merkt: Sie haben Angst. Ja, sie haben sogar richtig Schiß.
Die Bigotterie in diesem Gezeter, das aus dem Mund von Menschen kommt, die (auch was den Schmuddelkram angeht) qualitativ deckungsgleiche Veröffentlichungen aus AfD-Chats, Fotos von Alexander Gauland in Badehose, oder die vermeintliche Überwachung der Familie Höcke durch das Zentrum für politische Schönheit noch hämisch belächelten, brauche ich nicht groß auszuschmücken, sie tritt immer evidenter zutage.
Jetzt hat einer den Spieß mal umgedreht und die Erkenntnis, die wir aus der ganzen Sache gewinnen müssen, ist tatsächlich so interessant wie schrecklich: Die Sensationsräder der Spektakelgesellschaft drehen inzwischen so schnell durch, daß Vetternwirtschaft, Korruption, oder rücksichtsloser Lobbyismus einfach nicht mehr skandalös genug sind, um ernsthaft darüber zu stolpern, ja nicht einmal um diesen Leuten einen Schrecken einzujagen.
Es muß schon die höchstpersönliche Leiche im Keller, oder die Schweinerei aus dem Schlafzimmer (wahlweise dem eigenen, oder einem fremden) sein, an der sich die Leute verschlucken. Erst in so einem Moment scheinen manche wirklich zu bemerken, wieviel Integrität die Menschen, die die Geschicke unseres Landes auf den Spendengalas der Republik verhandeln und längst zu “Promis” geworden sind, schon verloren haben.
Am Ende konnte es vielleicht auch gar nicht anders laufen. Mit ihren Twitter-Profilen und Instagram-Stories, in ihrer Kumpanei mit den Böhmermanns, Grönemeyers und Bonos der Welt haben sie ihre politische Souveränität den Gesetzen des Sensations-Marktes unterworfen, welche jetzt über den einen oder anderen ihren ganz privaten Urteilsspruch gefällt haben.
Gewinnen können am Ende wohl nur die, die nicht zur Gala eingeladen worden sind. Wir wissen: Sie hätten ohnehin keine Zeit, denn sie fegen gerade mit den eigenen Händen die Scherben in ihren Wahllokalen oder Wohnzimmern zusammen und lächeln dabei in sich hinein.
Das letzte Glas des schon schalen Neujahrs-Schampus helfe ich mir daher aufs Wohl des bösen Stöberers hinter, der auch nichts anderes machte, als das was unsere Feinde uns täglich auf den Hals wünschen. Prosit Neujahr!
Lotta Vorbeck
Prosit Neujahr, Herr Wessels!