8. Januar
Kind: „Manchmal krieg ich im Unterricht echt Zahnschmerzen, weil ich so fest zusammenbeißen muß!“
Was war los?
„Herr T. [Sozialkundelehrer, EK] hat zum Thema zivilgesellschaftliches Engagement gesagt, daß Gewalt eigentlich gar nicht gehe. Allerdings sei im Kampf gegen Rechts jedes Mittel legitim und, Zitat, ehrenwert.“ Wir stocken, staunen, überlegen. „Vor der Causa Magnitz oder danach?“ – „Vor.“
Naja, macht das überhaupt einen Unterschied?
Anderes Kind: „Hat er wirklich ‚rechts´ gesagt, und ‚ehrenwert´?“ – „Ja.“- „Na, dann stell dich hin. Und sag: Ich bin rechts. Schlagen Sie zu, wenn Sie ein Ehrenmann gemäß Ihrer Definition sind.“
Ich nehme dem anderen Kind ab, daß es genau das getan hätte.
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9. Januar
Ich habe vermutlich schon mal erzählt, daß unsere Kinder gewisse Eigenheiten aufweisen, bei deren Zutagetreten wir uns mit erhobener Augenbraue anschauen und uns gegenseitig zuzischen: „Your blood!“
Daß wir gelegentlich englisch reden, rührt noch aus Zeiten, in denen unsere Kinder diese Sprache noch nicht besser beherrschten als wir. „Your blood!“ hieß dann: Herrje, d a s sind definitiv D e i n e Gene!“
Wenn ein Kind sehr gern Witze erzählt (und sich überhaupt solche in Vielzahl merken kann), ist das entschieden h i s blood. Ich hingegen kann mit konventionellen Witzen selten was anfangen.
Tochter heute: „Was passiert, wenn eine Schwarzhaarige gegen die Wand läuft? Die Wand kippt um – der Klügere gibt nach!“
Oh. Hahaha. Was soll daran jetzt witzig sein?
Kleine Tochter: „Naja…. Die Mama hat gesagt, wer Blondinenwitze macht, schneidet sich ins eigene Fleisch. Deshalb kann man das doch einfach umändern?“
Ja, wahnsinnig toll – fand nur Kubitschek. Hinterher habe ich entdeckt, daß es auf wikipedia einen eigenen, politisch korrekten Eintrag „Blondhaarigenstereotype“ gibt. Da hab ich nachgelacht – ob das noch gilt?
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10. Januar
Ich hätte nicht gedacht, daß d a s zu einer Kontroverse führt! Seit kurzem gucke ich mit den Kindern die Tagesschau. Dahinter stehen keine komplizierten pädagogischen Überlegungen.
Gut. Wir sind aus Überzeugung & Tradition ein fernsehfreier Haushalt. Bei Kubitschek hat das seit 48 Jahren Tradition, bei mir seit 45.
Ich bin ein wenig radiosüchtig, wohingegen Kubitschek ausschließlich auf Bücher und Audiobooks setzt.
Seit ein paar Wochen also wird Tagesschau geguckt, und es ist toll. Die Kinder reißen an manchen Stellen die Augen auf und machen an anderen sarkastische Bemerkungen, und hinterher wird meist kurz diskutiert, der Atlas oder das Geschichtsbuch aufgeschlagen.
Sowohl die mittlerweile außerhäusigen Kinder als auch Kubitschek sind skeptisch. Sie sagen: „Indoktrinat!“, ich: „Den Tiger reiten!“
Heute saß ich mit den Kleinen „eine Minute vor um“, wie man hierzulande sagt vor dem Laptop. Es lief noch ein allerletzter Werbeclip. Es ging über Durchfall und Blähungen. Ein Mann sprach (klar, aus Werbegründen) ganz offen über seine Eingeweide und entsprechende Probleme. Kubitschek lief gerade durch die Küche, schaute kurz hin und wieherte los: „Nein! Der Leo!! Daß der Per Leo sich für so was hergibt!! Göttlich… Zum Schießen!“
Ich stutzte kurz. Aber ich glaube: Das ist wirklich „mit Rechten reden“-Per Leo! Sachen gibt’s! Muß wohl.
Caroline Sommerfeld
Kind kam gestern mit einem Arbeitsblatt aus dem Fach "Persönlichkeitsbildung" heim. Es ging um "Geschlechterstereotypen". Erstmal Korrektur: das heißt "Stereotype", auch wenn's um "Typen" und Tussis geht. Kind:"Also, nach der fünften Stunde zu diesem Thema hab ich's satt. Da zeigen immer noch Kinder auf und sagen: 'Aber das stimmt doch gar nicht, ich hab nie mit Puppen gespielt'. Ja, ich glaub, weil die das nicht checken, was ein Stereotyp ist, ist das dann auch leicht, daß sie alle glauben sollen, wenn wir die Stereotype abschaffen, sind die Geschlechter gleich." Kind schaut gern YouTuber, die Netzfeministinnen verbal verhackstücken, also kann ihm diese Lektion Persönlichkeitsbildung nichts anhaben. "Was denn nun? Da steht 'Damit keine Vorurteile entwickelt werden, bemühen sich etwa immer mehr Mütter und Väter zu zeigen, dass Mädchen nicht immer lieb und brav sein müssen und Jungen auch ruhig Gefühle zeigen dürfen.' Oh Mann, klar, heute wollen sie, daß a l l e brav sind und 'sozial' und so, und dafür, daß Jungen männlich sind und nicht heulen, dafür sorgen schon die anderen Buben!" Ich sagte es bereits: das Arbeitsblatt schadet ihm nicht.