Mit der AfD ist erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die flächendeckende parlamentarische Verankerung einer Partei rechts der Mitte gelungen. Inzwischen verfügt die AfD in allen Landtagen und im Bundestag über Abgeordnete und teils große Fraktionen. Obwohl auch in der Politik der alte Grundsatz gilt, über Geld besser nicht zu sprechen, sondern es zu haben, sollte dieses Thema zum ausdrücklichen Wohle der AfD einmal explizit angesprochen werden:
Viele Hundert Abgeordnete und Mitarbeiter sind inzwischen hauptamtlich für die AfD tätig. Allein die Bundestagsfraktion und ihre Abgeordneten verfügen zusammen jedes Jahr über einen mittleren zweistelligen Millionenetat für Personal- und Sachkosten. Den größeren Landtagsfraktion stehen ebenfalls jährliche Summen in Millionenhöhe zur Verfügung, ebenso wie in Kürze einer starken EU-Delegation.
Die Partei selbst kommt laut dem zuletzt veröffentlichten Rechenschaftsbericht auf Gesamteinnahmen von knapp 15 Millionen pro Jahr. Zusätzliche Ressourcen erschließen sich der AfD beim erst am Anfang stehenden Aufwuchs auf kommunaler Ebene. Und nicht zuletzt werden die Karten in finanzieller Hinsicht noch einmal völlig neu gemischt, sobald die staatliche Finanzierung für die neue Parteistiftung anläuft. Realistische Schätzungen aufgrund der bisherigen Wahlergebnisse gehen dann von jährlich bis zu 70 Millionen Euro für die Desiderius-Erasmus-Stiftung aus.
Das sind riesige Summen, die bis auf den letzten Cent bitter nötig sind im Kampf gegen einen an Mitteln und Ressourcen vielfach überlegenen Gegner. Die etablierten Parteien und ihre Parteistiftungen sowie die von ihnen dominierten öffentlich-rechtlichen Medien werden auch in ein paar Jahren ein Goliath sein, der vom David AfD nur bei bestmöglichen und intelligentesten Einsatz seiner Mitteln in die Knie gezwungen werden kann.
Was ist damit nun genau gemeint? Um es vorweg zu nehmen: natürlich nichts, was den gesetzlichen Vorschriften und Regularien für die Fraktions- und Parteienfinanzierung zuwiderlaufen würde. Hier muss jeder in der AfD beherzigen, daß der Gegner begierig auf die geringsten Verfehlungen wartet und diese sofort massiv ahnden und medial ausschlachten würde. Erste Beispiele dafür gibt es ja leider schon.
Aber auch unter Berücksichtigung sämtlicher Vorschriften könnte mehr als bisher getan werden, um neben der reinen Parlaments- und Parteiarbeit auch das politische Vorfeld der AfD zu stärken. Mit parteinahem Umfeld sind zum einen patriotische Bürgerinitiativen und Demobündnisse, zum anderen die vielfältige alternative Medienlandschaft in Abgrenzung zu den Mainstreammedien gemeint. Also sowohl klassisch “rechte” Zeitungs- und Zeitschriftenprojekte, aber in noch stärkerem Maße Internetmedien sowie Blogs und “Influencer” als patriotischer Resonanzraum im “Social Web”.
Deren Stärke ist es – im Gegensatz zur offiziellen AfD-Öffentlichkeitsarbeit – Themen überparteilich und journalistisch aufbereitet aufgreifen zu können. Dabei erreichen diese Multiplikatoren auch viele Menschen, die für reine Partei-PR unzugänglich sind, aber dennoch häufig zum produktiven aktivistischen AfD-Umfeld und zur blauen Kernwählerschaft gehören. Und wie wichtig die Pflege der eigenen Stammkundschaft ist, sollte gerade die AfD mit Blick auf das Schicksal der CDU immer gut vor Augen haben.
Dieser Umstand ist vielen in der AfD durchaus bewußt, und deshalb ist es bereits zu zahlreichen Formen der politischen Vorfeldpflege gekommen – von Medienpartnerschaften und privilegierten Zugängen bis hin zur Einstellung von Personen, die neben ihrer neuen beruflichen Tätigkeit für die AfD in ihrer Freizeit weiter ehrenamtlich in solchen patriotischen Zusammenhängen außerhalb der Parteistrukturen aktiv sind.
Allerdings erscheinen die bisher getroffenen Maßnahmen durchaus ausbaufähig. Viel zu oft wird das Privileg, hauptberuflich für “die Sache” tätig sein zu dürfen, bereits als Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Andere erkennen noch nicht einmal das Privileg als solches. Stattdessen greifen leider auch Besitzstandsdenken und Dienst nach Vorschrift bei guten, teils sogar hervorragenden Gehältern um sich, während viele ehrenamtliche Aktivisten außer Unannehmlichkeiten nichts zu erwarten haben.
Das könnte auf Dauer für Verbitterung und eine Lähmung der außerparlamentarischen Bewegung sorgen. Doch wenn das parteinahe Umfeld der AfD geschwächt würde, so hätte das auch für die AfD selbst spürbare Auswirkungen. Denn eine Partei, die über wesentlich schlechtere Zugänge zu den klassischen Massenmedien und Transmissionsriemen der Macht verfügt als ihre Mitbewerber, ist natürlich in noch viel größerem Umfang auf eine motivierte Basis und ein aktivistisches Umfeld angewiesen.
Was ist zu tun? Möglichkeiten gäbe es viele, die zum Teil bereits genutzt werden, wenn auch insgesamt in zu geringem Maße. Denn was hindert Fraktionen und Abgeordnete eigentlich daran, bei der Einstellung fachlich qualifizierten Personals öfter als bisher auf deren ehrenamtliches außerparteiliches Engagement zu schauen oder zu versuchen, schon vorhandene Mitarbeiter zu solchen Tätigkeiten zu ermutigen?
Gäbe es nicht zahlreiche erfahrene Mitstreiter in diesem Milieu, deren Expertise als bezahlte Sachverständige, Referenten und freie Mitarbeiter abgerufen werden könnte? Sind die Möglichkeiten für offizielle Anzeigenschaltungen in parteinahen Print- und Internetmedien wirklich schon auf breiter Front ausgeschöpft? Gäbe es nicht sogar mittelfristig die Option, analog zur SPD auf dem Zeitungsmarkt, als AfD in Internetmedien zu investieren?
Nur einige Fragen zu einer vielschichtigen Materie, die im Detail nicht unbedingt in einer Diskussion coram publico ausbuchstabiert werden sollte. Allerdings ist ein kleiner öffentlicher Denkanstoß zu Beginn vielleicht ganz hilfreich.
cnahr
Die AfD müsste und sollte. Das ist alles richtig, doch was tun, wenn die AfD das nicht hören will? Aus meiner Sicht ist es wichtig, das mögliche Vorfeld direkt zu stärken, etwa durch Spenden an EinProzent. Wenn das Vorfeld stark genug ist, wird die AfD nicht daran vorbei kommen — oder eine neue Partei wird sie ersetzen. Kulturwandel wird nicht primär durch Parteien verursacht, diese sind vielmehr sein Ausdruck. Das Ziel sollte sein, der AfD einen solchen Kulturwandel als Versprechen und Drohung vor Augen zu stellen.