Sonntagsheld (97) – Treue Früchte finden Sie…

...beim Kolonialwarenhändler Ihres Vertrauens.

Sie könn­ten es so ein­fach haben, mäßig­ten sie sich nur ein wenig” – alle paar Tage über­kommt mich der Drang die­sen Satz – der übri­gens für uns Rech­te nicht gilt – unse­ren lin­ken Gegen­parts ins Stamm­buch zu schreiben.

Man ist ja nicht nur Akti­vist, oder Publi­zist, son­dern auch Mensch, oder? Und wenn man ein­an­der über Jah­re hin­weg immer wie­der abklopft, sei es im Netz, oder auf der Stra­ße, dann wird auch das schwär­zes­te Herz irgend­wann ein­mal von Mit­ge­fühl gepackt; zum Bei­spiel dann, wenn eine lin­ke Opfer­kam­pa­gne mal so rich­tig vor die Wand fährt.

Eigent­lich läßt sich ein ganz simp­ler Ver­gleich auf­ma­chen: Man stel­le sich vor, die Netz­ge­mein­schaft (, denn nur die bekommt den gan­zen Unsinn über­haupt mit) hät­te ein eige­nes Empö­rungs­or­gan, des­sen viel­fäl­ti­ge ero­ge­ne Zonen nur dar­auf war­ten mit dem neu­es­ten Skan­däl­chen lust­voll trak­tiert zu werden.

Für den ste­ti­gen Nach­schub an Sti­mu­la­tio­nen ist wei­test­ge­hend gesorgt, denn auf dem Weg zu wahl­wei­se befrei­ten oder offe­nen Gesell­schaft (beson­ders her­zig ist es, wenn die­se Kon­zep­te auf Tuch­füh­lung mit­ein­an­der gehen, etwa in der Leip­zi­ger Lin­ken­ab­stei­ge “Con­ne Island”) har­ren noch vie­le “mar­gi­na­li­sier­te Men­schen­grup­pen” der frei­heits­brin­gen­den Tas­ta­tur­fin­ger der Netzaktivisten.

Und genau da fängt das Pro­blem ja schon an: Wo kei­ne Hier­ar­chie sein darf, müs­sen alle Min­der­hei­ten auf ein­mal “befreit” und “empowered” wer­den, zumal ja auch immer wie­der neue dazu­kom­men. Das sorgt natür­lich für ein unan­ge­neh­mes Trom­mel­feu­er auf die Empö­rungs­epi­der­mis und für eine zuneh­men­de Über­for­de­rung des zwei­fels­oh­ne immer noch gro­ßen Sym­pa­thi­san­ten­stam­mes, der nicht ver­steht, war­um jetzt auf ein­mal trans­bi­nä­re POCs auf dem Tableau ste­hen, wo doch die Arbei­ter­eman­zi­pa­ti­on noch gar nicht abge­schlos­sen ist?

Die Fol­gen sind bekannt: Den­sen­si­bi­li­sie­rung, Abstump­fung und letzt­end­lich Erschlaf­fung. Genau die­se letz­te Pha­se trat ein, als man sich mit dem Saft-Her­stel­ler “true fruits” eine Fir­ma mit einer raf­fi­nier­ten PR-Abtei­lung vor­nahm, wel­che bereits Stamm­gast im Faden­kreuz der Dau­er­em­pör­ten war.

Ich erspa­re mei­nen Lesern den vol­len Umfang der anti­fa­schis­ti­schen Aus­las­sun­gen und beschrän­ke mich auf Ein­zel­zi­ta­te. Wer am Ende nicht geschmun­zelt hat, der bekommt von mir bei der nächs­ten Som­mer­aka­de­mie einen “true fruits”-Smoothie ausgegeben.

“Im fol­gen­den fin­den Sie eine Aus­wahl der Tex­te, die true fruits auf ihre Fla­schen druckt und die in den genann­ten Unter­neh­men erhält­lich waren oder sind. Teil­wei­se waren/sind besag­te Slo­gans nicht auf die Fla­schen selbst gedruckt, wur­den aber als Wer­be­slo­gans von true fruits ver­öf­fent­licht. Die Dis­kri­mi­nie­run­gen erge­ben sich dem­nach nicht rein aus den ver­trie­be­nen Pro­duk­ten, son­dern ent­ste­hen teil­wei­se erst im Kon­text der Vermarktung.

autis­ti­sche Lie­be zum Detail” (Ableismus/ Behindertenfeindlichkeit)

Abge­füllt und abge­schleppt.” (Ver­herr­li­chung und Ver­harm­lo­sung von sexu­el­ler Gewalt)

Du Man­go.” (Ableismus/ Behin­der­ten­feind­lich­keit, da Bezug zur Belei­di­gung „Mon­go“)

Schafft es sel­ten über die Gren­ze.” (Wer­be­slo­gan zu einer schwar­zen Flasche/ Rassismus)

Quo­ten­schwar­zer” (Wer­be­slo­gan zu einer schwar­zen Flasche/Rassismus)

Schwar­ze Fla­schen bewor­ben mit dem Spruch “Unser Quo­ten­schwar­zer” sind nicht etwa Humor oder Sar­kas­mus, wie true fruits behaup­tet. Es ist Ras­sis­mus. Obwohl das Vor­han­den­sein von ras­sis­ti­schen Macht­struk­tu­ren wis­sen­schaft­lich belegt ist, behaup­tet true fruits auf Kri­tik hin, daß “die­ser nur in Köp­fen der Kritiker_innen exis­tie­ren wür­de”.

Ist schon lus­tig, oder? Nicht? Oder doch? Wie auch immer, so rich­tig gut, wird die Geschich­te erst, wenn man sich die Reak­ti­on des Geträn­ke-Her­stel­lers durch­liest, der ein umfas­sen­de Stel­lung­nah­me unter der Über­schrift “Ja, wir sind dis­kri­mi­nie­rend.” ver­öf­fent­lich­te.

Auch hier erlau­be ich mir eine par­ti­el­le Zita­ti­on, der vol­le Text fin­det sich hier inklu­si­ve dem obli­ga­to­ri­schen Tole­ranz­ab­laß (“Wir fin­den Ras­sis­mus genau­so zum Kot­zen, wie alle For­men der Diskriminierung”):

“Und wenn nun genau die­se Grup­pe von dum­men Men­schen (ganz egal ob weiß, schwarz, weib­lich, männ­lich, hete­ro- oder homo­se­xu­ell, mit Holz­bein oder Sprach­feh­ler) meint ohne mal kurz nach­zu­den­ken mit bren­nen­der Mist­ga­bel auf die digi­ta­len Bar­ri­ka­den gehen zu müs­sen und wie ein pöbeln­der Mob Het­ze gegen uns zu betrei­ben, ja dann sen­den wir ihnen eben ein kräf­ti­ges „Fuck you!“. Was sol­len wir auch ande­res tun, denn Intel­li­genz läßt sich nun mal schwer versenden!

Grund­sätz­lich möch­ten wir Euch aber dar­auf hin­wei­sen, daß wir auch zukünf­tig Wer­bung betrei­ben wer­den, die ein gewis­ses Maß an Intel­li­genz und Humor vor­aus­set­zen wird. Ihr wer­det bei uns also immer wie­der auf die­ser Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on sto­ßen, die dum­me Men­schen falsch ver­ste­hen könnten. 

Aber wir wol­len nicht nur spal­ten, son­dern haben uns kon­struk­tiv mit der Kri­tik aus­ein­an­der­ge­setzt. Daher haben wir uns ent­schie­den, zukünf­tig jeg­li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on, die wir betrei­ben, zum Schutz einer ver­meint­li­chen Min­der­heit (den Dum­men), mit dem Warn­hin­weis „Ach­tung, die­se Wer­bung könn­te von dum­men Men­schen miß­ver­stan­den wer­den!“ zu versehen.

Wir hof­fen damit unse­rer Für­sor­ge­pflicht als guter Saft­la­den gerecht zu wer­den und ver­su­chen dadurch die­se Art der Dis­kri­mi­nie­rung zu entschärfen.” 

Bevor jetzt einer kräht: Ja, true fruits sind kein rech­tes Unter­neh­men. Rich­tig, die Fir­ma hat in einer Kam­pa­gne die Ein­wan­de­rungs­po­li­tik der öster­rei­chi­schen ÖVP-FPÖ-Regie­rung kri­ti­siert, aber das ist ja das Schö­ne am Rechts­sein: Wir kön­nen über soet­was hin­weg­se­hen, wenn es dar­um geht zum Sonn­tag­abend etwas zum Lachen zu haben.

Wir wis­sen: Rechts sein, das heißt nichts ande­res, als grup­pen­be­zo­gen men­schen­freund­lich zu sein. Und genau das kön­nen sie nicht ertragen.

 

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Kommentare (7)

Niekisch

24. Februar 2019 18:53

"true fruits"....wahre Früchte, da fällt mir zum Werben was anderes ein:-)

Laurenz

24. Februar 2019 20:30

Wir könnten aus Diskrimierungsvermeidungsgründen auch den degenerierten Rheinländischen Karneval abschaffen, der besonders in Mainz, aufgrund der ZDF-Nähe immer weiter abflacht. Immerhin wird auf den Straßen die französische Besatzungsmacht bis heute verunglimpft. In der TV-Sendung "Mainz, wie es stinkt & kracht", traut sich keiner mehr Witze auf Kosten anderer, außer Rechten natürlich, rauszulassen(, wie gut, daß es die noch gibt). Natürlich stehen manche privilegierte Menschen darüber und können sich alles erlauben, sogar für Geld im Bezahlt-Speigel ihre Kolumnen abzulassen....und Harald Schmidt ist Satire? Sicher nicht. "Der hat Neger gesagt" https://youtu.be/IUbNg0ifKqA

Johannes Poensgen

24. Februar 2019 21:30

Habe nicht geschmunzelt sondern gelacht.

Bin damit anspruchsberechtigt auf einen "true fruits"-Smoothie bei der nächsten Sommerakademie.

quarz

25. Februar 2019 10:22

"Rechts sein, das heißt nichts anderes, als gruppenbezogen menschenfreundlich zu sein. Und genau das können sie nicht ertragen."

Weil sie, um einmal die edelsten Motive zu unterstellen, befürchten, eine Verengung des Freundlichkeitsradius auf spezifische Gruppen würde der allgemeinen Menschenfreudlichkeit Abbruch tun.

Durchaus prominente Ethiker (wie z.B. Alasdair MacIntyre) vertreten aber im Gegenteil die These, dass eine gruppenbezogene Menschenfreundlichkeit notwendige Voraussetzung für eine generelle Menschenfreundlichkeit ist, weil die moralischen Konstituenten, die Letztere ermöglichen, nur im Rahmen einer spezifischen kulturellen Gemeinschaft erlernt werden können. Erst wenn man zu den eigenen Leuten freundlich ist, kann(!) man ein Menschenfreund werden.

Laurenz

25. Februar 2019 11:23

@quarz .... so kann man es auch ausdrücken. Wobei die Ethik im Menschsein, dem Dasein eines Raubtiers und Primaten, durch sogenannte Ethik etwas arg glatt gebügelt und widernatürlich empfunden werden kann. Warum sollte man zu Menschen freundlicher sein als zu Maulwürfen im eigenen Garten?
Die wesentliche Begrenzung des Menschen ist vordergründig seine Wahrnehmung. Mehr Menschen persönlich wahrzunehmen, als eine Dorfgemeinschaft, also so ca. 200 Menschen, ist ihm nicht vergönnt, jede Menschenliebe darüber hinaus, ist gestunken und gelogen, wenn wir von Ausnahmefällen der Massenphänomene mal absehen in denen der Mensch über sich hinaus ein größeres Wesen bildet. Nur mit Menschen, die man persönlich wahrnimmt, kann man eine (Werte-) und soziale Gemeinschaft leben. Alles darüber hinaus bleibt abstrakt. In Deutschland sterben jeden Tag ca. 2.500 Menschen. Man kann weder für alle beten, noch allen Familienangehörigen Mitgefühl bekunden, dasselbe gilt desweiteren im positiven Sinne dann zusätzlich noch für glückliche Geburten.
Daß die Abstraktion bis zu einem gewissen Grade im Alltag brauchbar wurde, mag durch die historischen Städtegründungen und ihrer bürgerlichen Organisation möglich geworden sein, findet aber auch irgendwann eine Grenze. Daher darf man den Unterschied von links zu rechts, ruhig negativer ausdrücken. Der Machtanspruch der Rechten bleibt lokal begrenzt, der Machtanspruch der Linken ist global und geht noch weit über Alpha Centauri hinaus und schließt den Andromedanebel mit ein. Und aufgrund der o.g. Begrenztheit der menschlichen Wahrnehmung kann die linke Herrschaft immer nur eine totalitäre - sein. Und wenn wir Menschenfreundlichkeit als Verantwortlichkeit definieren wollten, geht dies über die Wesenheit des Menschen hinaus, und gilt für Wesenheiten im allgemeinen.

Urwinkel

26. Februar 2019 03:48

@ quarz:

"Erst wenn man zu den eigenen Leuten freundlich ist, kann(!) man ein Menschenfreund werden."

Mmh(!), Autor Thomas Bernhard wäre der Schnappatmung nahe, ob dieser, Ihrer Bermerkung. Er galt übrigens als umgänglich, charmant, vor allem im Umgang mit Frauen. Er wurde darüber allerdings kein Menschenfreund. Und wollte es auch nie sein, werden und war dazu irgendwie unfähig. Ich könnte ein Enkel von ihm sein.

Warum so Wenige mit Bernhards Naturel im Alltäglichen? Der war über das True Fruits-Konzept weit hinaus - das Gequatsche darum hätte ihn kalt gelassen. Aber grundsätzlich haben Sie Recht, quarz. Es diszipliniert mich, was Sie sagten.

quarz

26. Februar 2019 10:43

@Urwinkel

Eine notwendige Voraussetzung ist eben oft noch keine hinreichende Voraussetzung.

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