Reinhard Kaiser-Mühlecker: Enteignung. Roman

Nach seinem Romandebüt Der Lange Gang über die Stationen, das auch in dieser Zeitschrift (Sezession 24 / 2008) hochgelobt wurde, hat der österreichische Autor Reinhard Kaiser-Mühlecker (*1982) etliche Romane verfaßt.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Die waren kei­nes­falls miß­ra­ten, doch über sie dürf­te man urtei­len wie über Adal­bert Stif­ters Roma­ne (mit die­sem Lands­mann wird RKM gele­gent­lich ver­gli­chen, auch Knut Ham­sun käme einem in den Sinn) – näm­lich nach Lese­tem­pe­ra­ment ent­we­der: »ohje, Hei­mat­li­te­ra­tur« oder »oh, Hei­mat­li­te­ra­tur!« Sprich, es ging gesetzt zu und ein wenig langweilig.

Ent­eig­nung hin­ge­gen ist wie­der ful­mi­nant. Jedes Wort, jedes Bild sitzt, und kei­ne Zei­le ist über­flüs­sig. Der Ich-Erzäh­ler, zuvor in Diens­ten der Süd­deut­schen Zei­tung und mit Kon­tak­ten in die gan­ze Welt, quit­tiert sei­nen Dienst, um für das Lokal­blatt sei­ner dörf­li­chen Hei­mat zu schrei­ben. Hier beginnt er eine rät­sel­haft schweig­sa­me Affä­re mit der Leh­re­rin Ines. Es stellt sich her­aus, daß sie meh­re­re Lieb­ha­ber hat. Ähn­lich rät­sel­haf­ter­wei­se beginnt der Jour­na­list (der bald auch sein Social-media-Leben brach­lie­gen läßt und sogar das Smart­phone kaum mehr braucht), in der gro­ßen Schwei­ne­mast­an­la­ge eines her­ben Bau­ern­paa­res zu arbei­ten. Nie­mand redet viel. Gezeich­net wird mit gro­ben Stri­chen. Es sind ein­fa­che, nor­ma­le, kaput­te Men­schen. Ihnen allen geht die Luft lang­sam aus, wäh­rend sie Bäu­me fäl­len, gehei­men Lei­den­schaf­ten frö­nen, Funk­mas­ten auf­stel­len. Irgend­wann hau­chen sie aus. Man schaut sich das bei­na­he atem­los an. Nichts ist manie­riert oder geküns­telt. Es ist wie es ist. Und: Es ist schöns­te Kunst.

Rein­hard Kai­ser-Mühle­cker: Ent­eig­nung. Roman, Frank­furt a. M.: S. Fischer 2019. 222 S., 21 € – hier bestel­len

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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