Sigmar Gabriels Flirt mit dem Rechtsruck

Im Windschatten der österreichischen Farce hat sich der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel zu Wort gemeldet. Das verdient Beachtung.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

Gabri­els Gast­bei­trag im Tages­spie­gel besitzt Rele­vanz, weil er kei­ne iso­lier­te Mei­nung ver­tritt, son­dern eine drän­gen­de Ten­denz der Zeit wider­spie­gelt, näm­lich die Syn­the­se aus natio­na­ler und sozia­ler Fra­ge in Gestalt von Migra­ti­ons­kri­tik und Sozialpolitik.

Was beschreibt Gabri­el in sei­nem Arti­kel? Zunächst wen­det er sich dem »Labor­ver­such« zu, der in Wien soeben zu Ende ging. Der Umgang mit auf­stre­ben­den Rechts­par­tei­en wie der FPÖ sei kri­tisch mög­lich, wie im Regel­fall prak­ti­ziert, aber eben auch kooperativ.

Gabri­el ver­weist hier­für auf die rot­blaue Koali­ti­on im Bur­gen­land. Die SPÖ regiert dort mit der FPÖ gemein­sam und stellt mit Hans-Peter Dosko­zil den »Lan­des­haupt­mann«, also in bun­des­deut­schen Wor­ten: den Ministerpräsidenten.

Die­se Koali­ti­on, Gabri­el weiß das,

war inner­halb der öster­rei­chi­schen Sozi­al­de­mo­kra­tie immer umstrit­ten. Aller­dings galt sie im Bur­gen­land durch­aus als erfolg­reich und konn­te sich auf ein in der Alpen­re­pu­blik sehr bekann­tes his­to­ri­sches Vor­bild beru­fen: Der legen­dä­re sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Bun­des­kanz­ler Bru­no Krei­sky ließ sich einst mit sei­nem Min­der­hei­ten­ka­bi­nett von der FPÖ tole­rie­ren. Sein Nach­fol­ger Fred Sino­watz bil­de­te sogar nach 1983 eine Koali­ti­on aus SPÖ und FPÖ. Ken­ner der öster­rei­chi­schen Geschich­te wer­den ein­wen­den, damals sei die FPÖ noch eine ande­re Par­tei gewe­sen, aber das stimmt eben nur teil­wei­se. Ihre Gene­tik wies damals schon im Wesent­li­chen rech­te Ele­men­te auf.

Gabri­el holt nicht ohne Grund Krei­sky aus dem Geschichts­buch, um sich einen lager­über­grei­fend aner­kann­ten his­to­ri­schen Gewährs­mann zu suchen. Er wird ganz aktu­ell in sei­ner Argu­men­ta­ti­on und ver­weist auf die Stra­te­gie der öster­rei­chi­schen Sozi­al­de­mo­kra­ten, Wäh­ler zurück­zu­ge­win­nen, die längst zur FPÖ über­gin­gen – die Frei­heit­li­chen sind in Öster­reich heu­te vor allem ande­ren Arbei­ter­par­tei (was sich frei­lich zu kei­ner Zeit im Funk­tio­närs­pool, bei der Pro­gram­ma­tik jen­seits von Wahl­kämp­fen oder, zuletzt, in der Koali­ti­ons­pra­xis niederschlug).

Gabri­el nennt nun zwei Hand­lungs­op­tio­nen für die SPÖ im Hin­blick auf die FPÖ:

Ent­we­der durch einen schar­fen Links­kurs in der Sozi­al- und Wirt­schafts­po­li­tik oder durch die Kom­bi­na­ti­on aus sozia­ler und inne­rer Sicher­heit. Man darf gespannt dar­auf sein, wel­che der bei­den poli­ti­schen Stra­te­gien zum Erfolg führt.

Wel­chen Weg Gabri­el prä­fe­riert, wird nicht so sehr anhand eines per­sön­li­chen direk­ten Plä­doy­ers deut­lich, son­dern im Zuge sei­ner argu­men­ta­ti­ven Rei­se von Wien nach Kopen­ha­gen. Denn mit sei­nem Ver­weis auf Däne­mark macht er sich zum Sprach­rohr der dor­ti­gen »Dop­pel­stra­te­gie«, die in Deutsch­land und Öster­reich noch in wei­ter Fer­ne liegt: »innen­po­li­tisch und in Migra­ti­ons- und Flücht­lings­fra­gen sehr restrik­tiv – man könn­te auch sagen: rechts – und in sozi­al- und wirt­schaft­li­chen Fra­gen links«.

Bei­des spricht die Wäh­ler bei unse­rem nörd­li­chen Nach­barn offen­sicht­lich an. Gabri­el betont in die­sem Sin­ne, und dies sicher­lich nicht ohne Hintergedanken:

Alle Umfra­gen ste­hen die däni­schen Sozi­al­de­mo­kra­ten für die natio­na­len Wah­len im Juni vor einem Wahlsieg.

Man könn­te nun mut­ma­ßen, daß Gabri­el die­sen Links- und Rechts­schwenk der däni­schen Sozi­al­de­mo­kra­tie, die – wie ihre Genos­sen in Öster­reich und Deutsch­land – ihre nach rechts Abge­wan­der­ten »pre­kä­ren Schich­ten« (Hand­wer­ker, Selb­stän­di­ge, Klein­un­ter­neh­mer, Arbei­ter usf.) zurück­ho­len möch­ten, nur als Außen­sei­ter gou­tiert, der sich als distan­zier­ter Beob­ach­ter dazu ermäch­tigt sieht, solch – für deut­sche Sozi­al­de­mo­kra­ten – amo­ra­li­sche The­sen in den Raum des Poli­ti­schen zu werfen.

Allein, Gabri­el steht mit der Affir­ma­ti­on eines Rechts­rut­sches in Migra­ti­ons­fra­gen und eines Links­rut­sches in sozia­len Fra­gen nicht allei­ne. Im kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten Blick nach links ver­wei­se ich auf einen aktu­el­len Grund­la­gen­bei­trag im Zen­tral­or­gan der SPD-nahen Fried­rich-Ebert-Stif­tung Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte.

Juli­an Nida-Rüme­lin ver­maß dar­in das Gelän­de der Migra­ti­on neu: Ein­wan­de­rung, so der Münch­ner Pro­fes­sor für Phi­lo­so­phie und Poli­ti­sche Theo­rie, müs­se »sozi­al- und kul­tur­ver­träg­lich in den Auf­nah­me­ge­sell­schaf­ten sein«. Der Lei­ter der SPD-Grund­wer­te­kom­mis­si­on von 2009 bis 2013 wählt nicht das Bei­spiel Däne­mark, son­dern Italien.

Nida-Rüme­lin führt im Hin­blick auf unse­re süd­li­chen Nach­barn aus, daß es »durch­aus legi­tim« sei, »wenn ein gro­ßer Teil der ita­lie­ni­schen Gesell­schaft es ablehnt, dass jun­ge Män­ner aus den Mit­tel­schich­ten des sub­sa­ha­ri­schen Afri­kas die Bahn­hö­fe und Stra­ßen der süd­ita­lie­ni­schen Städ­te zu Zig­tau­sen­den bevölkern«.

In die­sem Kon­text ver­weist Nida-Rüme­lin auch auf die Bevöl­ke­rungs­explo­si­on in Afri­ka, die 2050 wohl 2,5 Mil­li­ar­den betra­gen wird. Das alles wird dadurch beson­ders bri­sant, daß der Autor aus die­sen und wei­te­ren Aspek­ten schluß­fol­gert, daß sich die deut­sche Sozi­al­de­mo­kra­tie inhalt­lich wird öff­nen müs­sen, und zwar »in der Sozi­al­po­li­tik nach links, in der Migra­ti­ons­po­li­tik nach rechts«, gegen »Glo­ba­lis­mus à la TTIP und WTO«.

Abge­se­hen davon, daß ein Ter­mi­nus wie »Glo­ba­lis­mus« auf­grund all­fäl­li­ger rech­ter Glo­ba­li­sie­rungs­kri­tik – etwa von Alain de Benoist oder Man­fred Klei­ne-Hart­la­ge – vie­len links sozia­li­sier­ten Lesern schon als »anrü­chig« erschei­nen könn­te, ist es bemer­kens­wert, daß hier ein unter Ger­hard Schrö­der als Kul­tur­staats­mi­nis­ter reüs­sie­ren­der Sozi­al­de­mo­krat offen einen Rechts­schwenk in Zuwan­de­rungs­fra­gen fordert.

Er tut dies wie­der­um nicht allei­ne, denn par­al­lel zu Nida-Rüme­lins Auf­satz erschien auch in den links­so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Blät­tern für deut­sche und inter­na­tio­na­le Poli­tik ein Essay von Anke Has­sel, in dem sie eine »ver­däch­ti­ge« bis ein­deu­tig rechts kon­no­tier­te Losung wie »Sozi­al geht nur natio­nal« – d. h. ein funk­tio­nie­ren­der Sozi­al­staat ist der­zeit nur mög­lich im Rah­men des real­exis­tie­ren­den Natio­nal­staats – rehabilitiert.

Die Direk­to­rin des Wirt­schafts- und Sozi­al­wis­sen­schaft­li­chen Insti­tuts der Hans-Böck­ler-Stif­tung mahnt näm­lich, daß eben­je­nes all­seits kri­ti­sier­te Pos­tu­lat – sozi­al geht nur natio­nal – »in ers­ter Linie eine empi­ri­sche Tat­sa­che« sei.

»Es wird für die Lin­ke«, zeigt sich Has­sel überzeugt,

in den nächs­ten Jah­ren zen­tral dar­auf ankom­men, wie sie mit dem The­ma Migra­ti­on umgeht. Da Ver­drän­gungs­kon­kur­renz real ist und der gesell­schaft­li­che Dis­kurs ver­roht, soll­te sie viel dafür tun, die gesell­schaft­li­che Pola­ri­sie­rung zu redu­zie­ren, anstatt sie anzu­hei­zen. Das gilt ins­be­son­de­re für die Gewerk­schaf­ten, deren Mit­glie­der bereits jetzt schon tief gespal­ten sind.

Als gewerk­schafts­na­he For­sche­rin weiß sie natür­lich aus nächs­ter Nähe um die Absetz­be­we­gung vie­ler Gewerk­schafts­mit­glie­der in Rich­tung der AfD und ihres Umfelds. Daß sie also eher aus tak­ti­scher Räson und weni­ger aus neu ent­deck­ter Vater­lands­lie­be han­delt, liegt so nahe wie es für den hie­si­gen Kom­plex nach­ran­gig zu behan­deln ist.

Ähn­lich Has­sel geht es auch Nida-Rüme­lin ins­be­son­de­re um eine migra­ti­ons­po­li­ti­sche Kurs­kor­rek­tur der Lin­ken. Er wünscht sich künf­tig eine »geein­te lin­ke, prag­ma­ti­sche Kraft, die öko­no­mi­sche Ver­nunft mit sozia­lem Aus­gleich ver­bin­det und die die ideo­lo­gi­schen Eier­scha­len des Mar­xis­mus und Links­li­ber­ta­ris­mus (open bor­ders) abge­legt hat«.

Gabri­el ist also nicht allei­ne, denn für cou­ra­gier­te Solo­läu­fe ist er nicht gemacht; als gut ver­netz­ter Aktiv­pos­ten wird er viel­mehr durch­aus wis­sen, daß Wis­sen­schaft­ler und Publi­zis­ten des links­so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Milieus zag­haft in Rich­tung einer Neu­jus­tie­rung der Migra­ti­ons­po­li­tik arbeiten.

Gabri­els Pro­blem dabei ist zugleich die offe­ne Flan­ke zuguns­ten der poli­ti­schen Rech­ten: Der Fix­punkt heu­ti­ger lin­ker und damit natur­ge­mäß auch sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Poli­tik, spe­zi­ell der ton­an­ge­ben­den Open Bor­der-Frak­ti­on, ist die offe­ne Gesell­schaft, nicht die sozia­le oder soli­da­ri­sche; die pri­mä­re Stoß­rich­tung der Kri­tik ver­läuft gesell­schafts- und iden­ti­täts­po­li­tisch, nicht all­ge­mein poli­tisch und ökonomisch.

Man hat die »gro­ßen Fra­gen« preis­ge­ge­ben, um im »post­mo­der­nen Wohl­fühl­links­li­be­ra­lis­mus« auf­zu­ge­hen. Lin­ke Poli­tik arti­ku­liert sich allen­falls noch als »Nehmt bit­te mehr Flücht­lin­ge auf«, wie der sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Publi­zist Nils Heis­ter­ha­gen spe­zi­ell in bezug auf die Jung­so­zia­lis­ten (Jusos) der SPD moniert, die die­je­ni­gen sei­en, »die am lau­tes­ten für offe­ne Gren­zen und gegen jede Flücht­lings­be­gren­zungs­po­li­tik sprechen«.

Die Kluft zwi­schen grund­sätz­li­chen Lin­ken, zu denen Heis­ter­ha­gen eben­so wie Has­sel, Nida-Rüme­lin und womög­lich auch Sig­mar Gabri­el zu rech­nen sind, und jener Life­style-Lin­ken, deren Feld weit umfas­sen­der ist als die Juso-Struk­tu­ren, besteht nicht nur habi­tu­ell, son­dern fundamental.

Heis­ter­ha­gen weiß, was die post­mo­der­ne Lin­ke ihm und sei­nes­glei­chen für Bären­diens­te erweist; er fürch­tet nicht zuletzt auf­grund die­ser Män­gel ein wei­te­res Erstar­ken einer poli­ti­schen Rech­ten mit sozia­ler Aus­rich­tung. Denn dem Befund vie­ler sei­ner Weg­ge­fähr­ten, die AfD sei in wei­ten Tei­len »neo­li­be­ral« oder, weni­ger pejo­ra­tiv, »wirt­schafts­li­be­ral«, und man müs­se daher als rot-rot-grü­nes Lager kei­ne sozi­al­po­li­ti­sche Kon­kur­renz durch die Alter­na­ti­ve fürch­ten, man­gelt es – aus­ge­rech­net – an inter­na­tio­na­lem Weit­blick, und eben­je­nen Weit­blick for­dert Gabri­el mit sei­nen Ver­wei­sen auf Däne­mark und Öster­reich nun ein.

Fast alle erfolg­rei­chen Pro­jek­te rech­ter Popu­lis­ten in Euro­pa began­nen ja als markt­li­be­ra­le Platt­for­men. Doch erleb­ten sie frü­her oder spä­ter (mit Aus­nah­me Geert Wil­ders’ und der FPÖ als Regie­rungs­par­tei) eine expli­zit sozia­le und eta­tis­ti­sche Wen­de. Bereits jetzt ist dar­über hin­aus die AfD in den »popu­lä­ren Klas­sen«, also bei den »Pre­kä­ren« und in der unte­ren Mit­tel­schicht, die stärks­te Kraft, und das trotz der (noch) recht markt­li­be­ra­len Programmatik.

Was, so läßt sich mit Heis­ter­ha­gen arg­wöh­nisch (er fürch­tet die »Kon­ter­re­vo­lu­ti­on von ganz rechts«), mit unse­rem Blick­win­kel jedoch hoff­nungs­froh fra­gen, pas­siert dann erst, wenn die Alter­na­ti­ve und ihr Umfeld sich 2019ff. auch noch eine authen­tisch sozi­al­ori­en­tier­te Aus­rich­tung ver­pas­sen würden?

Eine im Sin­ne Gabri­els auf­ge­stell­te Sozi­al­de­mo­kra­tie, die, wie eben ein Nils Heis­ter­ha­gen, von »natio­na­len Ver­tei­di­gungs­li­ni­en gegen den neo­li­be­ra­len Kapi­ta­lis­mus« spricht und gemein­schafts­be­für­wor­ten­de sowie migra­ti­ons­kri­ti­sche Signa­le aus­sen­det, wäre für die Haupt-AfD-Wäh­ler­kli­en­tel, spe­zi­ell im »Labor Ost­deutsch­land« (Albrecht von Lucke), eine »seriö­se« Alter­na­ti­ve – und für die AfD frei­lich der Worst Case. Für die AfD sind nur die links­li­be­ra­li­sier­ten Par­tei­en SPD und Die Lin­ke als Refu­gees-Wel­co­me-Fana­ti­ker eine Wahl­hil­fe; eine migra­ti­ons­skep­ti­sche erneu­er­te ver­ei­nig­te Lin­ke wäre das Gegenteil.

In Frank­reich, der poli­ti­schen Ver­suchs­an­stalt West­eu­ro­pas, ist man inter­es­san­ter­wei­se einen his­to­ri­schen Ent­wick­lungs­schritt vor­aus. Dort hat man die neu­ar­ti­gen Kin­der­krank­hei­ten des Links­ra­di­ka­lis­mus wie »Gren­zen auf für alle!« bereits über­wun­den oder zumin­dest eingehegt.

Jean-Luc Mélen­chon, Vor­bild der natio­nal­staat­lich argu­men­tie­ren­den deut­schen Lin­ken und Kopf der links­po­pu­lis­ti­schen Bewe­gung »Unbeug­sa­mes Frank­reich«, hat die Wand­lung vom No Bor­der-Fetisch zu einer mit­hin »rech­ten« Migra­ti­ons­po­li­tik annon­ciert: Er wei­ger­te sich bei­spiels­wei­se im Herbst 2018 mit ande­ren Spit­zen­po­li­ti­kern sei­ner For­ma­ti­on, einen Appell für die offen­si­ve »See­not­ret­tung« von Migran­ten im Mit­tel­meer zu unterzeichnen.

Mélen­chon argu­men­tier­te, er sei schlicht nicht für die Frei­zü­gig­keit aller Men­schen, man müs­se viel­mehr die Flucht­ur­sa­chen bekämp­fen, damit die Men­schen zuhau­se, in ihrer Hei­mat, blei­ben könn­ten. So wie Mélen­chon ticken vie­le beim Unbeug­sa­men Frank­reich, aber eini­ge zog es mit dem Vor­ha­ben einer rech­ten Migra­ti­ons­po­li­tik und einer lin­ken Sozi­al­po­li­tik – man den­ke an Gabri­el und Däne­mark – bereits zum »Ori­gi­nal«.

Andréa Kota­r­ac, einer der wich­tigs­ten Gefolgs­leu­te Mélen­chons, kün­digt näm­lich in der so eben erschie­ne­nen Aus­ga­be des rechts­in­tel­lek­tu­el­len Maga­zins élé­ments an, den Ras­sem­blem­ent Natio­nal (RN, ehe­mals Front Natio­nal) zu wäh­len und sich fort­an im Umfeld Jor­dan Bar­del­las zu engagieren.

Der soli­da­risch-patrio­ti­sche Kurs von Mari­ne Le Pen und eben dem RN-Spit­zen­kan­di­da­ten zur Euro­pa­wahl Ban­del­la zieht ein­mal mehr Leu­te jen­seits der eig­nen Bla­se ins rech­te Lager. Kota­r­ac, der pro­mi­nen­te Neu­zu­gang des RN, argu­men­tier­te im fran­zö­si­schen TV, er habe mit Le Pen und Ban­del­la (hier wird er por­trä­tiert) per­sön­li­che Gesprä­che geführt.

Das Ergeb­nis die­ser Unter­re­dun­gen mache ihm klar, daß er kei­nen Zwei­fel mehr dar­an hegen müs­se, daß der sozia­le und kapi­ta­lis­mus­kri­ti­sche Kurs der Patrio­ten ehr­lich gemeint ist. (Was gewiß bei Deutsch­lands Par­tei­pa­trio­ten schwe­rer fal­len wür­de, wenn etwa der AfD-Par­tei­vor­sit­zen­de die FDP in ihrer Kapi­tal­zu­nei­gung über­trifft und bereits die zwin­gend not­wen­di­ge Finanz­trans­ak­ti­ons­steu­er gegen Spe­ku­lan­ten zum Ein­griff in libe­ra­le Frei­heits­rech­te des sakro­sank­ten Mark­tes stilisiert.)

So wie in Frank­reich – durch Authen­ti­zi­tät im soli­da­risch-patrio­ti­schen Auf­tre­ten – gewinnt man einer­seits neue Akteu­re jen­seits des zu über­win­den­den libe­ra­len Betrie­bes und ande­rer­seits, wie Gabri­el nicht nur anhand des Bei­spiels Däne­mark ahnt, auch Wah­len: Der Ras­sem­blem­ent Natio­nal sieht sich in Umfra­gen links des Rheins der­zeit meist als stärks­te Kraft notiert. Aber die­se Bei­spie­le Frank­reich und Däne­mark sind kei­ne Son­der­fäl­le, auch für Deutsch­land ist die­se The­men­ver­bin­dung höchst bedeutsam.

Daher braucht es gera­de hier­zu­lan­de eine par­tei­po­li­ti­sche For­ma­ti­on, die bei­de Strän­ge – soli­da­ri­sche Sozi­al­po­li­tik und sub­stan­ti­el­le Migra­ti­ons­kri­tik – bün­delt, anstatt einen der bei­den Aspek­te zu igno­rie­ren und den ande­ren zu ver­ab­so­lu­tie­ren: Man muß hof­fen, daß die­se For­ma­ti­on in Gestalt der AfD reüs­sie­ren wird und nicht in einer mög­li­chen Nach-Nah­les-SPD plötz­lich Sig­mar Gabri­els stra­te­gi­scher Schwenk zum Umden­ken sorgt.

Wäh­rend also für die AfD die sozi­al-patrio­ti­sche Aus­rich­tung die Gret­chen­fra­ge der kom­men­den Jah­re sein dürf­te, ist sie das für ihre Wäh­ler bereits jetzt. Wenn man näm­lich, so der For­scher Phil­ip Manow in sei­ner Popu­lis­mus-Stu­die, die Fra­ge nach den bei­den bedeu­tends­ten Pro­ble­men in der gan­zen Bun­des­re­pu­blik expli­zit für AfD-Sym­pa­thi­san­ten beleuch­tet, »ist die kom­bi­nier­te Arti­ku­la­ti­on von Sor­gen über Migra­ti­on und sozia­le Gerech­tig­keit die mit sehr wei­tem Abstand häu­figs­te Antwort«.

Erklä­rend heißt es:

Etwa 44 Pro­zent der ost­deut­schen Befrag­ten und knapp über 50 Pro­zent der west­deut­schen Befrag­ten äußern sich so, wäh­rend kei­nes der ande­ren genann­ten The­men an die 20 Pro­zent heranreicht.

Vie­le die­ser AfD-Wäh­ler sind, ähn­lich wie in Öster­reich, Däne­mark und Frank­reich, ehe­ma­li­ge Anhän­ger der ver­schie­de­nen gemä­ßig­ten lin­ken Par­tei­en. Gabri­el weiß das, Nida-Rüme­lin weiß das, Has­sel weiß das – und man muß hof­fen, daß es auch die Ver­ant­wort­li­chen in der AfD wis­sen und ent­spre­chend verarbeiten.

»Die Lin­ke«, so liest man in einem Gespräch zwi­schen Jakob Aug­stein und Niko­laus Blo­me, »muss höl­lisch auf­pas­sen, dass die Neue Rech­te und die AfD nicht ihre Erzäh­lung kapern, Anwalt der klei­nen Leu­te zu sein. Die SPD hat das exem­pla­risch verschlafen.«

Man soll­te also Sig­mar Gabri­el und Co., die plötz­lich ihre Chan­ce im Zuge einer Kurs­kor­rek­tur – in der Migra­ti­on nach rechts, in der Sozi­al­po­li­tik nach links – wit­tern, ein Wie­der­erwa­chen nicht erleich­tern, indem man wider bes­se­res Wis­sens auf das fal­sche Pferd, eine um Islam­kri­tik erwei­ter­te FDP, setzt.

Nur eine Poli­tik für die Mehr­heit der Men­schen, die sich für Migra­ti­ons­po­li­tik und sozia­le Gerech­tig­keit auf­ge­schlos­sen zei­gen und die in Alex­an­der Gau­lands Sin­ne die Some­whe­res dar­stel­len, hat ihre kurz‑, mit­tel- und lang­fris­ti­gen Erfolgs­aus­sich­ten – und damit das Poten­ti­al zu einer wirk­lich gesell­schafts­ver­än­dern­den Alter­na­ti­ve für Deutschland.

Die SPD hat­te ihre Chan­ce; eine neue soll­te man weder ihr noch ihrem ehe­ma­li­gen Par­tei­vor­sit­zen­den gewäh­ren. Erst recht nicht durch Unterlassung.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

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Kommentare (48)

RMH

23. Mai 2019 10:26

Der Artikel kommt zur rechten Zeit, er lenkt den Blick von der Aufregung um einen offen gelegten Korruptionssumpf, bei dem leider zwei FPÖler erwischt wurden und nicht die normalerweise üblichen Verdächtigen der etablierten Parteien, die aber dafür auch vorsorglich ihre Handlanger haben und sich nicht die Finger selber schmutzig machen müssen, wieder zurück auf strategische und damit metapolitische Fragen.

Um es kurz zu machen: Die SPD wäre mehr als gut beraten, wenn sie exakt so vorgehen würde, wie im Artikel beschrieben. Deutschland insgesamt wäre mehr als gut beraten, wenn es den Blick nach Norden zum dänischen Nachbarn richtet.

Die globalistisch, liberale, öko- progressive Apple nutzende Rotweingürtel-Schicht einschließlich der Lehrer hat die SPD ohnehin unrettbar an die Grünen verloren, auch wenn die aktuelle SPD-Führung meint, sie sei selber Teil derselben. Der seit einiger Zeit sich abzeichnenden Trend zur Marginalisierung der SPD war auch mitnichten einem Linksruck der Union "zur Mitte" (was soll das eigentlich sein, diese ominöse "Mitte"?) geschuldet, sondern vielmehr, der konsequenten Arbeit der Grünen als linke, globalistische, "hippe" und internationalistische Kraft. Die Grünen - und nicht die Politik Merkels! - haben die SPD maßgeblich zerstört, neben gewissen, eigenverschuldeten Absprengeselungen von eher gewerkschaftlichen und linken Kreisen, die zur WASG und dann zur Gründung "die Linke" geführt haben. Wenn die Linke aber schon nicht via Wagenknecht-Lafontaine auf einen migrationskritischen Kurs zu bringen ist, dann sollte die SPD in der Tat diese offene Position möglichst rasch besetzen. Ansonsten wird sie untergehen.

Übrigens: Meine ganze im NS sozialisierte, groß gewordene und kriegsteilnehmende Verwandtschaft war nach dem Krieg durch die Bank stramm SPD ("wir sind Arbeiter!"). Sozialdemokratie war schon immer Nationalsozialismus light unter Abzug rassistischer Auffassungen. Insofern wäre ein Wechsel der Strategie der SPD hin zu ökonomisch links und national bzw. migrationspolitisch rechts durchaus auch ein Stück weit Wiederentdeckung eines verschollen gegangenen SPD-Markenkerns.

Ich sehe übrigens die AfD nicht in der Rolle einer national-sozialdemokratischen Partei. Die AfD ist eine neue Form der CSU und konservativer CDU, vermengt mit nationalliberalen und wirtschaftsliberalen (im positiven Sinne!) Kräften. Man kann diese vorhanden DNA der AfD nicht so ohne weiteres umkrempeln, auch wenn dies hier und anderenorts immer wieder quasi "retroviral" versucht wird.

Steter Tropfen höhlt und schwächt letztlich nur den Stein, verändert aber nicht seine grundsätzliche Struktur und seinen mineralischen Aufbau. Von daher bitte vorsichtig sein!

Man muss den "linken", Arbeitnehmer bezogenen Dreh bei einer AfD anders einbringen - dazu bitte die CSU früherer Zeiten und die katholische Sozialbewegung einmal genauer ansehen.

Die CSU heutiger Zeit versucht sich hingegen als eine Art Nachahmung der "urbanen", grünen Hipster-Großstädter, nur eben in Lederhosen, zu geben (ganz widerlich: Das aktuelle sich Heranschmeißen an die Grünen von Herrn Söder). Dabei wird der Markenkern der CSU zu sehr mit Blick auf die Grünen verraten und das wird nicht gut gehen.

Von daher, SPD, folge dem Siggi, der kann's besser als die Nahles ... und AFD, lass dich nicht zerreißen, bleib ein Stück weit dir treu.

Gustav Grambauer

23. Mai 2019 10:27

Schröder (und die Achse wiederum hinter ihm) geben Gabriel, der die politische Bühne notorisch als Setting für das Laborieren an seinem Vaterproblem mißbraucht, auch mal `nen neuen Provokationsreiz:

https://de.wikipedia.org/wiki/Provokative_Therapie

- G. G.

Lotta Vorbeck

23. Mai 2019 12:52

@RMH - 23. Mai 2019 - 10:26 AM

"... Von daher, SPD, folge dem Siggi, der kann's besser als die Nahles ..."

*********************

Nein, besser nicht!

156 Jahre "Wer hat uns verraten? - Sozialdemokraten!" sind mehr als genug.

+ Bild 1: https://www.dhm.de/fileadmin/medien/lemo/images/ph001241.jpg

+ Bild 2: https://www.dhm.de/fileadmin/medien/lemo/images/ph001247.jpg

Apostat

23. Mai 2019 13:16

Der Arbeiter(hierzu zähle ich alle abhängig Beschäftigten vom klassischen Industriearbeiter bis zum Security Angestellten)
sitzt doch zwischen den Stühlen. Wählt er rechts, bekommt er in Österreich eine 60 Stunden Woche mit 12 Stunden Arbeitstag und in Ungarn Orbans “Sklavengesetz”.Entscheidet er sich für die Altparteien, wird er mit einem “Fachkräfteeinwanderungsgestz” ohne jegliche Vorrangprüfung belohnt. Und die Linke sieht- laut Zitat Kipping, in der Migration die neue revolutionäre Bewegung.
Ergänzt wird dieses Dilemma durch einen Dünkel, der sich Beispielhaft in der Klassifizierung als”bildungsferne Schicht” manifestiert. Ohne politische Heimat bleibt dem Arbeiter nur die - verständliche, Totalverweigerung oder die Wahl der AfD als reiner Protesthandlung.
Dem Teil der politisch bewußten Arbeiter- die mehr wollen, die die Migrations-und Islamkritik teilen, wird die AfD- sollte sie die soziale Frage ignorieren oder wieder nur wirtschaftsliberal beantworten, nur politische Heimat auf Zeit sein können.

Antwort Benedikt Kaiser:
Sie treffen m. E. den Kern!

Laurenz

23. Mai 2019 14:21

Seit Pack-Siggi Ämter und Würden los ist, sind die meisten Veröffentlichungen und Reden (bei seinem Uni-Job) wohlüberlegt und gut vorbereitet. Herr Gabriel war meist ein mehr fleißiger Aktenleser, anders als zB Goldkettchen-Gerd, der diesbezüglich recht faul war.
Allerdings, in Anbetracht dessen, daß Herr Gabriel 8 Jahr SPD-Parteivorsitzender war, bei der SPD eine herausragende Leistung, und seinem Umgang mit dem berühmten Pack, sind seine jetzigen Publikationen zwar Sinn erheischend, aber nicht nachhaltig glaubhaft. Zu viele Sozis profitieren persönlich von der Minderheiten-Politik, gerade bei der Sozial-Mafia, Stiftungen, öffentlicher Dienst etc. Die Wahrscheinlichkeit eines Kursschwenks ist daher in kleineren Staaten, wie Dänemark und Österreich, einfach größer, da dort die Gemengelage auch für die Bevölkerung überschaubarer ist.
Frankreich ist insofern ein ungünstiges Beispiel, weil Franzosen jeglicher Couleur in erster Linie Franzosen sind und sie mutieren erst dann zu Europäern, wenn es zum französischem Vorteil gereicht. Und die Zuwanderungsprobleme in Frankreich sind schlicht wesentlich älter, offiziell verursacht durch den Algerien-Krieg. Zwar wurde der Libyen-Krieg durch Herrn Sarkozy gestartet, aber der Sozialist Hollande zog ihn durch. Von daher sind die Beteuerungen der französischen Linken zur Fluchtursachen-Bekämpfung halbseiden.
Schön im Artikel herausgestellt wurde die Richtungs-Frage der AfD. Mittelfristig wird die AfD sich keine Spaltung erlauben können. Solange der patriotische Flügel in den Neuen Ländern und der liberale Flügel im Westen begrenzt erfolgreich ist, bleibt die Frage offen. Es kann nur insofern eine zwangsläufige Direktive geben, wie die gesamtpolitische Lage den liberalen Flügel zwingt, gute Mine zum guten Spiel zu machen. Solange FDP, Linke, wahlweise Grüne oder Sozialdemokraten parlamentarisch gegenwärtig bleiben, ist eine Annäherung an den eng gesetzten Meinungskorridor in Deutschland wenig Erfolg versprechend. Es existieren zu viele Zünglein an der Waage, eine Position, welche früher alleine die FDP innehatte.
Der hier im Artikel nicht namentlich genannte Herr Prof. Dr. Meuthen hat natürlich, gerade in der Rentenfrage Schwierigkeiten, Seine lebenslangen Überzeugungen zu verlassen. Und natürlich hat die ehemalige FDP-Klientel in der AfD, wie Professoren, Ärzte, Rechtsanwälte, Selbständige, Architekten, Apotheker (also viele Freiberufler), wie die FDP auch, ein Glaubwürdigkeitsproblem, welches man der FDP zugesteht, der AfD aber nicht. Alle diese Berufsgruppen, die sich früher im wesentlichen bei der FDP versammelten, leben, ganz widersprüchlich zu ihren liberalen Wirtschafts-Thesen, in einem elitären Sozialismus, mit gesetzlich verbrieften Margen und Privilegien, die es sonst nirgendwo gibt. Oder kennt wer einen Schuhverkäufer, der nach Gebührenordnung abrechnen kann?
Auch Professoren, wie Lucke oder Meuthen leben aus den Mitteln eines Bundeslandes.
Aus dieser persönlichen Position heraus, kann man leicht von freien Märkten schwafeln.
Aber ein Herr Prof. Dr. Meuthen war auch schon in der Vergangenheit sehr lernfähig, was Er selbst auch immer wieder, das politische Geschäft betreffend, betont. Anfangs in Seiner Karriere als Parteivorstand liebäugelte Er wesentlich mehr mit den Medien. Da diese aber diese Freundlichkeit nicht vergolten, legte Er mit Seinem 1. Kyffhäuser-Besuch andere Weichen.
Da der, von RMH befürwortete, vorgeschlagene Weg für die sogenannte Sozialdemokratie doch sehr unwahrscheinlich bleibt, sie würden eine Entmachtung der linken Funktionärs-Mehrheit in der Partei bedeuten, kann die AfD ruhigen Gewissens diese Lücke des sozial gesinnten Patriotismus ausfüllen.

Laurenz

23. Mai 2019 14:24

@Apostat ... vollkommen korrekt, eine Verbesserung der Situation läßt sich nur mit der Aufgabe des freizügigen Personenverkehrs im EU-Land und sonstwo erreichen.

RMH

23. Mai 2019 14:57

"Dem Teil der politisch bewußten Arbeiter- die mehr wollen, die die Migrations-und Islamkritik teilen, wird die AfD- sollte sie die soziale Frage ignorieren oder wieder nur wirtschaftsliberal beantworten, nur politische Heimat auf Zeit sein können.

Antwort Benedikt Kaiser:
Sie treffen m. E. den Kern!"

" ... kann die AfD ruhigen Gewissens diese Lücke des sozial gesinnten Patriotismus ausfüllen."

@Apostat, Kaiser, Laurenz,

schon alles schlüssig, aber angesichts des "gärigen Haufens" (Gauland) und der Tatsache, dass die AfD durchaus amorph ist (wird ja auch von @Laurenz treffend geschildert), ist doch eher die Frage, wie kann so ein Kurs zumindest teilweise zustande kommen, ohne dass es die AfD deswegen gleich zerreißt?

Mein Hinweis auf die "DNA" der AfD war nicht ohne Grund. Denn so "harmlos", wie beim Abgang von Lucke und seinen Getreuen wird es in diesem Fall nicht abgehen. Nicht umsonst habe ich oben angeraten, dass man sich auch ein bisschen an der alten CSU orientieren könnte. Die hat es früher in Bayern geschafft, dass sich auch das Kleinbürgertum, Handwerkerschaft und Teile der Arbeitnehmer wiederfinden konnten, obwohl es natürlich im Grunde eine Partei der "Großkopferten" war.

Imagine

23. Mai 2019 15:12

Der Artikel ist eine sehr gute Darstellung der politischen Konstellation.

Allerdings könnte man darüber diskutieren, ob es sich wirklich bei dem von Gabriel formulierten Kurswechsel um einen „Rechtsruck“ handelt.

Denn historisch war es immer die Position der SPD, wie von Brandt formuliert: „Wir müssen zunächst an unsere eigenen Landleute denken“.
https://www.youtube.com/watch?v=gYs0hb04HZw

Von Schmidt kam eine klare Kritik an der Einwanderung von Menschen aus fremden Kulturen:
https://www.youtube.com/watch?v=a6nWNcXzMjY
und
https://www.youtube.com/watch?v=sj2iG3gOolw

Zudem wies Schmidt auf die drohende Katastrophe durch Überbevölkerung hin:
https://www.youtube.com/watch?v=deIy4P7_SEI

Sozialdemokratische Politik war bis zur „transatlantischen Wende“ national und sozial. Sie entsprach dem Konzept des „nationalen Sozialismus“ von Friedrich Naumann: sozialistisch nach innen und liberal im Sinne von internationaler Konkurrenz nach außen.

Innenpolitisch verstand sich die SPD – spätestens ab 1914 - als reformorientierte „Partei der Arbeit“, deren politisches Ziel war, eine gesellschaftliche Entwicklung für mehr Wohlstand für alle auf Basis von nationalen Klassenkompromissen zu erreichen.

In der historischen Retrospektive wird deutlich, dass die alte SPD immer eine patriotische Politik verfolgt hat, angefangen mit der Bewilligung der Kriegskredite, die Burgfriedenspolitik, die Niederschlagung der deutschen Revolution 1918/19 bis hin zum „Modell Deutschland“ zur Zeit der Regierungen von Brandt und Schmidt.

Selbstverständlich ging es den echten Linken auch immer darum, die einheimische Arbeitsbevölkerung vor Lohndumping durch den Import von ausländischen Arbeitskräften zu schützen.

Die sozialistischen Jusos der 70-er Jahre kannten die Theorie der „industriellen Reservearmee“ und waren in dieser Zeit ganz entschieden gegen die Anwerbung von „Gastarbeitern“ aus der Türkei.

Die politische Neuorientierung, welche Gabriel formuliert, ist m.E. kein „Rechtsruck“, sondern wäre eine Rückkehr zur traditionellen sozialdemokratischen Politik. Vorausgesetzt, der Kurswechsel wäre ernst gemeint, wovon man bei dieser Betrüger- und Verräterpartei nicht ausgehen kann.

Diese SPD-Politik bis Ende der Kanzlerschaft von Schmidt unterschied sich von der CDU/CSU-Politik darin, dass letztere ideologisch immer mehr auf die „Mitte“ orientiert war, während die SPD-Politik ideologisch auf den „kleinen Mann“ ausgerichtet war. Die SPD-Politik – wie auch die Gewerkschaftspolitik – war mehr an der Förderung des Großkapitals orientiert.

Das mag auf den ersten Blick wie ein Widerspruch aussehen, aber in der Realität war es tatsächlich so, dass es den Lohnarbeitern im großindustriellen Bereich (z.B. Automobilindustrie, Energieunternehmen etc.) besser ging als in mittelständischen Unternehmen.

Linke Politik und Patriotismus schließen sich nicht aus – im Gegenteil, sie gehören zusammen. Aber dies scheinen die meisten der heutigen, gehirngewaschen Linken nicht (mehr) zu begreifen.

Man kann für Ordnung und Wohlstand im eigenen Haus sein und zugleich gegen die kriegerische Politik des US-Imperialismus und gegen die Ausbeutung der Dritten Welt sowie für eine Entwicklungshilfe-Politik, die diesen Namen verdient.

Patrioten mit rationaler Gemeinwohlorientierung sind gegen die Massenimmigration, insbesondere von kulturfremden Menschen, und zugleich sind sie entschiedene Gegner der illegalen Kriege und der Raubökonomie des US-NATO-Imperialismus und für echte Entwicklungspolitik. Echte Patrioten sind daher Anti-Kapitalisten und für einen Systemwandel hin zu einer staatlich organisierten Gemeinwirtschaft.

In der historisch erreichten Epoche von Überflussproduktion und Überflussgesellschaft herrscht kein Mangel mehr und es gibt daher keinen rationalen Grund, der eine feindliche Konkurrenz mit anderen Nationen erfordert.

„Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier.“ (Mahatma Ghandi)

Laurenz

23. Mai 2019 15:54

@RMH ... wie gesagt, der etablierte Machterhalt in den Parlamenten ist oft ein besseres Argument als bei der FDP nicht zum Zuge zu kommen. Transatlantiker, wie der Berliner AfD-Chef, Herr Pazderski, befürworten die Einnahme einer FDP-Position der Bonner Republik, deswegen wurde Er ja auch nicht Co-Chef der Bundes-AfD neben Herrn Meuthen. Aber auch die Berliner - oder NRW-AfD-Granden sind nicht wirklich Vollidioten. Selbst diese Leute werden erkennen, daß eine Abkehr von patriotisch sozialer Politik einen Stimmenverlust bei den Enttäuschten verursachen -, und keinen Macht- und Stimmenzuwachs gegenüber denselben Trompetenbläsern (FDP oder Mittelstandsvereinigung der CDU) anderer Parteien bringen wird. Auch eine programmierte Koalitionsfähigkeit mit FDP und CDU, wird nicht unbedingt eine parlamentarische Mehrheit bringen, weil hier weniger die politische Auseinandersetzung eine Rolle spielt, sondern die jeweilige Anzahl Staats-gesponsorter Jobs, und da ist jeder Sitz für die anderen schmerzlich. Daher sind für den bisherigen Erfolg seit 2013 die "unfeinen" Patrioten in der AfD verantwortlich. Die Liberalen dürfen als Trittbrettfahrer mitfahren. Und der patriotische Flügel akzeptiert die Liberalen, mangels Masse.
Der wohl korrupte Franz-Josef Strauß baute Bayern, anfangs mit Mitteln aus dem Länderfinanzausgleich, auf. Er schaffte es, Industrie und Technologie anzuwerben. Und in der Infrastruktur der Ämter sorgte er für funktionale Ordnung. Auch in der Bildungspolitik sorgte er langfristig dafür, daß Bayern vorne lag, was ein wichtiges Argument für Großunternehmen ist. Seine Nachfolger kannten Herrn Strauß alle persönlich und hatten zumindest teilweise gelernt, wie es funktioniert, auch wenn sie bei seiner Intelligenz nicht mithalten konnten. Insofern war Franz-Josef I, der größte bisherige Bayern-König überhaupt.
Sie, RMH, können auch gerne aufs III. Reich oder Ludwig Erhard blicken, und dann erkennen Sie leicht den Spagat zwischen der Förderung von Unternehmen und sozialer Politik. Geo-politisch ist der Verlust der Währungshoheit auch in Bayern nicht auszugleichen, ebenso wie die von @Apostat indirekt angesprochene Freizügigkeit im Personenverkehr. Das weiß Herr Seehofer, aber den Konflikt mit Berlin hatte er mehrmals verloren, im Prinzip, weil er in der CSU selbst keine Mehrheit für eine Trennung von der CDU fand. Denn dann wäre es auch wohl aus mit der stärksten politischen Kraft in Bayern. Herr Söder, wie auch Herr Weber, sind glücklicherweise wesentlich blöder als Herr Strauß. Trotz der permanenten Anfeindungen gegen die AfD, bekam letztere in Bayern 10%. Auch aus dieser Klatsche heraus haben beide, Marketing-strategisch, nichts gelernt, und verstoßen weiterhin gegen die Strauß-Doktrin, ein fundamentaler Fehler.
Da Sie, RMH, eine Persepektive im letzten Beitrag suchen, kann diese nur im sozialen Patriotismus liegen, denn wo will man sonst Stimmenzuwachs erzielen? Bei den 195 Milliardären in Deutschland? Wie Sie Selbst nur zu genau wissen, werden unsere EUdSSR-Befürworter die Karre weiter an die Wand fahren. Von daher braucht die AfD nur ihre Programmatik weiter auszubauen, den Medienauftritt professionalisieren, und abwarten.

Imagine

23. Mai 2019 16:25

@RMH 23. Mai 2019 14:57
„Nicht umsonst habe ich oben angeraten, dass man sich auch ein bisschen an der alten CSU orientieren könnte. Die hat es früher in Bayern geschafft, dass sich auch das Kleinbürgertum, Handwerkerschaft und Teile der Arbeitnehmer wiederfinden konnten, obwohl es natürlich im Grunde eine Partei der "Großkopferten" war.“

Das erinnert mich an den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 1974 in Kassel. Ein Referent berichtete damals über die Situation in Bayern. Zur Überraschung der meisten Teilnehmer zeigte er auf, dass die CSU viel sozialer, arbeiterfreundlicher und fortschrittlicher war – also „linker“ - als die bayrische SPD, die mehr die Interessen eines bornierten Kleinbürgertums vertrat.

Aber dies war die Situation vor 45 Jahren. Die heutige CSU ist eine andere.

Die AfD wird vor allem die Partei der deklassierten sowie der von Abstieg und Prekarisierung bedrohten Mittelschichtsangehörigen werden, ähnlich in der soziologischen Zusammensetzung wie damals die NSDAP.

Ein ähnliches soziales Phänomen gab es historisch bei der Entwicklung des sog. „Lumpenproletariats“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lumpenproletariat

In allen Parteien wollen viele mittels einer Parteikarriere aufsteigen bzw. wieder nach oben kommen. Die AfD bietet als neue, schnell wachsende Partei dazu gute Chancen. Als ein typisches Beispiel: die Bankrotteurin Petry.

Charakteristisch waren auch die Prozesse bei den Grünen, wo damals im bürgerlichen Leben gescheiterte Ex-Linke in die Partei gingen und als „Realos“ übernahmen und die Partei für ihren eignen Aufstieg instrumentalisierten. Zugleich zerstörten sie vollständig das ursprüngliche Parteiprogramm von 1980 mit den Zielen „ökologisch, sozial, basisdemokratisch und gewaltfrei“.

Die Zahl der prekarisierten Akademiker aus geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen ohne reale Aufstiegschancen wird zunehmen. Daraus rekrutiert sich ein großer Teil der staatlich oder halbstaatlich alimentierten, in Vereinen, NGOs etc. im „Kampf gegen Rechts“ Beschäftigten.

Interessant ist auch die Finanzierung über Bußgelder, wie folgender Fall zeigt:
„ ‚Meine Ehre heißt Treue.‘ Dieses Motto hatte sich eine 21-jährige Brunsbüttelerin als Aufkleber im Großformat auf die Heckscheibe ihres Kleinwagens geklebt. … Jetzt musste sich die Frau wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen vor Gericht verantworten.“
https://www.shz.de/108939

Das Verfahren wurde gegen 300 Euro Geldauflage eingestellt.

Wohin ging das Geld?

Die Geldauflage war zahlbar an die Amadeu Antonio Stiftung gegen rechte Gewalt.

Vgl. dazu:
„Bußgelder und ihre fragwürdige Verteilung“
https://www.deutschlandfunkkultur.de/intransparenter-geldsegen-bussgelder-und-ihre-fragwuerdige.976.de.html?dram:article_id=365122

AlexSedlmayr

23. Mai 2019 16:48

Entscheidend ist ja auch, was man unter "Sozial" verstehen will, denn ich kann mich der Schröder-Formel nicht ganz verschließen zu sagen, dass sozial ist was Arbeit schafft. Letztlich das Klein- und Mittelbürgertum leiden nicht an zu geringer sozialer Umverteilung im Sinne traditioneller Verteilsysteme (auch wenn dessen mindere Ausstattung, die die Linke zurecht anprangert, eine schwere Drohkulisse bei drohender Arbeitslosigkeit ist). Die Sozialfrage dürfte also im umverteilenden Bereich die Renten und die Soziale Absicherung umfassen und wenn wir das noch mit einbeziehen, die prekären Wohlstandsbedingungen von Familien mit Kindern insbesondere mit mehr als einem Kind.

Für den Rest der Gesellschaft halte ich hingegen das liberale Potenzial der AfD durchaus von der Schlagrichtung her für richtig. Das Sozialproblem breiter Flächen der Bevölkerung ergibt sich aus einem Zusammenspiel von Lohnzurückhaltung, mangelnden Eigentumsaufbau (der so etwas wie Sicherheiten generiert, allein der hohe Mietenfaktor ist eine unmittelbare Umverteilung von ärmer zu reicher (und da ist das Problem überbevölkerter Ballungsräume, seien wir ehrlich das Mietenproblem rührt auch daher, dass der ländliche Raum verwaist, noch gar nicht einberechnet) und vor allem massen Kaufkraftverlusten durch reguläre Inflation und solcher die währungsbedingt ist, ebenso wie die Aufschläge auf jeden Preis der Steuern, Abgaben und damit nicht nur sinnvoll staatserhaltendes sondern pure Ideologie wie die Energiewende oder Staatspropaganda repräsentieren.

Wir brauchen also eine soziale Wirtschaftspolitik, hier könnten die Stärken der Liberalen und der Sozialen Flügel in der AfD zusammen wirken im besten Fall: Umzuverteilen gibt es ohnehin nur etwas, wenn die Wirtschaft gut läuft.

Oberste Pflicht einer Sozialpolitik ist es also die Wirtschaftsbasis flächig zu stärken (sich also nicht auf die Konzerne zu fokussieren, die dann auch die Steuern international eher umlaufen können als der Mittelstand) was einerseits bedeutet die Ansiedlung von Unternehmen gerade außerhalb der ballungsräume zu stärken (in SaAnh ist das soziale Hauptproblem immer noch, dass weite Teile des Landes deindustrialisiert sind (und damit nicht einmal mehr einem Dienstleistungssektor die nötige Basis gegeben ist, sodass die Leute entweder dauerhaft von niedrigen Sozialtransfers abhängig sind oder das Land in Richtung der Städte verlassen, die wiederum unter dieser Sozialdynamik eben auch leiden, weil selbst in Großstädten das Wirtschaftswachstum an produktiven Arbeitsplätzen nicht mit dem Bedarf mithalten kann.

Die AfD muss also auf Landesebene vor allem Investitionsbedingungen verbessern, wie dem Bau und der Instandhaltung von Straßen (insbesondere für den warentransport) und anderen Zuckerlis für Wirtschaftsstandortentscheidungen.

Desweiteren um die Kaufkraft der Bürger zu stärken (mehr im Säckel und ggf. Korrektur der Preise nach unten) durch Reformen an Steuern, Abgaben und vor allem Staatsausgaben (es gibt förderungswürdige Bereiche wie Geburtenpolitik) aber Flüchtlinge, Integration, Entwicklung und ideologische Erziehungsprogramme fressen eine unglaubliche Menge an Geldern, die man sinnvoller verwenden oder dem Bürger zurückgeben kann um dessen soziale Lage zu verbessern. Und natürlich muss alles einer genauen Evaluation der Mittelverwendung unterworfen werden. Geburtenförderung soll Geburten fördern und wenn Maßnahmen nicht greifen (wie eine studie des Familienministeriums, die im giftschrank verschwand, vor einigen Jahren feststellte) dann muss man sie streichen und durch wirksamere Maßnahmen ersetzen. Ebenso müsste es bei der Energiepolitik ausschauen.

Das Geld ist da, es wurde auch in Deutschland erwirtschaft, es wird den Bürgern über Gebühr abgepresst und fließt dann auch noch in die falsche Kanäle, die ihm nicht einmal mittelbar etwas zurückgeben.

Das wichtige an einem Sozialkonzept muss also sein, dass es von Anfang an integrativ ist und nicht mit falschen Prioritäten arbeitet. Priorisiert man zuerst Unternehmen, dann wirkt es so, als würde für den einfachen Mann nichts getan, tut es man andersherum, begibt man sich in den Ruf wirtschaftszerstörender Umverteilung: Sackgassen wie sie die Linke und die FDP seit Jahren präsentieren. Von Anfang an muss klar sein: Wir stärken die Wirtschaft, um letztlich Wohlstandsgewinne für die Menschen und nicht die Bosse rauszuschlagen. Wir machen den Staat effizienter, damit wir Wohlstandsgewinne der Gesellschaft an die einzelnen Bürger zurückgeben können, in dem wir Steuern maßvoll reduzieren.

Niekisch

23. Mai 2019 17:04

@ Imagine 23.5. 15:12: Hier stimme ich Ihnen voll und ganz zu. Erst wenn "Linke" und "Rechte" begreifen, daß es institutionalisierte soziale Gerechtigkeit nicht ohne Souveränität der Gemeinschaft und umgekehrt geben kann, dann wird es eine breite Bewegung gegen die Atomisierung der Völker und Nationen geben, die Aussicht auf Erfolg verspricht. Schon Ernst Niekisch betonte den "Zusammenhang, der zwischen den Aufgaben der nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes besteht" (Widerstand, 26,2)

Angesichts des schier unlösbaren Dilemmas des fehlenden Brückenschlages zwischen vernünftigen "rechten" und "linken" Gedanken grinsen sich bestimmte Leute das Gesicht schief.

Andreas Walter

23. Mai 2019 17:05

Genau so ist es:

"Sozial geht nur national“

Doch in der ersten Zeit, ist jetzt auch schon wieder ein paar Jahre her, wurden solche Kommentare von mir ausser auf einer einzigen Netzseite einfach nicht veröffentlicht oder manchmal dann trotzdem recht schnell wieder gelöscht (wegen dem vermeintlichen "Widerspruch", der jedoch auch konstruiert ist).

Die Chinesen haben es übrigens auch, sogar schon viel früher als ich verstanden, Trump ist damals kurz nach mir "erwacht" und Gabriel und Dänemark haben es eben erst jetzt, Italien auch erst vor kurzem verstanden. Immerhin.

(Kurzversion der folgenden Erklärung: Du kannst niemand vor dem Ertrinken retten, wenn du selbst am untergehen bist).

Wobei es tatsächlich eher technische, und nicht politische Aspekte sind, die diesen Weg förmlich erzwingen. So wie es darum ja auch keine Betriebe und Fabriken gibt, bei denen jeder einfach rein und raus spazieren kann wie er will, um ohne Angestellter zu sein mal zu arbeiten und morgen dann vielleicht auch wieder nicht.

Permanente Revolution ist eben eher etwas für Pubertierende und Verbrecher, oder für Gestörte und Berufsrevolutionäre, doch damit errichtet man keinen Staat, keine stabile Gesellschaft. Die ist aber unerlässlich, ebenso wie Sicherheit und soziale Gerechtigkeit, um überhaupt etwas auf die Beine zu stellen. Es ist das Gleiche wie der Übergang vom Jäger und Sammler zum Ackerbauer und später dann von einer Agrargesellschaft hin zur Stadtentwicklung und noch später dann zur Industriegesellschaft. Entwicklungsstufen (plus natürlich Energie), ohne die wir das alles was wir derzeit haben, auch die Armen, gar nicht hättet, einschliesslich der auch fast 8 Milliarden Menschen - die alle versorgt werden wollen, Wünsche und Träume haben. Ohne stabile Zentren, Nationen, Infrastruktur wäre das aber gar nicht möglich, auch nicht mal mehr eher schlecht als recht für Milliarden.

Die Zentren müssen daher geschützt werden, sonst kostet das buchstäblich Milliarden das Leben, nicht nur auch uns das Unsere. Aus dem Grund ist auch das Thema Energieversorgung so existenziell. Nicht nur für die Zentren selbst, sondern in Folge eben auch für alle Anderen, die an der Versorgungskette hängen bis nach Afrika. Zum Beispiel für billige Nahrungsmittel. Ohne uns würden in Afrika Millionen verhungern auch wenn immer noch viele glauben, wir wären das Problem und der Grund für die Armut und den Hunger in Afrika. Habe ich als junger Mensch auch mal geglaubt, gedacht, weil ich damals noch nicht genug wusste.

https://youtu.be/uDHTeDKcyOY

Gotlandfahrer

23. Mai 2019 17:29

Aus meiner Sicht ist es strukturell ausgeschlossen, dass Linke einen Rechtsruck unternehmen KÖNNEN. Progressivismus, also der mit oberflächlichem Lebenssinn maskierte Bereicherungsimpuls des Linken an sich, basiert axiomatisch auf der Erstrebung zusätzlichen Abschliffs des Seienden.

Seine zivilisatorische Berechtigung bezieht das Linke – wenn überhaupt – aus dem Ringen der sich so gegenseitig korrigierenden, blinden Kräfte, die die Populationen treiben. Ist dieses Ringen aus dem Gleichgewicht, und die Situation liegt vor, kann selbst die Sozialdemokratie ihre eigenen Voraussetzungen genauso wenig - auch nur partiell - negieren wie ein Rechtsstaat seine Voraussetzungen selber schaffen kann.

Gabriel & Co mögen bemerken, dass das Ungleichgewicht einen Rutsch vormals gegenüberliegender, „bürgerlicher“ Gewichte auf ihre Positionen bewirkt hat, der sich längst zu Ungunsten der Urmutter der Linken auswirkt. Und sie mögen formal logisch darauf schließen, dass ein Wendungsbeitrag zur Stabilisierung des Ganzen doch honoriert werden müsste. Doch Sie werden ihre im überbesetzten Sturz zu zerschellen drohende Waagschale nicht verlassen können, denn sie müssten durch den Absprung die linke Schale kräftig ab- und weiter in deren Sturzrichtung stoßen, ohne dadurch auf der anderen Seite jemals ankommen zu können.

»Die Linke«, so liest man in einem Gespräch zwischen Jakob Augstein und Nikolaus Blome, »muss höllisch aufpassen, dass die Neue Rechte und die AfD nicht ihre Erzählung kapern, Anwalt der kleinen Leute zu sein. Die SPD hat das exemplarisch verschlafen.«

Da wurde gar nix verschlafen. Wer von den Linken glaubt, es wäre überhaupt möglich, dass eine „linke Erzählung“ auf Dauer auch nur „unter ferner liefen“ noch die Interessen „kleiner Leute“ mit umfasst, hat seine eigene Erzählung überhaupt nicht verstanden. Die „kleinen Leute“ sind - folgerichtig zum Ausgangspunkt der Erzählung - stets dann mit die „bösen Leute“, wenn es irgendwo noch kleinere Leute gibt.

Das Linke ist ein Überbietungswettbewerb der durch die glänzendste Rechtfertigung um Beauftragung buhlendnr Plünderungsmakler.

Im Kern ist das Linke am Ende immer asozial, niemals sozial, niemals solidarisch, denn das Solidarische an ihr liegt nur in Form der vorgeblichen Rechtfertigung vor. Diese muss im Wettbewerb aber stets gesteigert werden und kann damit gar kein soziales Optimum oder auch nur Gleichgewicht herbeiführen. Das Linke zerstört und muss zerstören, und das ist gerade für die allerkleinsten Leute im Ergebnis asozial.

Also, ob nun neo-liberal oder stramm sozial: Die AfD und/oder sonstige Rechte wird vom Strampeln in der linken Waagschale immer profitieren. Vom Nichtstrampeln ebenfalls. Ob es was nützt, werden wir sehen.

Martin Heinrich

23. Mai 2019 20:45

Nehmen wir an, dass die SPD nach der nächsten Bundestagswahl in die Opposition kommt, weil es eine schwarz-grüne Regierung gibt.
Wird die SPD wirklich als glaubwürdig empfunden werden, wenn sie sich unter Schröder und Hartz dem Turbokapitalismus, unter Merkel dem Multikulturalismus angedient hat, um dann in der Opposition bei einem nationalen Sozialdemokratismus zu landen? So viele Häutungen nimmt der SPD doch kein Mensch mehr ab. Die SPD wird sich weiter marginalisieren. Die Linken wählen LINKE, die Nationalen AfD, die EU-Sozialisten wählen GRÜNE und Merkel/Krampkarrenbauer. Dazwischen bleibt für die SPD nichts mehr ...

Laurenz

23. Mai 2019 22:38

@AlexSedlmayr .... sozial bedeutet, wie auch schon Herr Tietmeyer bemerkte, in erster Linie eine stabile werthaltige Währung mit einer weitestgehend begrenzten Inflation, da, laut Herrn Tietmeyer, die meisten Arbeitnehmer nur ihr Einkommen, und sonst keine Einkünfte hätten. Sozial bedeutet weiterhin, nicht, wie im wesentlichen die SPD-Kanzler, die Sozial-Kassen und Pflicht-Krankenversicherten zu berauben. Da schlägt der Parteiname der SPD dem Faß, ganz asozial, den Boden aus. Es hat nie einen größeren Verräter am Volk gegeben.
Von daher unterliegt auch eine gewisse Rührseligkeit mancher Foristen, auch bezüglich der historischen SPD, einer gestörten Wahrnehmung.

@Andreas Walter ... Zitat- Permanente Revolution ist eben eher etwas für Pubertierende und Verbrecher, oder für Gestörte und Berufsrevolutionäre, doch damit errichtet man keinen Staat, keine stabile Gesellschaft. -Zitatende... ähnliches sagte man auch schon alten Rom über Christen.
Daß Multi-Krimi und sozial schon immer einen inneren Widerspruch darstellten, mag bei manchen in Vergessenheit geraten sein, aber in der Regel wissen das auch Marxisten, es interessiert sie nur nicht.

@Gotlandfahrer ... Sie haben das schön in Worte gefaßt. Aber es steht zu vermuten, daß der Niedergang der SPD ursächlich in der digitalen Revolution liegt. Der Informationsfluß außerhalb der Block-Medien ist mittlerweile so groß, daß die bereits panische, aktuell ins Lächerliche gehende Propaganda nur noch arg bedingt wirkt. Das Netz vergißt weniger als das Volk früher ohne Netz. Die Profiteure der früheren SPD-Politik sehen ihre Pfründe wohl bei den Grünen in besseren Händen.

@Martin Heinrich .... die Wahrscheinlichkeit einer schwarz-grünen Regierung ist nicht sehr groß. Da die Linke und die AfD ausgeschlossen sind, würde sich die FDP eine Beteiligung der nötigen 3er-Koalition teuer bezahlen lassen, und ob eine Frau Krampf-Karrenbauer den bezahlen möchte, bleibt zweifelhaft. Wahrscheinlicher bleibt eine schwarz-rot(SPD)-grüne Regierung. Denn auch für Rot-Rot-Grün wird es 2021 nicht reichen.

@Niekisch ... ich sehe kein Dilemma oder wenn, nur eines für die Linke.

Klaus

24. Mai 2019 00:21

Die SPD wird diese Wende niemals schaffen, dazu muss man sich nur die Nachrücker ansehen.

Die Jusos sind durch die Bank antideutsch bis ins Mark, das zeigen auch die wirklich zahlreichen Verbindung zu den "Seenotrettern" im Mittelmeer, aktive Teilnahme an Einsätzen ist hier bei den Führungskadern eher die Regel statt die Ausnahme.

BTW: Die SPD ist wirklich nur noch ein Zombie und verdient keine Beachtung mehr, davon konnte ich mich vor weigen Tagen beim Barley Auftritt in einer grossen Stadt in NRW selbst überzeugen. Im Einzugsbereich dieser Stadt dürften immer noch 5000 Mensche mit SPD Parteibuch leben. Vor der Bühne standen vielleicht 50 Menschen!

In dieser Partei ist nichts mehr, was noch lebt!

Niekisch

24. Mai 2019 09:06

@ Andreas Walter 23.5. 17:05: die heutige feindschaftliche Unvereinbarkeit "rechten" und "linken" Denkens ist m.E. historisch bedingt und beginnt schon unter Bismarck, als die "Sozialistengesetze" zum Ausschluß linkssozialistischen Denkens und Handelns aus der Staatlichkeit dienten. Dann machte die Staatstreue der Mehrheitssozialdemokratie im ersten Weltkrieg einen tiefen Graben zwischen der Linken insgesamt auf, anschließend wiederum die Tatsache, daß Ebert/Scheidemann die an der Sowjetunion orientierte Extremlinke mit Hilfe der Reichswehr und erzreaktionärer Kreise zusammenschlugen, die deutsche Republik unter Verfassungsbruch statt einer Sowjetrepublik schufen bzw. erschlichen. Die Nationalsozialisten verstärkten die Kommunistenfurcht noch, indem sie Bolschewismus und Judentum miteinander verbindend das Schreckgespenst einer asiatischen Gefahr heraufbeschworen. Das setzte sich nach der Niederlage 1945 fort, als Deutschland plötzlich Hilfswilliger des Westens gegen den bösen Osten - vorher Verbündeter der USA-zu sein hatte. Frühere Überschneidungen zwischen "rechts" und "links", sogar Vermischungen und Diskursbereitschaft waren damit endgültig obsolet. Es ist im Schnellgang verkürzt dargestellt, soll auch nur anreißen, wie es zur heutigen absoluten Feindschaft kam. Jetzt gibt es nur noch die Gegnerschaft zwischen allen Kräften, die jegliches naturaffine Traditionale - Ethnie - Nation - Religion- aus ideologischen Gründen mit dem Ziel von Weltmoral - atomisierten Ethnien-Weltstaat- bis aufs Messer bekämpfen und Leuten wie unsereinem, die seelisch frei Gold im Schmelztiegel aus dem Pool a l l e r Tatsachen und Ideen legieren wollen. Wer hindert uns? W i r müssen beginnen und ein Beispiel geben.

Niekisch

24. Mai 2019 09:27

"...ich sehe kein Dilemma oder wenn, nur eines für die Linke"

@ Laurenz 23.5. 22:38: Ja, weil sie sich in den letzten Jahrzehnten durch Wegfall von Sowjetunion und DDR als Verbündete und Etappe zunehmend auf bloßen "Antifaschismus" verlegt hat. Außerdem war sie durch das Forcieren des reinen Konsumdenkens und eines hedonistischen Lebensstils an jeder Werbewirksamkeit mit ihren ursprünglichen Ideen gehindert. Der wichtigste Gesichtspunkt ist allerdings die mediale totale Herrschaft des westlich- globalistischen, alle Werte auflösenden Internationalismus der großen Finanzkonglomerate. Diese haben damals den Sowjetkommunismus mitbegründet und mitfinanziert, sich seines später wieder entledigt und spielen jetzt selber die Superinternationalisten. Was bleibt der "Linken" da noch? Der Sandkastenkampf gegen jedes vom Sand gebräunte Kinderfingerchen, das als nazistisch zu identifizieren ist. Warten wir ab, was passiert, wenn die "Linke" Schritt für Schritt oder urplötzlich mit einem Feind konfrontiert ist, gegen den jeder "Rechte" wie ein Waisenknabe erscheint. Schon mehrfach in der deutschen Geschichte haben auch auf der "Linken" Schwenkbewegungen stattgefunden. Das kann auch morgen wieder passieren. Einstweilen schmieden wir unser eigenes Konzept, holen uns unsere Werkzeuge aus j e d er Kiste, versuchen den Internationalisten jeglicher Couleur brauchbare Begriffe wegzunehmen, zu anderen Gegenbegriffe zu finden, unsere eigenen Begriffe an die Zeiterfordernisse vorurteilsfrei anzupassen.

Imagine

24. Mai 2019 11:12

Am Beispiel von Gabriel kann man beobachten, wie sich Parteipolitik pervertiert hat, und zwar generell, nicht nur in der SPD.

Von Anfang bis Mitte der 70-er Jahre war ich selbst Mitglied der SPD. Damals war völlig klar, dass die SPD eine Politik für ihre Klientel, also für die kleinen Leute macht.

Die Unterschiede zu heute kann man m.E. sehr gut in den von mir verlinkten Vidos sehen. Es gibt heute keinen Staatsmann mehr wie es Schmidt war.

Die damalige SPD war keine marxistische Klassenkampfpartei, die eine neue – eine sozialistische – Gesellschaft anstrebte, sondern eine Systempartei, welche die soziale Lage ihrer Klientel durch – soziologisch gesprochen - Klassenkompromisse verbessern wollte. Die SPD war – wie es die Jusos bezeichneten – eine systemintegrierte und systemintegrierende Partei.

Sie förderte das Wirtschaftswachstum – also die Unernehmensgewinne – insbesondere der Großunternehmen -, um so Verteilungsspielraum für ihre Klientel zu gewinnen. Man kann es als „Pferdeäpfel-Politik“ bezeichnen. Um Pferdeäpfel verteilen zu können, muss man das Pferd – die Unternehmen - zunächst gut füttern.

Hingegen wurde von den damaligen Linken in der SPD die Systemfrage gestellt. Damals jedoch aussichtslos, denn den Menschen ging es gut und sie identifizierten sich mit dem System. Das ist heute anders. Die größte Partei ist heute die Partei der Nichtwähler.

Spätestens seit „New Labour“ – also der neo-liberalen Wende mit Schröder als Kanzler 1998 - spielen in der SPD die Interessen und Bedürfnisse ihrer Klientel eine völlig untergeordnete Rolle. Die Mitglieder und Wähler werden als mit Werbeagenturen zu manipulierendes Stimmvieh angesehen, es geht für die Parteifunktionäre primär um ihre eigene Karriere, also um Macht und Pfründe.

Genau so ein Typ ist auch Gabriel, mache können sich noch an die Korruptionssache mit VW erinnern. Ihm geht es nur um Wählerstimmen, damit sein Polit-Unternehmen – die SPD – nicht absäuft. Denn ohne den Erfolg ihrer Partei sind diese Berufspolitiker nichts. Ohne Einkommen aus der Berufspolitik müsste Gabriel als Lehrer arbeiten und wäre selbst ein „kleiner Mann“.

Daher will er mit einem ideologischen Kurswechsel in Richtung nationaler Orientierung jetzt Stimmen fangen. Aber der politische Kurs wird sich nicht ändern, denn den bestimmen andere, nämlich die wirklichen Inhaber der Macht hinter den demokratischen Kulissen.

Heute ist die gesamte Parteipolitik korrumpiert - durch die Medien, durch Lobbyismus, durch Parteispenden, Vortragshonorare usw. usf. Die eigene Klientel wird nur als Stimmvieh behandelt. Es geht nur darum, wie man die Menschen mit Polit-Marketing dazu bringen kann, für ihre Partei zu stimmen.

Die SPD hat weit über die Hälfte ihrer Mitglieder verloren und ist – trotz DDR-Beitritt – auf dem niedrigsten Mitgliedsstand ever.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e6/SPD_Mitgliederentwicklung.svg/1280px-SPD_Mitgliederentwicklung.svg.png

In allen anderen Parteien ist das Verhalten der Berufspolitiker genauso. Die eigene Karriere geht vor alles. Dazu ist man bereit – wie im Fall Strache – zu Korruption und Begünstigung oder Mitstreiter – wie die IB – zu verraten.

Ins Amt gekommen, macht man dann eine Günstlingspolitik und ignoriert Recht und Verfassung sowie das Gemeinwohl.

Der Übergang der Kanzlerschaft von Schmidt zu Kohl markiert die historische Wende. Schmidt hat sich noch als erster Angestellter des Unternehmens Bundesrepublik verstanden. Kohl hingegen regierte wie ein selbstsüchtiger König und betrieb Günstlingspolitik.

Seit dieser Zeit wirtschaftet man auch in der Kommunalpolitik skrupellos in die eigene Tasche. Korruptions- und Baulandskandale wurden zu Normalität. Das Rechtsbewusstsein und das Gemeinwohldenken verfaulten immer mehr.

Ein ehemaliger Richter beim Bayerischen Obersten Landesgericht und Staatsanwalt für Wirtschaftssachen machte große Karriere als Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz und als Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung und wurde zu einem mit internationalem Haftbefehl gesuchten Kriminellen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig-Holger_Pfahls

Es ist ein Beispiel für den moralischen Verfall dieser Gesellschaft.

Gegen die herrschende Politik haben zunächst die die Linken versucht, eine Gegenpolitik mit „Politik der Straße“ zu machen. Allerdings völlig erfolglos. Heraus kam nur Symbolpolitik mit unterhaltsamem Aktionismus sowie Musikkonsum wie „Rock gegen Rechts“. Es entstand dieser politische Schwindel und Schrott mit „Kulturpolitik“.

Die Rechten haben später die Aktionsformen der Linken und Grünen kopiert und ihrerseits nun Symbolpolitik mit unterhaltsamen Aktionismus gemacht. Natürlich auch ohne wirkliche gesellschaftspolitische Effekte, aber dies wollen sie bislang noch nicht wahrhaben.

Nun haben die Rechten eine eigene Partei, ein Sammelsurium höchst unterschiedlicher und sogar widersprüchlicher Vorstellungen und Ziele. Aber für die Anhängerschaft ist es das Wichtigste, dass man hat eine eigene Partei und damit eine kollektive Identität hat.

Das Ganze erinnert psychologisch an Fußball-Fans mit ihrem Fan-Leben. Die identifizieren sich mit einem bestimmten Verein und ihr Gefühlszustand wechselt mit dem jeweiligen Tabellenplatz. Sie prügeln sich mit Fans von anderen Vereinen.

Rational ist das Ganze nicht. Für das Alltagsleben ist es doch völlig irrelevant, ob Bayern München oder Borussia Dortmund deutscher Meister sind oder wer absteigt. Aber eben nicht für die Psyche dieser Fußballfans.

Jedem kritisch und rational denkendem Menschen ist klar, dass – egal welche politische Partei man wählt – der politische Kurs sich allerhöchsten kosmetisch ändern wird und dass Wahlen Verarschung sind. Intelligente Menschen machen daher diesen Politzirkus nicht mehr mit und ignorieren das Wahltheater und gehen nicht wählen.

Rationale Oppositionspolitik sieht anders aus als dieser Kinderkram mit symbolischen Aktionismus und dem Glauben an Parteipolitik.

Laurenz

24. Mai 2019 11:19

@Niekisch ... Sie haben im letzten Beitrag Ihre, meine (vermutlich auch die vieler anderer) Sicht der Dinge explizit ausgedrückt.
Eigentlich sollte sich Politik bezüglich jeder Sachlage mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten ausdrücken. Dazu langt es aber immer weniger. Die Debatten werden immer kollektiv persönlicher.
Von daher stünde es uns und auch einer ähnlich orientierten Partei gut an, öfters Lösungen für Sachthemen anzubieten. Zumindest ein Teil der Bevölkerung hat schlicht die Nase voll, natürlich auch aus Betroffenheit.
Gerade in ökologischen Fragen versagten die deutschen Parteien und Politiker komplett. Die Schweiz liegt in der Verstromung und Vergleisung der Frachtwege europaweit vorne, auch per Volksabstimmung. Das ist eines der besten Argumente gegen die rein parlamentarische Demokratie und für mehr Bürgerbeteiligung. Das ist nur ein Beispiel, um meine Position verständlich zu machen.

Daß hier die SPD keine Lösungen findet, um den offensichtlichen Niedergang aufzuhalten, ist interessant, erscheint das Phänomen doch sehr bürgerlich. Die übrig Gebliebenen streben immer weiter nach Besitzstandswahrung, solange noch etwas da ist. "Irgendwer wird uns noch wählen". Eine Lösung für die aSozialdemokratie wäre es natürlich, alle aSozis treten den aGrünen bei.

Apostat

24. Mai 2019 12:51

@ RMH
"Ich sehe übrigens die AfD nicht in der Rolle einer national-sozialdemokratischen Partei. Die AfD ist eine neue Form der CSU und konservativer CDU, vermengt mit nationalliberalen und wirtschaftsliberalen (im positiven Sinne!) Kräften. Man kann diese vorhanden DNA der AfD nicht so ohne weiteres umkrempeln, auch wenn dies hier und anderenorts immer wieder quasi "retroviral" versucht wird."

Meine Zustimmung. Die AfD ist keine SPD 2.0. Sie muss sich aber entscheiden, ob sie den Arbeitnehmer nur als Protestwähler- mit den entsprechenden Risiken sieht, oder versucht, zumindest den wertkonservativ und national denkenden Teil der Arbeitnehmer dauerhaft zu binden.
Dieser Typ Arbeitnehmer ist bereit, ein eigenverantwortliches Leben zu führen und ohne Neid seinen Rang einzunehmen.
Und hier sollte die Sozialpolitik der AfD ansetzen. Nicht mehr Geld in das System pumpen, nicht umverteilen, sondern die Rahmenbedingungen neu bestimmen.
Drei Beispiele zur Konkretisierung :
1.Die Forderung nach mehr Kindern und befristete Arbeitsverhältnisse passen nicht zusammen.
2.Zeitautonomie
Aus meinem persönlichen Umfeld weiß ich, wie stressig das Leben eines Schichtarbeiters ist (Wochenendarbeit, Dienstpläne mit kurzer Vorlaufzeit, Überstunden, kurzfristiges Streichen arbeitsfreier Tage). Da wird Familienleben und Kindererziehung zu einer Herkulesaufgabe- von einem aktiven politischen Engagement ganz zu schweigen.
3. Der Arbeiter ist mehr als eine Human Resource.

Niekisch

24. Mai 2019 14:24

"Der Arbeiter ist mehr als eine Human Resource."

@ Apostat 12:51: Da muß ich noch einmal auf meinen Namensvetter und Mentor Ernst Niekisch zurückkommen. Er hielt den deutschen Arbeiter und damit auch den sog. kleinen Angestellten für einen verhinderten Bürger, mit einem Hang zum Bürgertum. Sein einziger Lebenszweck sei es geworden, sich so teuer wie möglich zu verkaufen, -wobei heute der Zeitfaktor und die Flexibilität hinzukommt-. In einer Gesellschaft, die von städtisch-bürgerlichen Wertvorstellungen geleitet ist, sei es nur natürlich, daß auch der Letzte (sic! das ist bei ihm sicher nicht abwertend gemeint, Niekisch) Anspruch auf bürgerlichen Komfort erhebt und -in diesem Fall- zum Spießbürger wird. Weil Niekisch die Sehnsüchte der deutschen Arbeiterschaft nur als Weiterführung liberaler, bürgerlicher Ideen sieht, kommt er gedanklich zwangsläufig dahin, daß der Arbeiter im spießbürgerlichen Abseits endet. ( Niekisch, "Entscheidung") Kommt hzeute nicht hinzu, daß der Arbeitnehmer auch im Politischen Abseits endet? Wer holt ihn heraus? Die AfD sicher nicht, weil sie selber im Bürgerlichen gefangen ist.

Imagine

24. Mai 2019 15:41

@Niekisch 24. Mai 2019 14:24
„Da muß ich noch einmal auf meinen Namensvetter und Mentor Ernst Niekisch zurückkommen. Er hielt den deutschen Arbeiter und damit auch den sog. kleinen Angestellten für einen verhinderten Bürger, mit einem Hang zum Bürgertum. Sein einziger Lebenszweck sei es geworden, sich so teuer wie möglich zu verkaufen, -wobei heute der Zeitfaktor und die Flexibilität hinzukommt-. In einer Gesellschaft, die von städtisch-bürgerlichen Wertvorstellungen geleitet ist, sei es nur natürlich, daß auch der Letzte (sic! das ist bei ihm sicher nicht abwertend gemeint, Niekisch) Anspruch auf bürgerlichen Komfort erhebt und -in diesem Fall- zum Spießbürger wird. Weil Niekisch die Sehnsüchte der deutschen Arbeiterschaft nur als Weiterführung liberaler, bürgerlicher Ideen sieht, kommt er gedanklich zwangsläufig dahin, daß der Arbeiter im spießbürgerlichen Abseits endet.“

Nein, die Arbeiter und Angestellten sind nie ins Bürgertum aufgestiegen. Zum einen, weil sie unfrei sind, und zwar ökonomisch wie auch geistig. Wenn es ihnen gelang, einen gewissen Wohlstand zu erreichen, so wurden sie zu Kleinbürgern. Aber ihr finanzielles Vermögen war nie so groß, dass sie nicht arbeiten mussten, und ihr geistiges Vermögen nicht ausreichend, um –so wie das Bildungsbürgertum - politisch Einfluss nehmen zu können.

Daher war die Arbeiterbewegung unfähig, die Gesellschaft umzugestalten. Die Marxsche Idee von der Arbeiterklasse als einem potentiellen revolutionären Subjekt war ein Irrtum.

Beim Bürger ist zu unterscheiden zwischen dem Wirtschaftsbürger, dem Bourgeois, und dem gebildeten und gemeinnützigen Staatsbürger, dem Citoyen.

„Der Citoyen … einer Ableitungsform von cité ‚Stadt‘, dies aus lateinisch civitas ‚Bürgerschaft‘, ‚Staat‘) bezeichnet den Bürger bzw. Staatsbürger, der in der Tradition und im Geist der Aufklärung aktiv und eigenverantwortlich am Gemeinwesen teilnimmt und dieses mitgestaltet.
Sein Selbstverständnis basiert historisch auf den Werten der Französischen Revolution von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.“ (Wikipedia)

Niekisch

24. Mai 2019 17:37

@ Imagine 15:41: Bitte nicht mehr auf meine Kommentare replizieren. Sie können nicht einmal den Inhalt richtig wiedergeben. Hier ist nur vom verhinderten Bürger, Hang zum Bürgertum, vom Spießbürger die Rede.

Laurenz

24. Mai 2019 17:44

@Imagine .... wenn Sie die dämliche Frog-Rebellion mal weglassen würden, könnten wir uns einig werden. Um die Arbeitszeit von Arbeitern verkürzen zu können, muß man die Freizügigkeit des Personenverkehrs abschaffen. Durch Verkürzung der Arbeitszeit steigert sich in der Regel die Produktivität in der Arbeitszeit. Um aber die kleinbürgerliche Gesellschaft anzuheben, brauchen Sie eine Idee, wie die neu erworbene Freizeit zur Anhebung genutzt werden kann, ohne daß sich das zu einem Pflichtbesuch in der Betriebs-Brigade entwickelt. Dort entwickelten sich bloß Gelegenheiten, die eine oder andere Kollegin flach zu legen. Auch nett, entspricht aber wohl nicht Ihren Vorstellungen, Imagine.

Niekisch

24. Mai 2019 17:55

"war ich selbst Mitglied der SPD."

@ Imagine 11:12: War das in Hamburg, wenn die Frage gestattet ist?

Imagine

24. Mai 2019 20:51

Warum sind viele Rechte anti-bürgerlich eingestellt?

In der 68-er-Zeit war auch ich „anti-bürgerlich“. Vieles, was ich an der Gesellschaft kritisierte, sah ich als „bürgerliche Schei…“ an.

Erst später begriff ich, dass diese Position Unsinn war, und zwar aus folgenden Gründen.

1. Die bürgerliche Gesellschaft und deren Hochkultur waren längst untergegangen. Gesellschaftlich hatte eine „Entbürgerlichung“ bzw. eine allgemeine „Verkleinbürgerlichung“ stattgefunden.

2. Die gesellschaftlichen Beschränktheit und die Zwänge, die ich als „bürgerliche Schei…“ ansah, resultierten in Wirklichkeit aus dem kapitalistischen System.

3. Der Bürger ist der freie Mensch, weder Herr noch Knecht. Niemals kann ein Lohnarbeiter ein freier Mensch sein, denn er ist gezwungen, fremdbestimmte Arbeit zu leisten.
Ein bürgerliches Individuum ist ein freier Mensch, der selbstbestimmt und kreativ sein Leben gestalten kann.
Ein Kapitalist mit arbeitsfreien Einkommen ist kein Bürger, sondern ein Rentier und Schmarotzer, so wie es der Adel war.
Freie Bürger sind Unternehmer, freiberufliche Menschen und Wissenschaftler, sofern die Universität ein Freiraum ist und einen herrschaftsfreien Diskurs zulässt.
Herrschaftsfreier Diskurs ist möglich, aber nur zwischen freien Menschen.

4. Der Kapitalismus zerstört, indem er alles den Zwängen der Kapitalverwertung unterwirft, das freie bürgerliche Individuum und damit den freien Menschen.

Nemesis

24. Mai 2019 23:08

@Imagine
"3. ..Freie Bürger sind Unternehmer...
4. Der Kapitalismus zerstört, indem er alles den Zwängen der Kapitalverwertung unterwirft, das freie bürgerliche Individuum und damit den freien Menschen."

Das scheint mir ein Widerspruch zu sein. Wenn freie Bürger Unternehmer sind, sind sie mithin Kapitalisten.
Ansonsten würde ihr Unternehmen nicht tragen. Weshalb sollten sie ins Risiko gehen?
Was genau meinen Sie mit Kapitalisten?
Kann es sein, daß Sie mit Kapitalisten eine besondere Form des Kapitalismus meinen?
Konzern-, Monopol-, Aktien- oder Staatskapitalismus?
Dann wäre aber an dieser Stelle genau zu unterscheiden.
Und genau zu benennen.

Laurenz

25. Mai 2019 00:04

@Imagine ... welcher Forist oder gar Redakteur auf SiN ist denn Ihrer Meinung nach denn nicht bürgerlich? Mit Verlaub, ich wüßte keinen.

Gustav

25. Mai 2019 09:31

Der sogenannte moralische Aspekt der Philosophie besteht einfach darin, Grundsätze aufzustellen, wie das allgemeine Wohl des Westens und seiner Menschen zu verteidigen wäre, um die gegenwärtig vorherrschenden egoistischen Ansprüche anmaßender Sonderinteressen zu überwinden samt ihrem geist- und seeletötenden Verzicht auf Wahrheit, Anständigkeit und elan vital - die kostbare moralische, politische und sozioökonomische Dreiheit, ohne die unser traditioneller Westen nichts ist. Man täusche sich nicht: Die Sonderinteressen wollen den Westen ein für allemal liquidieren- wie James Burnham zu seiner Verblüffung feststellte, als er die Besprechungen seines Werkes" Suicide of the West" (Der Selbstmord des Westens, New York 1964} in den Medien der USA las. Man erklärte Burnham, er habe mit seiner Behauptung recht, die vorherrschende Innen- und Außenpolitik der NATO-Staaten würde den Westen auslöschen, doch sei die schließliche Zerstörung des Westens nötig geworden als Opfer für das radikalhumanistisch-messianische Utopia einer vollkommenen Menschheit in einer geeinten Welt, das außerdem dazu bestimmt sei, den historischen Prozeß als solchen zu beenden.
(aus D.L. Hoggan, Das Blinde Jahrhundert)

Dies begriff Lenin sehr wohl: Dass einem Ideen allein nicht weiterhelfen, dass man keine Revolution machen kann, ohne Macht zu haben, dass in unserer Zeit die Hauptquelle der Macht das Geld ist und dass alle anderen Formen der Macht - Organisation, Waffen sowie Menschen, welche diese Waffen zum Töten benutzen können - vom Gelde abhängen.
Alexander Solschenizyn Lenin in Zürich

Es gibt keine proletarische Bewegung, auch keine kommunistische, die nicht im Dienste des Geldes, in der vom Geld vorgegebenen Richtung und während des ihr vom Gelde zugebilligten Zeitraums tätig wäre, und all dies, ohne dass die Idealisten in ihren Reihen auch nur die leiseste Ahnung davon hätten.
Oswald Spengler Der Untergang des Abendlandes

Niekisch

25. Mai 2019 10:52

@ Laurenz 00:04: Da melde ich mich freiwillig. Habe Jahrzehnte als Angestellter gut verdient, wegen des Streichkonzerts der Großkoalitionäre CDU/CSU/SPD bin ich jetzt im Ruhestand als gesetzlicher Rentner ohne Immobilie eine arme Sau. Wenn meine betriebliche Altersversorgung aufgebraucht ist, dann wird es ganz, ganz eng, reicht es nicht einmal mehr für einen Konzertbesuch. Trotzdem nimmt uns der Staat 5 x Krankenversicherung+ 10 Jahre lang Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung für die Direktversicherung ab. Ich klage dennoch nicht, sondern versuche jeden Tag diesem systemischen Verarmungssystem einen Nadelstich zu versetzen. Die Radikalität mit Worten nimmt zu.

Imagine

25. Mai 2019 11:09

@Nemesis 24. Mai 2019 23:08
„Das scheint mir ein Widerspruch zu sein. Wenn freie Bürger Unternehmer sind, sind sie mithin Kapitalisten.
Ansonsten würde ihr Unternehmen nicht tragen. Weshalb sollten sie ins Risiko gehen?
Was genau meinen Sie mit Kapitalisten?“

Der Unternehmer unternimmt etwas, er baut ein Unternehmen auf und hält es am Leben. Der Unternehmer leistet Arbeit und dafür steht ihm ein Unternehmerlohn zu.

Der Kapitalist lässt sein Kapital – sein Geld – „arbeiten“, aber Geld arbeitet nicht. Ein Kapitalist erzielt sein Einkommen ohne eigene Arbeit, durch Geldverleih (durch Kredit, Share-Holding, Vermietung, Verpachtung).
Typisch der Rentier bzw. Kuponabschneider.
https://de.wikipedia.org/wiki/Couponschneider

Der Unterschied zwischen dem Unternehmer und dem Kapitalisten wird ganz deutlich, wenn man das dazugehörige System betrachtet:
Kapitalisten gibt es nur im Kapitalismus, Unternehmer wird und muss es auch in nachkapitalistischen Gesellschaften geben.
In einer echten sozialistischen Gesellschaft würde man daher das Unternehmertum fördern. Unternehmertum ist keineswegs an Privateigentum an Unternehmen gebunden, sondern Unternehmertum kann auch in staatlichen oder gemeinwirtschaftlichen Bereichen stattfinden, so zum Beispiel im Bereich Forschung und Entwicklung.

Dass der Unternehmerlohn wesentlich höher sein muss, ergibt sich aus der individuellen Leistung und aus dem Beitrag für die Weiterentwicklung des Wohlstands der Gesellschaft.

Die Pejorisierung des Unternehmers auf Seiten der Linken ist nicht nur idiotisch, sondern geradezu anti-sozialistisch. Es zeigt auch, dass Sowjetkommunismus, der sich als „realer Sozialismus“ bezeichnete, kein Sozialismus war.

Rudi Dutschke meinte zum „reale Sozialismus“ der DDR:
„In der DDR war alles real, nur der Sozialismus nicht!“

Imagine

25. Mai 2019 11:26

@Laurenz 25. Mai 2019 00:04
„... welcher Forist oder gar Redakteur auf SiN ist denn Ihrer Meinung nach denn nicht bürgerlich? Mit Verlaub, ich wüßte keinen.“

Echte Bürgerlichkeit steht im Widerspruch zum System des Kapitalismus. Wer für den Kapitalismus ist, ist folglich nicht bürgerlich.

All die Linkenhasser hier sind nicht bürgerlich. Weil echte Bürgerlichkeit zum Ziel ein freies und gelingendes Gemeinschaftsleben hat. Dazu gehören Meinungsfreiheit und die Akzeptanz von Andersdenkenden. In einem Video hat Reinhold Oberlercher einem Rechtsfaschisten klarmachen müssen: „Auch Linke gehören zum Volk.“

Es ist anti-bürgerlich und anti-patriotisch einen Teil der Staatsnation als Feinde zu behandeln.

Wer von einem „linken tiefen Staat“ spricht, ist sicherlich nicht bürgerlich, denn das ist eine anti-wissenschaftliche gegen den politischen Gegner gerichtete Propaganda, die im Widerspruch zu den bürgerlichen Idealen von Wahrheit und Sachlichkeit steht.

Laurenz

25. Mai 2019 11:47

@Imagine ... das haben Sie gut beschrieben. Aber ich bitte Sie zu bedenken, daß Projekte wie NordStream enormen Kapitalbedarf bedingen. Das muß irgendwo herkommen. Ich sehe keinen Sinn darin, einfach nur jemanden das Kapital wegzunehmen, sondern eher die Investitionsvorschriften (z.B. eine längere Mindesthaltedauer von Aktien) zu verändern, und unterschiedliche Besteuerung, je nachdem, zu installieren. Das ist ähnlich dem Erbschaftsrecht, es macht keinem Sinn, einem erfolgreichen Unternehmer-Sohn das Unternehmen zu zerschlagen, wie das regelmäßig in den USA passiert, wo wir eine
zu hohe Erbschaftssteuer für Unternehmer und eine zu niedrige für Gewinne haben.

@Niekisch ... ja, unser Renten-, bzw. Pensionsrecht basiert auf einer üblen Mehrklassengesellschaft. Dort liegt einiges im Argen, wesentlich verursacht durch die aSPD, von der man schon Anfang der 70er erwartet hätte, daß sie es ändert. Mein Herr Vater wählte deswegen 1x Willy Brandt, da dann nichts passierte, eher das Gegenteil, also der übliche Verrat eintrat, die Sozen nie mehr. Sie haben Sich aber durch Ihre persönliche Situation in der Debatte ablenken lassen. In meinem Beitrag @Imagine meinte ich eher das Wesen, das Bewußtsein und die Bildung der Forumsteilnehmer und der SiN-Redakteure.

Gustav

25. Mai 2019 14:38

@ Imagine

Der Schlüssel zum Rätsel ist das Wort Kapitalismus. Die meisten Menschen glauben irrtümlich, dass dieses Wort nur eine Bedeutung hat; in Tat und Wahrheit birgt der Begriff im alltäglichen Gebrauch zwei Bedeutungen in sich, die so verschieden sind wie Tag und Nacht.

Der Kapitalismus in seinem ursprünglichen und korrekten Sinne bedeutet das Privateigentum an Gütern und Produktionsmitteln sowie den freien Wettbewerb bei der Versorgung mit Waren und Dienstleistungen. Der Superkapitalismus, der als in ganz wenigen Händen konzentrierter Finanzkapitalismus bezeichet werden kann, ist nicht nur grundverschieden vom Kapitalismus, sondern recht eigentlich dessen Antithese und nimmt früher oder später eine ausgeprägt antikapitalistische Natur an.
Es ist nämlich nicht möglich, Besitz und Kontrolle über Eigentum und Ressourcen immer mehr zu konzentrieren, ohne gleichzeitig die Zahl derjenigen, welche das Eigentum und die Ressourcen besitzen und kontrollieren, zu verringern. Dementsprechend kann es keine riesige Konzentration von Besitz und keine in den Händen einiger weniger liegende Kontrolle der Ressourcen geben, ohne dass der freie Wettbewerb behindert oder ganz abgewürgt wird.
Was wir im Westen seit langer Zeit erleben, ist die fortschreitende Degenerierung des Kapitalismus zu einer Form des Superkapitalismus - oder, konsequent formuliert, Antikapitalismus -, die, je weniger sie dem ursprünglichen Kapitalismus gleicht, desto auffallendere Ähnlichkeit mit dem Sozialismus oder Kommunismus aufzuweisen beginnt.
In den meisten Ländern der westlichen Welt, und insbesondere in den USA, ist vom Kapitalismus gerade noch genug übriggeblieben, um das Bild zu verwirren und den meisten Menschen die Einsicht zu erschweren, dass der Kapitalismus zusehends dem Superkapitalismus weicht. Anders gesagt, die Überreste des schwachen und dahinserbelnden Kapitalismus dienen einem allgewaltigen Antikapitalismus, der sowohl die Wirtschaft als auch die Politik beherrscht, als Tarnmäntelchen.

Moderne superkapitalistische Regime, wie das amerikanische und die kommunistischen, mögen wohl unterschiedliche Interessen haben und sich oft in den Haaren liegen, doch dies verblasst neben dem, was sie gemeinsam haben. Beide sind unerbittliche Widersacher des Nationalismus. Deshalb sind sowohl der Superkapitalismus als auch der Kommunismus ihrem Wesen nach revolutionär und Todfeinde aller politischen Systeme, die ihrem Wesen nach evolutionär sind.

Imagine

25. Mai 2019 14:41

@Niekisch 24. Mai 2019 17:55
„War das in Hamburg, wenn die Frage gestattet ist?“

Nein, in Hamburg wäre ich sicherlich nicht in die SPD eingetreten.

Die Zeit in der SPD und bei den Jusos war sehr lehrreich. Dadurch habe ich einen tiefen Einblick gewonnen, wie Parteien funktionieren und welche Typen (ganz) hoch kommen. Einige habe ich persönlich gekannt, u.a. einen späteren Bundeskanzler.

Parteien funktionieren völlig anders, als sich dies Otto Normalo vorstellt. Weil eine Wahl zu gewinnen und die Regierung zu stellen, überhaupt nicht bedeutet, über die tatsächliche Macht zu verfügen.

Die Chilenen habe diese Lektion lernen müssen, mit viel Blutvergießen, Folter und Mord.

Im Internet habe ich x-Mal den Satz gelesen: „Wenn Wahlen etwas verändern würden, dann wären sie längst verboten.“

Dieser Satz wird zwar papageienhaft repetiert, aber erreicht offensichtlich nicht die Großhirnrinde. Denn dieselben Leute gehen weiterhin wählen.

Laurenz

25. Mai 2019 17:31

@Imagine ... Sie definieren den Kapitalismus-Begriff falsch. Die elementare Frage ist eine politische.... kontrolliert die Politik die Wirtschaft oder umgekehrt. Sie kritisieren zurecht die bei uns übliche letztere Variante. Asiaten sehen Korruption im eigenen Selbstverständnis als legitim an, deswegen die harten Strafen für korrupte Beamte. Denn mit korrupten Beamten funktionierte zB in China die ausgeübte politische Kontrolle der Wirtschaft nicht. Aber hierin unterscheidet sich China von uns diametral.
Der Haß auf Linke, den Sie unterstellen, basiert, wenn, auf historischen Erfahrungen. Und die Linke hat sich mit "no borders" noch immer zur Weltrevolution bekannt, und sich nie davon distanziert. Denn nur die Weltrevolution garantiert keine konkurrierenden Wirtschaftssysteme mit dem folgenden Darben des Menschen. Es ist offensichtlich, daß die Linke nachwievor nach alter trotzkistischer Taktik versucht, Staaten, ja den Planeten zu destabilisieren, um die gesellschaftlichen Gegebenheiten zu schaffen, welche die Weltrevolution möglich machen. Dort saß die Linke schon immer mit dem Großkapital in einem Boot. Oder was meinen Sie, wer den bolschewistischen Gegenschlag der Roten Armee unter Trotzki finanzierte, als diese sich schon auf das Herzogtum Moskau zurückziehen mußte? Sie sehen, die Linke hat sich ein Heimrecht und die bürgerlichen Ehrenrechte eines Nationalstaats selbst entzogen. Vielmehr waren es die Bürgerlichen, auch die Anwesenden hier, also mehr die Alten, die es versäumten, die heute linke mediale Welt frühzeitig in die Schranken zu weisen. Das war auch schon vor 1933 so. Ihr eigenes Glaubensbekenntnis, Imagine, von einer linken Lebenswelt ist paradiesisch inhuman und damit eine Lebenslüge. Bürgerlichkeit bezieht sich auf die Herkunft, Bewußtsein und die Bildung, weder auf ein eingebildetes gesellschaftliches -, noch auf ein imaginäres politisches Konstrukt.

Nemesis

25. Mai 2019 23:40

@Gustav @Imagine
"Der Schlüssel zum Rätsel ist das Wort Kapitalismus. Die meisten Menschen glauben irrtümlich, dass dieses Wort nur eine Bedeutung hat; in Tat und Wahrheit birgt der Begriff im alltäglichen Gebrauch zwei Bedeutungen in sich, die so verschieden sind wie Tag und Nacht."

Das war genau der Grund meiner Nachfrage zur genaueren Begriffsdefinition des Begriffs Kapitalismus.
Ich vermutete, daß @Imagine hier auf so viel Widerstand stößt, da er, gemäß seiner Ausbildung (ich vermute Soziologie oder artverwandt) SEINE Definition als bekannt voraussetzt - was aber nicht zwangsläufig so sein muß und, wie die Praxis zeigt, auch nicht ist.
Ein Problem der Spezialisierung in den einzelnen Fachdisziplinen. Schon Whitehead hat um 1900 auf dieses Problem hingewiesen und prognostizierte, daß sich in einer hoch arbeitsteiligen Gesellschaft die Menschen einfach nicht mehr verständigen können, was seiner Ansicht nach in logischer Konsequenz zur Zerrüttung derselben führen wird.
Insofern müßte immer wieder geklärt werden, was der Einzelne unter diesen Begrifflichkeiten wirklich versteht; gerade und vor allem auch bei den scheinbaren Grundbegriffen.
Jedenfalls würde das, so vermute ich, möglicherweise eine Menge an Reibungsverlusten schon im Vorfeld, wenn nicht ganz verhindern, so doch eventuell minimieren.

@Laurenz
"@Imagine ... Sie definieren den Kapitalismus-Begriff falsch."

Ich wußte gar nicht, daß Sie hier die Stelle des Bundesbeauftragten für Kapitalismusdefinition innehaben.
Nun denn, man lernt ja nie aus.

"Bürgerlichkeit bezieht sich auf die Herkunft, Bewußtsein und die Bildung, weder auf ein eingebildetes gesellschaftliches -, noch auf ein imaginäres politisches Konstrukt."

Vielleicht ist ja genau das das Problem der Bürgerlichkeit?
Oder anders ausgedrückt: Es könnte ja durchaus sein, daß, wenn es eng wird, die Referenz auf Herkunft und Bildung alles macht, nur nicht trägt. Dann steht die Bürgerlichkeit mit ziemlich heruntergelassenen Hosen da (metaphorisch gesprochen)...

RMH

26. Mai 2019 10:15

Seit ein paar Tagen geht über die Nachrichten-Ticker, dass sich S. Gabriel aus der Politik zurückziehen will und nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren will.

Von daher werden seine strategischen Überlegungen wohl nicht mehr umgesetzt werden und dürfen mithin eher als Mahnungen eines sich Verabschiedenden eingeordnet werden. Unter Umständen kommen ab jetzt - wenn man eh nichts mehr erreichen will/kann - die interessantesten und freiesten Äußerungen Gabriels seit langem.

Freedom is just another word for nothing left to lose ...

Imagine

26. Mai 2019 12:35

Der Kurswechsel in der Immigrationspolitik wird kommen und die konformisteischn Linken werden ihn mitmachen. Und zwar nicht deshalb, weil es die AfD oder die Identitären gibt, sondern der Grund ist ein anderer.

Im Aufsatz von Nida-Rümelin mit dem Titel „Aufstehen“ findet sich folgender Satz:
„Das auffällige empirische Phänomen, dass Staaten, die über lange Zeit hinweg von umfangreicher Einwanderung geprägt waren oder noch sind, eine nur schwach entwickelte Sozialstaatlichkeit aufweisen, wird nicht nur von Crouch, sondern auch von den organisierten Kräften links der Mitte hartnäckig ignoriert.“

Nicht nur auf Seiten der kritischen Intelligenz marxistischer Provenienz, sondern auch von der konservativen Intelligenz ist schon lange erkannt worden, dass der Sozialstaat eine zentrale Funktion in der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems besitzt.

Eine Politik, die den Sozialstaat schwächt, gefährdet daher die Stabilität des Herrschaftssystems. Das Establishment sägt sich mit dieser Immigrationspolitik den Ast ab, auf dem es sitzt.

Deshalb fördern Teile der antikapitalistischen Linken die Massenimmigration.

Als Elsässer noch Mitglied des Kommunistischen Bundes (KB Nord) war, vertrat er damals eine anti-deutsche Position.
Aus dieser Zeit ist folgende Aussage überliefert:
„Linke Utopie könne [] nur in der Zerstörung des deutschen Staates und seiner Ersetzung durch einen Vielvölkerstaat sowie der Auflösung des deutschen Volkes in eine multikulturelle Gesellschaft liegen. Ohne einen Erfolg in diesem Kampf sei Sozialismus nicht möglich, eher werde ein "neuer Nationalsozialismus" herauskommen.“

So wie Elsässer vor rund drei Jahrzehnten, denken offensichtlich auch heute noch anti-deutschen Linke.

Die Intelligenz der deutschen Spitzenpolitiker wird regelmäßig überschätzt. Es wird nicht begriffen, welcher Typ von Mensch in diesem Parteiensystem in Deutschland noch oben kommt. Es ist ein aufstiegs- und machtgeiler Typ, meist maximal mittelmäßig intelligent und fachlich nur gering kompetent, aber höchst raffiniert und ein skrupelloser Täuscher und Lügner. Er ist ein Parvenü, ein „kleiner Mann“, der sich von unten nach oben durchgekämpft hat. Ein Mensch ohne Ehre und Moral. So wie ein Hitler. Weil er als Charaktertyp den Massen so ähnlich ist, identifizieren sie sich mit ihm und wählen solche Figuren.

Keine neue sozialpsychologische Erkenntnis.

Das Geniale am Video von Rezo ist, dass diese Erkenntnis in einem Massenmedium vermittelt wird. Rezo entlarvt diesen Typ von Politiker, und zwar höchst effektiv auf künstlerische Weise. Das macht ihn aktuell zum Superstar im Internet.
https://www.youtube.com/watch?v=4Y1lZQsyuSQ

Der Kurswechsel in der Immigrationspolitik wird kommen. Aus Gründen der Systemerhaltungslogik. Soziale Systeme funktionieren so.

Ratwolf

26. Mai 2019 13:02

Ein Beistandpakt mit der deutschen Sozialdemokratie (abzüglich des Aussätzigen Sarrazin) dürfte das Toleranzvermögen der beiden Anhängerkollektive arg strapazieren, und einiges an Verwirrung in den Köpfen erzeugen.

Ratwolf

26. Mai 2019 13:21

Zu Gabriel fragte mal ein Internetforist:

"Würden sie von diesen Menschen einen Gebrauchtwagen kaufen?"

Laurenz

26. Mai 2019 13:31

@Nemesis .... @Imagine benutzt grundsätzlich die marxistische Schein-Definition des Kapitalismus. Wenn Marx den häßlichen Schein immer noch in den Diskurs stellen darf, kann das auch jeder Hinz und Kunz anders sehen, denn billiger als Marx geht im Prinzip nicht.

Die Wahrheit an Ihren Zweifel am Bürgertum und seiner Bürgerlichkeit will ich gar nicht in Abrede stellen. Am obigen Beitrag von Niekisch, der sicher nicht der einzige Betroffene ist, erkennt man, wie das Bürgertum immer in den Allerwertesten getreten wird, aber in der Hoffnung der Besitzstandswahrung mehrheitlich dabei still hält. Und im Bürgertum existiert auch keine Solidarität, die Herr Sellner und andere fordern. Das Bürgertum ist auch in seinem historischen, amerikanisch kurzen Gedächtnis nicht in der Lage, sich vom gemeinen Volk zu emanzipieren, das Bürgertum bleibt also Volk. Vermutlich ist es hier der rein materielle Vorteil, der zur politischen Entscheidungsfindung führt. Und die Patrioten läßt man gerne die Flinte aus dem Korn holen.

Nemesis

26. Mai 2019 20:36

@Imagine benutzt grundsätzlich die marxistische Schein-Definition des Kapitalismus.

Laurenz, ich würde nicht sagen, daß dies eine Schein-Defintion ist.
Es ist eine Defintion, so wie die Ihre, die ich für genauso legitim halte.
Ob sie stimmt, oder nicht stimmt, ist aus meiner Sicht in den geisteswissenschaftlichen Disziplinen zunächst völlig irrelevant.Es gibt dort, anders als in den Naturwissenschaften, keine "eindeutige" Wahrheit. Wenn Sie das 2. Newtonsche Axiom als a=F*m definieren, so können sie das zwar tun, aber ich will weder in dem Gebäude wohnen, noch mit der Maschine arbeiten, die sie aufgrund IHRER Definition konstruiert haben.
In der Schlußfolgerung heißt das für mich, daß man in den Geisteswissenschaften im Grunde genommen erst einmal verstehen muß was, was der andere wirklich aussagen will, um dann abzugleichen. Und nur weil er eine andere Definition hat, bedeudet das auch nicht, daß alles in der Schlußfolgerung völlig daneben sein muß. Insofern ist es dort nicht hilfreich sofort von richtiger oder falscher Definition zu reden. Es blockiert eher, als in einen konstruktiven Austausch zu kommen. Das setzt ganz offensichtlich natürlich die Bereitschaft der Beteiligten an einem Austausch voraus. Die ist aber bei Imagine oder Ihnen ja ganz offensichtlich gegeben.
Wie man mit allerdings mit denen umgehen soll, die einen Austausch verneinen, ist dann noch eine andere Geschichte.

"Vermutlich ist es hier der rein materielle Vorteil, der zur politischen Entscheidungsfindung führt. Und die Patrioten läßt man gerne die Flinte aus dem Korn holen."

Ja.
Dann stellt sich aber doch die Frage:
Warum sollten sie es tun?

Laurenz

27. Mai 2019 09:51

@Nemesis ... wir haben zum Glück eine marxistische Historie, von der Imagine aber auch nichts wissen möchte. Die Historie ist zwar keine physikalische Gesetzmäßigkeit, aber fast so gut wie eine. Und Imagine selbst widerspricht doch der marxistische Variante des Kapitalismus, wenn Er Butter bei die Fische geben muß. Im Wesentlichen bekämpfte Marx die Produktionsmittel-Inhaber, also die Industriellen und die Manufakturen. Die Banken und ähnliche Institutionen ließ Marx wohlweislich weitestgehend ungeschoren. Denn auch ein Marx wußte, wer ihn finanzierte, wie beauftragte. Hier finden Sie den fundamentalen inneren Widerspruch in der Argumentation von Imagine.
Daß Marx den industriellen Komplex angriff, mit der beabsichtigten Folge einer Destabilisierung der Wirtschaft, diente rein dem politischen Zweck, die gesellschaftlichen Voraussetzungen zu schaffen, welche die Revolution möglich machten, und damit die totale Machtübernahme. Die Resultate für die Menschen interessierte Marx einen feuchten Kehrricht.
Was den großen Austausch angeht, so bin ich natürlich dagegen. Ich halte nur die Eskalation, und damit die bolschewistische Strategie für effizienter, um eine Bevölkerung zur Entscheidungsfindung durch Betroffenheit zu zwingen.

Nemesis

27. Mai 2019 23:02

@Laurenz
"Ich halte nur die Eskalation, und damit die bolschewistische Strategie für effizienter, um eine Bevölkerung zur Entscheidungsfindung durch Betroffenheit zu zwingen."

Ja, sehe ich genauso. Obwohl das innerlich ziemlich heftig ist. Bei mir jedenfalls. Mittlerweile glaube ich aber nicht mehr, daß das irgendeine Betroffenheit auslösen wird. Da ist nichts mehr, was betroffen werden könnte.

Ich hatte gerade eine wunderbare Unterhaltung mit einem Türken. 30 Jahre hier; Rücken kaputt gearbeitet. Das, was man als einen "einfachen" Mann bezeichnet. Der Mann stand mir nach 5 Sätzen näher als 90% meiner Mitbürger. Und er hatte eine politische und gesellschaftliche Weitsicht, von der die meisten meiner Bekannten nur träumen können. Nennen sich aber hochgebildet.

Warum sollten Patrioten die Flinte aus dem Korn holen?

Laurenz

28. Mai 2019 09:29

@Nemesis ... mein alter Herr Vater war aus Protest (als es noch keine AfD gab) 7 Jahre bei der Linken. Und in den Debatten mit den Frauen der Linken bekamen die große Augen, wenn Er das Argument der bewußten linken Islamisierung in Deutschland benannte. Er hätte als Mann kein wirkliches Problem mit dem Islam, da Er zukünftig nur noch mit Männern debattieren müßte, denn die linken Frauen katapultierten sich selbst wieder an Heim und Herd.
Viele, ich auch, kennen ihren persönlichen Vorzeige-Türken. Einzel-Schicksale spielen in der Politik keine Rolle und man kann sie auch nicht berücksichtigen, oder wir sind wieder bei Hermann Göring und der starb unfreiwillig durch Gift. Von daher werden sich die linken Frau Kositzas und deren Töchter sehr wohl umschauen, wenn sie nur noch in männlicher Begleitung aus dem Haus können oder sonst sich, wie in Indien, für Halbaffen bücken müssen.

Deutschland ist ein Land voll föderaler Spinner, die durch 5 30jährigen Kriege und viele Währungsreformen verängstigt sind. Dadurch ist der Deutsche besonders den Katastrophen-Erlösern zugetan und sehr für sie empfänglich. Wenn wir den im Moment aufgehaltenen Niedergang des allgemeinen IQs berücksichtigen, ist das, wie von Herrn Kubitschek gefordert, in den medialen Auftritt mit einzubauen. Z.B. ein Herr Meuthen ist geistig sicher einer der flexibelsten AfD-Leute, aber es fehlt noch die richtige Unterstützung im medialen Auftritt und in zu Wahlen hin abgestimmten Timing politischer Taktiken.

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