Verfassungsschutz? Roland Hartwig trug beim IfS vor

Im Rahmen unseres Staatspolitischen Kongresses in Magdeburg hielt Dr. Roland Hartwig, (MdB/AfD) einen exzellenten Vortrag zur VS-Problematik.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Er wid­me­te sich am Bei­spiel sei­ner Par­tei einem zen­tra­len Pro­blem der Par­tei­en­de­mo­kra­tie, das durch das Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz und sei­ne Lan­des­äm­ter auf beson­ders heik­lem Feld erst ent­ste­hen konn­te: der behörd­li­chen Behin­de­rung von Opposition.

Der Ver­fas­sungs­schutz ist dabei nur die Spit­ze des Eis­bergs, bie­tet aber den Vor­teil einer so deut­li­chen Sicht­bar­keit der Par­tei­lich­keit, daß sie selbst von poli­tisch blin­den Zeit­ge­nos­sen kaum weg­dis­ku­tiert wer­den kann. Hart­wig, der die vom Bun­des­vor­stand der AfD ein­ge­setz­ten Arbeits­grup­pe zum Ver­fas­sungs­schutz lei­tet, zer­legt, gestützt auf ein Gut­ach­ten des Staats­recht­lers Prof. Diet­rich Murs­wiek, in sei­nem Vor­trag das Ver­fas­sungs­schutz­gut­ach­ten zur AfD und zeigt, daß der Ver­fas­sungs­schutz zu einer Gefahr für die Demo­kra­tie gewor­den ist: Denn er läßt sich von den gegen­wär­tig Regie­ren­den poli­tisch instrumentalisieren.

Hart­wig for­dert in sei­nem Vor­trag daher, den Ver­fas­sungs­schutz auf den Prüf­stand zu stel­len und ihn, so kei­ne Bes­se­rung mög­lich und die Ver­fas­sungs­ver­stö­ße der Behör­den­lei­tung nicht abzu­stel­len sei­en, abzuschaffen.

Der Staats­po­li­ti­sche Salon beschäf­tigt sich am mor­gi­gen Mitt­woch­abend in Ber­lin mit dem Ver­fas­sungs­schutz, sei­ner Geschich­te und aktu­el­len Ideo­lo­gie. Wer teil­neh­men möch­te, kann unter anmeldung(at)staatspolitik.de sein Kom­men auch kurz­fris­tig noch ankündigen.

Hier Roland Hart­wigs Vor­trag, gehal­ten am 1. Juni 2019 in Mag­de­burg auf dem “Staats­po­li­ti­schen Kon­greß” des Insti­tuts für Staats­po­li­tik. Die Text­fas­sung des Vor­trags fin­den Sie unten.

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Mei­ne sehr geehr­ten Damen und Herren,

Um es gleich rich­tig ein­zu­ord­nen: Der freund­lich klin­gen­de Begriff „Ver­fas­sungs­schutz“ darf nicht dar­über hin­weg­täu­schen, dass sich hin­ter ihm ein Inlands­ge­heim­dienst ver­birgt. Auf Bun­des­ebe­ne, aber auch bei den Län­dern, gesteu­ert oft­mals von den Innen­mi­nis­tern. Ein Dienst, der – wenn die Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind – Tele­fo­na­te abhört, Kor­re­spon­denz mit­liest, Ver­bin­dungs­leu­te als Infor­ma­ti­ons­quel­le und als Pro­vo­ka­teu­re in Orga­ni­sa­tio­nen ein­schleust, und das Umfeld von Per­so­nen ausspäht.

Mit die­sem Waf­fen­ar­se­nal soll er Bestre­bun­gen auf­de­cken und bekämp­fen, die gegen die frei­heit­li­che demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land gerich­tet sind. Dazu gehört es auch, poten­ti­el­le und tat­säch­li­che Ver­fas­sungs­fein­de öffent­lich zu brand­mar­ken und damit – vor allem die Wäh­ler – früh­zei­tig vor ihnen zu warnen.

Wer­den Ver­fas­sungs­fein­de iden­ti­fi­ziert, geht der Staat in die nächs­te und fina­le Run­de. Orga­ni­sa­tio­nen kön­nen von den Innen­mi­nis­tern ver­bo­ten wer­den. Bei Par­tei­en führt der Weg über das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Zum einen kann die Par­tei finan­zi­ell aus­ge­trock­net wer­den, indem man ihr kom­plett die staat­li­che Par­tei­en­fi­nan­zie­rung ent­zieht. Gleich­zei­tig ver­liert sie dann die Fähig­keit, steu­er­lich abzugs­fä­hi­ge Spen­den­be­schei­ni­gun­gen aus­zu­stel­len, und damit auch einen Groß­teil ihrer Spen­der. Zum ande­ren droht das voll­stän­di­ge gericht­li­che Ver­bot der Par­tei. Bereits viel frü­her beginnt der per­so­nel­le Ader­lass: Beam­te wer­den von ihren Dienst­her­ren zum sofor­ti­gen Aus­tritt auf­ge­for­dert, lässt es sich doch mit ihrer Treue­pflicht gegen­über dem Staat nicht ver­ein­ba­ren, einer Par­tei anzu­ge­hö­ren, die ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen ver­folgt – wenn dies von Gerich­ten rechts­kräf­tig fest­ge­stellt wur­de. Dabei spielt es auch kei­ne Rol­le, ob der Beam­te als Funk­tio­när aktiv in der Par­tei tätig oder nur ein­fa­ches Mit­glied ist. Folgt der Beam­te die­ser Auf­for­de­rung nicht, wird er über ein Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren aus dem Dienst ent­fernt. Das gilt sogar für Beam­te im Ruhe­stand. Und auch Ange­stell­ten im öffent­li­chen Dienst droht Unge­mach: Sind sie hier dienst­lich in einer her­aus­ge­ho­be­nen Posi­ti­on tätig, müs­sen sie mit einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung rechnen.

Zu ver­ste­hen ist die­ser radi­kal wir­ken­de Ansatz – vom Aus­spä­hen durch einen Geheim­dienst über den Ent­zug staat­li­cher Mit­tel bis hin zum Ver­bot einer Par­tei – eigent­lich nur vor dem Hin­ter­grund der deut­schen Geschich­te. Nach 12 Jah­ren Natio­nal­so­zia­lis­mus, unfass­ba­ren Ver­bre­chen und der Kata­stro­phe des 2. Welt­kriegs ver­steht sich das am 23. Mai 1949 ver­kün­de­te Grund­ge­setz als bewuss­ter Gegen­ent­wurf zu die­ser Zeit. Mit sei­ner Aus­prä­gung einer „wehr­haf­ten Demo­kra­tie“ will es sicher­stel­len, dass sich die Demo­kra­tie mit demo­kra­ti­schen Mit­teln nicht selbst abschafft. Ein ver­ständ­li­cher und rich­ti­ger Ansatz nach den bit­te­ren Erfah­run­gen aus der End­pha­se der Wei­ma­rer Repu­blik. Von aus­schlag­ge­ben­der Bedeu­tung ist dabei aber, dass die von der „wehr­haf­ten Demo­kra­tie“ ein­ge­setz­ten Waf­fen am Ende nicht selbst gegen die Demo­kra­tie gerich­tet wer­den kön­nen. Wenn dies nicht abso­lut gewähr­leis­tet ist, kann sich auch unse­re Demo­kra­tie mit ihren eige­nen Waf­fen schla­gen. Und damit bin ich bei dem The­ma mei­nes Vor­trags ange­kom­men: Wer schützt uns selbst vor dem Verfassungsschutz?

Nach 70 Jah­ren Grund­ge­setz stellt sich dabei zunächst die Fra­ge, ob das Kon­zept einer wehr­haf­ten Demo­kra­tie heu­te über­haupt noch zeit­ge­mäß ist. Mir ist kei­ne ande­re moder­ne west­li­che Demo­kra­tie bekannt, die so wenig Selbst­be­wusst­sein in die eige­ne Stär­ke und so viel Miss­trau­en gegen­über oppo­si­tio­nel­len Kräf­ten auf­weist, dass sie dafür einen umfang­rei­chen geheim­dienst­li­chen Appa­rat unter­hält – im Gegen­satz zu auto­ri­tä­ren Staats­for­men und Dik­ta­tu­ren, die dafür aber natür­lich regel­mä­ßig aktu­el­le Grün­de haben.

Ich möch­te die­se Fra­ge ganz prag­ma­tisch beant­wor­ten. Ein Ver­fas­sungs­schutz, der sich auf sei­ne Kern­auf­ga­be beschränkt, die Demo­kra­tie vor ihrer Abschaf­fung zu schüt­zen, ist im bes­ten Fall nütz­lich, weil erfolg­reich, und im schlech­tes­ten Fall über­flüs­sig, weil über­haupt nicht gefor­dert. Der Zeit­ab­lauf allei­ne ist daher kein zwin­gen­der Grund, sei­ne Berech­ti­gung in Fra­ge zu stellen.

Das ändert sich aber schlag­ar­tig, wenn der Ver­fas­sungs­schutz sei­ne Kern­auf­ga­be ver­lässt und sich von den herr­schen­den Kräf­ten poli­tisch instru­men­ta­li­sie­ren lässt. Ein sol­cher Ver­fas­sungs­schutz ist im bes­ten Fall erfolg­los, im schlech­tes­ten Fall aber eine gro­ße Gefahr für die Demo­kra­tie selbst.

Die AfD, der ich seit dem Früh­jahr 2013 ange­hö­re, ist seit Herbst 2018 in den Fokus des Ver­fas­sungs­schut­zes gera­ten. Ich lei­te seit letz­tem Sep­tem­ber eine vom Bun­des­vor­stand der Par­tei ein­ge­setz­te Arbeits­grup­pe, die sich inten­siv mit die­ser Her­aus­for­de­rung befasst. Dies ermög­licht mir – zuge­ge­be­ner Wei­se „in eige­ner Sache“ – tie­fe Ein­bli­cke in die aktu­el­le Denk- und Vor­ge­hens­wei­se die­ses Geheim­diens­tes. Sie sind nie­der­ge­legt in einem Gut­ach­ten der Behör­de über unse­re Par­tei, das im Janu­ar 2019 zunächst eini­gen Medi­en zuge­spielt wur­de und das kur­ze Zeit spä­ter auf einer poli­tisch lin­ken Sei­te in das Inter­net ein­ge­stellt wur­de, wo man es auch heu­te noch fin­den kann.

Im Ergeb­nis muss ich lei­der fest­stel­len – und ich wer­de es Ihnen nach­fol­gend bele­gen – dass der Ver­fas­sungs­schutz sein eigent­li­ches Auf­ga­ben­feld ver­las­sen hat, selbst eine poli­ti­sche Linie ver­folgt und sich dabei auf die Sei­te der aktu­ell eta­blier­ten Poli­tik gestellt hat. Das ist rechts­wid­rig und undemokratisch!

Ver­su­che, den Inlands­ge­heim­dienst poli­tisch moti­viert zu instru­men­ta­li­sie­ren, sind alles ande­re als neu. Ich darf dar­an erin­nern, dass die Par­tei „Die Repu­bli­ka­ner“ lan­ge Jah­re vom Ver­fas­sungs­schutz beob­ach­tet wur­de, bis sie sich gericht­lich davon befrei­en konn­te. Poli­tisch war sie aber in der Zwi­schen­zeit in der Bedeu­tungs­lo­sig­keit ver­schwun­den. Ein ande­res Bei­spiel betrifft die Wochen­zei­tung „Jun­ge Frei­heit“, die sich eben­falls und mit Erfolg durch die gericht­li­chen Instan­zen kämp­fen muss­te. Und auch bei unse­rer Par­tei wur­de regel­mä­ßig von ande­ren Par­tei­en nach dem Ver­fas­sungs­schutz geru­fen, ein Ruf, der zu Recht bis zum Janu­ar 2019 unge­hört ver­hall­te, ja sogar mehr­fach vom dama­li­gen Prä­si­den­ten des Bun­des­am­tes, Herrn Maa­ßen, expli­zit zurück­ge­wie­sen wurde.

Und dann wur­de Herr Maa­ßen aus dem Amt gejagt, weil er der Regie­rungs­ver­si­on der Vor­gän­ge in Chem­nitz im letz­ten Herbst wahr­heits­ge­mäß wider­sprach. Sein Nach­fol­ger, Herr Hal­den­wang, rief auf der Grund­la­ge des eben schon erwähn­ten haus­in­ter­nen Gut­ach­tens nur weni­ge Wochen spä­ter in einer Pres­se­kon­fe­renz die AfD als Gesamt­par­tei zum Prüf­fall aus und ver­kün­de­te die Beob­ach­tung unse­rer Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on Jun­ge Alter­na­ti­ve und der par­tei­in­ter­nen Strö­mung „Der Flü­gel“ als Ver­dachts­fäl­le ver­fas­sungs­feind­li­cher Bestrebungen.

Schon das öffent­li­che Aus­ru­fen des Prüf­falls ist bezeich­nend und ent­lar­vend. Das Bun­des­amt hat den gesetz­li­chen Auf­trag, die Öffent­lich­keit über Ver­dachts­be­ob­ach­tun­gen zu infor­mie­ren. Das setzt aber vor­aus, dass das Amt bereits hin­rei­chen­de tat­säch­li­che Anhalts­punk­te für ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen gesam­melt hat. Zuvor befin­det es sich nur in der Prü­fung, ob sol­che Anhalts­punk­te zu fin­den sind, hat sie also noch nicht ermit­telt. Und darf des­halb auch noch nicht das glü­hen­de Eisen anset­zen und öffent­lich brand­mar­ken. Genau das hat es dann aber trotz­dem getan.

Das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln hat mit die­sem kla­ren rechts­wid­ri­gen Ein­griff in die grund­ge­setz­lich geschütz­ten Rech­te unse­rer Par­tei dann auch kur­zen Pro­zess gemacht. Auf unse­ren Eil­an­trag hin ver­bot es dem Bun­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz, in Bezug auf die AfD zu äußern oder zu ver­brei­ten, die­se wer­de als „Prüf­fall“ bear­bei­tet. Für jeden Fall der Zuwi­der­hand­lung gegen die Unter­las­sungs­an­ord­nung wur­de dem Bun­des­amt ein Ord­nungs­geld von bis zu 10 000 Euro angedroht.

Wei­ter möch­te ich aus die­ser Ent­schei­dung zitieren:

Die streit­aus­lö­sen­de Äuße­rung des Bun­des­am­tes greift in das all­ge­mei­ne Per­sön­lich­keits­recht der Antrag­stel­le­rin ein. Poten­zi­el­le Wäh­ler kön­nen davon abge­hal­ten wer­den, die Antrag­stel­le­rin zu wäh­len oder ihre Mit­tei­lun­gen zu lesen. Es ist jeden­falls nicht unwahr­schein­lich, dass poten­zi­el­le Wäh­ler die Äuße­rung des Bun­des­am­tes zum Anlass neh­men, sich von der Antrag­stel­le­rin abzu­wen­den. Der Ein­griff in die Rech­te der Antrag­stel­le­rin ist nicht gerechtfertigt.

Und dann:

Soll­te das Bun­des­amt durch unzu­läs­si­ge Äuße­run­gen in die Rech­te der Antrag­stel­le­rin ein­grei­fen, bedeu­tet dies einen Scha­den, der durch einen nach­träg­li­chen Wider­ruf nicht kom­pen­siert wer­den könn­te, weil die zugrun­de­lie­gen­de Äuße­rung andern­falls einer immer grö­ßer wer­den­den Öffent­lich­keit bekannt wür­de. Dies gilt ins­be­son­de­re vor dem Hin­ter­grund, dass in naher Zukunft Wah­len anste­hen, an denen die Antrag­stel­le­rin teil­neh­men will.

Ohne den Erlass einer einst­wei­li­gen Anord­nung wäre das Bun­des­amt nicht gehin­dert, sich vor die­sen Wah­len erneut über die Antrag­stel­le­rin im streit­ge­gen­ständ­li­chen Sinn zu äußern und damit in den Wahl­kampf ein­zu­grei­fen, ohne dass dies nach Abschluss der Wah­len im Rah­men eines nach­träg­li­chen Rechts­schut­zes kom­pen­siert wer­den könnte.

Das Amt hat die­se Ent­schei­dung dann auch ohne wei­te­res Rechts­mit­tel akzeptiert.

Was ich Ihnen in die­sem Zusam­men­hang nicht vor­ent­hal­ten möch­te: Das Bun­des­amt hat doch tat­säch­lich die Auf­fas­sung ver­tre­ten, mit dem öffent­li­chen Aus­ru­fen des Prüf­falls über die Gesamt­par­tei habe man uns ja gera­de­zu einen Gefal­len erwie­sen, weil man damit ja klar­ge­macht habe, dass die Par­tei mit Aus­nah­me der Strö­mung „Der Flü­gel“ nicht beob­ach­tet wer­de. Wenn man das wirk­lich beab­sich­tigt hät­te: War­um hat man dann nicht genau das gesagt?

Unse­re dem gericht­li­chen Erfolg fol­gen­de Dienst­auf­sichts­be­schwer­de gegen Herrn Hal­den­wang hat das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um natür­lich trotz­dem zurück­ge­wie­sen. Die Rechts­la­ge sei so kom­plex und bis­lang kaum bewer­tet gewe­sen, dass im Vor­ge­hen von Herrn Hal­den­wang kei­ne Dienst­pflicht­ver­let­zung zu erken­nen sei.

Dazu kann ich nur sagen: Ein Blick in das Gesetz erleich­tert die Rechts­fin­dung. Wenn man es denn will!

Das Amt ist also im Janu­ar ein ers­tes Mal klar über die Gren­ze gegan­gen und muss­te sich gericht­lich im Eil­ver­fah­ren beleh­ren las­sen. Aber dabei ist es lei­der nicht geblieben.

Und damit neh­me ich jetzt das behör­den­in­ter­ne Gut­ach­ten in den Blick, das die Grund­la­ge für die Ent­schei­dun­gen bil­det, die „Jun­ge Alter­na­ti­ve“ und die Strö­mung „Der Flü­gel“ unter Ein­satz nach­rich­ten­dienst­li­cher Mit­tel zu beob­ach­ten, weil bei bei­den angeb­lich „hin­rei­chen­de tat­säch­li­che Anhalts­punk­te für ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen“ vor­lie­gen sollen.

Wir haben die­ses Gut­ach­ten unse­rer­seits von dem renom­mier­ten Staats­recht­ler Prof. Dr. Murs­wiek aus Frei­burg begut­ach­ten las­sen. Was ich Ihnen in den nächs­ten Minu­ten vor­stel­len wer­de, hat er her­aus­ge­ar­bei­tet. Und dafür gebührt ihm außer­or­dent­li­cher Dank!

Aber erst ein­mal zu der zen­tra­len Fra­ge: Was genau sind eigent­lich ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen? Wenn Sie sich ein­mal anschau­en, wie vie­le Geset­ze des Bun­des­tags vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt weil gegen die Ver­fas­sung ver­sto­ßend auf­ge­ho­ben wur­den, wird klar, dass nicht jede Ver­let­zung des Grund­ge­set­zes ver­fas­sungs­feind­lich sein kann.

Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt rech­net viel­mehr in Anleh­nung an die soge­nann­te Ewig­keits­klau­sel in Arti­kel 79 Absatz 3 des Grund­ge­set­zes in stän­di­ger Recht­spre­chung min­des­tens fol­gen­de Kri­te­ri­en zu den grund­le­gen­den Prin­zi­pi­en der frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung: die Ach­tung der vom Grund­ge­setz kon­kre­ti­sier­ten Men­schen­rech­te, vor allem vor dem Recht der Per­sön­lich­keit auf Leben und freie Ent­fal­tung, die Volks­sou­ve­rä­ni­tät, die Gewal­ten­tei­lung, die Ver­ant­wort­lich­keit der Regie­rung, die Gesetz­mä­ßig­keit der Ver­wal­tung, die Unab­hän­gig­keit der Gerich­te, das Mehr­par­tei­en­prin­zip und – das will ich aus gege­be­nem Anlass hier ganz beson­ders beto­nen – die Chan­cen­gleich­heit für alle poli­ti­schen Par­tei­en mit dem Recht auf ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Bil­dung und Aus­übung einer Opposition.

Dar­aus las­sen sich zusam­men­fas­send drei Ober­ka­te­go­rien bilden.

Ver­fas­sungs­feind­lich sind danach Bestre­bun­gen, die

1.     gegen die Grund­sät­ze der Demo­kra­tie oder

2.     wesent­li­che Ele­men­te der Rechtsstaatlichkeit

gerich­tet sind.

Das sind auf den ers­ten Blick zwei klar umris­se­ne Berei­che, aber Sie wer­den gleich sehen, was die Ver­fas­sungs­schutz­be­hör­de dar­aus machen will.

Eben­falls ver­fas­sungs­feind­lich – und das ist die drit­te Kate­go­rie – sind Ver­stö­ße gegen den Kern­be­reich der vom Grund­ge­setz geschütz­ten Men­schen­wür­de. Damit ist nicht etwa nur der Arti­kel 1 unse­res Grund­ge­set­zes und der Satz: „Die Wür­de des Men­schen ist unan­tast­bar“ ange­spro­chen, son­dern es rücken meh­re­re Arti­kel der Ver­fas­sung in das Blick­feld, in denen sich auch die Men­schen­wür­de wie­der­fin­det. Wer etwa die Reli­gi­ons­aus­übung der Mos­lems in Deutsch­land durch das voll­stän­di­ge Ver­bot von Moscheen oder öffent­li­chen Gebets­häu­sern so stark ein­schrän­ken will, dass vom Kern­be­stand der Reli­gi­ons­aus­übung nichts mehr übrig bleibt, gerät in Kon­flikt mit Arti­kel 4 des Grund­ge­set­zes, der die Reli­gi­ons­aus­übung schützt. Art. 4 unter­fällt aber nicht der Ewig­keits­ga­ran­tie, ent­spre­chen­de For­de­run­gen wäre dem­nach nicht allein des­halb ver­fas­sungs­feind­lich. Sie ver­sto­ßen aber gegen die Men­schen­wür­de der Mos­lems, da ihnen eine sinn­vol­le Reli­gi­ons­aus­übung nicht mehr ermög­licht wer­den wür­de. Über die­sen Umweg wären sie dann doch wie­der verfassungsfeindlich.

Bei der Men­schen­wür­de ist schon begriff­lich sehr viel Raum für Aus­le­gung und Inter­pre­ta­tio­nen. Und es ist kei­ne Über­ra­schung, dass genau hier der Zeit­geist mit sei­ner poli­ti­schen Agen­da ansetzt. Stand­punk­te und Mei­nun­gen wer­den mehr und mehr als men­schen­wür­de­wid­rig eti­ket­tiert und damit aus der Ver­fas­sungs­ord­nung herausgedrängt.

Ein aktu­el­les Bei­spiel? Mit dem angeb­lich aber nicht wirk­lich unver­bind­li­chen „Glo­bal Com­pact on Migra­ti­on“ wird ver­sucht, Migra­ti­on welt­weit zu einem Men­schen­recht zu erhe­ben. Soll­te das gelin­gen, wird man in der zwei­ten Pha­se ver­su­chen, jede Posi­tio­nie­rung gegen Migra­ti­on als men­schen­wür­de­wid­rig und damit ver­fas­sungs­feind­lich ein­zu­stu­fen. Und könn­te dann Kri­tik an Migra­ti­on mit dem Ver­fas­sungs­schutz bekämpfen.

Und schließ­lich gibt es bei der Fra­ge nach ver­fas­sungs­feind­li­chen Bestre­bun­gen noch ein vier­tes, aller­dings indi­rek­tes Ele­ment: die Reha­bi­li­ta­ti­on oder Rela­ti­vie­rung des natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Unrechts­re­gimes. Wer das tut, stellt sich gegen das Grund­ge­setz als Gegen­ent­wurf zum Natio­nal­so­zia­lis­mus und damit fast schon auto­ma­tisch und unwi­der­leg­bar gegen die Grund­sät­ze der Demo­kra­tie und Rechts­staat­lich­keit und natür­lich auch gegen die Men­schen­wür­de unse­rer Verfassung.

Durch die Ver­öf­fent­li­chung sei­nes Gut­ach­tens über die AfD im Inter­net haben wir wie gesagt einen tie­fen Ein­blick in die Denk- und Hand­lungs­wei­sen des Ver­fas­sungs­schut­zes erhal­ten. Und der ist äußerst besorgniserregend!

Zunächst noch ein­mal der gesetz­li­che Prüf­maß­stab für den Geheim­dienst: Zu ermit­teln sind aus­schließ­lich tat­säch­li­che Anhalts­punk­te für ver­fas­sungs­feind­li­che Bestrebungen.

Wie aber ist man tat­säch­lich vor­ge­gan­gen? Zunächst erwei­tert das Amt die Zone angeb­li­cher Ver­fas­sungs­feind­lich­keit weit über das zuläs­si­ge Maß hinaus.

So ver­lässt nach sei­ner Auf­fas­sung eine poli­ti­sche Par­tei den Rah­men der frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung, wenn sie den Par­la­men­ta­ris­mus ver­ächt­lich macht, ohne auf­zu­zei­gen, wie sie sonst dem Grund­satz der Volks­sou­ve­rä­ni­tät Rech­nung tra­gen und die Offen­heit der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dungs­pro­zes­se gewähr­leis­ten will. Damit ist eine Aus­ge­stal­tung des Demo­kra­tie­prin­zips angesprochen.

So weit, so gut, denn dies ent­spricht fast wört­lich einer Aus­sa­ge des Bundesverfassungsgerichts.

Doch dann nimmt das Amt kraft eige­ner Anschau­ung eine Erwei­te­rung vor, die Bän­de spricht. Demo­kra­tie­feind­lich soll danach nicht nur der­je­ni­ge sein, der den Par­la­men­ta­ris­mus in die­sem Sinn ver­ächt­lich macht, son­dern auch der­je­ni­ge, der dies hin­sicht­lich der aktu­el­len poli­ti­schen Ver­hält­nis­se tut. Mit ande­ren Wor­ten: Das Amt stellt damit expli­zit die aktu­el­len poli­ti­schen Ver­hält­nis­se unter den Schutz der Ver­fas­sung. Ein abso­lu­tes Unding!

Doch damit nicht genug. Unse­re Par­tei steht auf vie­len poli­ti­schen Fel­dern der­zeit allen ande­ren Par­tei­en allein gegen­über. Die Regie­rungs- und die ande­ren Oppo­si­ti­ons­par­tei­en ver­tre­ten hier – von Nuan­cen abge­se­hen – oft­mals einen gemein­sa­men Nen­ner. Das gilt ganz beson­ders für die Euro­po­li­tik, die Ein­wan­de­rungs­po­li­tik und die Kli­ma­po­li­tik. Der Ver­fas­sungs­schutz betrach­tet nun aber jede – hef­ti­ge – Kri­tik an der Gesamt­heit der übri­gen Par­tei­en als Kri­tik an der par­la­men­ta­ri­schen Demo­kra­tie, genau­er am Mehr­par­tei­en­sys­tem. Es mache ja – so die Argu­men­ta­ti­on – für unse­re Par­tei kei­nen Unter­schied, wel­che Par­tei­en die Regie­rung stel­len oder sich in der Oppo­si­ti­on befin­den. Die Exis­tenz poli­ti­scher Par­tei­en sei damit für uns offen­sicht­lich „Maku­la­tur“. Fun­da­men­ta­le Kri­tik von uns auf den eben ange­spro­che­nen Poli­tik­fel­dern wird damit als poten­ti­ell ver­fas­sungs­feind­lich diskreditiert.

Der Sozio­lo­ge Wolf­gang Stre­eck hat in die­sem Zusam­men­hang ein­mal den Begriff der „asym­me­tri­schen Pola­ri­sie­rung“ geprägt. Alle ande­ren Par­tei­en kön­nen unse­re Par­tei nach Belie­ben aus­gren­zen und dif­fa­mie­ren, ohne dass dies ver­fas­sungs­recht­lich zu bean­stan­den wäre, denn die­se Aus­gren­zung rich­tet sich ja nur gegen eine Par­tei und stellt das Mehr­par­tei­en­sys­tem und damit die Demo­kra­tie nicht in Fra­ge. Umge­kehrt gerät aber der poli­ti­sche Angriff die­ser einen Par­tei auf eine von allen ande­ren Par­tei­en für rich­tig gehal­te­ne Poli­tik bereits in den Dunst­kreis der angeb­li­chen Verfassungsfeindlichkeit.

Die Bekämp­fung einer poli­ti­schen Par­tei mit hoheit­li­chen Mit­teln, hier mit den Mit­teln des Ver­fas­sungs­schut­zes, nur weil sie die von allen ande­ren Par­tei­en gemein­sam für rich­tig gehal­te­ne Poli­tik ablehnt, ist aber mit dem Demo­kra­tie­prin­zip nicht zu ver­ei­nen und damit selbst verfassungsfeindlich.

Wei­ter will das Amt für die Bewer­tung unse­rer Poli­ti­ker auch beson­de­re Ter­mi­no­lo­gien, Signal­wör­ter und Vor­ver­ständ­nis­se des jewei­li­gen Phä­no­men­be­reichs, hier­mit meint es kon­kret den Rechts­extre­mis­mus, berück­sich­ti­gen. Im Klar­text heißt das, dass aus der blo­ßen Ver­wen­dung von Schlag­wor­ten wie „Über­frem­dung“, „Bevöl­ke­rungs­aus­tausch“, „Umvol­kung“, „Auf­lö­sung“ oder „Zer­set­zung“ dem jewei­li­gen Poli­ti­ker ohne wei­te­res unter­stellt wird, dass er aus den mit die­sen Begrif­fen beschrie­be­nen Sach­ver­hal­ten die­sel­ben ver­fas­sungs­feind­li­chen Hand­lungs­kon­se­quen­zen ablei­tet, wie man­che Rechts­extre­mis­ten das tun. Das sind aber nichts wei­ter als unzu­läs­si­ge Unter­stel­lun­gen und kei­ne tat­säch­li­chen Anhalts­punk­te. Der Ver­fas­sungs­schutz begibt sich hier­mit in die Rol­le einer Sprach­po­li­zei, die mit der Äch­tung uner­wünsch­ter Begrif­fe eine poli­tisch kor­rek­te Spra­che erzwin­gen will.

Aber das Amt geht noch wesent­lich weiter.

Das Ziel, eine rela­ti­ve Homo­ge­ni­tät des deut­schen Vol­kes zu bewah­ren, wird als angeb­lich ver­fas­sungs­feind­lich ein­ge­stuft. So prüft das Amt bei meh­re­ren Par­tei­funk­tio­nä­ren, ob sie etwa einen eth­nisch-bio­lo­gi­schen oder eth­nisch-kul­tu­rel­len Volks­be­griff ver­tre­ten. Wird das bejaht, wird dann im nächs­ten Schritt die dar­aus abge­lei­te­te Ableh­nung des Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus als Leit­vor­stel­lung oder die Ableh­nung der Umwand­lung eines weit­ge­hend eth­nisch-kul­tu­rell gepräg­ten Natio­nal­staats in eine mul­ti­kul­tu­rel­le Gesell­schaft als „völ­kisch“ und des­halb ver­fas­sungs­feind­lich defi­niert. Dahin­ter kommt eine poli­tisch lin­ke Sicht­wei­se zum Vor­schein, dass man ver­fas­sungs­recht­lich eine Ein­wan­de­rung hin­zu­neh­men habe, die zu mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schafts­struk­tu­ren führt und am Ende bedeu­ten kann, dass die Deut­schen im eth­nisch-kul­tu­rel­len Sinn in eine Min­der­heits­po­si­ti­on gedrängt werden.

Das ist genau­so falsch wie ungeheuerlich!

Das Grund­ge­setz geht von einem deut­schen Natio­nal­staat aus, der durch die deut­sche Nati­on und ihre Kul­tur geprägt ist und kei­nes­falls mul­ti­kul­tu­rell aus­ge­rich­tet ist oder sein muss. Die rela­ti­ve eth­nisch-kul­tu­rel­le Homo­ge­ni­tät ist nicht frei­heits­feind­lich, son­dern im Gegen­teil frei­heits­freund­lich und die Grund­la­ge der meis­ten euro­päi­schen Natio­nal­staa­ten, die sich nach der Über­win­dung mon­ar­chi­scher Struk­tu­ren in der zwei­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts und zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts bil­de­ten. Dem­entspre­chend hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt aus­drück­lich fest­ge­stellt, dass die Wah­rung der geschicht­lich gewach­se­nen natio­na­len Iden­ti­tät und die Ver­hin­de­rung einer mul­ti-eth­ni­schen, mul­ti-kul­tu­rel­len Gesell­schaft und damit die Ver­hin­de­rung einer „Über­frem­dung“ Zie­le sei­en, die als sol­che nicht gegen die frei­heit­li­che demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ver­sto­ßen. Der deut­sche Ver­fas­sungs­schutz geht heu­te aber kraft eige­ner Ermäch­ti­gung ganz offen­sicht­lich in die ent­ge­gen­ge­setz­te Richtung!

Es ist und bleibt ein völ­lig legi­ti­mes und ver­fas­sungs­kon­for­mes Ziel, die eth­nisch-kul­tu­rel­le Iden­ti­tät einer Gesell­schaft gegen ihre Auf­lö­sung durch Ein­wan­de­rer aus ande­ren Kul­tur­krei­sen schüt­zen zu wollen.

Erin­nert sei hier auch noch ein­mal an die Aus­sa­gen von 2 Uni­ons­po­li­ti­kern: „Der Ansatz für Mul­ti­kul­ti ist geschei­tert, abso­lut geschei­tert“. Das waren die Wor­te der dama­li­gen CDU-Par­tei­vor­sit­zen­den Ange­la Mer­kel. Und der CSU-Vor­sit­zen­de Horst See­ho­fer for­mu­lier­te einst: „Wir als Uni­on tre­ten für die deut­sche Leit­kul­tur und gegen Mul­ti­kul­ti ein – Mul­ti­kul­ti ist tot.“ – Bei­des sind Relik­te aus einer Zeit, als die Uni­on noch kon­ser­va­tiv war!

In die­sem Kon­text ist auch die vom Ver­fas­sungs­schutz als poli­ti­scher Kampf­be­griff her­an­ge­zo­ge­ne „Frem­den­feind­lich­keit“ zu sehen. Er sei ein Aus­druck von Rechts­extre­mis­mus. Auch das ist Unfug! Das Grund­ge­setz ver­pflich­tet uns nicht zur Frem­den­freund­lich­keit oder gar zu einer Will­kom­mens­kul­tur. Die Mar­kie­rung eines poli­ti­schen Stand­punkts als „frem­den­feind­lich“ ist rei­ne Poli­tik, die dem Amt in kei­ner Wei­se zusteht. Ent­schei­dend ist viel­mehr, ob die­ser Stand­punkt inhalt­lich gegen einen der vor­ge­stell­ten Ver­fas­sungs­grund­sät­ze, hier vor allem gegen die Men­schen­wür­de, ver­stößt. Das Amt ver­sucht mit sei­ner Argu­men­ta­ti­on, jeden wer­ten­den Kul­tur­ver­gleich von vorn­her­ein zu unter­bin­den. Das ist ein kla­rer Ein­griff in die grund­recht­lich geschütz­te Mei­nungs­frei­heit. Das Grund­ge­setz schließt im Übri­gen Phä­no­me­ne wie Hei­mat­lie­be, Vater­lands­lie­be oder Patrio­tis­mus in kei­ner Wei­se aus. Im Gegen­teil: in sei­ner Geburts­stun­de hielt man die­se Phä­no­me­ne noch für eine Selbstverständlichkeit!

Aber der Ver­fas­sungs­schutz stei­gert sich hier noch wei­ter. Das Amt stellt zunächst ein­mal fest, dass sich bestimm­te Äuße­run­gen nicht gegen die Flücht­lin­ge, son­dern gegen die Regie­rung und ande­re Kräf­te rich­ten, die dafür sor­gen, dass die­se nach Deutsch­land kom­men kön­nen. Die­se Äuße­run­gen sei­en aber geeig­net, beim Zuhö­rer ein Gefühl der Hilf­lo­sig­keit und des Aus­ge­lie­fert­seins gegen­über dem von die­sen Kräf­ten her­bei­ge­führ­ten Pro­zess der Ände­rung der Bevöl­ke­rungs­zu­sam­men­set­zung zu erzeu­gen. Damit könn­ten sie ein gegen Flücht­lin­ge gerich­te­tes Aggres­si­ons­po­ten­ti­al der Zuhö­rer steigern.

Hypo­the­ti­schen psy­cho­lo­gi­schen Reak­tio­nen von Zuhö­rern wird damit ver­fas­sungs­schutz­recht­li­che Rele­vanz zuge­spro­chen. Auch das ist gefähr­li­cher Unsinn und recht­lich völ­lig abwe­gig. Die blo­ße Mög­lich­keit, jemand könn­te eine ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Aus­sa­ge als Argu­ment für ver­fas­sungs­feind­li­ches Ver­hal­ten nut­zen, kann auf kei­nen Fall als tat­säch­li­cher Anhalts­punkt für ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen gewer­tet werden.

Ent­spre­chen­des gilt für die Ein­schät­zung des Amtes, dass in einer poli­ti­schen Aus­sa­ge zwar kein Angriff auf das ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Gewalt­mo­no­pol des Staa­tes zu sehen ist, dass die­se Aus­sa­ge aber ent­spre­chen­de Hal­tun­gen beför­de­re. Das Amt hat aber nicht die Auf­ga­be, Hal­tungs­no­ten zu vergeben.

Neben die­ser unzu­läs­si­gen und vor allem rechts­wid­ri­gen Erwei­te­rung der Prü­fungs­maß­stä­be dehnt das Amt eben­falls unzu­läs­sig und rechts­wid­rig die Prü­fungs­zie­le aus. Noch ein­mal zur Erin­ne­rung: er geht dabei aus­schließ­lich um das Fest­stel­len tat­säch­li­cher Anhalts­punk­te für ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen. Auch hier ver­lässt der Ver­fas­sungs­schutz sei­nen Aufgabenbereich.

Er erfin­det zunächst ein­mal die „poten­zi­ell pro­ble­ma­ti­schen“ Äuße­run­gen als neue und vom Gesetz über­haupt nicht vor­ge­se­he­ne Kate­go­rie. Recht­lich gibt es nur Äuße­run­gen bzw. Anhalts­punk­te, die ver­fas­sungs­schutz­recht­lich irrele­vant sind, und sol­che, die als ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen zu bewer­ten sind. Man könn­te die neu ein­ge­führ­te Kate­go­rie der poten­zi­ell pro­ble­ma­ti­schen Anhalts­punk­te auch als bei­na­he Anhalts­punk­te oder als noch nicht Anhalts­punk­te bezeich­nen, die zwar nicht ver­fas­sungs­feind­lich, aus Sicht der Behör­de aber doch eben fast ver­fas­sungs­feind­lich sind. Bei sol­chen Äuße­run­gen sieht das Amt das Risi­ko, dass aus ihnen mög­li­cher­wei­se ver­fas­sungs­feind­li­che Äuße­run­gen abge­lei­tet wer­den kön­nen. Oder mit ande­ren Wor­ten: sie haben es zwar nicht gesagt, aber es wäre ihnen durch­aus zuzu­trau­en. Sol­che recht­lich völ­lig irrele­van­ten Bewer­tun­gen die­nen offen­sicht­lich nur dem Zweck, uns das Odi­um des Rechts­extre­mis­mus anzu­hän­gen. Auch dahin­ter ste­hen poli­ti­sche Bewer­tun­gen, die einer Ver­fas­sungs­schutz­be­hör­de in kei­ner Wei­se zustehen.

Eine Vari­an­te ist die Mei­nung des Amtes, dass die geprüf­ten Posi­tio­nen für sich genom­men zwar nicht als rechts­extre­mis­tisch bewer­tet wer­den kön­nen, dass sie aber durch­aus in rechts­extre­mis­ti­schen Krei­sen anschluss­fä­hig sein könn­ten. Eine inhalt­lich ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Aus­sa­ge soll also aus Sicht des Ver­fas­sungs­schut­zes zu einem Anhalts­punkt für ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen mutie­ren, wenn Rechts­extre­mis­ten sie als Argu­ment für ihre extre­mis­ti­schen Zie­le ver­wen­den könn­ten. Nach die­ser Logik wäre jede wahr­heits­ge­mä­ße Bericht­erstat­tung z.B. über Straf­ta­ten von Aus­län­dern oder die geson­der­te Aus­wei­sung von Aus­län­der­straf­ta­ten in der poli­zei­li­chen Kri­mi­nal­sta­tis­tik ein Anhalts­punkt für rechts­extre­mis­ti­sche Bestre­bun­gen. Auch das ist nicht nur gefähr­li­cher Unsinn. Es ist vor allen Din­gen ein ver­fas­sungs­wid­ri­ger Ver­such, mit den Mit­teln des Ver­fas­sungs­schut­zes die poli­ti­sche Wil­lens­bil­dung zu beeinflussen.

Dann fin­det sich beim Amt auch die Auf­fas­sung, inhalt­lich für sich betrach­tet nicht ver­fas­sungs­feind­li­che Äuße­run­gen doch als ver­fas­sungs­feind­lich bewer­ten zu kön­nen, wenn von der Behör­de her­aus­ge­hör­te „Zwi­schen­tö­ne“ für weit­aus radi­ka­le­re Ziel­set­zun­gen als die vor­der­grün­dig her­aus­ge­stell­ten spre­chen könn­ten. Wer aber aus Tönen oder Zwi­schen­tö­nen ver­fas­sungs­feind­li­che Inhal­te her­aus­hö­ren will, über­schrei­tet schnell die Gren­ze zu recht­lich unzu­läs­si­gen Unter­stel­lun­gen. Auch Pole­mik ist in der Poli­tik erlaubt und macht ver­fas­sungs­kon­for­me nicht zu ver­fas­sungs­feind­li­chen Äußerungen.

Wei­ter geht es mit der Ansicht des Amtes, aus einer Viel­zahl unpro­ble­ma­ti­scher Äuße­run­gen in einer Gesamt­schau doch zu einer inhalt­lich ver­fas­sungs­feind­li­chen Posi­ti­on gelan­gen zu kön­nen. Auch das ist Unfug: Aus nichts folgt nichts!

Schließ­lich fin­den wir in die­sem Gut­ach­ten noch eini­ge wei­te­re bemer­kens­wer­te Unter­stel­lun­gen des Amtes.

So behaup­tet der Ver­fas­sungs­schutz, ohne auch nur einen ein­zi­gen Beleg hier­für anbie­ten zu kön­nen, dass eini­ge Par­tei­funk­tio­nä­re schär­fe­re Mit­tel zur Durch­set­zung ihrer gefor­der­ten Zie­le für nötig hiel­ten, falls sie bei Wah­len nicht erfolg­reich wären. Damit wird ohne jede Grund­la­ge eine laten­te Gewalt- und Revo­lu­ti­ons­be­reit­schaft behauptet.

Ein letz­tes Bei­spiel: Es gibt kei­ner­lei Reha­bi­li­ta­ti­on des Natio­nal­so­zia­lis­mus oder eine Rela­ti­vie­rung sei­ner Ver­bre­chen in unse­rer Par­tei. Die Behör­de macht dar­aus, eine Reha­bi­li­tie­rung bzw. Rela­ti­vie­rung sei nicht nach­weis­bar und unter­stellt damit, dass dies den­noch exis­tie­ren könn­te. Es geht aber noch wei­ter. Genau das, was kei­ne Reha­bi­li­tie­rung bzw. Rela­ti­vie­rung ist, beinhal­tet nach Mei­nung des Amtes aber ein hin­rei­chen­des Rela­ti­vie­rungs­po­ten­ti­al, das als Angriff auf die Wer­te­fun­da­men­te der Bun­des­re­pu­blik inter­pre­tier­bar ist.

Mei­ne Damen und Her­ren, ich den­ke, es ist mehr als deut­lich gewor­den, dass und wie sehr der Ver­fas­sungs­schutz in sei­nem Gut­ach­ten über die AfD die Gren­zen des Zuläs­si­gen über­schrit­ten hat. Dem gilt es drin­gend, Ein­halt zu gebieten.

Ich darf noch ein­mal in Erin­ne­rung rufen: Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt sieht ein wesent­li­ches Prin­zip der frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung in der Chan­cen­gleich­heit für alle poli­ti­schen Par­tei­en mit dem Recht auf ver­fas­sungs­mä­ßi­ge Bil­dung und Aus­übung einer Oppo­si­ti­on. Dar­aus folgt eine grund­sätz­li­che Neu­tra­li­täts­pflicht des Staa­tes gegen­über Par­tei­en, die es dem Staat unter­sagt, vor­ge­fun­de­ne Unter­schie­de zwi­schen ihnen zu ver­grö­ßern. Nach dem Ver­ständ­nis des Grund­ge­set­zes leben wir in einer wehr­haf­ten Demo­kra­tie. Der Ver­fas­sungs­schutz spielt dabei eine wesent­li­che Rol­le. Gera­de wenn er – wie in unse­rem Fall – mas­siv gegen das Recht poli­ti­scher Par­tei­en auf Chan­cen­gleich­heit ver­stößt, besteht die gro­ße Gefahr, dass sich die wehr­haf­te Demo­kra­tie gegen sich selbst richtet.

Natür­lich kön­nen gegen das Vor­ge­hen des Ver­fas­sungs­schut­zes die Gerich­te ange­ru­fen wer­den. Die von mir bereits dar­ge­stell­te Prüf­fall­ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­rich­tes Köln ist hier­für ein gutes Bei­spiel. Aber manch­mal dau­ert es Jah­re, bis die Gerich­te in lang­wie­ri­gen Ver­fah­ren kor­ri­gie­rend ein­grei­fen kön­nen. Der Fall der Par­tei „Die Repu­bli­ka­ner“ ist hier­für ein anschau­li­ches Bei­spiel. Der in der Zwi­schen­zeit vom Ver­fas­sungs­schutz ange­rich­te­te poli­ti­sche Scha­den wird nach gericht­li­chen Erfol­gen Jah­re spä­ter oft­mals nicht mehr zu kom­pen­sie­ren sein.

Der Ver­fas­sungs­schutz in Deutsch­land gehört daher auf den Prüf­stand. Durch prä­zi­se gesetz­ge­be­ri­sche Vor­ga­ben und eine per­ma­nen­te objek­ti­ve Kon­trol­le muss im Sin­ne unse­rer wehr­haf­ten Demo­kra­tie sicher­ge­stellt wer­den, dass er sein Vor­ge­hen jeder­zeit strikt an sei­nem Auf­ga­ben­be­reich, dem Schutz der Kern­ele­men­te unse­rer frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung, aus­rich­tet. Links­ideo­lo­gi­sche Ziel­set­zun­gen und dar­aus abge­lei­te­te sub­jek­ti­ve Inter­pre­ta­tio­nen und Unter­stel­lun­gen müs­sen von vorn­her­ein klar aus­ge­schlos­sen werden.

Und wenn dies nicht gelingt: Dann ist kein Ver­fas­sungs­schutz bes­ser als ein sol­cher, der selbst mas­siv gegen die Ver­fas­sung verstößt.

Herz­li­chen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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Kommentare (12)

Atz

12. Juni 2019 00:18

Wenn wir mit den Niederlanden vergleichen, dann wäre so etwa wie Wilders eben nicht denkbar. Jede Partei muss innerlich demokratisch organisiert sein.

Grundsätzlich ist das Problem die "Beobachtung" durch den VS, die sanktionsbewehrt ist für die Mitglieder. Besser wäre eine sanktionsfreie breite Beobachtung.

Auch in den Parteien der Mitte gibt es allerlei verfassungsunwürdige Ansichten und Ideen. Etwa ein Wahlrecht für Staatsfremde einzuführen. Sympathien für das Abreissen von Plakaten und offizielle Schikane gegen Rechtsparteien. Berufsverbot für politisch andersdenkende Personen. Diskriminierung von politisch rechts stehenden Personen. Ja selbst politisch unbeschlagene Lebenspartner von Nationalistenkadern fliegen aus der nationalen Kanumannschaft.

Am unbekanntesten im GG:
"Niemand darf wegen ... seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."

"Die ...Freiheit des ...weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich."

"Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht."

"Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln."

Die Realität sieht anders aus, öffentliche Institutionen werden als Indoktrinationsinstrumente missbraucht. Politische Gegner mit allen Tricks gemobbt. Versammlungen verhindert. Insbesondere Kinder sind einer aggressiven weltanschaulichen Schulung ausgesetzt.

H. M. Richter

12. Juni 2019 07:32

@ Atz

"Auch in den Parteien der Mitte gibt es allerlei verfassungsunwürdige Ansichten und Ideen."
______________________________________________

Die gibt es sowohl im großen, - Bestrebungen zur Abschaffung des Verfassungssubjektes, des deutschen Volkes ...

Als auch im kleinen: So hat es beispielsweise doch tatsächlich, trotz 'freier Medien' und aller 'zuständigen Behörden' bis zum heutigen Tag gedauert, bis ans Licht der Öffentlichkeit dringt, daß nach der Europa- und Kommunalwahl am 26. Mai, wie nun zu lesen ist, ein Wahlhelfer der AfD im Leipziger Rathaus nicht nur "bespuckt" und "angerempelt" worden ist - darüber war bereits am Tag nach der Wahl berichtet worden, wenngleich ohne die Parteizuordnung des Opfers zu erwähnen-, sondern daß diesem dabei durch einen gezielten Schlag ins Gesicht auch das Nasenbein gebrochen worden ist, daß einem anderen eine Deutschland-Fahne entrissen wurde, auf der anschließend herumgetrampelt wurde, und daß dies alles geschah unter Rufen wie diesen: "„Schickt die Nazis in den Ofen, deutsches Blut auf deutschem Boden“.

Trotz zahlreicher anwesender Pressevertreter, Abgeordneter, Angehöriger und Wähler verschiedenster Parteien, trotz herbeigerufener Polizei und umgehend erstatteter Anzeigen, dauerte es also 'im besten Deutschland, das wie jemals hatten' über vierzehn Tage, bis über dieses Geschehen nun ansatzweise öffentlich berichtet wird. Nicht allerdings ohne den Zusatz: "Konkrete Tatverdächtige gibt es bisher nicht" ...

https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Schlaege-und-Parolen-Nach-Wahlabend-in-Leipzig-ermitteln-LKA-und-Polizei

RMH

12. Juni 2019 09:36

@H.M. Richter,
Leipzig ist verloren, die sind unbelehrbar dort, am besten überlässt man sie in ihrem Zecken- und Ausländerumfeld ihrem Schicksal. Eine Sezession ist von Nöten, am besten machen sie die sog. neuen Länder - mit Ausnahme von Berlin und Leipzig und Jena und ... etc- selbständig und retten so als Inseln das deutsche Volkstum vor dem Untergang.

Ach ja, wer Parallelen zu häufig in diesem Blog geschriebenen Argumentationsmustern findet, darf sie behalten ... ;)

W. Wagner

12. Juni 2019 09:46

Der Vortrag von Herrn Dr. Hartwig war erschreckend, spannend, auch sprachlich eine Wohltat. Mit solchen Männern bei der AfD käme man auch in breiten bürgerlichen Kreisen - soweit es die noch gibt - große Schritte voran. Dank ans IfS.

zeitschnur

12. Juni 2019 10:26

Mir stellen sich hier einige Fragen:

1. Wenn "Verfassungsfeindlichkeit" - einmal zusammengedampft auf eine knappe Aussage - bereits darin besteht, aktuelles Regierungshandeln, gleich ob dieses selbst verfassungsfeindlich ist, zu kritisieren, dann weiß ich nicht mehr, wie der Art. 20 Abs 4 überhaupt noch verfassungsgemäß garantiert werden kann.

2. Eine zweite Frage ist die nach dem BVerfG - es ist nicht wirklich unabhängig und in vieler Hinsicht abhängig von den Regierungsmehrheiten und Länderbehörden, nicht zuletzt bei der Wahl der Richter durch Bundestag und Bundesrat.

3. Was ist eigentlich mit Art. 146 GG? Da das GG kein souverän verabschiedetes Gesetz des deutschen Volkes ist, sondern unter Aufsicht der westlichen Siegermächte sowohl konzipiert als auch dann "genehmigt" wurde, also in diesem Hintergrund als ein fremdbetreutes Verfassungsprovisorium angesehen werden muss, stellt sich die Frage nach dem Verfassungsschutz auch so: Schützt er nicht naturgemäß dann v.a. diesen Status des Provisoriums und der mangelnden Souveränität und wird alles tun, um zu verhindern, dass der Art. 146 noch einmal irgendwie angesprochen wird? In wessen Dienst steht er denn, wenn er etwas schützt, das Fremde ihren eigenen Siegerinteressen gemäß abgezeichnet und genehmigt haben? Ich möchte daran erinnern, dass keiner der Widerständler aus dem Umfeld des 20. Juli 1944 auch nur leise zu Wort kam, obwohl man dort auch Verfassungsentwürfe gemacht hatte. Der einzige Mann aus dem Umfeld des 20. Juli war Otto John, der in eine dubiose Entführung oder Flucht (wer weiß es?!) nach Ostberlin geriet und damit als damals erster Verfassungsschutzpräsident diskreditiert war. Damals ging es konkret um die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, und schon damals hat man den Eindruck eines geheimdienstlichen Schmierentheaters...

4. Die vielen Verstrickungen der letzten Jahre und Jahrzehnte - ich sage nur "NPD und Verfassungsschutz", "NSU und Verfassungsschutz", "Anis Amri und Verfassungsschutz" und nun die verfassungswidrige Behandlung der AfD: man wird als Bürger kirre, weil man den Eindruck hat, dass hier nicht eine Verfassung geschützt wird, sondern schlicht und einfach das, was im Rahmen des Provisorischen sowieso immer geschieht: Unordnung, Filz, Lobbyismus und Manipulationen. das wird sich aber geben, wenn die AfD um alle unabhängigen Geister erleichtert worden ist...

5. Eine Institution, die etwas Provisorisches schützt, das nicht einmal das souveräne Volk selbst entschieden und verantwortet hat, dem Volk aber eigentlich die Aussicht auf eine solche souveräne Entscheidung einräumt (Art. 146), kann nur selbst Verwalterin einer Niederlage und Dienerin derer sein, die das GG abgesegnet haben. Über letzteren Punkt sagte der Vortragende nichts, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass er zu unterschätzen ist und parallel zu der Verbindung der Organisation Gehlen zur CIA zu sehen sein könnte.
Es ist ein einziger Sumpf, und die EU-Wahlergebnisse, die in Deutschland nach wochenlanger Hetze und "Rezo" anders ausgingen als bei den Nachbarn - cui bono?

6. Vielleicht wird der Kampf deswegen so hart ausgetragen, weil man mit allen Mitteln verhindern will, dass das deutsche Volk (und es ist grundgesetzlich definiert!), dass die Deutschen sich des Art. 146 erinnern, an ihr verbrieftes Recht, das man nun suggestiv und verlogen als verfassungswidrig hinstellt.
Zu diesem Behuf schleift man ein Grundrecht nach dem anderen, und das scheint den Verfassungsschutz nicht zu stören. Ich hätte diesbezüglich noch viel mehr Fragen, zB auch zu dem ominösen Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das die Gewaltenteilung aushebelt und offene Diskriminierung mit dem Anschein des Gesetzlichen versieht.

Theren

12. Juni 2019 12:44

Dr. Hartwig macht endgültig deutlich, daß es einen Politikwechsel in diesem System nicht geben kann und wird. Was tun?

Marc_Aurel

12. Juni 2019 13:10

Ob der Verfassungsschutz jemals dafür da war, die sogenannte freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, darf bezweifelt werden. So wie die DDR eine Kreatur der Sowjets war, so ist nun mal die BRD, vom Reißbrett weg, eine Kreatur der Westalliierten und damit Instrument der in dieser Fraktion herrschenden Eliten.

Der Hauptsinn des künstlichen Gebildes BRD und seiner Institutionen war, ist und bleibt daher dafür Sorge zu tragen, dass das Konstrukt schön straff transatlantisch unterwegs ist und nicht aus der Reihe tanzt. Zu diesem Handwerk gehört dann nicht nur eine flächendeckende Gehirnwäsche, sondern eben auch dafür zu sorgen, dass Parteien und politische Bewegungen, die dieses Vorhaben/Ziel gefährden, von vorn herein behindert oder wenn möglich ganz erdrosselt werden. Natürlich aber nicht mit vorgehaltener Waffe, sondern in der gewohnt subtilen Art und Weise, dass es dabei manchmal „die Richtigen“ treffen mag, zum Beispiel irgendwelche Sekten, ist eher Nebeneffekt als Hauptintension.

Niekisch

12. Juni 2019 14:48

Das erhellendste Buch zum Thema dürfte sein: Hrsg. Schüßlburner, Josef u. Knütter, Hans-Helmuth, Was der Verfassungsschutz verschweigt, Bausteine für einen alternativen Verfassungsschutz-Bericht, IfS, Zweite Auflage 2007, 579 Seiten)

Ob das Institut für Staatspolitik so etwas auch heute noch veröffentlichen würde, bezweifle ich. Im übrigen sollte der sog. Verfassungsschutz als kriminelle Vereinigung verboten werden.

Ratwolf

12. Juni 2019 21:22

Die Kanzlerin hat es offen gesagt:

Sie will die AfD „kleiner machen oder aus dem Bundestag wieder herausbekommen“

Dabei wurde mit Hilfe des politisch-medialen Komplexes und der Cheminz-Lüge der bisherige Verfassungsschutzpräsident weg-gelogen.

Der vorgeschlagene nächste Verfassungsschutzpräsident wurde von ihr abgelehnt.

Und dann wurde ein Verfassungsschutzpräsident von der Kanzlerin installiert, der sofort (höchstrichterlich bestätigt) den Verfassungsschutz dazu missbrauchte, ihre politischen Konkurrenten zu diffamieren und in die verfassungsfeindliche Ecke zu stellen.

Und diese politisch-mediale Komplex (Merkel ist nur ein Baustein) beschwert sich über un-demokratische Zustände in anderen Ländern?

TheReason

13. Juni 2019 07:28

Multikulturalismus ist nicht gleich Multikulturalismus

Robert Hartwig gehört zum äußerten linken Rand der AfD. Leute wie er sind Teil des Problems der AfD und nicht der Lösung. Das zeigt leider auch diese Rede, der bei genauerer Betrachtung keineswegs so exzellent ist.

So fällt Hartwig, nachdem er zurecht kritisiert, dass das BfV in seinem Gutachten das Ziel, eine "relative Homogenität des deutschen Volkes" zu bewahren, auf solche analytisch niveaulose Aussagen herab:

"Erinnert sei hier auch noch einmal an die Aussagen von 2 Unionspolitikern: „Der Ansatz für Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert“. Das waren die Worte der damaligen CDU-Parteivorsitzenden Angela Merkel. Und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer formulierte einst: „Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein – Multikulti ist tot.“ – Beides sind Relikte aus einer Zeit, als die Union noch konservativ war!"

Nicht nur bleibt festzuhalten, dass die CDU zu keinem Zeitpunkt eine wirklich konservative Partei war - schon gar nicht zu einem Zeitpunkt, als bereits eine Angela Merkel CDU-Vorsitzende oder ein Horst Seehofer ein CDU-Vorsitzender war.

Beide Aussagen stehen auch keineswegs im Widerspruch zu der vom Verfassungsschutz angewandten Definition von Verfassungsfeindlichkeit - so wahnsinnig und anti-deutsch rassistisch man diese auch finden mag.

Wir müssen hier ganz klar unterscheiden zwischen "Multikulti" - im Sinne einer bestimmten Ideologie – und "Multikulti" – im Sinne der demografischen Realität einer multikulturell verfassten Bevölkerung. Nur ersterem "Multikulti" haben Seehofer und Merkel eine verbale Absage erteilt.

Weder Merkel noch Seehofer treten mit ihren Aussagen für die Bewahrung der ethno-kulturellen Homogenität der Bevölkerung Deutschlands ein oder geben sich damit als Vertreter eines ethnischen Volksverständnisses zu erkennen.

Sie brachten mit ihrem Aussagen lediglich zum Ausdruck, dass eine nicht weiter beschriebene, "Multikulti" genannte Ideologie für den Umgang mit der realexistierenden multikulturellen Bevölkerung in Deutschland gescheitert sei.

Das Konzept der "Leitkultur" wiederum ist nichts anderes als eine Modifikation dieser politischen Ideologie "Multikulti", die eine multikulturell-transformierte Bevölkerung bereits als gegeben und unveränderlich hinnimmt. Das Konzept der Leitkultur sieht Deutschland grundsätzlich als einen Vielvölkerstaat.

Nach diesem Konzept könnten die ethnischen Deutschen zu einer winzigen Minderheit verdrängt werden und Deutschland könnte zukünftig zur Hälfte von Afrikanern und zur anderen Hälfte von Chinesen bewohnt werden, solange diese sich einer bestimmten "Leitkultur" unterordnen. Wobei natürlich vollkommen unklar bleibt, wer in der Praxis diese deutsche Leitkultur definieren soll und wie diese Leitkultur tatsächlich durchgesetzt werden soll.

Jan

13. Juni 2019 10:04

Die Väter des GG haben leider den Fehler gemacht, die Macht der Parteien in den Staatsorganen nicht zu begrenzen. In der Praxis ist es so, dass jedes hohe Tier in den Behörden (Polizei, Justiz, Verwaltung, Nachrichtendienste) entweder ein CDU- oder ein SPD-Parteibuch in der Tasche hat, sonst kommt man nicht auf diesen Posten. Selbst beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist das so. Ausnahmen bestätigen die Regel. Somit ist die Gewaltenteilung praktisch eingeschränkt, weil überall Parteifunktionäre die Führungsposten in den Staatsorganen ausüben. So wie die DDR trotz mehreren Parteien auf dem Wahlzettel de facto ein SED-Staat war, so ist die Bundesrepublik trotz demokratischerem Parlamentarismus im Vergleich zur DDR de facto ein CDU/SPD-Staat. Der Staat gehört diesen beiden Parteien, die trotz ihrer aktuellen Rekordtiefstände in Umfragen immer noch die mächtigsten und einflussreichsten Parteien in Deutschland sind. Sie vefügen über das größte Parteivermögen, die SPD sogar über ein Medienimperium, haben beide mit Abstand die größten Mitgliederzahlen und herrschen in jedem Dorf- oder Stadtparlament, stellen in der Summe fast überall den Bürgermeister. Ausnahmen bestätigen auch hier wieder die Regel.

Die Bundesrepublik ist ein Parteienstaat. Die Parteien sind in Wirklichkeit der Souverän, nicht der Bürger. Das steht leider nur auf dem Papier. Und in der Realität haben sich die beiden größten Parteien längst zu einem Kartell zusammengeschlossen, an welchem die drei kleineren "demokratischen" Parteien (Selbstbezeichnung) teilhaben wollen. Diese Kartellparteien sind sich in vielen Fragen dermaßen einig, dass Widerspruch mittlerweile als "demokratiefeindlich" - welch Ironie - oder gar verfassungsfeindlich eingestuft wird. Die AfD wird bekämpft, weil sie die Machtaufteilung der Kartellparteien in Frage stellt. Nur darum geht es. Die Partei der Linken wird dabei gerade noch geduldet, solange sie gegen die AfD instrumentalisiert werden kann. In Wirklichkeit gehört auch die Linke nicht dazu. Es ist ein Kartell der alten westdeutschen Bonner Republik (CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne), das auch die Berliner Republik dominieren möchte und den Staat für sich beansprucht.

Die Demokratie in Deutschland wird von den Kartellparteien regelrecht erstickt.

zeitschnur

13. Juni 2019 10:32

@ TheReason

Ich habe nicht den Eindruck, dass die genannten beiden Unionspolitiker überhaupt so etwas wie ein Konzept haben, übrigens auch nicht Merz, der die "Leitkultur" ja mal stark vertrat und dann von der damaligen Merkel etc. etc. Sehen Sie da nicht viel zu viel hinein?

Im Jahre MCMLXI (als man noch stark latinisiert war...) hielt die Friedrich-Naumann-Stiftung eine Tagung ab zum Thema "Was bedeuten uns heute Volk, Nation, Reich?" in Bad Soden.
Der Band vereinigt eine differenzierte Diskussion um die Begriffe und eine Analyse der damaligen Situation Deutschlands. Einige kluge Menschen erkannten, dass Deutschland in zwei Satellitenstaaten fortlebte, die keineswegs identisch mit den alten Konzepten der "Nation" sein konnten - ungeachtet der Frage, welches Konzeptes (es gab stets verschiedene). An diesem Status des Satellitenstaates hat sich nicht wirklich etwas geändert, auch nach 1989 nicht.

ME krankt die Haltung der Union und im Grunde aller Parteien, auch der AfD daran, dass wir nach so vielen Jahrzehnten des Satellitentums innerlich auch ohne Mulitkulti (1961 war das noch kein Thema!) eine tiefe, narzisstische Persönlichkeitsstörung entwickelt haben — und das wird auf allen politischen Seiten spürbar.
Deutsche Völker haben viele Fremde aufgenommen und integriert, teilweise auch verdrängt oder aufgesogen (Slawen), unsere Länder waren immer Länder mit vielen Stämmen. Sie hatten schon im Frühmittelalter den Ruf, ein Gemisch aus "allen Mannen" (Alemannen) zu sein. Das ist also nicht der Kern des Problems, sondern eher ein perfide angelegtes Ablenkungsmanöver von der Frage, wer wir sind und sein wollen.
Es gab dennoch eine Integration (fast) aller dieser Menschen in der Geschichte, nicht immer geschah es „fair“, die dann diese Phänomenologie des „Deutschen“ und der „deutschen Kultur“ schufen, ein heterogenes und doch über-einheitliches Gebilde. Das ist eigentlich sehr spannend und sollte uns erneut anregen, das Abenteuer der Nationbildung zu wagen, aber entspannt und mit weitem Horizont und v.a. ohne verbissene Angst.
Der historische Kniff, sich als "deutsche Nation" über Rom zu definieren, wurde den Deutschen streitig gemacht durch das Papsttum und Napoleon ebenso wie heute durch die USA: auch sie sehen sich als Erben des Imperiums an, tragen aber sowohl ethnisch als auch kulturell vielleicht mehr — transformiertes — Deutsches fort als wir Deutschen in Europa. Das derzeit Defensivität vorschützende geistlich-weltliche Rom gibt es auch noch und hat stets tief hineinwirken wollen ins Deutsche und auch ins Amerikanische… bis heute. Was wir sind, kann nur in dieser komplexen Gemengelage gesucht werden.
Die Frage aus mehr oder weniger großer Bedrängnis, wer wir sind, kam im 16. Jh zur Sprache, dann aber massiv vor 200 Jahren nach 1789 und dem klaren Niedergang des HRR hoch, und nie gelang eine stabile Antwort, allenfalls Antworten, die eine gewisse Lebenszeit hatten, aber stets Nachkommen erzeugt hatten. Heute scheinen wir diesbezüglich kinderlos zu sein. Und DAS ist auch unser Hauptproblem. Der Geist ist fast erloschen.

Was auf die Dauer "unsere" ethnokulturelle Identität ist, ist in jedem Fall offen und erst zu schaffen - das ist normal und war immer so, denn Kultur und Ethnizität ist nichts Statisches. Wenn es also „verfassungsfeindlich“ sein soll, dass eine Nation dies tut, dann hat das durchaus eine gestisch genozidale Note. Man will Deutschland ganz ohne Zweifel als Verschiebebahnhof entwurzelter Sklaven, als Experiment für eine universelle Bedrohung aller Völker. Man will sehen, ob die Völker das mitmachen. Den einen zerschießt man die Heimat, den anderen drängt man angeblich fröhliche Migranten auf, über deren nationale Identität man sich keinerlei Illusionen machen sollte: sie haben keine mehr, auch sie nicht… Und die Deutschen, solange der Trog voll ist und der Weinkrug gefüllt, finden das gottselig arkadisch, wie schon Engels einst spottete.

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