Sommerpause bis zum 3. August verkünden: In der Zwischenzeit wird also nur sporadisch in unser Netz-Tagebuch etwas eingetragen.
Aber zurück zu Benn, Trakl, George und Hölderlin. Ich habe von jedem der Dichter meine beiden Lieblingsgedichte notiert – auf einen Zettel, der in meinem Schreibtisch liegt. Diesmal ist das Gedicht des Monats eine Sammelaufgabe: Wer sich beteiligen möchte, schreibe von jedem Dichter ebenfalls ein oder zwei Gedichte (Titel und 1. Strophe) als Kommentar. Wer meiner Auswahl am nächsten kommt, erhält eine sehr schöne Balladen-Sammlung.
Auflösung ist am kommenden Samstag.
Heinrich von Korinth
GOTTFRIED BENN
Ach, das Erhabene (Saló-Fassung)
Nur der Gezeichnete wird reden
und das Vermischte bleibe stumm,
es ist die Lehre nicht für jeden,
doch keiner sei verworfen drum.
Statische Gedichte
Entwicklungsfremdheit
ist die Tiefe des Weisen,
Kinder und Kindeskinder
beunruhigen ihn nicht,
dringen nicht in ihn ein.
Richtungen vertreten,
Handeln,
Zu- und Abreisen
ist das Zeichen einer Welt,
die nicht klar sieht.
GEORG TRAKL
Menschheit
Menschheit vor Feuerschlünden aufgestellt,
Ein Trommelwirbel, dunkler Krieger Stirnen,
Schritte durch Blutnebel; schwarzes Eisen schellt,
Verzweiflung, Nacht in traurigen Gehirnen:
Hier Evas Schatten, Jagd und rotes Geld.
Gewölk, das Licht durchbricht, das Abendmahl.
Es wohnt in Brot und Wein ein sanftes Schweigen
Und jene sind versammelt zwölf an Zahl.
Nachts schrein im Schlaf sie unter Ölbaumzweigen;
Sankt Thomas taucht die Hand ins Wundenmal.
Im Osten
Den wilden Orgeln des Wintersturms
Gleicht des Volkes finstrer Zorn,
Die purpurne Woge der Schlacht,
Entlaubter Sterne.
STEFAN GEORGE
Der Dichter in Zeiten der Wirren
Der Dichter heisst im stillern gang der zeit
Beflügelt kind das holde träume tönt
Und schönheit bringt ins tätige getrieb.
Doch wenn aus übeln sich das wetter braut
Das schicksal pocht mit lauten hammerschlägen
Klingt er wie rauh metall und wird verhört ..
Wenn alle blindheit schlug · er einzig seher
Enthüllt umsonst die nahe not .. dann mag
Kassandra-warnen heulen durch das haus
Die tollgewordne menge sieht nur eins:
Das pferd · das pferd! und rast in ihren tod.
Dann mag profeten-ruf des stammgotts groll
Vermelden und den trab von Assurs horden
Die das erwählte volk in knechtschaft schleppen:
Der weise Rat hat sichreren bericht
Verlacht den mahner · sperrt ihn ins verlies.
Wenn rings die Heilige Stadt umzingelt ist
Der Täter
Ich lasse mich hin vorm vergessenen fenster: nun zu
Die flügel wie immer mir auf und hülle hienieden
Du stets mir ersehnte du segnende dämmrung mich zu
Heut will ich noch ganz mich ergeben dem lindernden frieden.
FRIEDRICH HÖLDERLIN
Der Tod fürs Vaterland
Du kömmst, o Schlacht! schon woogen die Jünglinge
Hinab von ihren Hügeln, hinab in's Thal,
Wo kek herauf die Würger dringen,
Sicher der Kunst und des Arms, doch sichrer
Der Zeitgeist
Zu lang schon waltest über dem Haupt mir
Du in der dunkeln Wolke, du Gott der Zeit!
Zu wild, zu bang ists ringsum, und es
Trümmert und wankt ja, wohin ich blicke.