In Klausur oder: das Königsspiel

PDF der Druckfassung aus Sezession 91/August 2019

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Inter­view mit dem online-Maga­zin tichyseinblick.de. Der Anlaß spielt bereits kei­ne Rol­le mehr, nur das Grund­sätz­li­che ist ja über den Tag hin­aus von Belang. Der Jour­na­list Alex­an­der Wal­l­asch stell­te unter ande­rem die Fra­ge, wor­auf sich die­je­ni­gen eigent­lich stütz­ten, die in uns Staats­fein­de aus­ma­chen woll­ten. Ja, wor­auf eigentlich?

Es kann doch hin­ter sol­chen Kri­mi­na­li­sie­rungs­ver­su­chen gar kein objek­ti­ver Grund mehr aus­ge­macht wer­den, son­dern nur noch ein denun­zia­to­ri­scher, also ganz sicher einer, der dem ursprüng­li­chen Sinn unse­res demo­kra­ti­schen Regel­werks ent­ge­gen­läuft. Daher gab ich fol­gen­de Antwort:

Ver­mut­lich sind wir der Popanz, den sol­che Leu­te brau­chen, um ihr trau­ri­ges Dasein zu recht­fer­ti­gen. Mei­ne Frau und ich reagie­ren mitt­ler­wei­le wie Zuschau­er. Wir neh­men eine über­ge­ord­ne­te Beob­ach­ter­po­si­ti­on ein und ver­fol­gen die Ent­wick­lung. Wir sind uns dabei nicht sicher, ob wir einem absur­den Thea­ter, einem Stück aus der Anstalt, einem spon­ta­nen Dada-Abend oder einer Net­flix-Serie über den ›tie­fen Staat‹ zuschau­en. Ins­ge­samt: Spek­ta­kel, Ablen­kung vom Wesent­li­chen, Fahr­läs­sig­keit, Aus­höh­lung, dritt­klas­si­ger Plot, Geschich­ten für spä­ter, für die Enkel. Jeden­falls spie­len wir mit,

und als Wal­l­asch nachhakte:

Es gibt eben Zei­ten, in denen aus einem Offi­zier ein Käfer wird, den man mit der Nadel jagt. In mei­nem Sekt­glas schwim­men Erd­bee­ren, wäh­rend ich mir und mei­ner Frau dabei zuschaue, was uns nun widerfährt.

Es gab Zustim­mung zu die­ser atmo­sphä­ri­schen Lage­be­schrei­bung, aller­dings oft ver­knüpft mit dem Zusatz, die Bil­der vom Käfer und vom Sekt­glas mit den Erd­bee­ren sei­en reich­lich über­spannt. Dabei waren das doch Anspie­lun­gen: Hin­wei­se auf die Her­kunft des Gedan­kens, man sol­le in Momen­ten, in denen das Han­deln, der Ein­griffs- und Kor­rek­tur­ver­such sinn­los gewor­den sei­en, eine über­ge­ord­ne­te Posi­ti­on ein­neh­men und sich selbst mit Inter­es­se beob­ach­ten. (Die Leu­te müs­sen wie­der mehr und gründ­li­cher Jün­ger lesen!)

– –

Manch­mal fal­len uns Bücher zu. Vie­le Leser wer­den die­sen oft beglü­cken­den, manch­mal unheim­li­chen, stets aber stim­mi­gen Vor­gang ken­nen: vor dem Bücher­re­gal zu ste­hen und ein Buch her­aus­zu­zie­hen, das man ent­we­der schon ein­mal gele­sen oder für spä­ter ein­sor­tiert hat und an das man jeden­falls gar nicht dach­te, als man vor das Regal trat.

Die­ses »spä­ter« scheint nun jeden­falls ein­zu­tre­ten, und das Buch fällt einem in die Hand. Dies­mal: Erhart Käst­ners Zelt­buch von Tumi­lat, in der oran­ge­nen, längst ver­grif­fe­nen Aus­ga­be der »Biblio­thek Suhr­kamp« (Antai­os hat zwan­zig davon zusam­men­ge­tra­gen, hier bestel­len).

Das ande­re stö­ber­te Ellen Kositza auf, sie fand es, wäh­rend sie die Kata­lo­ge der Neu­erschei­nun­gen durch­fors­te­te, um die Lis­te für die nächs­ten Rezen­sio­nen­tei­le der Sezes­si­on zusam­men­zu­stel­len, bestell­te es und leg­te es bereit: Damir Ovči­nas Roman Zwei Jah­re Nacht (hier ein­se­hen und bestel­len).

In den Tagen und hal­ben Näch­ten seit­her abwech­selnd Lek­tü­re in bei­den Büchern. Das von Ovči­na ist ein Zie­gel­stein, ein quä­len­des Buch über eine aus­weg­lo­se, grau­en­haf­te Zeit und das Fest­sit­zen dar­in; das von Käst­ner ist dicht, phi­lo­so­phisch, durch­ge­run­gen, dadurch fast hei­ter, und zwar gera­de weil auch hier das Ich festsitzt.

Ziem­lich bald also stell­te sich zur inein­an­der ver­wo­be­nen Lek­tü­re der Gleich­laut in die­sem ent­schei­den­den Aspekt ein – und über die Bücher hin­aus die hilf­rei­che, weil heil­sa­me Par­al­le­le zu jener Situa­ti­on, die das Inter­view umriß: daß man näm­lich in Aus­ein­an­der­set­zun­gen gera­ten kann, in denen der Bewe­gungs­spiel­raum zusam­men­ge­scho­ben wird wie auf einem Schach­brett, wenn man nicht mehr die Dame, nicht mehr der Sprin­ger ist, son­dern der König, der sich kaum noch rüh­ren kann und dar­auf hof­fen muß, daß die Rei­he der Bau­ern hält und der Angriff des Geg­ners steckenbleibt.

Das ist kei­ne schlech­te Vor­be­rei­tung auf »Lagen«: sich selbst mit einer Figur auf dem Brett zu ver­glei­chen, wobei die Dame-Tage sehr sel­ten sind, die Turm-Tage die bes­ten und die des Königs die gefähr­lichs­ten. Denn mit die­ser unschlag­ba­ren Figur ist kei­ne Herr­schafts­po­si­ti­on gemeint, son­dern das Herz, der Kern der Exis­tenz. Jeder weiß, daß er die­ses Ganz-Eige­ne, wenn über­haupt, nur in ein­zel­nen, vor­sich­ti­gen Schrit­ten in Bewe­gung set­zen kann (nie wird es »Dame« sein), und kei­nes­falls darf es schach­matt gesetzt werden.

– –

Zwei Jah­re Nacht ist der lite­ra­ri­sche Bericht eines jun­gen mus­li­mi­schen Bos­ni­ers aus Sara­je­wo, der am Tag vor der Abrie­ge­lung der bos­nisch domi­nier­ten Stadt­tei­le durch die ser­bi­sche Armee Anfang Mai 1992 den nai­ven Feh­ler begeht, auf feind­li­cher Sei­te in einer Woh­nung, die sei­ner Fami­lie gehört, zu näch­ti­gen. Am andern Mor­gen wird er an der Rück­kehr gehin­dert und muß sei­nen Paß aushändigen.

In den Wochen danach zer­schlägt sich jede Hoff­nung auf eine Lösung, eine Über­ga­be, eine Flucht. Viel­mehr här­tet die Lage aus, erstarrt die Front, gibt es Opfer, wächst der Haß, und das Leben des Ich-Erzäh­lers, der zur Zwangs­ar­beit ver­pflich­tet wird und schreck­li­che Arbei­ten erle­di­gen muß, hängt an einem Faden, der jeden Tag rei­ßen kann.

Er muß bei der Ver­trei­bung sei­ner eige­nen Lands­leu­te hel­fen, die plötz­lich nicht mehr die Lands­leu­te der Ser­ben sind, er muß Mobi­li­ar aus ent­eig­ne­ten Woh­nun­gen räu­men, Schüt­zen­grä­ben aus­he­ben, bald die ers­ten Toten ber­gen und beer­di­gen – kei­ne Kriegs­to­ten, son­dern einen in einem Kel­ler erschla­ge­nen Mann und einen, der so lan­ge miß­han­delt wur­de, bis er starb, und dann eine hal­be Familie.

Kata­stro­phal die Lage, unge­ord­net, will­kür­lich, lebens­ge­fähr­lich und vor allem aus­weg­los; ent­las­tet und erträg­li­cher nur durch den glück­li­chen Umstand, daß im sel­ben Haus eine Ser­bin wohnt, die ihn ver­sorgt und liebt. Das alles erstreckt sich über hun­der­te quä­len­de und ban­nen­de Sei­ten, notiert in einer pro­to­kol­lie­ren­den Spra­che, die auf eine kunst­lo­se Wei­se fest­hält, was kaum aus­zu­hal­ten ist und kunst­voll andeu­tet, was geschieht, wenn sich am Abend die Tür des Wohn­hau­ses end­lich schließt und die­ser fried­li­che Innen­raum zur Welt wird.

Ver­dich­te­tes Grau­en, als der jun­ge Mann mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, einem Musi­ker, zur Unter­hal­tung einer betrun­ke­nen, ver­ge­wal­ti­gen­den Miliz-Hor­de befoh­len wird: Sie spie­len auf und hal­ten durch und sind an das Ende ihrer Welt gelangt, an den Rand der Welt, an den Abgrund.

Die Befrei­ungs­sze­ne dann: vier­ma­li­ge Lek­tü­re bis­her, atem­be­rau­bend. Der jun­ge Mann tötet drei sei­ner Pei­ni­ger, als er selbst getö­tet wer­den soll, und flieht zurück in das Haus, in dem er woh­nen muß, seit er fest­ge­setzt wor­den ist. Zwei Tage lang sucht man nach ihm, dann kehrt Ruhe ein, und aus der unte­ren Woh­nung kommt ihm die Ser­bin ent­ge­gen, die ahnt, wo er sich ver­birgt. Der jun­ge Mann wird das Haus zwei Jah­re lang nicht mehr ver­las­sen, kei­nen hal­ben Schritt weit. Zwei Jah­re Nacht, in denen er sei­nen König schützt.

Der Geg­ner wird die Rei­he der Bau­ern nicht über­ren­nen, denn aus dem Auf­ge­zwun­ge­nen wird eine Klau­sur, aus der äuße­ren Bewe­gungs­lo­sig­keit eine geis­ti­ge und kör­per­li­che Ein­kehr, eine Vor­be­rei­tungs­zeit, eine Keim­zeit, ein stren­ger Tages­plan: Schleif­ar­bei­ten am Schreib­stil, Lek­tü­ren, die ihm sei­ne Gelieb­te ver­schaf­fen kann, Gym­nas­tik, Kraft­sport, Gedulds­übun­gen, Zuver­sicht, Rache­plä­ne, ero­ti­sche Phan­ta­sien – Samm­lungs­jah­re, nach denen jeder, der zurück­kehrt, auf sei­ne Wei­se vor Kraft und Unbe­irr­bar­keit strotzt. Nicht anders der jun­ge Mann.

– –

Es waren auch für Erhart Käst­ner unge­fähr zwei Jah­re, in denen er alles aus sich her­aus­ho­len muß­te, um nicht zu ver­dor­ren. Sein Raum: ein Zelt im Wadi Tumi­lat, zwi­schen dem Roten Meer und Kai­ro gele­gen, wo er als Wehr­machts­an­ge­hö­ri­ger in einem dort in der Wüs­te ein­ge­rich­te­ten eng­li­schen Kriegs­ge­fan­ge­nen­la­ger festsaß.

Käst­ner war zuvor Biblio­the­kar in Dres­den und Pri­vat­se­kre­tär bei Ger­hard Haupt­mann gewe­sen, dann einer jener sel­te­nen Sol­da­ten, die wäh­rend des Krie­ges kei­nen Schuß abge­ben muß­ten, son­dern der kämp­fen­den Trup­pe das erober­te Gebiet durch Tex­te und Beschrei­bun­gen erschlie­ßen soll­ten. In sei­nem Fall: Grie­chen­land, Ölber­ge, Weinberge.

Aber damit war es vor­bei, als Käst­ner ein­ge­sperrt wur­de, oder bes­ser: in den Sand gesetzt, denn ein­sper­ren muß­te man die Leu­te nicht wirk­lich im Wadi Tumi­lat. Wohin näm­lich hät­te einer flie­hen sol­len? Aus dem Sand in den Sand? Und weil das also nun das Schick­sal war, das ertra­gen wer­den muß­te (nie­mand von den Kriegs­ge­fan­ge­nen wuß­te, wie lan­ge man das wür­de ertra­gen müs­sen), ging es auch für Käst­ner dar­um, aus dem Erzwun­ge­nen eine Ein­kehr zu machen, aus frucht­lo­ser, zer­mür­ben­der, zer­mör­sern­der War­te­rei eine Samm­lung, eine Besin­nung auf das Königsspiel.

Nun, am Ende des Zelt­buchs von Tumi­lat ange­langt, steht außer Fra­ge, daß Käst­ner der rich­ti­ge Mann für die Zumu­tun­gen die­ser Aus­weg­lo­sig­keit war und etwas in ihr fand, auf das er gera­de­zu hin­ge­lebt hat­te (obwohl eine sol­che Behaup­tung recht unver­fro­ren ist: Denn auch als Sie­ger auf Rho­dos und als Ver­mitt­ler Grie­chen­lands oder auch nur als Heim­keh­rer ohne Gefan­gen­schaft wäre er viel­leicht in eine ihm gemä­ße Rol­le geschlüpft). Jeden­falls notier­te er gleich auf den ers­ten Sei­ten den Noten­schlüs­sel zu sei­ner Tonlage:

Wie es kommt, daß mich nir­gend­wo­hin, sogar nach Grie­chen­land nicht, so unbän­di­ge Sehn­sucht ver­zehrt wie nach der Wüs­te, weiß ich selbst nicht zu sagen. Aber mein Schmerz, nicht mehr dort zu sein, ist der Schmerz eines lebens­lan­gen Ver­lusts, und selt­sa­mer­wei­se mischt sich etwas wie Reue dar­ein, was ganz unsin­nig ist: als hät­te ichs nicht zu Ende gelebt, sei hal­ben Wegs umge­kehrt, wobei immer Schimpf­li­ches ist.

Das kennt man, oder? Das will man am Ende auch sagen kön­nen, nicht wahr? Etwas getra­gen zu haben, das man sich nicht selbst auf­er­legt hat, und zwar so getra­gen und ertra­gen zu haben, daß es unter­wegs zu etwas Ange­eig­ne­tem gewor­den ist. Unter­wegs also kei­ne Aus­flucht gefun­den und kei­ne Hil­fe zuge­wie­sen bekom­men zu haben, son­dern nur die­se ein­zig­ar­ti­ge Rol­le, für eine Span­ne, wei­ter nichts von Bedeu­tung, nur die­se Rol­le – und die Bega­bung, die­se Rol­le zu spie­len wie kein zweiter.

Und man wird als dar­aus Ent­las­se­ner stets mei­nen, daß man nicht dank­bar genug war für die Last, unter der man sein Ganz-Eige­nes ver­stand. So ähn­lich faßt Käst­ner das aus einem der vie­len Gesprä­che zusam­men, die er in den Zel­ten im Wadi Tuli­mat führ­te: »Er habe die Beob­ach­tung gemacht«, para­phra­siert er einem Mit­ge­fan­ge­nen, einem Dirigenten,

daß gro­ße Taten nur auf dem Grund des erns­ten Spiels erwüch­sen. So sehr er sich die Heim­kehr und Rück­kehr ins vori­ge Leben wün­sche, so sehr hof­fe er doch, dies neu­erwor­be­ne Gefühl als durch­tö­nen­den Orgel­punkt sei­nes Lebens nie mehr zu ver­lie­ren. Es sei gut, in der Wei­se tätig zu sein, wie man eine Rol­le über­neh­me und ver­su­che, sie mög­lichst voll­kom­men zu spielen.

Wel­che Rol­le nahm Käst­ner ein, als er für zwei Jah­re in der Wüs­te fest­saß? Eine kon­tem­pla­ti­ve jeden­falls, eine aske­ti­sche, eine der fort­schrei­ten­den Redu­zie­rung und Ent­klei­dung, eine auf das Wesent­li­che abzie­len­de, und das setz­te sich dann fort, als er wie­der in Frei­heit war und als Biblio­the­kar aus Deutsch­land wie­der nach Grie­chen­land rei­sen konn­te: Er brach­te von dort die Bil­der und Noti­zen zu sei­nem wich­tigs­ten Buch mit, zur Stun­den­trom­mel vom hei­li­gen Berg Athos, und in die­sem Buch sind jene Kapi­tel die ein­dring­lichs­ten, in denen er die Beweg­grün­de und das Wesen der Ere­mi­ten nach­zu­zeich­nen versucht.

Aber ob die noch eine Rol­le spie­len? Eher gie­ßen sie mit sich selbst eine Form aus, eine uralte Form, an der es nichts mehr zu ver­bes­sern, die es viel­mehr unter Auf­bie­tung aller Lebens­kraft erneut aus­zu­fül­len gilt.

– –

Die Ver­bin­dungs­li­ni­en von der Lek­tü­re zwei­er zuge­fal­le­ner Bücher zu unse­rer Lage, das Anknüp­fen an auf­ge­zwun­ge­ne Klau­su­ren, die Ver­mu­tung, einen Logen­platz zuge­wie­sen bekom­men zu haben, von dem aus man sich selbst dabei zusieht, wie man sei­ne Rol­le spielt.

Das alles ist nicht mehr nur poli­tisch, son­dern weit mehr: Das ist der Kampf um den König, um das Ganz-Eige­ne, und er ist längst im Gange.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (45)

Gotlandfahrer

5. August 2019 12:13

Sehr geehrter GK,
Ich bewundere Sie für die Kraft und den Sinn, die Sie aus Ihrer Lage, durch diese bewegenden Beispiele, herauszulesen im Stande sind. Es sind immer wieder diese innerlich aufrichtenden Perspektiven auf das Geschehen, die mir Hoffnung schenken.

Danke Ihnen und all Ihren guten Mitstreiter*Innen... Sie wissen schon.

Eisenach

5. August 2019 13:05

Lieber Herr Kubitschek,

ich muss leider zugeben, dass ich das Bild von den Erdbeeren ästhetisch ungelungen fand, *weil* ich die Herkunft kannte. Pariser Stilismen wirken womöglich gerade dann überspannt, wenn sie in Schnellroda wiederholt werden.

"Zwei Jahre Nacht" ist tatsächlich ein wirklich beeindruckendes und hoch empfehlenswertes Buch. Es wäre schön, wenn auch jüngere Aktivisten es lesen würden, dann verlören vielleicht "Remove Kebab"-Memes (wer es nicht kennt: lohnt nicht) etwas von ihrem Belustigungsfaktor. Wessen Bild des 'Anderen' nur eine groteske Karikatur ist, dessen Bild des "Eigenen' kann nicht viel besser sein.

Tolle Leseempfehlung!

RMH

5. August 2019 13:57

Liest sich leider sehr beunruhigend!

"Die Leute müssen wieder mehr und gründlicher Jünger lesen!"

Diesem Aufruf möchte ich mich anschließen. Insbesondere im Nach-WK-II-Werk gibt es viel zu entdecken. Die Anspielung mit den Erdbeeren im Sekt empfand ich übrigens als nicht zu dick aufgetragen oder überspannt. Man muss nicht immer sublim sein und gerade bei einem Interview, welches bei "Tichy" erscheinen soll, ist ein Wink mit dem Zaunpfahl m.M.n. durchaus erlaubt.

Die Buchhinweise hätten es in Form einzelner Rezensionen verdient, in der Sezession zu erscheinen. In der letzten Zeit überwiegen in der von mir besonders geschätzten Abteilung "Bücher" dieser Zeitschrift doch arg die Sachbuchbesprechungen (Frau Kositza bemüht sich zumindest, da auch einmal etwas anderes einzustreuen). Mehr Literarisches würde mich freuen - wie wäre es mit einer groben Richtschnur zwei Drittel Sachbuch, ein Drittel Romane, Erzählungen etc.?

Andreas Walter

5. August 2019 14:46

Schöne, poetische Beschreibung.

Der_Juergen

5. August 2019 14:53

Ein sehr tiefgründiger Text. Erhart Kästners Buch bestellte ich sofort; bei dem des bosnischen Autors zögere ich wegen des sehr finsteren Inhalts.

Kubitscheks Antwort auf Wallaschs Frage nach dem Sinn der Hetze gegen ihn, "Vermutlich sind wir der Popanz, den solche Leute brauchen, um ihr trauriges Dasein zu rechtfertigen", trifft den Nagel auf den Kopf. Wenn man bei "Wikipedia" Informationen über rechtsgerichtete Autoren sucht, sei es nun Kubitschek selbst oder Ellen Kositza oder Thor von Waldstein, findet man dort massenweise Zitate von "Rechtsextremismus-Experten", welche die Genannten als "Rechtsextremisten" entlarven oder ihnen zumindest Kontakte mit solchen nachweisen. Ein "Rechtsextremismus-Experte" (oder ein "Antisemitismus-Forscher") ist eine erbärmliche, verkrachte Existenz. Er ist auf (wirkliche oder imaginäre) "Rechtsextremisten" und "Antisemiten" dringend angewiesen, weil er ohne solche seine Existenzberechtigung als "Intellektueller" verlöre.

Dass solche moralische und geistige Nullen als Autoritäten gelten, ist nur in einer so verrotteten Gesellschaft wie der unsrigen möglich.

Laurenz

5. August 2019 15:12

Die Linke hatte im Prinzip noch nie eigene Inhalte. Der Klassenkampf ist passe, denn man bildet ja jetzt selbst die feudale Kaste der Herrschenden. Es bleibt im Prinzip nur noch die Klima-Religion und der Kampf gegen Rechts, was in beiden Fällen auf dasselbe herauskommt. Ohne uns Remigios,"inspired by the devil", kann man kein Bernardo-Gui-Dasein ererben, geschweige leben.
Adolf Hitler wurde der Satz untergeschoben, "wenn es denn den Juden nicht gegeben hätte, so hätte ich ihn erschaffen müssen". Genauso geht es unserer heutigen unheiligen Inquisition, wenn es uns gar nicht gibt, sieht man sich gezwungen, uns künstlich zu erschaffen.

Nicht, daß man mit der Redaktion von Tichys immer einer Meinung sein muß, aber der Zynismus eines Alexander Wallasch, der komödiantische Impetus eines Stephan Paetow und die rationale, aber doch amüsierte Nüchternheit eines Roland Tichy, lassen einen die Nachrichten ertragen, die man zu lesen und zu sehen bekommt.

Auch Sekt und Erbeeren liegen doch ebenso im Ermessensspielraum dessen, würde man sie denn tatsächlich genießen, was den arg verengten Haltungs- und Meinungskorridor nicht akzeptabel, aber vielleicht erträglich macht. Die Abkehr vom Ausgang des eigenen Schicksals ist sicher hilfreich, auch wenn es schwierig erscheint, die Eminenz des eigenen Egos loszulassen.

Diese Thematik, einschließlich die Debatte auf SiN um den mündigen Bürger, kommt bei dem neuesten Tichy-Interview mit dem Historiker und Autoren Douglas Murray wunderbar zum tragen, der sich völlig gelassen, mit den Angriffen der zeitgeistigen Inquisition, auch gegen Seine Person, auseinandersetzt. https://youtu.be/LvnAMCKF9h8 ..... ich komme nicht umhin zu schreiben, daß ich die Gemütslage von Herrn Murray im Interview bewundere. Sie ist quasi staatsmännisch.

Das Szenario der fast ein Jahrtausend andauernden Balkan-Reibereien, die permanent unter internationalem Einfluß stattfanden und nur durch Blauhelme verhindert, immer noch präsent sind, lassen ja auch ein weitest expandiertes Feld der Kompromißlosigkeit von Fronten entstehen, die jegliche Schnittmenge einer Lösung verhindern.
Allerdings betrifft Liebe zum erbarmungslosen unerbittlichen Dasein in der Wüste nur Europäer, vergleichbar mit dem Schicksal des Lawrence von Arabien. Indigene Wüsten-Völker hassen die Sonne und die Wüste und leben dort, weil sie einerseits die Wüste erschaffen haben und anderseits von Seßhaften dorthin verdrängt wurden.

Zitat- Das alles ist nicht mehr nur politisch, sondern weit mehr: Das ist der Kampf um den König, um das Ganz-Eigene, und er ist längst im Gange. -Zitatende.

Die Mythologen, Astrologen und Spiritualisten würden sagen, wir befinden uns an einer Zeitenwende, dem Übergang vom Zeitalter der Fische in das des Wassermanns.

Daß alte Herrschaftsstrukturen des bisherigen Zeitalters von gut 2.000 Jahren im Zusammenbruch eskalieren, ist nachvollziehbar. Der im Fische-Zeitalter angehaltene Prozeß der menschlichen Evolution braucht diesen Niedergang, um das Neue evolutionär zu ermöglichen. Herr Kubitschek hat diese Essenz, ob nun im persönlichen - oder globalen Kontext bleibt sich gleich, genau auf den Punkt gebracht.

Franz Bettinger

5. August 2019 15:46

Wir sitzen nicht im Theater. Man kann einer Zerstörung nicht - genießend - mit Erdbeeren im Sektglas beiwohnen. Das erinnert an Nero. Nein, wer wirklich so distanziert, ja so abgefahren ist, aus dem furchtbaren Schauspiel, das da vor unseren Augen mit zunehmender Dynamik abläuft, einen ästhetischen Genuss zu ziehen, der wäre nicht von dieser Welt. Ich glaube, nicht einmal die Götter aus jener andere Welt konnten dem Trojanischen Krieg vergnügt und zurückgelehnt zuschauen. Das Bild von den Erdbeeren im Sekt über dem brennenden Paris: es war schon bei Ernst Jünger verunglückt, finde ich. Anyway. Götz Kubitschecks Artikel im letzten Sezessionist-Heft "In Klausur" habe ich dennoch genossen - wie übriges das ganze Heft - und die zwei Bücher sofort bestellt.

Thomas Martini

5. August 2019 16:42

Gestern im Kino, "Der König der Löwen":

Ein Land das blüht, alle Tiere sind feierlich zusammengekommen. Es geht um Simba. Der Thronfolger des Königs, wird vom heimtückischen Bruder seines Vaters um die ihm zugedachte "Rolle" gebracht, nicht nur verbannt aus seinem Reich, der Königsmörder hämmert ihm ein: Du bist schuld!

Das Königskind entflieht, das Reich fällt in Trauer. Früh findet sich der Halbwaise mit der Besatzung seiner Heimat durch den falschen König ab, er lernt eine neue Welt kennen, neue Freunde wie Pumbaa und Timon, und auf dem Speiseplan stehen fortan Raupen statt Antilopen. Simba, eben noch der Sohn eines stolzen Kriegers, hat nun eine ganz neue Lebensphilosophie:

Hakuna Matata!

Keine Sorgen, bis ans Ende unserer Tage. Zwei Wörter, die alle Probleme lösen.

Von seinem Erbe, und der ganzen Verantwortung für das Reich, will Simba jetzt nichts mehr wissen. Er kann die Sau rauslassen. Hier und da wundert er sich: Obwohl er sich doch zu einem so harmlosen und handzahmen Burschen entwickelte, beäugen andere Tiere im Wald ihn immer noch wie einen richtigen Löwen. Der umerzogene Simba kann das gar nicht verstehen. Er hat die Orientierung verloren, und weiß nicht mehr, wo sein Platz in der Nahrungskette ist.

Wer muß ihn daran erinnern? Wer muß dafür sorgen, daß Simba endlich der Realität ins Auge blickt?

Ein Affe! Eine Art ewiger Wächter, der im Hintergrund über die Geschicke des Reiches wacht. Ab dem Zeitpunkt, nimmt die Geschichte dann eine abenteuerliche Wendung, die - wie es bei der großen Geschichten aus Hollywood üblich ist - mit einem "Happy End" schließt.

Laurenz

5. August 2019 17:58

@Franz .... wenn die veröffentlichte Person mit der Person selbst nichts mehr zu tun hat, und der eigene Einfluß auf das veröffentlichte Bild nicht mehr gegeben ist, braucht man inneren Abstand zu dem Geschehen, damit man nebenbei, solange als möglich auch noch ein "normales" Leben führen kann, vor allem dann, wenn das Fremdbild mit einem selbst tatsächlich nichts mehr zu tun hat, außer einen Namen.
Ohne meinen positiven Blick zu verlieren, sind mir kleine Untergänge lieber als das aktuelle, mit auf Pump gekaufter Zeit betriebene Kriechen im "langsamen" Niedergang. Dieses Siechtum ist so ähnlich wie das eigene Dauer-Kampf-Doping mit Panzerschokolade.
Neben der dualen Literatur-Beschreibung Herrn Kubitscheks, weiß ich nichts über seine tatsächliche Motivation die eigene, eher versteckte emotionale Situation zu beschreiben. Vorstellen kann ich mir aber die menschliche Regung, Dampf ablassen zu müssen und sich die Rückendeckung der eigenen Verfolger geben zu lassen. Das tut sicher gut, ebenso wie ein Abend oder Nachmittag in netter weiblicher Gesellschaft mit Sekt und Erdbeeren, ganz egal, ob Ernst Jünger im Bullauge liegt oder voll daneben.

nom de guerre

5. August 2019 19:18

Diesen Artikel hatte ich schon in der gedruckten Sezession gelesen - übrigens wie auch das Sachsen-Heft eine sehr gelungene Ausgabe - und fand ihn einigermaßen beunruhigend bzw. ich weiß im Ergebnis nicht, was ich daraus machen soll.

Sekt und Erdbeeren - ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, erschien mir das Bild schon im Original reichlich überspannt. Jünger war ein großer Autor, der in der Tat viel zu wenig gelesen wird, gar keine Frage, und von dem schieren Umfang seines Werkes lässt sich zweifellos noch bis ins hohe Alter zehren, aber dieses Zuschauen wie Paris brennt und dabei Sekt mit Erdbeeren schlürfen - in angenehmer Gesellschaft, die er nicht vergisst zu erwähnen - diese Fähigkeit, sich vom eigenen Erleben zu lösen, mag Jünger zu dem gemacht haben, der er war, aber dennoch: das ist nicht meins.

Die Buchrezensionen haben mich beide sehr neugierig gemacht; Erhart Kästners Erzählung habe ich sofort antiquarisch bestellt, das zweite würde derzeit wegen der Seitenzahl leider auf dem Stapel angefangener Bücher landen - vielleicht zu Weihnachten.

Franz Bettinger

5. August 2019 20:50

@Martini: Schöne Allegorie! Hier die Satire No. 2:
Gutmenschen aller Welt, vereinigt euch! Kommt ins gelobte Land, in dem man für das Freibad einen Pass braucht, für die Einreise aber nicht! Kommt zu uns in die Merkel'sche Welt-Traum-Gesellschaft! Bitte treten Sie von der Bahnsteigkante zurück, vom Beckenrand, den U-Bahn-Treppen und von Weihnachtsmärkten. Halten Sie eine Arm- und Schwert-Länge Abstand, und auch Abstand zu ihren eigenen Gefühlen, zur Wahrheit - und davon, ihre Gedanken zu Ende zu denken. Distanzieren Sie sich von Rechts, von Deutschland und von Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen, die das nicht tun. Bekennen Sie sich zu Europa, zur Gleichheit und zu 63 verschiedenen Geschlechtern. Sehen Sie über die kleinen Widersprüche hinweg, seien Sie großzügig! Solidarisieren Sie sich mit den Unglücklichen, den Flüchtlingen und den lang schon zu kurz Gekommenen! Unsere größten Probleme sind: der Diesel, Nazis, das Klima und die freie Meinungsäußerung. Und ja, zittern Sie mit und um Angela! Sie lebe lang und hoch!

Phobius

5. August 2019 23:23

nom de guerre
5. August 2019 19:18
"Sekt und Erdbeeren - ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, erschien mir das Bild schon im Original reichlich überspannt […] das ist nicht meins."

Jüngers wohl auch nicht, es war Burgunder ...

Thomas Martini

5. August 2019 23:35

@Franz Bettinger

Ich vergaß zu erwähnen: Die Zwischenzeit, während Simbas Abwesenheit, war auch für das restliche Löwenvolk eine Zeit der harten Prüfung. Wenn auch nicht mit Erdbeeren im Sektglas, oder den Annehmlichkeiten der westlichen Supermarkt-Vollversorgung, so sind sie dennoch zum Zuschauen verdammt. Mehr als die Faust in der Tasche zu ballen, das oktroyierte Leid mit Haltung zu ertragen, und verzweifelt auf bessere Zeiten zu hoffen, ist nicht drin.

Die unterdrückten Löwen müssen also tatenlos zusehen, wie Ska, Simbas tyrannischer Onkel, als Machthaber gegen das eigene Volk, ein ganzes Land zusammen mit seiner Armee von Hyänen ins Chaos stürzt und gezielt zugrunde richtet.

Die schreckliche Situation ändert sich erst mit Simbas Rückkehr aus seinem Wellness-Exil.

Gracchus

5. August 2019 23:36

Ich kenne (womöglich) ähnliche Erfahrungen, wie sie Kästner beschreibt. Man kommt in Kontakt mit einem höheren Sein, mit dem Wesen. Dies ist so existentiell wie essentiell - und droht im Alltag zu ersticken. Wie im Alltag damit in Tuchfühlung bleiben? Kubitschek bietet sich für den Mainstream-Journalismus als negative Projektionsfläche an, für mich als positive, weil er einen Lebensentwurf präsentiert, der, so stelle ich mir vor, die Konzentration auf das Wesentliche fördert. Er repräsentiert auch ein Gegenmodell zu den landläufigen Intellektuellen, an denen enttäuscht, dass ihr Denken für ihr Leben wenig Konsequenzen hat. Die Frage ist, wofür wir leben und notfalls sterben wollen.

@Laurenz
"Die Mythologen, Astrologen und Spiritualisten würden sagen, wir befinden uns an einer Zeitenwende, dem Übergang vom Zeitalter der Fische in das des Wassermanns." Frage: Inwieweit bricht sich dieser Wandel bei Kubitschek Bahn? Sind die New Age-Adepten nicht tendentiell globalistisch und feministisch. Gehört die Nation nicht zu den Herrschaftsstrukturen, die in diesem Wandel zusammenbrechen? Das sind keine Fangfragen, ich frage ehrlich.

Nur Ali Qalandar

6. August 2019 00:21

Ein wunderschöner Artikel, tiefgründig, wortgewaltig und sehr inspirierend. Mir einmal mehr verdeutlichend, warum ich hier nach wie vor immer wieder gerne vorbeischaue und mitlese. Ihnen, Herr Kubitschek, und Ihrer Familie alles Gute, viel Kraft und Gottes Segen in diesen seltsamen Zeiten.

RMH

6. August 2019 06:39

Obacht! Hier scheint sich ja ein Ernst Jünger Mem von Erdbeeren mit Sekt zu bilden …. demnächst auch noch Schlagsahne auf der Braut?

Von daher einmal als kleine Revision das gekürzte Originalzitat aus "Strahlungen" zur besseren Einordnung (27.05.1944):

"Vom hohen Dache des Raphaël sah ich zwei Mal in der Richtung von St. Germain gewaltige Sprengwolken aufsteigen, während Geschwader in großer Höhe davonflogen. [...] Beim zweiten Male, bei Sonnenuntergang, hielt ich ein Glas Burgunder, in dem Erdbeeren schwammen, in der Hand. Die Stadt mit ihren roten Türmen und Kuppeln lag in gewaltiger Schönheit, gleich einem gewaltigen Blütenkelche, der zu tödlicher Befruchtung überflogen wird."

Also nix mit Puffbrause - Wenn schon, Burgunder! Und G.K. hat vermutlich mir voller Absicht keine 1 zu 1 Adaption der Jüngerschen Schilderung vorgenommen. Noch ist die Zeit des spritzigen Sekts - die Schwere des Burgunders wird kommen.

Überhaupt ist das Trinken eines Tropfens der bekannte Kontrapunkt des Frontkämpfers im Angesicht der Malaise. Und wenn man sieht, wie G.K. und seine Wohnung zum Ort von rechtsradikalen Umtrieben bzw. Zentrum eines solchen Spinnennetzes als fixer Begriff ohne jede Berufungs- oder Revisionsmöglichkeit einfach so permanent gesetzt und verwendet wird, dann sagt das deutlich mehr über die Verwender aus als über den Gegenstand bzw. die Personen, die zum fixen Begriff gemacht werden.

Noch einmal zu E. Jünger. So fair konnte bspw. ein Spiegel früher einmal über diesen Autor schreiben bzw. ein Buch von ihm besprechen - und heute? Wie wird da über alles Konservative, alles, was nicht in her royal Buntheit passt, geschrieben?

https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41759063.html

PS: Habe gerade mitbekommen, dass der Artikel ja schon in der Sezession veröffentlich wurde - daran merke ich, dass ich mit der Lektüre der Hefte um einige Ausgaben ins Hintertreffen geraten bin. Dafür habe ich im kommenden Urlaub jetzt entsprechenden Lesestoff.

nom de guerre

6. August 2019 09:03

@ Phobius
"Jüngers wohl auch nicht, es war Burgunder ..."

Stimmt. Man sollte eben Kommentare noch einmal durchlesen, bevor man sie abschickt. Im Artikel ist von einem Sektglas mit Erdbeeren die Rede, was bei mir zu dem automatischen Gedanken führte, es müsse sich bei Jünger um Sekt gehandelt haben. Aber Sie haben Recht, es war Burgunder. Was wiederum auch auf der geschmacklichen Ebene erstaunlich ist...

Andreas Walter

6. August 2019 09:08

Frau Kositza und Herr Kubitschek im vollen Sonntagsornat im Sommer im Burggarten sitzend, bei einer frischen, kühlen Flasche Sekt und ebenso kühlen Erdbeeren im Glas?

Fände ich ein schönes Bild. Einfach mal die Welt die Welt sein lassen, für einen Moment das Narrenschiff verlassen. Das bisher erreichte auch schon mal mit Stolz betrachten, selbst wenn es noch nicht die ganze Kathedrale ist, die man vielleicht sogar niemals sehen wird. Doch im Geist steht sie bereits, hat sie schon immer gestanden, dort, wo alle Werke des Menschen entstehen, bevor sie in der äusseren, in der gemeinsamen Welt Wirklichkeit werden. Der Untergang des Alten hat doch darum bereits begonnen, das dazu nämlich weichen muss, und darauf stösst man eben auch gelegentlich an.

Auf den Untergang.

Auch ich danke Ihnen, Herr Kubitschek, für die undankbare Rolle die Sie auf sich genommen haben um auch uns hier es zu ermöglichen uns zum Ausdruck zu bringen. Ich gönne Ihnen die Erdbeeren daher auch von ganzem Herzen.

Das Gleiche gilt auch für Sie, Frau Kositza, denn ohne Sie wäre Ihr ehrenwerter Mann wahrscheinlich nicht dazu in der Lage. Heisst es doch nicht ohne Grund, dass hinter jedem großartigen Mann auch eine liebenswerte, grossartige Frau steckt, selbst wenn es in Schnellroda auch noch viele kleine Frauen gibt, die mit ein Grund dafür sein könnten.

Mögen darum für Sie, für uns alle immer rote Erdbeeren im Sekt fröhlich baden wie Eisbären im Polarmeer.

https://youtu.be/KQETeby_4YM

RMH

6. August 2019 09:26

"Sind die New Age-Adepten nicht tendentiell globalistisch und feministisch"

@Gracchus,
"Die Leute müssen wieder mehr und gründlicher Jünger lesen!" (G.K.)

Ohne jetzt als Oberlehrer oder großer Jünger-Jünger missverstanden werden zu wollen (bin wahrlich noch lange nicht "fertig" oder gar "durch" mit dessen Werk). Das Thema der Zeitenwende ist eines der zentralen Themen in Jüngers Werk, insbesondere nach dem WK II. Siehe hierzu exemplarisch als eigens veröffentlichte Schrift "An der Zeitmauer"

https://de.wikipedia.org/wiki/An_der_Zeitmauer

Atz

6. August 2019 09:34

Ich denke, dass nach der Wahl in Thüringen, Sachsen und Brandenburg eine Normalisierung eintreten muss. Wir sehen gerade wie die Medien voll aufdrehen und sogar die Wahlkampfgeschenke der SPD für die Kinder feiern.

Wir sind ein freies Land. Art §3GG. Auch wenn es nicht alle "Demokraten" verstehen. Machen Sie ruhig Ihre Erdbeerbowle. Manchmal ist es wichtig nur die Flanke zu verteidigen, damit andere vorstoßen können.

Adler und Drache

6. August 2019 09:44

Der Bademeister überrascht immer wieder mit einer neuen Seite. War die Parole es vor einem Jahr, nach der Rückkehr aus Ungarn noch "triefend vor Hoffnung" (https://sezession.de/58638/nachtgedanken-4-triefend-von-hoffnung) bzw. "einfach machen", so nun der Hinweis, "man solle in Momenten, in denen das Handeln, der Eingriffs- und Korrekturversuch sinnlos geworden seien, eine übergeordnete Position einnehmen und sich selbst mit Interesse beobachten".
Die meisten von uns werden dieses Hin- und Hergerissensein wohl nur zu gut kennen. Es hat auch etwas mit dem von Lichtmesz angesprochenen "Redpilling"/"Blackpilling" zu tun.
Was aber ist die realistischer Sicht auf die Dinge? Möglicherweise trifft ja beides gleichzeitig zu. Realpolitisch (noch) zur Ohnmacht verdammt, gleichzeitig: Kräfte wachsen, Schneisen werden gangbarer, Verbündete fallen einem zu.
Im Mahlstrom des Wahnsinn standzuhalten, gegenzuhalten, geistig und seelisch normal zu bleiben, ist für mich mittlerweile eine tägliche Prüfung. Die Methode, sich selbst immer wieder mal aus dem Spiel zu nehmen und in eine überlegene Beobachterposition zu versetzen, die bedrängende Nähe zum Zeitgeschehen also aufzugeben und eine grundsätzliche Distanz einzunehmen, scheint mir eine gute Bewältigungsstrategie zu sein.

Laurenz

6. August 2019 11:01

@Gracchus .... ich bin kein Astrologe, wobei "früher" Astrologie und Astronomie eins waren. Unsere Lebenszeit messen wir in Umdrehungen um die Sonne, die uns das Leben schenkt, wir schlafen mit der Rotation der Erde um die eigene Achse und der Mond bestimmt die Biologie der Frau, und die Planeten Jupiter und Saturn beschützen uns vor kosmischen Querschlägern. Wir hängen quasi an unserem Kosmos und sind von ihm bestimmt. Interessant ist hierbei, daß alle Urkulturen wußten, daß die Plejaden jung sind (ca. 140-160 Mio. Jahre). Aber zu beurteilen, in wie weit weitere kosmische Einflüsse auf uns wirken, dazu bin ich nicht empathisch genug.
Ich würde an diesem Punkt gerne Herrn Kubitschek mit Herrn Tolkien vergleichen. Herr Tolkien war britischer Katholik, also Angehöriger einer religiösen Minderheit in Britannien. Aber bis auf die äußerliche Kenntlichmachung von Gut und Böse, ist nichts christliches an seinem Werk zu finden, obwohl Herr Tolkien streng gläubig war. Er schrieb wohl intuitiv, aus Seiner Seele heraus und kopierte (als quasi-Germanist) die Namen der Zwergenfreunde von Bilbo Beutlin direkt aus der Edda, die nur in der Aufzeichnung der Skaldenlieder etwas mit dem Christentum zu tun hat, und diametral der Bibel gegenüber steht.
Herrn Kubitscheks Satz "Das alles ist nicht mehr nur politisch, sondern weit mehr: Das ist der Kampf um den König, um das Ganz-Eigene, und er ist längst im Gange." beschreibt etwas Epochales, Richtiges, wenn auch nichts neues, eine faktische Bestätigung des Gegenwärtigen. Epochenwenden dauern meist länger als ein Menschenleben währt.
Und ich mutmaße, Herr Kubitschek hat besagten Satz, ähnlich Herrn Tolkien, weniger aus Seinem Denken heraus geschrieben, sondern mehr aus Seiner Seele, auch wenn ich das natürlich nicht beweisen kann. Auch die Analogie zum Schachspiel weist auf eine andere neue Zeit hin, weg vom Vergangenen. Das Brett wird zum projizierten Kampfplatz.
Und wenn wir betrachten, was die vergangene Epoche im kosmischen Maßstab von 2.000 Jahren bestimmt hat und auch jetzt noch unsere Gegenwart bestimmt, dann ist das jetzige Chaos der Umstellung in ein neues Zeitalter geschuldet. Ich gehe davon aus, daß Herr Kubitschek das noch viel besser weiß, als ich. Natürlich ist es auch ein innerer Kampf, ein innerer Widerspruch, denn Herr Kubitschek ist genau, wie wir alle, auch mit dem Vergangenen verbunden. Die Frage ist, ob wir 10.000 Jahre menschlicher Domestizierung überwinden -, den Verstand durch den Willen ersetzen müssen, damit der Mensch endlich wieder menschlich wird? Das würde kein kurzer Prozeß sein und auch unsere Ur-ur-urenkel würden die Vollendung nicht erleben.

@Thomas Martini @Franz Bettinger .... die Disney-Löwen-Nummer wird hier so beschrieben. Aber was ist, wenn Ska tatsächlich der Gute war, und die Herrschaft des Dekadenten endlich beendete? Was wäre gewesen, wenn Johann Georg IV nicht früh gestorben wäre, nix mit August dem Starken. Hatte die Galaxis in StarWars nach tausend Jahren Herrschaft eines dekadenten Adels und eines korrumpierten Bettlerordens nicht endlich mal imperiale Ordnung verdient? Es ist immer eine Frage des Standpunkts, wer als Schurke ausgemacht wird.

Sagan

6. August 2019 13:53

@RMH
@Phobius
@nom de guerre
Der Burgunder, in dem die Erdbeeren schwammen, war natürlich Burgundersekt.

Atz

6. August 2019 14:08

Für den Fall, dass die Sache auf die neusten WDR Monitor "Enthüllungen" über den Flügel gemünzt war, ja, gerne die erhabene Position des "Bindegliedes". Ich denke die Leute merken sehr genau, was gespielt wird. Wie Herr Restle den Agitator gegen die AfD mimt statt journalistisch zu arbeiten im Sinne seines Auftrags. So platt ging es selten zu in Zeiten des medialen Wahlkampfsupports:
https://www.youtube.com/watch?v=x5zPN8dsomM

Das ganze zeigt aber auch wie sehr mittlerweile die Angst vor der Demokratie bei den Machtinhabern umgeht. Die Verstrickung der AfD Flügel in das IFS... und irgendwie auch die NPD. Sehr lustige Grafik (9:41). Wenn man überhaupt das Wort Mikroholocaust skandalisieren darf, dann doch bitte aus sprachlogischer Sicht. Aber dieser Fühlstroh plakativen Assoziierens und Problematisierens reicht wohl mittlerweile aus. Und dann alles noch schön gefiltert, mit verlangsamten Aufnahmen. Mit betroffen verweinten Experten. Ich glaube an demokratische Mündigkeit. Ich glaube die Leute sind nicht ganz dumm.

t.gygax

6. August 2019 18:35

@atz
Ich habe mir den Beitrag angeschaut. Es stimmt trübe, dass unter den Anti-AFD Hetzern nun auch Steffen Königer erscheint. Der war mal bei der JF Redakteur ( ich besitze ein altes Buch von GK über "20 Jahre JF", da sitzt er neben Dr. Angelika Willig....die konnte übrigens gut schreiben und war eine scharfe Denkerin) und hielt vor Jahren eine phänomenale Rede über den Unsinn mit den 63 Geschlechtern, die war richtig gut und wurde ein youtube Hit...und jetzt läßt er sich von solchen Leuten wie Speit etc. instrumentalisieren. Nebenbei: die "Rechtsextremismus" Forscher wirken alle etwas " wohlgenährt", will sagen, das sind von ihrem Erscheinungsbild her sehr dicke Leute. Manchmal sagt das etwas aus über deren Lebensstil...man schaue sich Bilder des heiligen Josef Fischer von 1999 und 2019 an...meine Güte, was für ein Umfang......

Tannenberg

6. August 2019 19:49

Lieber Herr Kubitschek,
Ihr Bezug auf Ernst Jünger hat mir gefallen. Habe kürzlich die Pariser Tagebücher gelesen, die einen hervorragenden Einblick sowohl in die damalige Zeit als auch in das Innenleben Ernst Jüngers bieten. Es ist großartige Literatur. Sein Trinken des Rotweins mit den Erdbeeren auf dem Hoteldach fand am 27.05.1944 statt, zu einer Zeit, in der sich das Reich (i.e. Vaterland)bereits in einem kritischen Zustand befand und der Zusammenbruch absehbar war. Dieses hat Jünger als Patriot und Regimegegner wohl genauso empfunden. In einer ähnlichen Situation befinden wir uns heute. Somit passt die Erwähnung dieser Metapher. Leider.
Mit besten Grüßen aus Potsdam

ede

6. August 2019 21:15

Die Wüste ist schon ein eigenartiger Ort, zumal wenn man in ihr festsitzt. Besser wirds auch nicht dadurch, dass man ihr entfliehen kann, aber nur als schwache Option. Zweifellos schön und erhaben, vielleicht auch nur rückblickend. Aber arm an alltäglichen Freuden, ewig zu wenig Wasser, und das auch noch lauwarm.

Ratwolf

6. August 2019 21:58

"Ablenkung vom Wesentlichen"

Wenn man eine "radikale" Seite aufbaut (dieser Tage die Linke), dann kommt die andere Seite ganz von selber.

Und dann hat man die Menschen polarisiert und hat seine Ruhe vor dem Volk. Die beiden Seiten beschäftigen sich mit sich selber.
Teile und Herrsche, das Prinzip.

"Die Leute müssen wieder mehr und gründlicher Jünger lesen"

In meiner Jugendzeit war es ein lupenreiner Linksextremer (SDAJ), welcher mich zum Lesen von Jünger drängte. Damit war dieses Fenster für mich lange Zeit geschlossen und aus dem Fokus geraten. Es war ein Spiel. Er sagte Pauling und ich holte mir den Wiberg.

Jetzt ist es zu spät. Ich kann keine langen Bücher mehr lesen. Die Zeit ist knapp. Wenn Geld & Zeit da wären , würde ich Jünger lesen? Ich denke nicht. Er kann gut mit der deutschen Sprache umgehen. Aber es "nützt" mir nichts.

Erhart Kästners Schreiben erscheinen wie aus einer anderen Welt. Die gelesenen Ausschnitte hatten etwas aufweckendes, etwas was einen aus dem hypnotisch-seditierenden Alltag dieser Zeiten herausreißt und aufweckt.

Ratwolf

6. August 2019 22:25

Ich fand es gut, wie auf die letzte Frage bei "tichyseinblick" reagiert wurde.

Das hat mich sehr gefreut!

Und zwar nicht, weil ich ein unqualifizierte Anhänger von Björn Höcke bin, sonder weil ich die Frage unglaublich dumm fand.

Gracchus

6. August 2019 23:14

@RMH
Danke, dass Sie mich an die Zeitmauer erinnern; ich habe es vor ein paar Jahren gelesen, womöglich wirklich nicht besonders gründlich. Ich bezweifele im Übrigen gar nicht, dass wir uns in einer Zeitenwende befinden. Nur ist mir Jünger da nicht als typischer New-Age-Jünger erschienen.

Gracchus

6. August 2019 23:40

@Laurenz
Danke für Ihre Antwort. Es wird Sie wahrscheinlich nicht überraschen, dass ich, was Sie über Tolkien schreiben, anders sehe. Sein Werk kam, einverstanden, aus seiner Seele, aber Herr der Ringe ist für mich stark von christlichem Geist durchdrungen, selbst wenn er auf nordische Mythen zurückgreift. Ohnehin glaube ich an den Satz "anima naturaliter christiana", so dass was aus der Seele kommt, für mich nicht im Widerspruch stehen kann. Ich würde auch bestreiten, dass die Edda der Bibel diametral entgegensteht - obwohl ich die Edda noch nicht gelesen. Ich habe den Eindruck, Sie setzen das Christentum gleich mit der Kirchendoktrin, mit seiner rationalistischen Verengung.

Worin wir womöglich übereinstimmen, dass der gegenwärtige Bewusstseinswandel auf die Überwindung des rationalistischen Denkens abzielt. Der rationalistische Verstand wird entthront - das heisst aber nicht, dass wir rationales Denken einstellen sollten. Es ist nur eben nicht mehr die Letztantwort. Auch haben wir ja eine mythisch-magische Schicht trotz aller Rationalisierungen in uns bewahrt - sonst würden uns Märchen und Mythen nicht mehr ansprechen.

RMH

7. August 2019 09:51

"Nur ist mir Jünger da nicht als typischer New-Age-Jünger erschienen."

@Gracchus,
"typisch" sicher gewiss nicht, aber Hippies, New-Age Anhänger etc. können vermutlich auch mit Gewinn "ihren" Jünger lesen. Der Hinweis von @Ratwolf (6. August 2019 21:58), wer ihm Jünger anempfahl, geht ja auch in diese Richtung.

Insbesondere im Nach-WK-II-Werk - soweit es mir bekannt ist (habe wahrlich noch nicht alles gelesen) - dreht sich viel um die kommende, neue Zeit und Weltordnung und Jünger arbeitet hier bekanntermaßen gerne mit mythologischen Anschauungen und Begriffen, auch wenn er die Aufgabe, das Fundament bzw. die Weltanschauung der neuen Weltordnung den materialistischen Weltanschauungen zuweist (so zumindest an einer Stelle in "Annäherungen" - übrigens auch so ein Buch, welches wegen der Beschreibungen von Drogen, LSD etc. einen gewissen Einschlag bei den Hippies fand, auch wenn Jünger hier wirklich nichts dramatisches beschreibt).

Franz Bettinger

7. August 2019 10:19

Wie viele haben's gemerkt? (Den Leim, auf den wir gehen sollen.) Nur: @Martini, @Lau, vielleicht noch @Zeitschnur. Der Rest besteht aus Theologen, Philosophen und Sozial-Irgendwas-lern, die vor lauter Brüten und In-Sich-Gehen nicht mehr zum Denken kommen. Ja, ja, ich weiß, das ist grenzwertig, unbescheiden und Besserwisserei. Und doch bemerkenswert: Da brauchen nur ein paar Bosselmänner und Patzelts und manchmal auch Wallasches in gewählten Worten einen großen Unsinn zu verschnörkeln, und schon klebt man an ihren ziselierten Abstrusitäten fest. Ja, habt ihr alle Tomaten auf den Augen? Glaubt ihr echt, wir (das Volk) seien selbst schuld an der Invasion? Und von DER sprechen wir doch hoffentlich. Oder sieht irgendwer neben dem brennenden Hausdach noch ein Problem, das dieser Katastrophe gleichkommt, die Farbe des Teppichbodens etwa, über die man diskutieren müsste? Muss man heute, wo unser Land von Fremdlingen verheert wird, Mietsätze oder Benzinpreise oder Umweltfragen behandeln? Wie eingangs gesagt: Wir haben keine Waffen, werden täglich mehr belogen, werden gläserner, zerbrechlicher, wehrloser und haben demnächst auch kein Geld mehr. Wir werden aus- und abschaltbar und demnächst per Knopfdruck. Und daran sind wir schuld? Weil wir zu viel konsumieren, zu viel rumreisen? Haben wir (das Volk) die D-Mark abgeschafft? Beschlossen, Griechenland und die Pleitebanken und "die Wirtschaft" und die Spekulanten endlos, mit whatever it takes zu versorgen? Die Grenzen für jeden zu öffnen? Der Polizei zu verbieten, vom Knüppel Gebrauch zu machen, ja diesen nicht mal zur Selbstverteidigung einzusetzen? Die Altersbestimmung per Handwurzel-Röntgen zu verbieten? Handy-Daten der Hereinschneienden nicht zur Herkunfts-Analyse zu verwerten? Haben wir der Justiz das linke Auge zugeklebt? Den Rechtsstaat gelähmt, ja pervertiert? Die Medien auf Reihe gebracht? Wir, das Volk? Im Ernst? Und wenn Ja, was hätten wir denn (und wann) ändern können? Anders wählen, ach so.

@gygax: Danke für das Rumpelstilzchen! Schöne Allegorie!

LotNemez

7. August 2019 10:57

Der Untergang des Byzantinischen Reiches. Ich entdecke immer wieder Ähnlichkeiten. Als der SPD-Junior Enteignungen vorschlug, kamen mir die griechischen Zeloten in den Sinn, die im 15. Jh. mit solchen Forderungen auf Schwäche und Verfall reagierten. Die es eher nach geistigem Trost verlangte, suchten dem irdischen Jammertal ganz zu entkommen und gingen nach Athos. Die Endzeit des griechischen Mittelalters hat dem Mönchsberg seine Blüte beschert. Eine einzelne, wunderschöne Blüte auf kargem Fels, aus der nichts erwachsen konnte.

Die oppurtun veranlagten Geister bereicherten sich im Angesicht des Endes der ihnen bekannten Welt auf Kosten ihrer Nächsten oder paktierten mit dem äußeren Feind. Der Widerstand, den Teile der Dynastie bis zur entgültigen Einnahme Konstantinopels aufrecht hielten, wohl wissend um ihre Verantwortung vor dem Urteil der Nachwelt, ist auf so unterschiedliche Weise zersetzt worden. Die Absicht war dabei nie die Preisgabe des Eigenen, es handelte sich immer um individuelle Handhabungen eines Untergangs, aus denen Bewegungen Gleichgesinnter hervorgingen. Alles verstehbar, alles menschlich.

Wir beobachten uns dabei, wie wir unseren persönlichen Untergang handhaben. Alle diese Wege erfordern doch immerhin einen Lebenswillen. Mal des gefassten Königs, mal des nervösen Springers, mal des vereinzelten Bauern. Interessant: Schach hat nicht das Ziel, alle feindlichen Figuren zu beseitigen. Im Matt können etliche übrig sein. Einige Bauern überleben immer. Es ist verlockend, sich gedanklich aus dem Spiel zu nehmen und wie der Protagonist in Houellebecqs "Unterwerfung" auf ein Leben nach den Untergang zu hoffen, der so gesehen ja nur eine Wende ist.

Die Athos-Option der Griechen scheint mir eine ehrbare Wahl, auch wenn sie nicht zur Benediktoption wurde. Nichts erwuchs. Audem ist unser Schachbrett flacher als damals; ich sehe keinen entlegenen, uneinnehmbaren Berg, auf dem man ein Herz verwahren könnte. Jedenfalls keinen, den ein Bauer erklimmen könnte.

Nein! Wie mans dreht und wendet: Untergänge sind Mist, Wüsten sind Mist, Klöster sind Mist. Man wird (wenigstens als Bauer) doch irgendwie das Schachbrett umwerfen müssen. Jeden Tag ein Stück.

RMH

7. August 2019 13:54

Der Beitrag von

Franz Bettinger, 7. August 2019 10:19,

ist wohl hier herein gerutscht, gehört aber augenscheinlich doch zur Diskussion zum Bosselmann Artikel, oder?

links ist wo der daumen rechts ist

7. August 2019 15:31

Zweierlei Grauen

Na dann schleppen wir uns mühsam, auch wenn's unseren unermüdlichen Steckenpferd-Reitern sichtlich schwer fallen mag, wieder einmal zur Literatur zurück.

Sehr erhellend fand ich die Auswahl dieser zwei erwähnten Bücher in ihrem Spannungsbogen.

Denn worüber der eine ausführlich schreibt, hat man dem anderen zum ewigen Vorwurf gemacht, daß er es (fast) nicht getan habe. Wie lese ich in dem Büchlein von Arn Strohmeyer über Erhart Kästner („Dichter im Waffenrock, Mähringen 2006): er hätte doch (ausschließlich?) über die Kriegsgreuel der Deutschen auf Kreta schreiben müssen, er habe ja bloß dem Regime gedient und überhaupt, diese „Unfähigkeit zu trauern“ usw. usf.

Wie ein bizzliges, besserwisserisches Kind.

Er hat so geschrieben, wie er geschrieben hat, vielleicht hat er auch sein Griechenland 1941ff zu sehr durch die Brille von Gerhart Hauptmanns „Griechischer Frühling“ (1908) – die beiden haben 1942 auch darüber korrespondiert - gesehen, mag sein. Aber so ist es nun einmal. Und auch hier unser Besserwisser: Ach, hätte Kästner doch so geschrieben wie Henry Miller in seinem „Koloss von Maroussi“... Hat er halt nicht.

Andere schreiben über das Böse, das Verstörende, das Entsetzliche. Und auch hier hat es seine Berechtigung und seine Wirkung.
Zitat Kubitschek:

Die Befreiungsszene dann: viermalige Lektüre bisher, atemberaubend. Der junge Mann tötet drei seiner Peiniger, als er selbst getötet werden soll, und flieht zurück in das Haus, in dem er wohnen muß, seit er festgesetzt worden ist.

Das mag natürlich auf Kohlhaas-Naturen wie uns eine besondere Wirkung haben, ist aber bloß Bestandteil dessen, worüber Martin Lichtmesz vor kurzem geschrieben hat:
https://sezession.de/61409/toleranz-gegenueber-den-blumen-des-boesen

Kästner weiß, wovon er spricht, wenn er im „Zeltbuch von Tumilat“ schreibt: „Vergessen, vergessen. Man weiß, daß das Leben nur möglich ist, wenn man vergißt.“ Und so schreibt er halt nur sporadisch über die erlebten und von beiden Seiten begangenen Greuel, etwa in „Ölberge. Weinberge“ über den Ort Distomo.

Neben Autoren, die die „Blumen des Bösen“ beschreiben, was bei uns Angstlust oder kathartisches Grauen zur Folge hat, kann und muß es immer auch Autoren wie Erhart Kästner geben, der in seinen Buch „Aufstand der Dinge. Byzantinische Aufzeichnungen“ ausgehend von Betrachtungen zur Hagia Sophia zur Einsicht kommt, daß wir gegenwärtig in einer Zeit des Welt-Verbrauchs, des Welt-Schwunds, der Welt-Flucht leben. Der frühere Bann wurde, nachdem er gebrochen war, zum Banalen. Auch das kann Entsetzen hervorrufen.

Der_Juergen

7. August 2019 16:05

@LotNemez

Die von Ihnen gezogene Parallele zu Byzanz ist sehr interessant. Es heisst, während der Belagerung Konstantinopels hätten die Kleriker dort hitzig darüber debattiert, was geschehe, wenn eine Fliege in ein Gefäss mit Weihwasser falle - werde das Weihwasser dadurch entheiligt, oder werde die Fliege geheiligt? Se non e vero, e ben trovato.

Der entscheidende Unterschied zu Byzanz besteht natürlich darin, dass dort niemand die Einnahme Konstantinopels durch die Türken und damit das endgültige Ende des einst stolzen oströmischen Imperiums wollte. Es wird ein paar bezahlte Verräter gegeben haben, die mit den Eroberern kollaborierten, mehr nicht. Im Gegensatz dazu will die heutige "Elite" Deutschlands (und vieler anderer Staaten) im Namen einer wahnsinnigen Ideologie die Eroberung ihres eigenen Landes durch kulturfremde und fremdrassige Invasoren und die schlussendliche Verdrängung und Ersetzung ihres eigenen Volkes durch diese Eindringlinge. Dazu gibt es in der Geschichte keine Parallele.

Für diese Irrsinnigen sind die Völker Labor-Ratten. Insofern erinnern sie an die Verantwortlichen für die Massenverbrechen in der UdSSR und Rotchina. Freilich ist ihr Wirken noch weitaus verhängnisvoller als das der roten Despoten von anno dazumal. Zwar fielen viele Millionen Russen und Chinesen dem kommunistischen Terror zum Opfer, aber der biologische Bestand des russischen und des chinesischen Volkes war nicht gefährdet, da weder Stalin noch Mao je auf den Gedanken verfallen wäre, ihre Länder durch fremdrassige Immigranten überschwemmen zu lassen.

quarz

7. August 2019 21:04

@Laurenz

"Die Abkehr vom Ausgang des eigenen Schicksals ist sicher hilfreich, auch wenn es schwierig erscheint, die Eminenz des eigenen Egos loszulassen."

Es ist wohl weniger das Ego, das die Abkehr erschwert, als die Totalität der Gefährdung, die keine Fluchträume lässt. Josef Pieper hat dazu Folgendes angemerkt:

"Das vordergründige, prinzipiell beruhigende ‚Gerede‘ des alltäglichen Daseins nährt sich davon, die Existenz des Furchtbaren zu leugnen oder doch in den Bereich des Scheinbaren und Uneigentlichen zurückzuschieben. ...

Ein ... Widerpart jener alltäglichen Verharmlosung des Daseins ist ein neuer Stoizismus. Er wird ‚verkündet‘ vor allem von einem Kreis von Männern, denen das Geschehen der Weltkriege in der Erinnerung steht als Zerstörung, die das Versprechen und die Drohung noch gewaltigerer apokalyptischer Katastrophen in sich trägt: das Dasein ist überall furchtbar, aber es gibt nichts so Furchtbares, daß der Starke es nicht mit Größe auf sich zu nehmen und zu tragen vermöchte. Liest man dann aber die persönlichen Bücher von Ernst Jünger [etwa], einem der bemerkenswertesten Köpfe jener neuen Stoa, so stellt man fest, daß fast alle Träume dieser ‚abenteuerlichen Herzen‘ Angstträume sind. Wozu zu bemerken ist, daß es nicht nur schlechthin lächerlich wäre, diese Tatsache mit irgendwelcher ‚Genugtuung‘ oder gar Ironie aufzunehmen, sondern daß diese Angstträume vielleicht eine menschlich größere und wahrscheinlich sachlich gemäßere Antwort auf die wahre metaphysische Situation des Abendlandes sind als ein bei vorletzten ‚kulturellen‘ Sicherheiten sich beruhigendes Christentum, das noch nicht bis zu seiner eigenen Tiefe hinabgedrungen ist."

Daraufhin erläutert Piper seine christliche Perspektive, wonach der Christ "nach dem ordo timoris [fragt], nach der Ordnung der Furcht; er fragt nach dem eigentlich und letztlich Furchtbaren; und es ist seine Sorge, daß er nicht etwa Dinge fürchte, die gar nicht wirklich und endgültig furchtbar sind, und daß er nicht das endgültig Furchtbare für harmlos halte."
[J. Pieper, "Über das christliche Menschenbild"]

Hier wird zwar ein anderer Maßstab sichtbar für die Bestimmung des Verhaltens angesichts der Katastrophe: wo den "neuen Stoiker" die Macht der Umstände in die Schranken (und die erdbeerversüßte Passivität) weist, da versucht der Christ die Situation noch jenseits der Dichotomie Macht/Ohnmacht zu gewichten und ins Verhältnis zum Absoluten zu setzen. Aber beiden gemeinsam ist das Anerkenntnis einer Ausweglosigkeit im Feld des äußerlich Gestaltbaren.

Ob die hypothetische Prämisse der Ausweglosigkeit in der aktuellen Situation Gültigkeit hat, ist freilich eine ganz andere Frage.

Laurenz

7. August 2019 22:28

@quarz .... nach der Beschreibung Carlos Castanedas und seines Protagonisten Don Juan, bekamen die Schamanen/Medizinmänner des einstigen Mexikos, die sich in ihrem Ego als solche zu erkennen gaben, einfach von den Spaniern ein Stück Blei in den Schädel. Manche dieser Kontakt-Männer zum Großen Geist, verdeckten sich hinter ihrer Arbeit zB als Küster, und überlebten.

Natürlich sind wir heute in einer anderen Situation, und eigene Kinder nehmen einem dazu auch noch den Schneid. Hier ging es doch um das Ertragen an sich. Und bei persönlicher Betroffenheit ist es schwierig den erholsamen Abstand einzunehmen. Aber jeder Meter hilft.

LotNemez

7. August 2019 22:36

@Der_Juergen

"Der entscheidende Unterschied zu Byzanz besteht natürlich darin, dass dort niemand die Einnahme Konstantinopels durch die Türken und damit das endgültige Ende des einst stolzen oströmischen Imperiums wollte. Es wird ein paar bezahlte Verräter gegeben haben, die mit den Eroberern kollaborierten, mehr nicht."
-------
1452. Ein Jahr vor dem Fall. Auf Konstantins XI. Betreiben hin, findet sich ein päpstlicher Legat in Konstantinopel ein, der die Union der christlichen Kirchen vollzieht und in der Hagia Sophia eine römische Messe liest. Das soll Byzanz endlich die erhoffte militärische Unterstützung aus Europa bringen. Der Westen denkt aber nicht daran. Und vice versa, denn je äußere Bedrohung kann den Hass auf die lateinischen Kreuzzügler von einst nicht überdecken. Die kirchlichen Würdenträger bleiben der Zeremonie demonstrativ fern (Sie hatten offenbar die Freiheit dazu!) Das einfache Volk (von der Kirche verhetzt?) sieht in den Lateinern den eigentlichen Feind. Ein Wort macht damals die Runde, dass Dukas berichtet: "Lieber wollen wir den türkischen Turban als die lateinische Mitra in der Stadt sehen." Mönche, Priester, Nonnen und Laien durchziehen die Stadt und bringen ihre Verachtung gegen den Papst zum Ausdruck, denen sie vorwerfen, bei der Organisation der Kreuzzüge versagt zu haben.

Gennadios II, erster Patriarch unter Mohammed II und von diesem mit weitreichenden Privilegien ausgestattet, ist ein erbitterter Feind der Lateiner und seine Willfährigkeit ggü. den Türken geht so weit, dass er Gott für die Demütigungen dankt, mit denen er sein Volk für das Streben nach irdischen Gütern bestraft habe. Im Schatten der türkischen Herrschaft könnten die Gläubigen nun wie verirrte Schafe auf den rechten Weg zurückfinden.

Quelle: Hans Bauer. Reise in das goldene Byzanz. Prisma-Verlag Leipzig 1982.

Der_Juergen

8. August 2019 08:56

@LotNemez

Danke für die nützlichen Informationen, die mich dazu zwingen, das vorher zu diesem Thema Geschriebene zu relativieren.

Knjas Terwel

8. August 2019 09:21

Mich macht da einiges über dieses bosnische Buch stützig. Erstmals kenne ich keinen Moslem mit ultratypischen kroatischem Namen Damir. Genauso wenig welche mit Nachnamen Ovcina. Es ist auch recht schwer 3 Soldaten die einen Unbewaffneten umbringen sollen zu töten. Er kehrt da wo er "festgesetzt" wurde und keiner findet ihn. Viele Ungereimtheiten.

Zumal ich mir auch noch die Fragen stelle welchen Mehrwert man als "Identitärer" oder "Neurechter" hat Muslime als Opfer darzustellen. Bei Rohingyas tut man das auch. Es ist Hierzulande ein schon übersätigter Markt vorhanden, welcher die Realität umlügt und in Deutschland Täter/Opfer Umkehr betreibt. Wozu dann diese Opferrolle mit weit entfernten Geschichten nähren?

Die Geschichte die er beschreibt kann sich dennoch so zugetragen haben. Genauso findet man derartig grauenvolle Storys auf allen Seiten. Für bosnische Muslime kämpfende Mudschaheddins aus aller Welt waren ja auch nicht brav. Kroatische Schwarzhemden ebenso nicht. Die Muslime haben schon die meisten Toten zu beklagen. Dies bestreite ich auch nicht.

Dennoch weiß ich nicht ob Damir Ovcina seinen König verteidigt hat oder einfach Gräuel Anderer zusammen gefasst hat. Und dann ein Buch geliefert hat welches sowohl Bosnier, und auch manche Deutsche, in der Form unbedingt so haben wollten.

Search4M

8. August 2019 09:50

Ich nenne das "Versenkung und Besinnung in der Eremitage". Und ich brauche keine Bücher dazu. Aktionen machen keinen Sinn, denn was ist lässt sich nicht mehr "wenden". Die geistigen Strömungsfelder eines Kollektivs kann kein Einzelner (König) ändern, mag er auch sehend sein. Nicht ohne einen Kometeneinschlag, dessen Auswirkungen ich aber auch nicht erleben müssen möchte. Ich ärgere mich nur, dass ich mich in tausend Jahren nicht mehr daran erinnern werde, was ich heute erlebe und dass ich mich heute nicht erinnern kann, wie ich es vor tausend Jahren erlebt habe.

LotNemez

8. August 2019 12:42

Was können wir eigentlich aus dem Phänomen lernen, dass einerseits unser Spielraum (GKs Schachkönig war doch nicht nur Selbstbeschreibung?) gerade im Osten immer weiter eingeschränkt wird, obwohl andererseits der Zuspruch zur "Partei" immer weiter zunimmt? Der Übergang von den ca. 25% AfD-Wählern zur CDU-Wählerschaft, die sich mehrheitlich eine schwarz-blaue Koalition vorstellen könnten, scheint mir fließend. So gesehen haben wir ein Lager, dass eine bequeme Mehrheit umfasst, mindestens eine relative.

Nur: Es bewirkt für die Bewegungsfreiheit = die Freiheit der Bewegung eher noch Nachteile. Je offensichtlicher unsere Stärke ist, umso schwächer werden wir. Wie geht das zusammen?

Ist das immer so, wenn man kurz vor dem Durchbruch steht? Wenn der Betrug so klar auf der Hand liegt, wenn der Widerspruch zwischen Anspruch und Legitimation der Eliten so offensichtlich wird - ich rede hier nur vom Osten - hält dann die kritische Masse noch einmal kurz inne, verharrt für einen Moment des Abschieds ehrfürchtig vor dem Wunder der Machtfülle der zukünftig Ehemaligen?

Ist es das? Dauert es uns, weil wir gerade dabei sind, Abschied vom Bisherigen zu nehmen? Wie in einer Beziehung, die unweigerlich auf ihr Ende zusteuert, ohne dass es den noch aneinander Ziehenden schon bewusst ist?

Ich habe aktuell wieder das Gefühl, dass Viele sich angesichts der Landeswahlen durchaus Hoffnung machen, aber sie denken auch: Wenn doch eh etwas Neues kommt, warum sich auf den letzten Metern persönlich aufreiben?

Und was die angeht, die sich bereits in Position befinden, wer weiß, vielleicht versaut man es mit übermäßigem Engagement sogar? Zum Beispiel glaube ich nicht, dass es nötig ist, das Volk in Bundestagsreden über die neusten Metzgereien und Schubsereien zu informieren. Zu wenig Information ist ganz sicher nicht das Problem. Das Volk ist ja nicht nur Rezipient des von oben Durchgereichten, es kommuniziert ja tatsächlich auch untereinander. Warum also die Pferde mit der immer gleichen Polemik auf den letzten Metern noch scheu machen?

Die muss man nicht rufen, sie kommen von selbst herbei, wenn das Unbehagen vor dem bekannten Fremden größer wird, als die Angst vor dem unbekannten Eigenen. Weil die Herde Schutz bietet. Und weil die Neugier(!) uns alle kriegt.

quarz

8. August 2019 13:16

@LotNemez

"Zu wenig Information ist ganz sicher nicht das Problem"

Zumindest nicht das größte. Die Bewertung und Einordnung dessen, worüber wir informiert werden, ist der entscheidende Machtfaktor. Die Gestalter der öffentlichen Meinung, vor allem die TV-Kommentatoren und Programmacher bestimmen die Politik. Sie haben es in der Hand, aus einer argumentativen Nullnummer eine Haltungsvorgabe zu machen, der sich große Teile der Bevölkerung nicht zu entziehen trauen. Man muss nur oft genug eindringlich vor der bösen Vier warnen und diese Zahl in einen NS-Kontext stellen, dann werden genügend Bürger zustimmen, dass 2 + 2 = 5 ist.

Wenn die Journalisten so deutlich rechts wären, wie sie belegtermaßen links sind, dann hätten wir nächstes Jahr eine rechte Regierung.

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