Wolfgang Offermanns: Mensch werde wesentlich!

Eine Rezension von Sophia Gatzmaga

Kein Buch nir­gends. Wer sich im deut­schen Sprach­raum über Den­ken und Werk des rus­si­schen Rechts­phi­lo­so­phen Iwan Iljin (1882 – 1954), nach Selbst­aus­kunft Wla­di­mir Putins sein Lieb­lings­phi­lo­soph, bes­ser infor­mie­ren möch­te, als es die gegen­wär­ti­ge Kreml­as­tro­lo­gie der Groß­me­di­en gestat­tet, kann dies nun anhand einer aus­führ­li­chen Mono­gra­phie aus der Feder Wolf­gang Offer­manns end­lich tun. Dem Wert die­ser Arbeit tut es kei­nen Abbruch, daß der Autor ein katho­li­scher Geist­li­cher ist, weil hier ein Gelehr­ter vol­ler Sach­kennt­nis und Sym­pa­thie für sei­nen Gegen­stand am Werk war.

Wer um die erbit­ter­te Feind­se­lig­keit weiß, mit der die Reprä­sen­tan­ten der Kir­chen in Ost und West seit alters­her ein­an­der begeg­nen, kann die­se Hal­tung Offer­manns nicht hoch genug schät­zen. Vor­ein­ge­nom­men ist der Blick des Autors allen­falls in sei­ner Aus­rich­tung, denn als Phi­lo­soph und Theo­lo­ge rich­tet Offer­manns sei­ne Auf­merk­sam­keit haupt­säch­lich auf die theo­lo­gisch-phi­lo­so­phi­schen Arbei­ten Iljins und nicht so sehr auf des­sen umfang­rei­ches poli­ti­sches Schrifttum.

Trotz­dem wird auch der vor­ran­gig poli­tisch Inter­es­sier­te die­se Mono­gra­phie mit Gewinn lesen, da Offer­manns mit der gut­ge­glie­der­ten wie aus­führ­li­chen Dar­stel­lung der geis­ti­gen Prin­zi­pi­en, aus denen Iljins poli­ti­sches Den­ken und Han­deln erwuchs, Grund­la­gen­for­schung im bes­ten Sin­ne bie­tet. Nicht zuletzt auch des­halb, weil Offer­manns, der als Gelehr­ter alten Schla­ges Iljins phi­lo­so­phisch-theo­lo­gi­sche Haupt­wer­ke selbst­ver­ständ­lich voll­stän­dig und im Ori­gi­nal gele­sen hat, sich in einer klar ver­ständ­li­chen, jar­gon­frei­en Spra­che aus­zu­drü­cken ver­steht. Bei so vie­len Vor­zü­gen fällt es kaum ins Gewicht, daß der Infor­ma­ti­ons­stand der bio­gra­phi­schen Anga­ben und Biblio­gra­phien auf den Stand bis 1979, dem Jahr der Erst­aus­ga­be, beschränkt ist.

Von rus­si­schen Ver­hält­nis­sen wie einer drei­ßig­bän­di­gen Gesamt­aus­ga­be, zahl­rei­chen Bio­gra­phien und einer leb­haf­ten aka­de­mi­schen Beschäf­ti­gung mit Autor und Werk mag man in Deutsch­land noch weit ent­fernt sein – einen ers­ten bedeut­sa­men Schritt hat die Edi­ti­on Hagia Sophia mit der Neu­aus­ga­be von Offer­manns Dis­ser­ta­ti­on immer­hin gewagt. Nach­dem 2017 Iljins viel­be­ach­te­tes Buch Über den gewalt­sa­men Wider­stand gegen das Böse (1925) erst­mals auf deutsch erschie­nen war, ist er – der jah­re­lang in Ber­lin an der Sei­te von Niko­lai Ber­dia­jew wirk­te und von Alex­an­der Sol­sche­ni­zyn hoch­ge­schätzt wur­de – auch hier­zu­lan­de kein Unbe­kann­ter mehr. Ador­ján Kovács steu­er­te ein ein­ord­nen­des Vor­wort bei, ein Kür­zel­ver­zeich­nis der stän­dig zitier­ten Haupt­wer­ke, zwei Biblio­gra­phien (Werk­ver­zeich­nis und Sekun­där­li­te­ra­tur), ein Per­so­nen­ver­zeich­nis las­sen für eine ergie­bi­ge Lek­tü­re kei­ne Wün­sche offen.

 

Wolf­gang Offer­manns: Mensch wer­de wesent­lich! Das Lebens­werk des rus­si­schen reli­giö­sen Den­kers  lwan A. lljin für die Erneue­rung der geis­ti­gen Grund­la­gen der Mensch­heit, Wacht­en­donk: Hagia Sophia 2018. 290 S., 24.50 € – hier bestel­len

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