Zweierlei Spektakel

In Vorbereitung auf die Sommerakademie: Lektüre in Notizen aus den letzten Monaten. Darunter viel zu einer Sache, die sich in Recklinghausen zutrug.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Klar wird erneut: Nichts ist lehr­rei­cher als der opti­sche Zugriff, die Wahr­neh­mung, das Erleb­nis einer Ver­wer­fung oder Dis­so­nanz oder Sprach­lo­sig­keit, eines Wider­spruchs, einer völ­li­gen, rabia­ten, nach­ge­ra­de reli­giö­sen Inkom­pa­ti­bi­li­tät und Unver­ein­bar­keit – mit Leu­ten, die – wie wir selbst – Deut­sche sind, sogar mehr oder weni­ger der­sel­ben Gene­ra­ti­on ange­hö­ren, mehr oder weni­ger also die­sel­be Epo­chen­er­fah­rung gemacht haben – und die doch aus die­ser sehr ähn­li­chen Her­kunft völ­lig ande­re Schlüs­se zie­hen und einen gesell­schafts­po­li­tisch völ­lig ande­ren Weg ein­zu­schla­gen oder bes­ser: zu ris­kie­ren bereit sind.

Über die­se Risi­ko­be­reit­schaft, die Zukunft der Euro­pä­er in Euro­pa für eine Uto­pie und ein gutes Gefühl aufs Spiel zu set­zen, hat der Fran­zo­se Jean Ras­pail den eben­so ätzen­den wie viel­schich­ti­gen und weit­sich­ti­gen Roman Das Heer­la­ger der Hei­li­gen ver­faßt, und zwar bereits 1973.

Seit die­ser Roman 2015 in mei­nem Ver­lag in der voll­stän­di­gen und sprach­lich gül­ti­gen Über­set­zung auf deutsch erschie­nen ist, gilt er den einen als Kult­buch, den ande­ren als ekel­haf­te Blau­pau­se für den men­schen­ver­ach­ten­den und zyni­schen Blick von “rechts” auf den Traum von der gren­zen­lo­sen, der welt­of­fe­nen, soli­da­ri­schen, gut­wil­li­gen “Einen Welt”.

In Reck­ling­hau­sen wur­de im April nun eine Adap­ti­on die­ses Romans fürs Thea­ter urauf­ge­führt – eine vom Autor geneh­mig­te Koope­ra­ti­on zwi­schen den Ruhr­fest­spie­len und dem Frank­fur­ter Schau­spiel­haus. Kositza, Licht­mesz und ich waren in der drit­ten Auf­füh­rung, unan­ge­mel­det, und nah­men hin­ter­her auch an einem Publi­kums­ge­spräch teil, zu dem der Inten­dant der Ruhr­fest­spie­le und drei der Schau­spie­ler gela­den hatten.

Ob die Insze­nie­rung des Romans gelun­gen war, spielt kei­ne Rol­le – man kann das so machen, das Stück war wuch­tig und krass wie der Roman: Ras­pail hat holz­schnitt­ar­tig und mit den für ihn typi­schen Cha­rak­ter­stu­di­en die Dop­pel­mo­ral der soge­nann­ten “Zivil­ge­sell­schaft” und die Expe­ri­men­tier­freu­de der Mei­nungs­ma­cher und Volks­ver­tre­ter her­aus­ge­ar­bei­tet, und bei­de Ziel­grup­pen fan­den sich auch auf der Büh­ne bloß­ge­stellt, durch eine Aus­wahl an Ori­gi­nal­pas­sa­gen aus dem Roman, die man zurecht so hat aus­wäh­len und zusam­men­stel­len können.

Uns Kult­buch-Lesern blieb – da wir nicht zu der abge­stumpf­ten Sor­te gehö­ren –  wäh­rend der Lek­tü­re und im Zuschau­er­raum das hämi­sche Lachen über die kari­kier­te Zivil­ge­sell­schaft im Hal­se ste­cken: Uns Rech­ten, uns Ver­tei­di­gern des Eige­nen, uns geis­ti­gen Iden­ti­täts­krie­gern stel­len näm­lich Roman und Thea­ter­stück die eben­so schwie­ri­ge wie legi­ti­me Fra­ge, wie denn eigent­lich das Vor­feld vor den von uns geschlos­se­nen Gren­zen aus­sä­he und wie unser Umgang mit jenem Men­schen­knäu­el, jenem Migran­ten-Stau sich gestal­te­te, der bei Ras­pail auf hun­dert ros­ti­gen Käh­nen vor Frank­reich auf­taucht und den wir heu­te, jetzt, also im Juni 2019, an der Küs­te Liby­ens auf­lau­fen sehen – und über den wir Schreck­li­ches hören. Auf wel­che Kon­se­quen­zen, das ist die Fra­ge, läuft die Sache eigent­lich hin­aus, von links und von rechts, von ent­gren­zen­der und von abrie­geln­der Sei­te her?

Licht­mesz kam in Reck­ling­hau­sen im Ver­lauf des Publi­kums­ge­sprä­ches zu Wort und konn­te eini­ge Minu­ten lang aus­füh­ren – etwa in dem Sin­ne, den ich eben vor­trug. Also: Ambi­va­lenz, Unein­deu­tig­keit, Mora­lis­mus, Ver­lo­gen­heit, Dop­pel­mo­ral, Ver­tei­di­gungs­schwä­che, Selbst­be­fra­gung, Selbst­in­fra­ge­stel­lung, Auf­marsch des Figu­ren­ka­bi­netts unse­rer Zeit und unse­rer Lage.

Danach folg­ten: zwei ande­re Publi­kums­bei­trä­ge, dann eine Gegen­fra­ge des Inten­dan­ten, dann ich: über die Expe­ri­men­tier­freu­de der mora­lisch auf­ge­la­de­nen Zivil­ge­sell­schaft, deren Ange­hö­ri­ge im Schnitt nicht dort woh­nen, wo die weni­ger schö­nen Sei­ten ihres Expe­ri­ments sicht­bar, hand­greif­lich wer­den, und die nicht dort kon­kur­rie­ren müs­sen, wo sich neben und vor unse­re eige­nen Unge­bil­de­ten und Hand­lan­ger ein Heer von völ­lig frem­den Unge­bil­de­ten und Hand­lan­gern drängt, das bereit ist, den “Job” für noch­mals drei Euro weni­ger in der Stun­de zu erle­di­gen. – Ers­te Buhrufe.

Den Vor­wurf eines Zuschau­ers auf­grei­fend, in Ras­pails Roman und im Thea­ter­stück wür­de die Gesichts­lo­sig­keit der Migran­ten fort­ge­schrie­ben, obwohl es sich doch um je indi­vi­du­el­le Bio­gra­phien und Lebens­ent­wür­fe hand­le, denen man gerecht wer­den müs­se, mach­te ich wei­ter: Was ande­res als eine gesichts­lo­se Inva­si­on habe denn 2015ff statt­ge­fun­den? Ohne Aus­weis­kon­trol­len, ohne auch nur den Ver­such, die­je­ni­gen, die kamen, indi­vi­du­ell zu regis­trie­ren – gera­de so, als roll­ten hin­ter ihnen der Assad­sche und Orb­an­sche Pan­zer­keil, bereit, unter sei­nen Ket­ten alle zu zer­quet­schen, die den ret­ten­den Spurt von Salz­burg über die Brü­cke nach Frei­las­sing nicht mehr recht­zei­tig schaff­ten. Anonym, gesicht­los also der Ein­marsch in unser Land, eine ein­fa­che Lösung auf kom­ple­xe Fra­gen sozu­sa­gen, und sowie­so: unter die­sen Hun­dert­tau­sen­den wie­vie­le Kriegs­ver­bre­cher aus Syri­en und Afgha­ni­stan, dem Irak und Nige­ria? Wie­vie­le “Gefähr­der”, wie­vie­le, auf deren Gewis­sen viel­leicht Frau­en, Kin­der, Zivi­lis­ten, Gefan­ge­ne gin­gen, und: War­um vor alle jun­ge Männer?

Im Publi­kum kein Hal­ten mehr: Nie­der­ge­buht, nie­der­ge­zischt leg­te ich, “der Nazi”, das Mikro­phon aus der Hand, bezeich­ne­te den Vor­gang in einer letz­ten Worter­grei­fung als ein Para­de­bei­spiel für jene aggres­si­ve Über­emp­find­lich­keit der “Hoch­sen­si­blen”, die im “Heer­la­ger der Hei­li­gen” vor bald fünf­zig Jah­ren bereits auf den Punkt gebracht wor­den sei.

Was danach folg­te, war mora­lis­ti­sche Bun­des­li­ga beim Elf­me­ter­schie­ßen ohne Tor­wart. Der Durch­schnitts­schüt­ze: Frau um die 55, grau­ge­färb­te Kurz­haar­fri­sur, maxi­mal Pagen­schnitt, gut­si­tu­iert, in der kirch­li­chen Lai­en­be­we­gung aktiv, also Chris­mon-Lese­rin oder Maria 2.0, Zeit-Abon­nen­tin, mit Holz­schmuck aus dem Eine-Welt-Laden und Lei­nen­ho­se, unge­bleicht, zwei “tol­le” Kin­der und ein zurecht­ge­quatsch­tes Was-vom-Man­ne-übrig­bieb an der Seite.

Die Wort­mel­dun­gen: Ver­satz­stü­cke wie aus einem Bau­kas­ten, auf­ein­an­der­ge­sta­pelt in der vom Erst­red­ner vor­ge­ge­be­nen, von den Nach­red­nern über­nom­me­nen Rei­hen­fol­ge: “Buch nicht gele­sen, wer­de ich bestimmt nicht lesen”, “tol­le schau­spie­le­ri­sche Leis­tung”, “in der Geflüch­te­ten­hil­fe aktiv”, “nur gute Erfah­run­gen”, “irri­tiert”, “abge­ben, tei­len, Platz machen”, “auf­ein­an­der zuge­hen”, “Gren­zen töten”, “him­mel­schrei­end”, “und wir schau­en zu”.

Licht­mesz rief noch ein­mal dazwi­schen, daß sich das mul­ti­kul­tu­rel­le Expe­ri­ment mit 5000 € im Monat wohl anders anfüh­le als mit 1000, aber die­ser empi­risch nach­weis­ba­re Ein­wand hat mit Sicher­heit eben­so­we­nig etwas aus­ge­tra­gen wie über­haupt unse­re Anwe­sen­heit: Denn die Leu­te, denen es im Publi­kums­ge­spräch aus­schließ­lich dar­um ging, sich ihr gutes Lebens­ge­fühl nicht durch die Fra­ge­stel­lun­gen eines Thea­ter­stücks oder die Argu­men­te poli­ti­scher Spaß­brem­sen ein­trü­ben zu las­sen – die­se Leu­te wäh­len alle­samt “grün”, und für die­ses Ange­kom­men­sein auf der mora­li­schen Sie­ger­sei­te nimmt man fast jede Lebens­lü­ge in Kauf.

Für mich: ver­lo­re­ne Orte.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (35)

Laurenz

14. August 2019 12:53

Nur persönliche Betroffenheit ändert diese Zustände und das betrifft vordergründig "verlorene Orte".
Eine Staats-Grenze ist nichts anderes als eine etwas größer geratene Wohnungs- oder Haustür.

Ein gebuertiger Hesse

14. August 2019 13:09

"Verlorene Orte": was dieses notwendig resignative, aber auch ganz sachliche Gefühl des Gebiets- und Raumverlustes (wieviel von ganz Westdeutschland?) auf längere Sicht mit einem macht, dürfte noch gar nicht ganz klar sein. Aber das ist vielleicht sogar schonend; die Drastik der Verluste - von Orten, die man also VERGESSEN kann, was man aber nicht vermag - würde einen sonst irre machen.

RMH

14. August 2019 13:15

Zur Ergänzung für alle, die nicht suchen wollen, hier der Link zum damaligen Bericht von M. Lichtmesz

https://sezession.de/61172/das-heerlager-der-heiligen-in-recklinghausen

"daß sich das multikulturelle Experiment mit 5000 € im Monat wohl anders anfühle als mit 1000, "

Aus Sicht dieser globalen Linken gibt es ja nur ein globales Proletariat, insofern soll sich unser local white trash nicht so haben und solidarisch eben ein Stück zur Seite rücken - ist ja Platz für alle da ;)

Zum Artikel: Sehr schön geschriebene Milieu Studie. Wenn man mal einen Steuerberater fragt und der dann aus dem Nähkästchen über diese Kreise plaudert, wie wenig großzügig gegenüber dem Staat und mithin der Solidargemeinschaft diese Klientel ist und begierig jedem Hinweis zur "Steueroptimierung" folgt und für jedwede "gute Tat" auch eine Spendenquittung parat hat, dann weiß man - so viel notwendig falsches Bewusstsein bzw. dieser Art davon, konnte noch nicht einmal ein Marx oder Lukácz erahnen ...

LotNemez

14. August 2019 13:45

Die weißen Dogen

Zu den Foren, Kanzeln und Logen,
Zu den Machtzirkeln dieser Welt
Hat die Wache der weißen Dogen
Allzeit den Zugang verstellt.

Wer aber den Zugang begehrte,
Was wird dem Beherzten nützen?
Die Umwerthung aller Werthe,
Auf die sich die Oberen stützen!

Einst brachte von fernen Gestaden
Das Meer eine taumelnde Holk
Und noch tausende, voll geladen,
Und die bargen ein halbes Volk.

Das waren Männer mit schwarzen Bärten,
Einem Blick, dem man nicht widersteht.
Und bald waren die flüchtig Belehrten
Wie Samen landeinwärts geweht.

Später sahen wir sie auf den Pltäzen,
Und sie tanzten wie toll durch die Straßen.
Da beschlich uns ein stummes Entsetzen,
Und wir freuten uns über die Maßen.

Gaben alles, worum sie uns baten,
Und wollten darüber vergessen
Jene uns zugeeigneten Taten,
An denen wir folgsam uns messen.

So lebten wir in diesen Tagen
Mit den Argonauten vom Strande.
Da gefiel uns, ein Bündnis zu wagen,
Wo eine Hand wasche die andere.

Waren wir doch Töchter und Söhne
Von bedeutenden Herren und Damen.
Denen neideten wir die Löhne
Und den tragenden Klang ihrer Namen.

Unsere nämlichen Eltern noch waren
Einem wankenden Volke verpflichtet.
Aber wir hassten alles Gebaren,
Das auf Zagen und Zaudern gerichtet.

So wurden wir Apologeten,
Große Fürsprecher Goldener Horden,
Kraft strotzender Minoritäten.
Seht, wir wurden ein mächtiger Orden.

Zu den Foren, Kanzeln und Logen,
Zu den Machtzirkeln dieser Welt
Hat die Wache der weißen Dogen*
Allzeit den Zugang verstellt.

Wenn aber wer Zugang begehrte,
Was wird den Beherzten nützen?

Search4M

14. August 2019 13:50

Ich befürchte, Herr Kubitschek, Ihre weitere Lebensspanne wird Ihnen noch viele "verlorene Orte" und Gefühle der Ohnmacht bescheren und, @Laurenz, es wird dauern, bis die persönliche Betroffenheit eine Amplitude erreicht, die auch eine nennenswert wirksame Basis impliziert.

zeitschnur

14. August 2019 14:20

Mancher nimmt Anstoß an meiner Skepsis an linken ebenso wie rechten Experimenten, denkt, mit solchen Gedanken dürfe man die drängende Zeit nicht vertun. Ich verstehe diese Ungeduld sehr gut. Auch mich packen täglich Verzweiflung und Schmerz. Warum bin ich zurückhaltend? Weil eine Reconquista zwar an etwas im historischen Sinn "Eigenes" anknüpfen mag, aber keine Rekonstruktion ist, sondern ebenfalls etwas Neues und insofern auch ein Experiment. Sie beschreiben, dass Sie das, was Sie das „Eigene“ nennen, mit den Kurzhaardamen kategorisch nicht teilen. Dem Empfinden nach spucken die Damen sie förmlich aus aus ihrem Kreis. (Man leidet auch als Frau an ihnen… vielleicht noch mehr, weil sie die gewaltlose Vernunft und Nüchternheit, die große geistige Kraft der Frau, so niederschmetternd verraten.)
Das „Eigene“ ist weder statisch noch ewig. Aber es kann weiterleben, manchmal in ganz anderen Zusammenhängen: „In mir knien Völker, die lange dahin sind“ (Le Fort, Hymnen an die Kirche). Verjubeln muss man es deswegen nicht, sondern pflegen, solange es sich pflegen lässt. Was aber, wenn diese Zeit vorbei ist, und das „Eigene“ einem unter den segnenden Händen stirbt (das ist mein Dilemma)?

Raspail hat mir immer wieder Rätsel aufgegeben. Er ist sehr beliebt im Lager der katholischen Traditionalisten: Ist er einfach nur hellsichtig gewesen 1973? Ist er ein Prophet, hatte er Eingebungen? Woher wusste er das alles im voraus?
Raspail kommt selbst aus dem französischen Großbürgertum und ist keineswegs ein Outlaw, wenn man seine Liste renommierter Preise und Mitgliedschaften ansieht.
Ich habe mich oft gefragt, wer dieser Mann ist.
Ebenso wie andere Autoren von zeitgenössischen Zukunftsromanen der letzten 100 Jahre, angefangen bei H.G. Wells über Aldous Huxley und Orwell, die nicht einfach etwas erfanden oder Eingebungen hatten, sondern aus der Oberschicht kamen, die mehr Kenntnis über Pläne hatte und hat als untere Schichten, schrieben sie über Geplantes und schon Vorbereitetes, das sie wussten. Wells etwa bereits über Smartphones und Flachbildschirme... Und Huxley nahm vieles voraus, das tatsächlich später so eingetroffen ist, vielleicht ganz einfach weil er wusste, dass es so geplant war.
Selbst lange tief im katholischen Milieu verortet wirkt Raspail auf mich ebenfalls wie jemand, der schlicht und einfach Dinge weiß, die bereits geplant (gewesen) sein könnten und davon vorausschauend schreibt. Genau aus diesem Grund gibt er ja vielen Piusanhängern auch Hoffnung, weil in "Sire" am Ende eben doch ein katholisches Europa rekonstruiert wird und Frankreich wieder einen Bourbonenkönig haben wird.

Jan

14. August 2019 14:22

Leider sind solche Diskussionen immer zum Scheitern verurteilt. Warum? Weil die Befürworter der Flüchtlingsströme größtenteils auf einer emotional-moralischen Wellenlänge funken. Dagegen kommt man nicht an. Jegliches Gegenargument, auch wenn es noch so rational, vernünftig oder pragmatisch ist, prallt an solchen Geisteshaltungen einfach ab. Diese Leute sind Gläubige, die sich ihren Glauben durch nichts erschüttern lassen, auch nicht durch die einbrechende Realität. In so einem Fall setzt man auf das Mittel der kognitiven Dissonanz oder verschafft sich psychologische Entlastung durch die Beschimpfung des Gegenredners (Nazi, Rassist, Fremdenfeind, Menschenfeind, Demokratiefeind etc.). Daher redet man in solchen Diskussionen aneinander vorbei. Man sollte diesen Leuten daher folgende Frage stellen: "Welche Konsequenzen (kulturell, sozial, politisch) hat die konstante Flüchtlingsaufnahme für unser Land, wenn wir diese Praxis noch Jahrzehnte weiter betreiben?".

GuntherManz

14. August 2019 14:41

Andere "Geschichte", gleiche "Moral":

1983 demonstrierte ich als Mitglied des sogenannten Fellbacher Forums f ü r die Natonachrüstungspolitik. Ich meinte damals, das man 3000 UDSSR SS20 Raketen ruhig 170 Pershing II entgegenstellen könne.
Also montierten etwa 60 Reservisten der BW Pappmachee-Raketen mit der Aufschrift "vergeßt nicht 3000 SS20" auf ihre Fahrzeuge und nahmen als Gegendemo im heißen Herbst 1983 an der Einschließung einer US-Kaserne in Ettlingen teil. Das Kräfteverhältnis entsprach etwa dem der Warschauer Pakt zu Nato Truppen : 2000 vs. 60. Daß wir uns nach Abschluß der Einschließung haben verteidigen müssen, und dies auch erfolgreich taten, soll hier nicht Gegenstand sein.

Aber: Keiner dieser 2000 Demonstranten würde sich heute eingestehen, daß er damals auf einem ganz falschen Dampfer unterwegs war ! Was da hängenblieb, das war waren die romantischen Lichterketten und das Gemeinschaftserlebnis. Man hatte ja heere Absichten.
So gut wie keiner der damaligen Protestierenden ( einschließlich des EKD) macht sich bewußt, daß wenn man ihrer Linie gefolgt wäre, Deutschland noch geteilt und Osteuropa noch unfrei geblieben wäre.
Hier schließt sich der Kreis. Diese Willkommensklatscher werden sich nur noch an ihre guten Absichten erinnern(wollen), an das schöne Gemeinschaftsgefühl, selbst wenn es zu d e r Katastrophe käme; diese Leute würden sich dafür nicht verantwortlich fühlen, noch daraus in der Stille lernen.

Uodal

14. August 2019 15:46

@Laurenz
Persönliche Betroffenheit ändert leider meist gar nichts. Jeder kann das selbst überprüfen und kennt sicher Grünenwähler, die nicht wegen der immer höheren Migrantenzahl umgezogen sind, sondern aufgrund "der viel besseren Luft hier", ihr Kind nicht wegen der vielen Kinder ohne Deutschkenntnisse auf einer anderen Schule anmelden, sondern weil die beste Freundin auch auf dieser Schule ist. Menschen die Abends nicht mehr joggen. Aber nicht, weil im Park seit Monaten gedealt wird, sondern weil man doch jetzt einen Hometrainer hat. Die beschriebenen Lebenslügen, sind eben deshalb Lebenslügen, weil so gut wie alle um die wahre Situation wissen, sie aber ausblenden, auch weil sie um jeden Preis auf der moralischen Siegerseite bleiben wollen.

Allerdings ist da noch ein anders Motiv. Alle Menschen wollen auf ihre Gruppe Stolz sein. Dies ist ein mensch-liches Ur-Bedürfnis. Die Linken haben Jahrzehnte lang behauptet, das dem nicht so sei, und die Rechte, als ihre braven Kinder, sind dem gefolgt. Seit 2015 können viele, die dieses Bedürfnis immer unterdrückt hatten, wieder Stolz auf ihr Land sein - und das wollen sie sich nun nicht mehr nehmen lassen. Wer die linke Erzählung (die diese wahrscheinlich selbst nie geglaubt haben), das post-nationale Menschen ihren Gruppenstolz sublimieren könnten, übernommen hat, steht nun vor der Konfron-tation mit der Wirklichkeit. Und die zeigt: lieber eine Lebenslüge, als zukünftig wieder ohne dieses schöne Gefühl, endlich Stolz sein zu dürfen, auf ein "Wir schaf-fen das"-Land. Das nunmehr erlaubte Gefühl wird mit Klauen und Zähnen gegen alles und jeden verteidigt, der die Lebenslügen entlarven will. Laßt es ihnen doch!

"Verlorene Orte"? Sehe ich nicht. Verloren nur, wenn man im Kontakt mit den "Anywheres" auf die "Anywheres/ Somewheres"-Theorie zurückgreift. War es das Ziel, anderen die Augen zu öffnen? Entweder für die wahren Zustände oder zumindest für eine andere Sichtweise auf diese Zustände. War diese Unvereinbarkeit der Ansich-ten, dieses moralistische Elfmeterschießen, alle gegen Einen, diese aggressive Überempfindlichkeit der, durch jahrzehntelange Re-Edukation, aufgerauhten Seelen nicht vorhersehbar? Provokation, weil es angeblich ortlose "Anywheres" an verlorenen Orten sind? Warum nicht die Menschen (blöder Spruch, aber wahr) da ab-holen, wo sie über die Jahre festgezurrt wurden? Warum nicht ihre (missbrauchte) Hilfsbereitschaft anerkennen, Verständnis für das (fehlgeleitete) Mitgefühl aufbringen, das oft ehrliche Ringen um Nächstenliebe ernst nehmen? Eine mir Bekannte erzählt in solchen Situationen, gegen-über ideologisierten Gutmenschen, immer mal wieder, dass sie aktiv in der Flüchtlingshilfe war. Bis 2016 - und warum jetzt nicht mehr. Es dauert nicht lange und auch hartnäckige "Lebenslügner" beginnen auf einmal zu erzählen, was sie wirklich erleben und öffnen sich. Vielleicht, weil sie nicht als verloren angesehen werden?

RMH

14. August 2019 16:07

"Man sollte diesen Leuten daher folgende Frage stellen: "Welche Konsequenzen (kulturell, sozial, politisch) hat die konstante Flüchtlingsaufnahme für unser Land, wenn wir diese Praxis noch Jahrzehnte weiter betreiben?"."

Ich bin da bei den Fragen in der Ausdrucksweise diesen Leuten gegenüber deutlich drastischer und frage: "Glauben Sie ernsthaft, dass einer dieser Leute oder eines seiner Kinder Ihnen im Alter im Pflegeheim den A... abputzen wird? Glauben Sie ernsthaft, dass die überwiegende Mehrzahl dieser Leute irgendwann etwas netto in die Sozialversicherungskassen einzahlen wird?"

Meistens ist dann Sprachlosigkeit oder ein reflexartiges "Nazi" die Antwort ...

@zeitschnur,
diese These der "wissenden" oder "Insider"- Dystopisten-/ Utopisten-/ Science Fiction- Autoren vertritt ja auch der durchaus unterhaltende Frank Stoner in seinem "Frank und frei" Format (zu sehen und finden auf youtube).

Ich persönlich denke, dass Zugang zu aktuellen Informationen und den "besseren Kreisen" oder eben bestimmten Kreisen (bspw. Orwell: ursprünglich Teil der Linken und Spanienkämpfer - ohne diese Erfahrungen kein 1984 und kein Animal Farm) durchaus die Phantasie anregt und gutes "Futter" für Bücher liefert, aber hier sicher keine echten Insiderinformationen verbreitet wurden oder gar existierende Verschwörungen unter dem mantel der "Fiktion" kundgetan wurden (der Faktor Zufall bzw. Zufallstreffer ist damit nicht ausgeschlossen). Die menschliche Phantasie ist groß. Ein Jules Vernes hat auch vieles gesehen, was später kam, ja ein da Vinci sogar etliches vom Grundprinzip entworfen, was Jahrhunderte später erst realisiert wurde - waren das "Insider"?

Das Thema der Bevölkerungsexplosion war schon zu Raspails Zeiten gut bekannt - er zog eben seine besonderen Schlüsse daraus und verarbeitete seine konkreten Erfahrungen mit dem französischem/ europäischen Establishment dabei. Wenn er nicht selber Großbürger gewesen wäre, hätte er die Reaktionen gerade dieser Großbürger und des Establishment sicher nicht so präzise vorhersagen können. Insofern bedingt das eine schon irgendwie das andere, lässt aber nicht den validen Schluss auf höhere Einweihung, echtes Insiderwissen etc. zu. Es ist aber eine schöne und interessante Spekulation - deswegen hört man u.a. ja auch einem Frank Stoner recht gerne zu (zumindest ich habe die wenigen Folgen, die ich von dem Format gesehen habe, als unterhaltsam und interessant empfunden, denke aber, das dort Präsentierte auch einordnen zu können).

Gotlandfahrer

14. August 2019 16:31

Es waren doch schon immer nur Wenige, die das Unangenehme, aber Notwendige, für das Wohl der Gemeinschaft erkennen wollten, konnten und Unbill für das Aussprechen gegenüber denen, die mit den Machtinhabern auf Zugewinn harmonieren, in Kauf nahmen.

Mir erscheint diese Feststellung immer wieder wichtig, um nicht an einem imaginierten Verlottern der heute Lebenden zu verzweifeln. Die natürliche Verteilung von Charaktereigenschaften dürfte grob die gleiche sein wie eh und je. Auch die Rücksichtslosigkeit der bürgerlichen Trittbrettfahrer gegenüber „Niederen“, ja sogar gegenüber ihren eigenen langfristigen Interessen, ist angesichts der geistigen Moralunfähigkeit der Biederen – sie übernehmen nur von Klügeren ausgedachte Moralsätze – nichts, was mich heute, nach überwundenen Jahren der Fassungslosigkeit, noch verwundert. So ist der Mensch.

Geändert hat sich das Kooperationsfeld der Macht, von low-tech bedingter Lokalität hin zu high-tech enabelter Globalität. Die keifende, grauhaarige Zeitabonnentin ist durchschnittsbemittelte Milieuschranze, die in ihrem ganzen armseligen Leben seitens der „Gesellschaft“ nicht nur keinerlei Einschränkungen, sondern – im Umbauinteresse der Macht – Ermunterungen und „gültige Argumente“ in der Auslebung ihrer zutiefst egoistischen Bedürfnisse erfahren hat. Es galt die Substanz des Volkes zu zerstören, um die Trümmer einem größeren Verfahren als Energiebausteine zuzuführen. Mitwirken wurde belohnt, mit barem Geld und versichertem Ansehen.

Man sollte sich keine Sekunde mehr mit Feststellungen darüber aufhalten, dass es Menschen „gleicher Epochenerfahrungen“ usw. gibt, die aber trotzdem irgendwie einer Art anderen Religion angehören. Man sollte sie erkennen, als das, was sie sind: Gewiefte Selbstoptimierer (GK nannte sie „Schweinchen Schlau“, treffender geht es nicht!), die sich intuitiv auf die Belohnungsfunktionen des Mitläufertums hin ausgerichtet haben. Wie sollen Menschen, die intelligent genug sind, um sich alles zurecht zu biegen, aber darüber hinaus zu keinem unabhängigen Gedanken willens sind, mittels Argument und Wertschätzung des Zweifels aus ihren noch wärmenden Nischen zwischen den Abflussrohren des Großkraftwerkes hervorgelockt werden?

Es ist das gleiche Pack, das sich morgen sofort hinter die scheren wird, die dann das Gegenteil von heute behaupten werden, weil sie es dann können.

Diese Beharrungsklientel wird keine Wege aus seiner von der Macht subventionierten Unmündigkeit finden. Es wird von der Macht fallen gelassen werden, wenn es ausgedient hat. Die Klientel spürt diesen Zeitpunkt wohl kommen und übt nun das aus, was man ihm andressiert hat, um das Gefühl der Hilflosigkeit auszublenden. Nun müssen die Aufgaben von ultimativer Größe werden – unter Weltrettung geht es nicht – um ja nicht die Idee zuzulassen, dass man gar nicht mehr von der Welt benötigt wird, gar zum Fressen freigegeben ist.

Als Rechte sollten wir kühl genug sein, um zu erkennen, dass es für uns nicht um das Hineinverhandeln konservativer Minima, dem Beenden von Partys oder so geht. Wir sehen den uneingestandenen Todeskampf einer weggeworfenen Adlatenschicht, die im Zuge ihrer beschwiegenen, schleichenden Entlassung, die Lebenssubstanz ihrer Kinder dafür verzehrend, noch so tut, als sei sie mit wichtigen Aufgaben im Büro unabkömmlich und daher kurz davor, vom Eigentümer höchstpersönlich mit der Führung des Unternehmens beauftragt zu werden.

Man schaue sich doch nur mal die ganzen aufgeblasenen und in Wirklichkeit auf ein prekäres Erwachsenenleben zulaufenden Hippster, Freelancer, Volontäre, Praktikanten und sonst wie dreckig bezahlte "Medienschaffende" usw an. Gut, die Erbschaft bezahlt vielleicht die erste Eigentumswohnung, aber auf was, außer auf getriebenes Lebensabschnitts-Hopping, läuft deren Dasein hinaus? Die können sich ja nicht mal vernünftige Drogen leisten.

@ GuntherManz

Ihr Vergleich in Ehren, jedoch wird dieses Publikum dieses Mal nicht in den Genuss einer von ihnen zuvor als Teufelstat fehlgedeuteten, aber richtigen, Handlung kommen, sondern umgekehrt, das mit durchsetzen helfen, was sie als richtig herbeifabulieren aber nichts Anderes als Verderben bringen kann. Kontinuum bleibt die Moralunfähigkeit der Linken.

Monika

14. August 2019 17:35

Köstliche MilieuStudie - ich musste 😂 lachen.
Zuerst bin ich erschrocken 😧 bei der Beschreibung des Durchschnittsschützen...
Ich habe tatsächlich eine Holzkette aus dem Eine-Welt-Laden (etwas kindisch), einen Leinenrock, bin gutsituiert, habe zwei tolle Kinder (ohne Gänsefüßchen!) , Chrismon lese ich nicht und Maria 2 geht an mir vorbei...
Allerdings habe ich meinen Mann gefragt, ob ich ihn in langer Ehe zurechtgequatscht habe und ob noch etwas von ihm übriggeblieben sei :) Antwort: „Da sei er sich nicht ganz sicher“...
Das gab mir zu Denken 🤔
Es gibt verlorene Orte, aber auch eine innere Heimat und Menschen, die in den HYMNEN AN DIE KIRCHE lesen ! @zeitschnur
„Ich habe noch Blumen aus der Wildnis im Arme,
ich habe noch Tau in meinen Haaren
aus Tälern der Menschenfrühe,
Ich habe noch Gebete, denen die Flur lauscht, ich weiß noch,
wie man die Gewitter fromm macht und das Wasser segnet.“
Gertrud von le Fort
Auch das sind Orte ! In die wir uns zurückziehen können.

DirkAhlbrecht

14. August 2019 18:11

Seien wir nicht so pessimistisch... Der ganze hypermoralische Zirkus wird einzig von einer (teuer erkauften) wirtschaftlichen Schönwetterphase getragen.

Und wenn das schöne Wetter erst einmal vorbei ist, und danach sieht es doch mittlerweile zunehmend aus, dann schauen wir mal was Frau Kurzhaar und das zurechtgequatschte Anhängsel dann machen.

starhemberg

14. August 2019 18:13

Für mich einer der besten Texte der letzten Monate! Es gibt manchmal nichts mehr zu reden, nichts mehr zu kommunizieren, es bleibt nur "die oder wir". Dazu sehr passend das neue Werk von Bret Easton Ellis - "Weiss" - Leseempfehlung....!

Frieda Helbig

14. August 2019 18:26

Vorgetragen auf dem Staatspolitischen Kongreß in Magdeburg war der Text noch eindrucksvoller und spürbarer. Auch für mich bleiben die Gedankengänge und vor allem das Getue und Gehabe dieser Landsleute rätselhaft, eher fast schon pathologisch.

Ratwolf

14. August 2019 19:11

Die "Hochsensiblen" sind auf der Suche nach den schönen aber kurzen geglückten Momenten mit den Migranten. Es kann sein, dass es diese Momente gibt. Das ist Menschlich. Aber die Drecksarbeit haben letztendlich andere zu erledigen.

Es ist die arrogante, egoistische und selbstsüchtige Suche nach schöne Gefühlen für eine typisch westdeutsche Art der Zufriedenheit. Die Möglichkeit des Rückzuges und die Illusion der Kontrolle über die Lage sind Voraussetzung dafür. Wenn diese Leute ständig dort wohnen würden oder dem ausgesetzt wären, dann würden sich viele abwenden.

Manchmal kommen aber welche und klopfen symbolisch an die Tür der Zufriedenen. Dann wird es ungemütlich. Wie im Buch.

Dann kommen massive Abwehrreaktionen oder das übliche "wie schrecklich", wenn Opfer durch Migration zu beklagen sind. Das geht aber nur so lange, wie es noch geht.

Die Rechten stören also.
Zufriedenheit lässt sich eben leicht irritieren.
Zufriedenheit basiert meist auf einer Illusion.

SpesArt

14. August 2019 19:55

Gewiß kann man gen 21:30 in eine Kellerbar platzen und auf die Gefahren eines zu hohen Alkoholkonsums hinweisen.

Die Quote der dort nun geschaffenen Abstinenzler dürfte ähnlich bedeutsam ausfallen wie die der zur offen Diskussion bereiten Holzkugelkettenträgerinnen.
Und doch.... nahezu jeder Suchtkranke weiß um sein Problem,
Nahezu jeder Suchtkranke reagiert unwirsch spricht man diesen Sachverhalt an,

Man trinkt noch ein Gläschen .... oder auch drei , legt Holzkugelketten ab , den eigenen Leib nieder und ahnt durchaus daß längst mehr bestmenschliche Maske als originär eigenes Denken und Wollen zugange ist.

Prösterchen!

Johannes Poensgen

14. August 2019 20:41

Selber schuld. Wer betritt schon freiwillig ein Theater?

Habe ich selbst das letzte Mal für eine Aufführung des Fliegenden Holländers ind Koblenz gemacht und fand mich nachdem sich der Vorhang gehoben hatte sprichwörtlich vor der Kulisse einer Irrenanstalt wieder.

Irgednwann war Senta dem Stationsartzt so auf die Nerven gegangen, daß er eine Überdosis Pillen schluckte und dann ging die Geschichte los.

H. M. Richter

14. August 2019 20:54

"Für mich. Verlorene Orte."
[G. K.]
___________________________

Möglicherweise.
Dennoch: Die Zukunft ist offen.
________________________________

Noch ruft Fleming von ferne eindringlich:

"Sei dennoch unverzagt! Gib dennoch unverloren!
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren;
nimm dein Verhängnis an. Laß alles unbereut.
Tu, was getan muß sein, und eh man dir's gebeut.
Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
ist ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
dies alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn,

und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
dem ist die weite Welt und alles untertan."

limes

14. August 2019 21:12

Geben Sie tatsächlich "Orte" in Deutschland als verloren auf? Wer sollte es Ihnen verübeln. Dennoch muss es Hoffnung geben, ohne Hoffnung wäre SiN sinnlos. Wären viele andere Projekte sinnlos.

Bin noch nicht lange bei SiN angekommen, und auch noch nicht lange Leserin der Printausgabe. Ich versuche, zu verstehen; zu verstehen vor allem, welchen Beitrag ich leisten kann, um Recht und Freiheit zur Geltung zu verhelfen.

antwort kubitschek:
Orte - das bedeutet: solche Theaterabende, und Stadtteile, die solch ein voraussehbares, selbstzufriedenes, hygienebesessenes Publikum beherbergen. Drumherum: viel Substanz, viel Hoffnung.

Andreas Walter

14. August 2019 21:19

@zeitschnur

Finde ich jetzt nicht so ungewöhnlich. Raspail ist zum einen Franzose und war zum anderen 1973 bereits ein erwachsener, erfahrener Mann, 48 Jahre alt, weit gereist und Forscher. Die Grenzen des Wachstums des Club of Rome waren auch nur ein Jahr davor, 1972, publiziert worden. Alles andere verdankt er Frankreich und dem Umgang auch dort mit Bewohnern der ehemaligen Kolonien. Ein Brite hätte womöglich auch darauf kommen können, doch dafür liegen die Inseln der Nordsee einfach zu weit weg von Afrika. Indien hat Raspail wahrscheinlich nur deshalb verwendet, weil Afrika gleich gegenüber der Côte d’Azur einfach zu greifbar, naheliegend gewesen wäre, zu bedrohlich gewirkt hätte.

Ich wusste doch auch, schon kurz nachdem ich nach Deutschland kam und noch bevor ich 20 war, mit welchen Leuten Deutschland eines Tages jede Menge Ärger haben würde. Das Bild zu diesem Gedanken habe ich noch heute im Kopf und spielt unter der Woche am Tag auf der Kaiserstraße in Friedberg in Hessen vor dem (ehemaligen?) Billard Café. 10 Jahre nach Raspail, aber eben in Deutschland. Da hatte ich jedoch die VSA mit meinen Eltern schon sehr oft bereist, hatte ich darum bereits einen Eindruck über multikulturelle Gesellschaften. In Mexiko dagegen verläuft es fliessend, zwischen Indio ("nacos"), Mestizo und "Gringo" (blancos, rubios, gueros), zwischen "Colonia" (Ciudad, Municipio) Nezahualcóyotl und Colonia Polanco. Wobei echte Indios auch nur noch selten, eher auf dem Land zu finden sind. Werde darum mal nachsehen, wo überall auch Raspail schon war.

zeitschnur

14. August 2019 22:00

@ RMH

Ist für mich ein Unterschied, ob einer eine technische Neuerung voraussieht, die "Traum der Menschheit" ist, zB "Fliegen", oder ob einer etwas voraussieht, das ein Alptraum ist, der so keineswegs einen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad hätte. Natürlich kann es sein, dass Raspail einfach "Chiffren" lesen konnte, "Zeichen der Zeit", gerade weil er in der Oberschicht verkehrte. Aber es hat mich immer misstrauisch gemacht, wie gewisse Kreise in der Kirche ständig davon faselten, wir alle müssten die "Zeichen der Zeit" erkennen und nun Reformen in dieser oder jener Hinsicht zulassen, worauf die Traditionalisten natürlich konterten, dass überhaupt kein Bedarf bestünde, ganz im Gegenteil. Was die Bevölkerungsexplosion betrifft, ist Raspail natürlich überraschend antikatholisch, aber das nur nebenbei, denn jeder fromme Katholik weiß, was sein erster Ehezweck ist. Hier hat erst Franziskus begonnen, das „Sich vermehren wie die Karnickel“ zu verhöhnen, worüber sich damals natürlich alle treuen Katholiken erregten. Da ist einiges etwas ungereimt beim Herrn Raspail. Und A. Kissler kommentierte Franziskus damals so: https://www.cicero.de/kultur/franziskus-und-die-karnickel-das-ist-nicht-lustig/58758 …
Raspails Ausmalungen sind einerseits einfach zu präzise, um bloßer Zufall zu sein. Kann mich erinnern, wie 2015 ein Priester "Le camp des saints" in einer Christenlehre nach der Messe teilweise vorlas und analysierte und die vielen Details beleuchtete, die gerade eben auch real passierten bis hin zu einem Papst ("Benedikt XVI"), der total an F. erinnerte...
Andererseits spielt er mit seiner Bevölkerungshysterie in genau der Liga mit, die antikatholisch tickt. Ich finde das merkwürdig, eben weil ich die katholischen Szenen sehr gut kenne. Da passt etwas nicht zusammen!

Fredy

14. August 2019 22:07

Der Deutsche lernt nur durch Schmerz. Und er steht in Nibelungentreue fest, obrigkeitshörig und immer glaubend an den Endsieg. Daran hat sich nichts geändert. Es gibt keine Revolution, keine Umkehr, keine Verbesserungsmoglichkeit des Bestehenden. Der Weg muss stets bis zum Ende beschritten werden. Bis zum Ende.

links ist wo der daumen rechts ist

14. August 2019 22:35

Zweierlei Lektüre

Werter Herr Kubitschek!
Wissen Sie, es gibt auch schmerzliche Einweg-Kommunikation, die nicht nur zwischen aufrechten Neu-Rechten und dämlichen Selbstverleugnern stattfindet.
Mußte ich vor kurzem leider wieder einmal erfahren.

Auf diese Weise habe ich aber zumindest mitbekommen, daß jemand im Forum nicht ganz Unbekannter derzeit Erhart Kästners „Aufstand der Dinge. Byzantinische Aufzeichnungen“ liest.
Auch dieses Buch ist 1973 erschienen...

Mit Raspail (liegt seit längerer Zeit am Nachtkastl) habe ich so meine Schwierigkeiten.
Irgendwie muß ich dabei an einen von Kästner beschriebenen Reise-Leiter denken, der auf der Insel Delos seine Herde immer wieder zusammentreibt. Kästner aber steht abseits und genießt das Schauspiel, daß er für ein Herdenmitglied gehalten wird, aber nicht reagiert.

Ach, dieses herrliche Buch.
Man spaziert darin, wie von Kästner beschrieben: Dorniges Unterholz, sternenklare Nächte, Stille (die die Zikaden erst hörbar machen), Stille inmitten Großstadtgetümmels, stilles Einverständnis mit einem Muezzin vor Tagesanbruch (das durfte man 1973 formulieren).
Man ergeht eine Stadt, eine Landschaft – und erfährt in alten Reiseberichten doch so viel mehr.

Man erfährt die über Jahrhunderte andauernde Bedrückung der Kreter – und liest alte Texte, als wären sie aktuell. Greuel damals, Greuel heute, aber man kann doch auch aus der Blutmühle der Geschichte heraustreten und vermutet Bosheit allenthalben beim Nachbarn.

Damals und heute.
Das Eigene und das Fremde?

Einzigartige Kulturleistungen wie der Bau der Hagia Sophia folgen unmittelbar einem Gemetzel („Grossmord“), dem mindestens 30 000 Menschen zum Opfer fielen. Worum ging es? Darum, daß Justinian an der Macht blieb und vorsichtshalber alle im Hippodromos Versammelten als potentiell Aufständische abschlachten ließ.

Aber Prokopios schreibt über dieser Herrscher in seiner Art einer „doppelten Buchführung“ auch:
„Er war freundlich. Keinem wurde eine Audienz verwehrt...“
Und dann folgt eine der rätselhaftestes Stellen in Kästners Buch, darüber, wie Entsetzen nicht dauern kann. Aber sich auch wieder herstellen läßt.
Hebel und Kleist wußten das auf ihre Weise.

Und Byzanz.
Erahnbar an der Macht der Hagia Sophia.
„Dieser mächtige Wölb-Raum, ich nehme ihn für den Erz- und Inbegriff dessen, was Macht ist.“
Es gibt eine Macht, die niemanden machtlos werden läßt.
„Macht, aus der Lebensmacht anderer gestohlen: das ist ihr Mißbrauch.“
Und diese Einsicht und Wahrheit hat ihren Ort und ihre Zeit.

Erkennbar etwa an den gottlob erhaltenen Boden-Mosaiken im sogenannten Mosaiken-Museum, die bloßer Durchschein sind, auf etwas Größeres weisen.

Worauf verweisen Mosaiken, Kirchen und Bilderhandschriften der Griechen? „(Auf) Christos, in den Hades absteigend, unter die ängstlichen Schatten. Christos das Licht, das zu den Schatten kommt, die nach Leben dürsten. Christos im Reich des Wesenlosen, in das wir alle zu vielen Malen versinken, ins Halblicht der Ängste, Nöte und Sorgen, ins Viertellicht der Zerstreuung. Das Licht kam, der Schatten des Hades zerfloß.“
Das erfuhr Kästner auf seinem zweiten Blick, als es ihm nicht mehr um seinen „Philhellenismus“ oder um die dorische Eroberung ging.

Eine der für mich schönsten Stellen (aber an alle kehrt man gern zurück) – auf dem Berg Athos:
„So schlupfe ich ein in die Kirchen, in denen es Nacht ist. Marmor-Böden, Mosaik, bunte Muster, im Lauf der Jahrhunderte aus der Waage gekommen, Stein-Wellen, Stoff-Wellen, dem Fuß eine Zärtlichkeit, eine halbvermerkte Liebkosung. Dem Fuß, der eine mißbrauchte Hand ist; er dankt es.“

Und wie dann alles – in unseren Geschichtsbüchern – scheinbar zu Ende ging (29. Mai 1453), obwohl davor alles schon zu Ende war (Kreuzzug 1204).
Die eigenen Leute? Das Eigene?
Die schnelle Bündnissuche vor dem Ende, aber die eigenen Leute sagten:
„Lieber den Turban in unserer Stadt als die römische Mitra.“
Gut, manche mögen hier an einen Zyniker wie Houellebecq denken.
Aber nichts ging tatsächlich zu Ende. Auch nicht, als die Hagia Sophia 1935 zum Museum wurde.
Numen inest.

Und diese Bresche, die 1453 in die Stadtmauer geschlagen wurde, steht auch für die Breschen, die Kästners Stil („Guter Stil hat mit Nächstenliebe zu tun.“) läßt:
So viel an Verwundbarkeit, Einsicht, Verbrüderung, Ohn-Macht und Gelassenheit.

Die Lektüre-Verzweigungen eines Lesers gehen beinah unendlich weiter.
Kästner scheibt über Max Ernst (sozusagen im Kern-Kapitel, das dem Buch den Namen gab):
„Es war fünf Jahre nach dem Krawall von Dada, als die Frottagen der Histoire naturelle entstanden. Und da: welche Stille. Tiefe Horizonte. Wüsten-Weite, Welt-Leere. Unendliche Fernen, an deren Rand ein Weltenbaum wächst, der versteint ist. […]
Und das alles wird von den Dingen selber gesagt ...“
Aber: die Dinge verrätseln sich – und verweisen auf etwas Größeres.

Woran denkt ein Leser?
Nicht etwa auch an den früheren Dadaisten Hugo Ball und sein „Byzantinisches Christentum“, wie er die Verstiegenheiten, Verworrenheiten und Versponnenheiten der frühen Zeit beschreibt?

Es gäbe noch so viel zu sagen.

Raspail?
Der ist schon im Getümmel der Reisenden verschwunden und „eingebootet“.

Waldkind

14. August 2019 23:25

Das Wahrgenommene ist im Ergebnis der Fluch des nationalen Denkens, eines Universalismus auf kleiner Flamme.

Was interessiert, ob Leute wie besagte "Dame" derselben kulturellen Großgruppe entstammen, wenn sie mit jeder Faser ihres Daseins das Feuer ihrer Überlieferung auspissen wollen?

Es wird auch nicht besser durch den Umstand, dass viele dieser Geistlosen bei bald zu erwartenden ökonomischen Unwettern sich in ein anderes Mäntelchen hüllen werden.

Es gibt genug andere, nicht zuletzt auch weniger seinsvergessene anderer Herkunft, die diese Fackel weitertragen werden. Mit solchen wird das eigene Erbe weiterleben. Rückkehr zum Alten ist romantisierende Illusion.

Eine kluge alternative Politik, die dies in Rechnung stellt, scheint es wesentlich nicht zu geben.

Atz

14. August 2019 23:52

Man kann doch wunderbar alles anhand der Widersprüche verfolgen. So heisst es jetzt zum Beispiel in den Nachrichten über Kaschmir, dass die nun mögliche Einwanderung von Hindu die Stabilität der Region Kaschmir gefährden würde.

Man muss gar nicht Präsenz bei solchen Theaterstücken zeigen, die ihre Wirkung von alleine entfalten. Solche Präsenz wirkt erdrückend auf Externe.

Das Bewusstsein für das eigene sollte immer stärker als die Furcht vor der Macht des Fremden sein, In diesem Sinne geht der ganze Ansatz Raspails fehl. Die Rechte instrumentalisiert das Unbehagen wie die Linke die Zersetzung. Statt die tatsächlich existierenden deutschnationalen Tendenzen im Islam in Deutschland zu stärken und Führung zu übernehmen, Deutungsmacht zu ergreifen, ihn zum Feind auszurufen, das ist keine smarte Strategie. Die deutsche Rechte ist bei Arabern und Persern willkommen.

zeitschnur

15. August 2019 11:33

@ links ist wo der daumen rechts ist

Schöner Kommentar... 'Numen inest' — Kästner ist illusionslos: Die Hagia Sophia ist auf Blut gebaut.

Der Satz 'numen inest' stammt ursprünglich von Ovid (Fasti III):

"Lucus Aventino suberat niger ilicis umbra
quo posses viso dicere 'numen inest'."

"Unter dem Aventin befand sich ein dunkler Hain mit Steineichen
Von dem du, wenn du ihn siehst, sagen könntest: ‚Hier drinnen ist Göttliches’."

Ist hier wirklich Göttliches? Oder brachte ein Besucher es als inneren Ort mit hinein?
Verlorene Orte - meinetwegen. "Sic transit gloria mundi!" Oder: Mt 10,13ff. Auch das muss man bedenken!

Manchmal sitze ich irgendwo und versuche mir vorzustellen, wie viele Menschen hier an diesem Ort anwesend waren in den Jahrtausenden, wie viel Blut geflossen ist und wie es sein wird, wenn die Erde alle Toten hier an diesem Ort wieder herausgeben muss, wie es in der Apokalypse vorausgesagt ist. Wie viel "Eigenes" ging hier zu meinen Füßen schon unter? Oder hat es sich nur unentwegt verwandelt? Gibt es eine Auferstehung und Verklärung des "Eigenen"? Und wenn ja: an welchem Ort wird das sein? Und nein: das sind keine nebensächlichen Fragen! Immer hat das Abendland genau danach gefragt...

Ihre Schwierigkeiten mit Raspail verstehe ich, weil er vom 'numen' nichts weiß, alles Religiöse ist bei ihm total veräußerlicht und saftlos-sperrig (warum muss ich gerade an die Herren neben den Kurzhaardamen denken?), entspricht dem finsteren (so Kästner!) Justinian, der einen riesigen Codex schaffen muss, um sein eigenes Unrecht zu illuminieren, der in Turbotempo einen alten Tempel abreißt und einen neuen hochzieht, Architekten, Baumeister und Künstler unter Druck setzt, zuvor aber Zigtausende im Hippodrom ermorden ließ.
Und immer wieder die Frage bei Kästner: Von welcher Heiligen Weisheit ist hier eigentlich die Rede?
Ja, was mich beim „katholischen“ Raspail so irritiert, ist das Fehlen der Frage nach der Weisheit, sie kommt bei ihm nicht vor. Ebenso wie Jesus Christus nicht vorkommt. Der Autor hat Züge des Großinquisitors, scheint mit einem noch ein bisschen christlichen Rom eher nichts, dafür aber mehr mit dem Club of Rome und seinen verfehlten Prognosen zu tun zu haben. Oder spielen die längst zusammen?
Lumen non est in tenebris.

Niekisch

15. August 2019 12:29

"Es gibt keine Revolution"

@ Frey 14.8. 22:07: Lassen Sie sich doch bitte, Fredy, ein wenig trösten durch die Lektüre von Finkel, Alain, "Aufstand". Er nennt einige Beispiele deutscher Aufstandsbereitschaft.

Stil-Bluete

15. August 2019 16:39

Mal viel weiter zurück mit dem Dilemma des Eigenen der und des Teutschen (Schottelius, Mitglied der 'fruchtbringenden Gesellschaft' ist darin eine wahre Fundgrube):

Alle Künste und Sprachen sind von den Deutschen aufs sinnreichste und gründlichste hervorgezogen, aber ihrer eigenen Sprache und ihrer selbst ist von ihnen fast vergessen worden. Die Fremdgierigkeit scheinet durch ein hartes Verhängnis sonderlich den Deutschen tief angeboren zu sein.

Justus Georg Schottelius (1612 - 1676), latinisiert Justus-Georgius Schottelius, auch Justus Georg Schottel, deutscher Dichter und Sprachgelehrter

qvc1753

15. August 2019 17:03

Was Herr Kubitschek da wortreich beschreibt ist das, was vor geraumer Zeit ein Film namens „Der Marsch“ als Frage aufgeworfen hat.
Wss machen wir als Europa wenn Millionen vor der Tür stehen, weil sie zu Hause nicht überleben können?
Der Film endet damit, das am Ende das Militär an der Grenze aufmarschiert und droht die Marschierenden mit Waffengewalt ins Meer zu treiben.
Eine Antwort darauf wie das Problem zulösen ist, die gibt der Film nicht.
Der Drehbuchautor gibt jedoch einen Gedanken vor, der schwer zu ertragbar ist: der charismatische Anführer des Marsches schlägt der Vermittlung suchenden EU Beamtin vor, das die Afrikaner doch als Haustiere kommen könnten. Jede Katze würde jährlich 200 Dollar Geld kosten. Sratt Jatzen könnten doch Flüchtlinge dienen und uns Europäern die Hände lecken und schnurren.
Kurz:
Wer sich überlegt wie das Eigene zu schützen ist, der muss nach meiner Ansicht auch das Fremde zu verstehen suchen und ggf. überlegen wie und durch welche Handlungen wir als Gesellschaft reagieren können.
Einen Keil in die Widersprüche zu rammen ist sicherlich stets wirkungsvoll, aber es ist immer einfacher etwas zu zerlegen als zusammen zu fügen.
Am Ende bleibt für mich wesentlich relevanter nicht wie ich das Eigene vor dem Ansturm schütze, sondern wie ich es schaffe, das der Ansturm ausbleibt.

Laurenz

15. August 2019 19:18

@Search4M & Uodal ..... ich hatte auf dieses Thema schon mehrmals Bezug genommen und Herr Kubitschek war mit einer tatsächlichen geographischen Bestimmung so freundlich, mir Gelegenheit zu geben, kurz und bündig darauf einzugehen. Das haben Sie beide mir nun genommen.
Die revolutionäre Vernichtung der Ökonomie durch Streiks, Aufstände, Demos etc., wird schon seit tausenden von Jahren, meist von Geheimdiensten zwecks Regime Change benutzt. Hierbei handelt es sich eben um einen uralten bolschewistischen Trick. Dabei schiebt man die Schuld dem politischen Gegner, ob Zar oder Kaiser etc. in die Schuhe. Patrioten fällt das deswegen schwer, weil ihr Herz an Land und Volk hängt.
Aber wenn Herr Kubitschek schon "verlorene Orte" definiert, müssen wir eben für Betroffenheit sorgen. Für was sitzen wir denn schon in den meisten Parlamenten. Ich verstehe Einwände, wie die Ihren immer so, als sei Ihnen irgendwie nicht klar, mit welcher bestialischen Grausamkeit unsere politischen Gegner bereit sind, vorzugehen. Anstand können wir nach! unserer konservativen Machtübernahme wieder einführen.

Franz Bettinger

15. August 2019 21:35

@Kubitschek schreibt: "Uns Rechten, uns 'Verteidigern des Eigenen', ... " Diese drei Worte sind die kürzeste und beste Definition dessen, was Rechts ist. Das ist wunderbar. Bitte Weitersagen!

Franz Bettinger

16. August 2019 11:11

@Jan schreibt: "Dagegen kommt man nicht an. Jegliches Gegenargument prallt an solchen Geisteshaltungen ab." Stimmt, aber darauf kommt es nicht an. Denn: Man redet nicht mit dem Gegner, um ihn zu überzeugen. Man will ihn bloßstellen in seiner Dummheit und Unfairness. Nur darum geht es! Man redet zum und für das Publikum, das meist schweigende. Unterschätzt diesen Mit-Hör-Effekt nicht, auch nicht den Mit-Leid-Effekt. Insgeheim beneidet und bewundert man euch für euren Mut. Eure Argumente sind im Raum wie Giftwolken, sie gehen nicht weg, sie wabern und reizen dort weiter, während der Theatervorführung, und nachts im Schlaf. Sie wirken. Auch wenn sie nicht unmittelbar wirken. Chapeau!

Search4M

17. August 2019 08:53

@Laurenz
Ich schätze Ihre Kommentare stets, lese aber das Wort "Machtübernahme" hier ungern. Das klingt zu sehr nach Militärputsch. Macht über was und wen? Besser gefällt mir "Regierungsübernahme mit Politikwechsel". Das geschieht über Wahlergebnisse und wird frühestens ab 2025 möglich sein. Und dann kann man beginnen, unter Akzeptanz und Mitgestaltung eines unvermeidlichen globalen Wandels, mit Anstand das Eigene zu bewahren. Das vorzubereiten ist noch Zeit, denn wir haben uns zunächst, bald im Osten und ab 2021 auf Bundesebene, mit schwarzgrünrotroten Koalitionen gegen Rechts abzufinden. Dabei kann man viel lernen und auch beeinflussen. Wenn Sie dazu, im Sinne von Betroffenheit erzeugen, das meinen, was @Franz Bettinger oben gerade schrieb, stimme ich ausdrücklich zu. Dazu muss man wahrscheinlich sogar gezielt schon verloren geglaubte Ort des öfteren aufsuchen.

Götz Kubitschek

18. August 2019 21:36

Badeschluß, werte Kommentatoren.

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