Spannungen

von Heino Bosselmann --- Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen.

Ein all­seits bekann­tes, ein zudem bana­les Sprich­wort; wir nicken es ab.

Und emp­fin­den es mit gesun­dem Men­schen­ver­stand als zutref­fend. Ja, stimmt schon; jeder weiß um ein All­tags­bei­spiel. Über­haupt soll­te man den soge­nann­ten gesun­den Men­schen­ver­stand nicht unter­schät­zen, denn er trägt weit. Wem es lie­ber ist, der klei­de den Begriff phi­lo­so­phisch ein und angli­sie­re ihn, und schon ist man bei Tho­mas Pai­ne: „Com­mon Sense“.

Das Eis ist gegen­wär­tig vol­ler tan­zen­der Esel. Es geht ihnen gut, und noch bricht das Eis nicht. Dich­ter her­an: Der „Kapi­ta­lis­mus“, oft sim­pel als etwas iden­ti­fi­ziert, was außer­halb der ansons­ten guten und wohl­mei­nen­den Gemein­schaft böse dräut und destruk­tiv sowie res­sour­cen­ver­schlei­ßend wirkt, wäh­rend wir doch viel­mehr alle Teil des Sys­tems sind, die­ser Kapi­ta­lis­mus also hat als Erfolgs­mo­dell lang­fris­tig einen his­to­risch nie dage­we­se­nen Lebens­kom­fort geschaf­fen, eine Tat­sa­che, die selbst sei­ne Geg­ner wider­wil­lig aner­ken­nen. Wobei sie mei­nen, es gin­ge anders noch viel, viel bes­ser und vor allem gerechter.

Ins­be­son­de­re wür­de es bes­ser gehen, wenn man das über Jahr­zehn­te oder gar Jahr­hun­der­te Geschaf­fe­ne ein­fach als Ver­fü­gungs­mas­se her­nimmt und um der Gerech­tig­keit wil­len neu ver­teilt, weil der Gedan­ke der Gerech­tig­keit ja wohl unter allen ethi­schen Vor­stel­lun­gen der vor­nehms­te und erha­bens­te wäre, gegen den mora­lisch doch rein gar nichts ein­zu­wen­den sei. Im Gegen­teil: Wer nicht Gerech­tig­keit her­stel­len woll­te, der wäre per se unmo­ra­lisch. Das Wort von der Gerech­tig­keit bestimmt gera­de die gesam­te Poli­tik­rhe­to­rik, und zwar als heh­rer Glaubens‑, nicht als Vernunftsbegriff.

Die füh­ren­den Poli­ti­ker der Lin­ken und der Grü­nen sind alle­samt Mora­lis­ten. Der Kapi­ta­lis­mus gilt ihnen als unge­recht, weil er wegen sei­ner pro­ble­ma­ti­schen Arbeits- und Ver­tei­lungs­pro­zes­se immer noch „Ver­lie­rer“ her­vor­bringt, auch und gera­de glo­bal. Offen­bar schwebt den Grün­lin­ken eine Gesell­schaft, ach eine gan­ze Welt der „Gewin­ner“ vor, die am ein­fachs­ten gerecht her­zu­stel­len wäre, wenn man das prak­ti­ziert, was die Lin­ke immer will: Umverteilung.

Zurück: Das Wesen des Kapi­ta­lis­mus liegt im pri­va­ten Eigen­tum, ins­be­son­de­re an Pro­duk­ti­ons­mit­teln. Damit wird Pro­fit erzeugt, vor allem durch das Her­stel­len von Gütern, die wie­der­um den Bedürf­nis­sen der Kon­su­men­ten ent­spre­chen. Der Preis regu­liert Ange­bot und Nach­fra­ge; auf wel­che Zahl er immer neu fest­ge­schrie­ben wird, das ent­schei­det der Markt.

Es stimmt, Kapi­tal ver­schafft Macht und ermög­licht immense Gewin­ne, aller­dings im Risi­ko der Ver­lus­te, für die Ver­ant­wor­tung über­nom­men wer­den muß. Über das Schaf­fen des Mehr­wer­tes ist „Aus­beu­tung“ mög­lich, die aber sichert dem einen die Existenz‑, dem andern die Inves­ti­ti­ons­mit­tel. Wir leben in einem 17-fach ver­bes­ser­ten Lebens­stan­dard gegen­über 1930, rech­ne­te der ita­lie­ni­sche Wirt­schafts­wis­sen­schaft­ler Fabri­zio Zili­bot­ti aus. – Genau die­ser hohe Lebens­stan­dard aber mag es sein, der die links­grü­nen Augu­ren davon träu­men läßt, daß das Zeit­al­ter einer Glück­se­lig­keit anbre­chen kön­ne, in dem ein­fach so für alle glei­cher­ma­ßen gesorgt wäre.

Das genau ist gefähr­lich! Und es beför­dert nicht die Moral, nein es unter­mi­niert sie. Man sehe sich dazu die qua­si­so­zia­lis­ti­schen Berei­che unse­rer Gesell­schaft an, die es ja gibt, nament­lich den soge­nann­ten „Öffent­li­chen Dienst“: Dort ist Ver­schwen­dung Prin­zip, weil „ver­ge­sell­schaf­tet“ als ers­tes die Ver­ant­wor­tung abge­schafft ist.

Eine gro­ße Zahl der Poli­ti­ker ent­stammt dem öffent­li­chen Dienst und als eta­blier­te Par­la­men­ta­ri­er oder gar als Teil der Exe­ku­ti­ve leben sie in die­sem Bereich und zeh­ren vom gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Ein­kom­men bzw. gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Abga­ben. Für sie ist die Welt in Ord­nung. Berufs­po­li­ti­ker der Lin­ken und der Grü­nen leben – sicher, wie ande­re auch – seit Jahr­zehn­ten vom gesell­schaft­li­chen Ver­mö­gen der All­ge­mein­heit und vom Betriebs­sys­tem des Kapi­ta­lis­mus, erdreis­ten sich jedoch, grund­stür­zen­de Ver­än­de­run­gen die­ses Sys­tems zu for­dern. Damit jedoch stün­de das in Fra­ge, was die links­grü­ne Hege­mo­nie immer­fort for­dert, die Moral nämlich.

Man prü­fe die Bio­gra­phien etwa von Rein­hard Büti­ko­fer, Clau­dia Roth, Anna­le­na Baer­bock, Ralf Ste­g­ner, Bernd Riex­in­ger, Kevin Küh­nert und von vie­len ande­ren Prot­ago­nis­ten der Lin­ken dar­auf, wie lan­ge sie von eige­ner pro­duk­ti­ver Arbeit leb­ten oder – umge­kehrt – wie lan­ge sie weit­ge­hend „öffent­lich“ ali­men­tiert wurden.

Ohne hier Max Weber zu erör­tern: Spar­sam­keit, Sorg­falt, Fleiß, Dis­zi­plin und Beharr­lich­keit wer­den geop­fert, wenn über revo­lu­tio­nä­re Akte umver­teilt wird. Bil­dung und Hal­tung waren einst, längst ver­ges­sen, eben­so Tugen­den des klas­si­schen Kapi­ta­lis­mus, inso­fern über sie ein bes­se­res Arbeits­ein­kom­men zu erzie­len war.

Was gegen­wär­tig mit „Bil­dung“ gemeint ist, erscheint seman­tisch völ­lig unklar, und von Hal­tung ist ohne­hin nur noch rechts die Rede. Was der Unter­neh­mer unter­nahm und der Fach­ar­bei­ter alter Schu­le gegen hof­fent­lich anstän­di­ges Gehalt schuf, bei­de jeweils aus gesun­den eige­nen, mit­hin ego­is­ti­schen Moti­ven, das stei­ger­te über das Wir­ken der „unsicht­ba­ren Hand“den Wohl­stand aller. Dies so bewerk­stel­li­gen zu kön­nen, dazu braucht es, ja dar­in grün­det Moral.

Rei­ner Hank schrieb 2007 in der F.A.Z:

Doch es könn­te sein, dass wir der auf Trieb­ver­zicht beru­hen­den Aske­se und der am Berufs­ethos aus­ge­rich­te­te Arbeits­dis­zi­plin mehr Wohl­stand ver­dan­ken als gedacht. ‚Der Schlag dei­nes Ham­mers, den dein Gläu­bi­ger um 5 Uhr mor­gens oder um 8 Uhr abends ver­nimmt, stellt ihn auf sechs Mona­te zufrie­den‘, sagt der ame­ri­ka­ni­sche Erfin­der und Staats­mann Ben­ja­min Frank­lin, einer von Max Webers Kron­zeu­gen. (…) ‚Wer der Auf­fas­sung ist, Erfolg sei das Ergeb­nis von Leis­tung, wird anders leben als jemand, der meint, Erfolg sei eine Fra­ge des glück­li­chen Zufalls‘, sagt Wirt­schafts­for­scher Zili­bot­ti. Solch unter­schied­li­che Grund­über­zeu­gun­gen för­dern oder schä­di­gen das Wachs­tum und die Pro­duk­ti­vi­tät. Der meri­to­kra­ti­sche Glau­be an einen Zusam­men­hang von Leis­tung und Erfolg spornt an zum wett­be­werb­li­chen Spiel. Der fata­lis­ti­sche Glau­be an den Zufall for­dert dage­gen ein hohes Maß an Umver­tei­lung, um das Glück der Belie­big­keit zu kor­ri­gie­ren. (…) Wo in den Fami­li­en und Schu­len nicht mehr Neu­gier, Aben­teu­er­lust und Ent­de­cker­freu­de geweckt wer­den, erstickt der Taten­drang einer gan­zen Gene­ra­ti­on. Und wo Gehor­sam und Arbeits­dis­zi­plin als Sekun­där­tu­gen­den ver­spot­tet wer­den, ver­trock­net jeg­li­cher Ehr­geiz. Das hat fata­le Aus­wir­kun­gen auf wirt­schaft­li­ches Wachs­tum und Produktivität.

Fatal wären zudem die geschicht­li­chen Fol­gen, gera­de jetzt, da die Lin­ke so dreist wie seit Jahr­zehn­ten nicht mehr diri­gis­tisch zufas­sen um umver­tei­len will. Das näm­lich muß zu Gewalt füh­ren, wie es immer zu Gewalt führt, wenn poli­ti­sche Mäch­te nach dem Eigen­tum grei­fen. Das liegt in der Natur der Sache. Zum ande­ren, weil auf der Sei­te der poli­ti­schen Rech­ten in Zei­ten dro­hen­der Umver­tei­lung und damit in der Gefähr­dung des bis­her Funk­tio­nie­ren­den und die Gesell­schaft Sichern­den jene vita­len Kor­rek­ti­ve ent­stan­den, die dem Griff ins Betriebs­sys­tem gera­de noch flo­rie­ren­der Gesell­schaf­ten Ein­halt geboten.

Es stimmt, daß es sich dabei um cha­ris­ma­ti­sche, sym­bol­tra­gen­de und gewalt­be­rei­te Bewe­gun­gen han­del­te. Man sehe sich die ver­schie­de­nen natio­na­len Vari­an­ten der Abwehr links­re­vo­lu­tio­nä­rer Ten­den­zen nach 1918 in den euro­päi­schen Län­dern von Ost nach West an, von den rus­si­schen Weiß­gar­dis­ten bis bin zu den spa­ni­schen Falang­is­ten und dem „Estado Novo“ Antó­nio de Oli­vei­ra Salazars.

Auf das Kon­to die­ser Bewe­gun­gen gin­gen tra­gi­sche Opfer, aber die Rech­te muß als Reflex auf eine Lin­ke ver­stan­den wer­de, die bereit war, die Pfor­ten zur Höl­le zu öff­nen. Zu dra­ma­tisch for­mu­liert? Nein, denn die Lin­ke tat genau das – in Sowjet­ruß­land, in ver­schie­de­nen „Räte­re­pu­bli­ken“, in Chi­na, spä­ter in Kam­bo­dscha. Sie zer­schlug in Akten eines per­ver­tier­ten Jako­bi­nis­mus fun­da­men­ta­le natur­recht­li­che Grundlagen.

Noch in allen kom­mu­nis­ti­schen Ver­su­chen begann mit kur­zer, aber hef­ti­ger Eupho­rie sogleich der Alp­traum, eigent­lich für die Unter­drück­ten wie sogar für die Unter­drü­cken­den. Sie alle wur­den von der Para­noia gejagt. – Alle Revo­lu­tio­nen begin­nen mit Rhe­to­rik, mit Agi­ta­ti­on. Man prü­fe das am poli­ti­schen Sprach­ge­brauch der Gegen­wart. Man wird erschro­cken sein. Offen­bar wird es tur­bu­lent, weil Ent­schei­den­des gefähr­lich umge­wer­tet wird.

Selbst für Deutsch­land wäre die gera­de in die­sem Jubi­lä­ums­jahr befei­er­te Ver­fas­sung und Demo­kra­tie der Wei­ma­rer Repu­blik nicht zu eta­blie­ren gewe­sen, hät­ten nicht Heer und Frei­korps hin­ter dem poli­ti­schen Augen­maß des tra­gi­schen Fried­rich Eberts gestan­den, dem die Macht zwar zuge­fal­len, der aber selbst macht­los war.

Ohne eine intel­lek­tu­ell kla­re und poli­tisch hand­lungs­fä­hi­ge Rech­te sind Gleich­ge­wicht, Maß und Ver­nunft in Gefahr, zumal die Lin­ke nach wie vor einer gefähr­lich posi­ti­ven Anthro­po­lo­gie und einem uto­pi­schen „wis­sen­schaft­li­chen Kom­mu­nis­mus“ folgt, in der Illu­si­on, einen fina­len End­zu­stand der Geschich­te her­stel­len zu kön­nen. Den gibt es nicht. Es braucht stets neue und sichern­de Struk­tu­ren, die den Men­schen vor sich selbst schützen.

Gegen­wär­tig liegt spür­bar Span­nung in der Luft. Die hat ihre Ursa­chen in der beacht­li­chen Kraft der Lin­ken, die de fac­to mit­re­giert und ins­be­son­de­re die Sprach­re­ge­lun­gen bestimmt. Sie ist ohne Zwei­fel am Drü­cker. Um so mehr Kraft sie in den Par­la­men­ten gewinnt, um so wirk­sa­mer wird sie Gesetz­ge­bun­gen ändern, aber genau das ruft Wider­stän­de auf.

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Kommentare (81)

Franz Bettinger

17. August 2019 11:40

Was ist Gerechtigkeit? Sie ist extrem relativ. In der Not verspeist der Bruder den Bruder und der Teufel frisst Fliegen, um zu überleben. Nur im Überfluss kann der Mensch auch abgeben und tut es auch intuitiv, ganz ohne Müssen. Abgeben (Links Sein) hat unter diesen Umständen - und nur dann - einen evolutionären Vorteil: man stärkt die Gruppe, Truppe, Meute und ist mit einer starken eigenen Schaar mächtiger (erfolgreicher) als zuvor, z.B. bei der Jagd oder der Verteidigung.

Gerechtigkeit? Gibt es nicht! Sie ist nur eine Wunschvorstellung in den Köpfen der Schwachen. Obwohl Aristoteles sie zu den vier Kardinal-Tugenden zählt neben Klugheit, Frömmigkeit und Mut. Cicero ersetzt die Frömmigkeit durch die Mäßigung. Immanuel Kant gar lässt nur eine Primärtugend gelten, den guten Willen. Fehle dieser, können alle anderen Tugenden "auch äußerst böse und schädlich werden". Was für ein Unsinn! Ein guter Wille hat schon sehr viel Böses angerichtet. Gerade auch heute wieder: die falsch verstandene Menschlichkeit und die (im Sinne des Gleichheits-Strebens) falsch verstandene Gerechtigkeit.

Nein, weder die Natur noch die Naturwissenschaft kennt so etwas wie Gerechtigkeit. - Die Hindus und Buddhisten retten sich ihr Konzept der Gerechtigkeit, indem sie glauben (machen), ein armer Teufel, Verkrüppelter, ein Paria, Hässlicher, Dummkopf etc. müsse in seinem Vorleben schwer gesündigt und also seine Behinderungen verdient haben. Es sei von den Göttern gewollt und also gerecht, wenn er momentan im jetzigen Diesseits dafür büßen müsse. Nur so könne er sich reinwaschen und im nächsten Leben in eine höhere Kaste geboren werden.

Gott - der Zufall, oder wer auch immer - hat uns mit unterschiedlichen Begabungen in die Welt gesetzt. Diesen ganz individuellen Begabungen müssen wir gerecht werden, nur ihnen! Ein Schlauer muss auf seinem Gebiet also mehr leisten als ein Sportler, der wieder in seinem Bereich der Körperlichkeit Taten vollbringen muss; ein an Geld Reicher sollte spendabel sein... und so weiter. Suum cuique = Jedem das Seine!

Franz Bettinger

17. August 2019 11:53

Gerechtigkeit ist mit der Idee von Gleichheit verknüpft. Hieran sieht man schon, dass es erstere nicht geben kann, weil zweitere in der Natur nicht existiert. Oder will jemand allen Ernstes behaupten, die Dinge, Pflanzen, Tiere, Rassen, Völker, Familien und Individuen seien gleich? Und ob die Ungleichen vor dem Gesetz gleich sein sollen? Das wurde in der Geschichte der Menschheit allüberall (!) die längste Zeit bestritten, ja für lächerlich und widernatürlich gehalten. Meinetwegen: Lasst sie alle vor dem Gesetz gleich sein. Dass sie es nicht sind, nicht einmal vor dem Gesetz, sieht man an Merkel und ihrer Clique, von der Antifa bis runter (!) zu den EU-Bonzen. Was für eine verlogene Sippschaft! Die Realität wird sie noch Mores lehren!

Der_Juergen

17. August 2019 12:12

Meines Erachtens der bisher stärkste Artikel von Heino Bosselmann.

Ein gebuertiger Hesse

17. August 2019 12:14

"Es braucht stets neue und sichernde Strukturen, die den Menschen vor sich selbst schützen."
Das ist so zentral, daß es geradezu eine Gretchenfrage sein könnte: wie hältst du's mit der eingeborenen Mangelhaftigkeit des Menschen, seinem Hang zur Verhausschweinung und der Notwendigkeit, ihn immer wieder einzuhegen?" Schon an diesem Punkt wird in Gesprächen mit Alles-ist-möglich-Linken praktisch alles weitere vorentschieden.

Niekisch

17. August 2019 12:41

Soviel ich hier an verdorbenem Gerechtigkeitsfutter fressen muß, kann ich in 4 Wochen nicht auskotzen.

Andreas Walter

17. August 2019 13:16

Ja, vor allem angelsächsische und pro angelsächsische Esel.

https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/hongkong-proteste-china-polizei-armee-kommunisten-xi-jinping/komplettansicht

Woran merkt man, dass die Proteste in Hongkong von Ausländern organisiert sind?

Was würde wohl passieren, wenn PEGIDA, die AfD und die IB zwei Tage lang den Frankfurter Flughafen in Hessen lahm legen würden?

Doch das ist denen egal, auch was mit der Jugend Hongkongs passiert, die sie dazu verheizen, nur um China zu schaden.

Letzte Frage darum für heute. Wieso steht die "linke" Zeit auf der Seite Hongkongs, einer Art City of London des fernen Ostens, einem Inbegriff des Raubtier-Kapitalismus schlechthin?

https://youtu.be/LA3uV_YXZAk

Muss ich darum nicht erklären. Jeder hier ist intelligent genug um zu verstehen, was gerade los ist. Denn die Esel werden nicht aufhören zu tanzen, haben auch Asien und die Asiaten noch nie verstanden. Doch Großbritannien gibt es nicht mehr, ist Geschichte. Wie auch die Sowjetunion. Auch daraus könnten manche etwas lernen, doch auch sie können nicht anders.

Gustav

17. August 2019 14:13

Dass ein und dasselbe Volk mal totalitär und mal zivilisiert daherkommt, hat ausschließlich damit zu tun, welche Charaktere die Besetzung der Machtstrukturen bestimmen. Diese wirken milieubildend, und Milieus sind nur durch harte Eingriffe aufzulösen. In der BRD breitete sich wegen eines von den alliierten Kriegsgewinnern offengehaltenen Dachschadens ein durch Marx, Mao und die Frankfurter Schule verdorbenes, destruktives Milieu wie Hausschwamm aus, obwohl das Personal in dieser Zeit generationsbedingt vielfach ausgetauscht wurde. Das echte, betonköpfige DDR-Kader-Milieu der „hundertprozentigen“ Gedankenfreien ist bis auf Reste perdu, weil es vom sowjetischen Hegemon aufgegeben und anschließend vom Volk hinweggefegt wurde. Das westdeutsche Milieu der sinistren Dekonstruktivisten wuchs, gedeiht und regeneriert sich hingegen beständig durch Diskriminierung, da nur Leute gleichen Zersetzungswillens im Milieu akzeptiert werden, die die mephistophelischen Riten der Antifa pflegen. Fehlt unter diesen Umständen den degenerierten bürgerlichen Kräften der Instinkt für die tödliche Gefahr, das Geld für den Dachdecker sowie die Lebensenergie und der Selbstbehauptungswille, um Barrieren mit Hilfe der Rechtsdurchsetzung aufzurichten, befällt das linke Milieu wie ein Pilzmyzel die tragenden Balken des Gemeinwesens. George Orwell beschrieb den Prozess in der Dystopie „1984“: „Es war schon eigentümlich, wie sich dieser käferartige Typus in den Ministerien vermehrte: kleine rundliche Männer, die bereits sehr früh zur Korpulenz neigen, mit kurzen Beinen, flinken Trippelschritten und feisten, undurchdringlichen Augen. Dieser Typ schien unter der Herrschaft der Partei am besten zu gedeihen.“

Das Streben der Sozialisten nach immer höherer Machtkonzentration und Intransparenz durch Zentralisierung dient ausschließlich ihrer Abschottung gegen das Volk und dem Trennen von Tat und Verantwortung. Sie begehen Völkerrechtsverbrechen, Eigentumsverbrechen, haben mit über 200 Millionen Ermordeten in nur wenigen Jahrzehnten nicht nur den Vogel als Meister des Todes abgeschossen und schwingen sich schon wieder zur Weltherrschaft auf – nur knappe 30 Jahre nach der Hoffnung auf ihr endgültiges Verröcheln. Was ist schief gelaufen? Ihre großstaatlichen Strukturen sind nicht nur erhalten geblieben, sondern mit der EU und dem Zentralbank-Euro ausgebaut worden und damit das ideale, anonymisierende, mafiöse Milieu für Sozialisten, das dem Einzelnen immer weniger Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Wuchern linker Strukturen einräumt. Die schwarz-rot-goldene Internationale aus Kirche-Sozialisten-Hochfinanz hat die Welt in das Spinnennetz ihrer Organisationen eingewoben und bewegungsunfähig gemacht und injiziert ihr Propagandagift, um uns anschließend in Ruhe aussaugen zu können.

Aus: Der Rückfall Europas in den sozialistischen Totalitarismus des 20. Jahrhunderts von Roland Woldag

Thomas Martini

17. August 2019 14:36

Bei Heino Bosselmann sucht man intellektuelle Redlichkeit vergebens. Es sind zu einem Großteil keine stichhaltigen Argumente, die er als Stütze seiner Beiträge verwendet. Was den Leser stattdessen erwartet, ist ein Grobgedackt des Obsoleten, bei dem die Absicht, irgendwie gegen Links zu tönen, alles andere überstrahlt.

Was dabei auf der Strecke bleibt, ist der Bezug zur Realität, weshalb Bosselmanns Gemüse schwerer zu verdauen ist, als die prokapitalistischen Leitartikel der Hauptstrompresse.

"Es stimmt, Kapital verschafft Macht und ermöglicht immense Gewinne, allerdings im Risiko der Verluste, für die Verantwortung übernommen werden muß." - H. Bosselmann

Wer übernimmt Verantwortung im neoliberalistischen Zeitalter? Wer hat die Banken "gerettet"? Wer finanzierte die Schulden der Griechen mit immer neuen "Rettungspaketen"? Wer begleicht die Kosten für eine von Oben gewünschte Masseneinwanderung? Wer kommt für die Null- und Strafzinsgeldwirtschaft der Europäischen Zentralbank auf?

Das sind wir!

Die gewaltige Mehrheit des Volkes, ob rechts oder links, wir sind unten und verpflichtet, die Privateigentumsorgien einer überschaubaren Clique von Super- und Ultrarreichen auszubaden. Die autochthonen Gesellschaften in den westlichen Demokratien sind Opfer von menschlichen Raubtieren, deren Gier und Gefrässigkeit keine Grenzen kennt.

Konkret gemeint sind hier u. a. die Finanziers - hach, schönes Wort - der Klimaretterin Thunberg, die ganz im Ernst damit kokettieren, daß sich Klimaschutz und "Geld machen" nicht gegenseitig ausschließen.

Bosselmann aber bleibt nur im Ungefähren, und schreibt, als sei die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des vereinten Deutschlands seit der "Wende" an ihm spurlos vorübergezogen. Die Folgen des Euro, das Hartz-IV-System, der riesige Sektor "Zeitarbeit", die daraus resultierenden "prekären Verhältnisse", die seit Einführung der Gemeinschaftswährung stagnierenden Reallöhne, Stichwort: kalte Progression, und sogar die verheerenden Auswirkungen der EZB-Politik, kurz die Enteignung der deutschen Sparer - all das bleibt von Bosselmann unberücksichtigt.

Ferner übersieht er, daß ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung längst in der Schuldenfalle steckt. Der Wohlstand, den er mittels einer fragwürdigen Quelle herbeischreibt, ist quer durch die Bank auf "Pump" finanziert, auf Sand gebaut, wobei sich die Wirkkraft der allgegenwärtigen Lockmittel aufzeigen lässt: Kein Versandhändler, der heute nicht die "Ratenzahlung" anbietet. Kredite für Fernseher, Kredite für Smartphones, Kredite für alles.

Größere Investitionen, z. B. ein Neuwagen eines deutschen Automobilherstellers, sind für die meisten Deutschen unerschwinglich. Selbst Großverdiener müssen dafür einen "Buckel" machen. In der letzten Ausgabe des Fokus stand zu lesen, daß zwei Drittel der Deutschen nicht vorhaben, in naher Zukunft ein Elektrofahrzeug zu erwerben. Wieso bloß?

Nun, was die Lückenpresse verschwieg: Eben jene zwei Drittel dürften finanziell gar nicht in der Lage sein, ein neuwertiges Fahrzeug zu kaufen.

Beim Immobilienmarkt multiplizieren sich die Mißstände, auch darauf wäre einzugehen, statt sich im stupiden Aufwiegeln gegen Linke zu verfangen.

Woher die Probleme kommen, darauf gibt es eine klare Antwort, die jeder gewissenhafte Ökonom bestätigen wird, wenn er nicht gerade hurenhaft dem System zuarbeitet. In dem Büchlein "Renovatio Europae" findet man Brauchbares, da ist es Prof. Max Otte, der gleich in seiner Einleitung auf den Punkt kommt, ohne um den heißen Brei herumzureden:

"Die Globalisierung hat ein angelsächsisches Gesicht. Das Vertrauen in die Kapital- statt in die Kreditmärkte, eine skrupellose Ethik des Erfolgs (und nicht der Verantwortung), die absolute Dominanz des Privatbesitzes und der geringe Anteil öffentlicher Güter sind alles Wesenzüge des angelsächsischen wirtschaftlichen Modells und seines Vertrauens in das private vor dem öffentlichen Interesse. [...] Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben der Finanzkapitalismus und der Neoliberalismus in den meisten Staaten gesiegt, so daß Philip Ther gar von einem >>new order in the old continent<< sprach." - Max Otte

Mario Draghi, ein Mann, dessen Fotos mehr sagen als tausend Worte, stellt unterdessen die Weichen, damit die derzeitige Geld-aus-dem-Nichts-Politik noch jahrzehntelang fortgesetzt werden kann, bevor er das Zepter schön demokratisch an die Vorzeigedame des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, überreicht.

Wo übernehmen denn Schwerverbrecher dieser Couleur irgendeine Verantwortung für die Schäden, die sie anrichten?

heinrichbrueck

17. August 2019 15:49

Unpassende Sätze, in letzter Zeit gelesen:
1. Der Deutsche lernt nur durch Schmerz.
2. Und er steht in Nibelungentreue fest, obrigkeitshörig und immer glaubend an den Endsieg.
3. Volk ist meiner Meinung nach eine Erfindung.
4. No-Borders bezieht sich auf den imperialen deutschen Charakterzug, den Planeten am deutschen Sendungs-Wesen genesen zu lassen.
5. Der marxistische deutsche Gott ist für alle da und seine Engel sind ausgesandt, ob man ihm nun huldigen will oder auch nicht.
6. Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen.

Kommunismus ist das, was daraus gemacht werden kann. Die Grünen werden zwar beschimpft, aber es ist auch mehr als lustig, Hartz IV – SPD und Frauenkanzlerin – CDU. Sollte die AfD je vorgesehen werden, einen Kanzler stellen zu dürfen, können die Grünen die Forderung stellen und die AfD den bunten Kanzler.

Man sollte den theoretischen Kapitalismus einmal weglassen, sonst wird außer Konsumentenbeschimpfung nichts übrigbleiben. Und überhaupt, der Markt entscheidet wiederum nur in der Theorie, hat er doch weder einen eigenen Willen, so menschlich ist er nicht, noch ist seine Steuerung göttlicher Natur. Wenn Gott ungenannt bleibt, in diesem Fall die Bank, wird jede Kritik marxistisch verlogen.

Von den Grünen kann nicht ernstzunehmend die Rede sein, wenn nicht die Organisationen bekannt sind, deren Ausarbeitungen auf den Schreibtischen der Politiker landen. Die Grünen sind doch Witzfiguren. Denen unterstelle ich doch keine Pläne, die andere Parteien nicht viel besser umsetzen könnten. Das Spiel ist doch sichtbar. Nur weil der Plan unbekannt ist, sind es seine Auswirkungen noch lange nicht. Träume haben in der Politik nichts verloren.

Der neue Mensch ist mir gestern in zweifacher Ausführung begegnet. Ein erwachsener Mann sagt zu der Verkäuferin, nachdem er ein paar dünnere Bände auf den Tisch legt, es sei Lektüre, dem Sinn nach, mit deren Hilfe er wieder etwas träumen möchte. Die zweite Nummer war noch besser. Eine junge UNICEF Mitarbeiterin, mit der ich unfallweise ins Gespräch kam; für die es nur Menschen gibt, die nicht in Nationen denkt (ihre Worte); deren Bewußtsein eigentlich nur noch der Weltregierung harrt (meine Interpretation). Die Frau war überzeugt von ihrer Moral. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn der eine träumt, die andere Geld für Bildung sammelt. Beiden Einfluß zu unterstellen, dem System die Richtung weisen zu können, ist purer Quatsch.

Und wer ist „die Moral“? In einem demokratischen System von Moral zu sprechen, muß auch gesagt werden wessen Moral. Eine Moral siegt, die andere verliert. Das System hat nicht vorgesehen, die deutsche Moral überleben zu lassen. In die Handlangerrolle kommen Opportunisten und Lügner, da erwartet man doch keine Moral.

Unpassende Sätze zeigen immer den Esel und das System, die Aufregung, die installierten Ablenkungen, die Fesseln und die daraus hervorgehenden Spannungen. Der Esel versteht das System nicht. Ihm deshalb einen Vorwurf zu machen, wie vom System gewollt, bringt den Esel nicht an die Macht. Und solange mit Begriffen jongliert wird, keine Namen und Pläne genannt werden, bleibt das System unverstanden. Dann polieren sich Linke und Rechte gegenseitig die Fresse, weil irgendwo irgendwie Spannungen vorhanden waren.

Gegen Ende wird es besser: „dem die Macht zwar zugefallen, der aber selbst machtlos war.“ Nach den als unpassend verstandenen Sätzen, oben spaßeshalber aufgelistet, mußte ich lange staunen; hier wird aus Staunen Sprachlosigkeit. Oder: „Es braucht stets neue und sichernde Strukturen, die den Menschen vor sich selbst schützen.“ Spannungen über Spannungen oder es braucht noch mehr Spannungen! Darauf kann man lange warten, sie werden auch eintreten, wie geplant und nicht verhindert. Wer erzeugt die Spannungen? Linke erzählen, der Kapitalismus erzeuge Gewalt, also müsse umverteilt werden. Und was will die Rechte? Wie will sie es bekommen bzw. erhalten?

Laurenz

17. August 2019 16:58

Der beste Artikel Herrn Bosselmanns, den ich je zu lesen bekam. Ich persönlich bin Herrn Bosselmann zu Dank verpflichtet, weil Er kurz und bündig, wie trefflich das Wesen der Religion, oder wem das lieber ist, das Wesenhafte der Ideologie beschreibt. Für mich bleibt sich das gleich. Gegen die irrationale oder spirituelle Erfahrung ist nichts einzuwenden, solange man, wenn, nur über sie berichtet, aber sonst bei sich behält. Wird sie zum Dogma, verkommt alles zum reinen Herrschafts-Instrument. Bei der linken Religion ist das nicht anders. Laut Trotzki ist die Existenz des kapitalistischen Mehrwerts eine Lüge, die es zu verschweigen gilt. Bis zu Keynes hin betrachtet, stimmt das auch. Linke Religion dient wie alle Wüstenreligionen der Ersetzung der aktuellen Herrschaft durch eine neue totalitär feudale Kaste, die zur nachhaltigen Existenzsicherung über einen identitätslosen, entwurzelten, bindungslosen und entbildeten Menschen zu herrschen wünscht. Im Westen und sonst wo allerdings nichts Neues. Herr Bosselmann beschreibt uns also konkret, wie die Linke eine ur-alte Suppe aufwärmt.
Was uns Herr Bosselmann verschweigt, um wohl den Artikel auch nicht ausufern zu lassen, ist, daß der Kapitalismus auch nur einen Umverteilungsmechanismus darstellt, der auf einem Gewaltmonopol und global betrachtet, auf einer weltmächtigen militärischen Option beruht, wie man leicht an der Vernichtung der sehr erfolgreichen sozialen oder sozialistischen Marktwirtschaft des III. Reichs erkennen kann. Allerdings war diese Wirtschaftsform so mächtig, daß zumindest Teile dieser, wie die elementare Berechnung des BSPs/GDPs zur Bestimmung der Geldmenge global beibehalten wurden. Auch die ostasiatische Wirtschaft ist, natürlich mit lokalem Kolorit, als Erbe des III. Reichs zu definieren. Die Nationalsozialisten waren aber nur die Erfinder der einzig seriösen Notenbank-Politik, die aktuell nur noch in der Schweiz und in Rußland anzutreffen ist. Der Rest der planetaren Notenbänker gibt sich einem oligarchen Bolschewismus hin. Der eigentliche Erfinder der sozialen Markwirtschaft lebte in Preußen, es war der Soldatenkönig. Er reduzierte den Hedonismus -, erhöhte die Pflichten des Adels, verzichtete auf teure Hofhaltung, förderte Handwerk und Manufakturen, die Bildung aller und erschuf eine schlagkräftige militärische Option, als politisches Mittel elementar. Selbst sein Sohn machte sich genaueste Gedanken zur Entsoldung von Offizieren, Beamten, Handwerkern etc., was alles dazu diente, einen (Rohstoff-) armen Staat mit einer funktionierenden Wirtschaft und minimalsten Verwaltung zu versehen. Das Preußentum hielt allerdings nicht lange oder nur vermindert an. Wenn man sich die ethischen Maßstäbe Herrn Bosselmanns zur Bewertung linker parasitärer Totalitarismus-Gier anschaut, so sind diese nicht global, eher identitär deutsch, spezifisch preußisch. Auch der Aufstieg Bayerns in der Bonner Republik basiert auf der importierten Saupreißen-Kultur durch König Franz-Josef I von Bayern.

Notenbanken sind sie größte Macht auf Erden, leider ist deren Politik nur abstrakt zu verstehen. Wenn man Notenbank-Politik einigermaßen verstanden hat, macht sie die Divergenz zwischen links und rechts, ganz schlicht im philosophischen Sinne, am deutlichsten. Gerade hier auf SiN mit seinen vielen akademischen Spezialisten, macht sich leider der Mangel an diesbezüglicher Kompetenz mit der größten irdischen Macht bemerkbar. Man verliert sich gerne in ganzen Büchern mit nebensächlicher Betrachtung. Ich kann mir gut vorstellen, daß Herr Bosselmann in der Lage ist, mit Seiner Schreibkunst dieses eminente Thema den rechten Avantgarde-Protagonisten näher zu bringen.

Ratwolf

17. August 2019 18:12

Betrachtet man die Geldflüsse, dann spaltet sich die Gesellschaft in Einzahler und Genießer des erwirtschaftenden Geldes.

Die Einzahler sind leicht zu beschreiben.
Es sind Menschen und Firmen, welche einen Teil ihres erwirtschafteten Geldes abgeben.

Bei den Genießern ist es schwieriger.

Dort gibt es zunächst die Armen.
Sie können zum Teil nicht anders.
Oder sie haben keine Chance zu Einzahler zu werden.
Ihr Genuß ist aber sehr begrenzt.
Sie bekommen gerade genug, um zu leben.
Und sie müssen die begrenzten Mittel in Zukunft auch noch mit den zahlreich importierten fremden Menschen teilen, bis möglicherweise sogar das System zusammenbricht

Dann gibt es die Angestellten und Beamten, welche für den ordnungsgemäßen Betrieb eines Staates mit seinem Gemeinwesen absolut notwendig sind. Sie verdienen nicht schlecht. Die Arbeitsbedingungen werde aufgrund der Knappheit des Geldes und aufgrund von Fehlentscheidungen aber immer schlechter.

Und dann gibt es den luxuriösen Überhang.

Von den zahlreichen Überhangmandaten, über Generforschern, hochbezahlten Mitarbeiter von Vereinen wie Miteinander e.V., der vielen Amadeus-Antiono-Stiftungen, den Opern, Museen und Konzertsälen, den Beiräten, den Asylkosten für Asylbetrüger, Kosten für Ukraine, Afghanistan und IWF, für den falsch geplanten Euro oder die EU, etz

Zu guter Letzt gibt es noch die Kosten für Fehler aus früheren Entscheidungen der Mandate und "Überhangmandate". Hier haben Politiker, welche dazu nicht geeignet waren, teure Fehler gemacht. Hierzu zählen auch Entscheidungen, welche unserem Land von Außen durch eine größere Macht oder nicht wahrgenommener Souveränität unsererseits, aufgezwungen wurden.

Ratwolf

17. August 2019 18:14

"Ein allseits bekanntes, ein zudem banales Sprichwort; wir nicken es ab."

Wer schweigt, stimmt zu.
Wer einen Einspruch erheben will, sollte in seiner Partei des Vertrauens bemerkbar machen oder auf die Straße gehen, um dort Radau machen.

Heino Bosselmann

17. August 2019 20:39

@ Thomas Martini

Sehr geehrter Herr Martini,

haben Sie wiederum vielen Dank für Ihre wache Aufmerksamkeit. –

Zum Kern Ihres Einwandes: Tatsächlich ging ich in meiner Diskussionsvorlage hier von einem eher, nun ja, klassischen Kapitalismus aus, der für sich ja bereits genug Kritik auslöste und gewissermaßen die Arbeiterbewegung als eines seiner Produkte erschuf, die ihrerseits die Welt veränderte. Ich bin sogar so banausig, meinen zu wollen, daß an sich schon immer Kapitalismus war, solange Mehrwert geschaffen und angeeignet wurde, solange es Produktion und Handel gibt, so lange Arbeit und Gewinn verteilt wurden. Auch der Sozialismus stellt m. E. eine eigenwillig verwachsene Variante des (Staats-)Kapitalismus dar. Er erwies sich letztlich nicht als viabel. Was indessen den vielbeschrienen „Neoliberalismus“ betraf, der gern als ein schlimmes Gespenst und Ausgeburt der Dekadenz aufgerufen wird, so gebe ich zu bedenken:

Ist es nicht so, daß es ihn – wer immer Agens dieses „Neoliberalismus“ sei, ob nun angelsächsischer Provenienz oder nicht – gar nicht gäbe, würde er nicht Bedürfnisse bedient haben und bedienen, die es nun mal gibt? Hier vermisse ich die ansonsten von der Linken immerfort beschriene Dialektik. Der „Neoliberalismus“ sitzt nicht irgendwo als ein böser Fantomas, der die Weltherrschaft an sich reißt, er ist eine Ausformung im System gesellschaftlicher Bedürfnisse; er – wenn man ihn überhaupt figurieren kann - bediente, was Menschen in ihrer Existenzweise als Konsumenten an Bedürfnissen entwickelten. Sonst gäbe es ihn gar nicht. – Gut, Sie werden rufen: Dann muß das politisch aber endlich mal kraß geregelt werden! Mag sein. Aber das ist dann ein anderes Thema, etwa um die Frage, was sich überhaupt und wie regeln läßt.

Ihr Absatz:

„Die gewaltige Mehrheit des Volkes, ob rechts oder links, wir sind unten und verpflichtet, die Privateigentumsorgien einer überschaubaren Clique von Super- und Ultrarreichen auszubaden. Die autochthonen Gesellschaften in den westlichen Demokratien sind Opfer von menschlichen Raubtieren, deren Gier und Gefräßigkeit keine Grenzen kennt.“

Tragen nicht die teils nun mal in sich schon maßlosen Bedürfnisse der „gewaltigen Mehrheit des Volkes“, das sie hier vielleicht etwas romantisieren, gerade dazu bei, daß diese „Clique von Super- und Ultrareichen“ ihre immensen Gewinne einfährt? Hier die Täter, dort die Opfer, hier der redliche Otto Normalverbraucher, dort der böse Joseph Ackermann? Hier die kleinen Fische, dort die Haie? Wie bei Brecht? Oder kann man es nicht so sehen, daß die anthropologisch konstante Gier der Kleinen nun mal jene Bedürfnisse bedingt, die erst jene fragwürdige „Wertschöpfung“ ermöglicht, die zum einen den Planeten auffrißt und zum andern den Großen, etwa den Shareholdern, die Tasche solange füllt, bis der Planet dann mal durchverdaut ist?

Aber die „Heuschrecken“!, werden Sie mit dem Sozialdemokraten Müntefering sagen. Bedenken wir, wer in den Neunzigern bereit war, sein Geld – in welcher Form auch immer – von den Hedgefonds einsammeln zu lassen, in der Hoffnung auf seinen erklecklichen Teil am großen Reibach. Ohne darüber nachzusinnen, wessen Existenz davon vernichtet wird, solange es bloß nicht die eigene Existenz ist. Apropos Brecht: Den faszinierte der Zusammenhang von Verbrechen und Kapitalismus, weil das Verbrechen nun mal eine Konstante wie der Kapitalismus ist. Mit der Herauszeichnung der Guten hier und der Bösen dort kommen wir nicht weiter, wenn wir nicht ideologisch werden wollen. Oder moralisch. -

Mehr als das Problem zwischen den vermeintlich guten Kleinen und den vermeintlich bösen Großen, die ich in so märchenhaft klarer Trennung nirgendwo wahrnehme, interessiert mich der fatale systemische Zusammenhang zwischen beiden. Daraus entsteht der Kapitalismus.

Ich selbst bin intellektuell tatsächlich so eng gestrickt, davon auszugehen, daß a) alle Politik in Anthropologie gründet und b) alle Politik wie alle Gesellschaft Kommunikation ist, also Sprache, bestimmt von Worten, Grammatik und Syntax. Und schon beim Stil und bei den Konnotationen beginnen die Selbst- und Fremdmanipulierungen, die aufzuklären durchaus eine beinahe Wittgensteinsches sprachkritisches Verfahren erfordert. Um danach zu sehen, daß es ohnehin läuft, wie es immer lief, nur mit noch größerem Besteck und schlimmeren Verheerungen in noch krasserem Tempo. Das ist schwer auszuhalten. Manchen hilft es mitzumachen und hedonistisch zu mitzunehmen, was auf Teufel komm raus nur geht, anderen helfen Kontemplation, die Kunst, die Musik, die Stoa oder Schopenhauer.

Letztlich nur kurz zu Ihrer Gewohnheit, mir gegenüber privat zu werden: Machen Sie sich um mich keine Sorgen, denn ich sehe meine übersichtliche Chance darin, mit möglichst wenig Anhaftung und daher mit schmalem ökonomischen und ökologischen Fußabdruck zu leben und eben anderen Präferenzen zu folgen als der berechenbare Modellkonsument. Meine Bedürfnisreduziertheit im Materiellen ist geradezu staatsfeindlich, weil wachstumshemmend. Dennoch achte ich Otto Normalverbraucher! Er ist, wie er ist: Normal eben, auch normal liebenswert. - Die Geschichte seit der Wende und die sozialen Probleme haben meine wie jede andere Biographie beeinflußt, und zwar gravierend; es geht nichts an mir vorbei. Nur vermeide ich in meinen Beiträgen, wie Sie bereits wissen, die erste grammatische Person, weil ich auf SiN keine Protokolliteratur über meine Befindlichkeiten zu liefern habe.

Herzlicher Dank. Händedruck. -

LotNemez

17. August 2019 22:18

Habe den Text noch gar nicht richtig angefangen, da platzt mir schon die Galle. "Die führenden Politiker der Linken und der Grünen sind allesamt Moralisten. Der Kapitalismus gilt ihnen als ungerecht, weil er wegen seiner proble...." Häää? Der Kapitalismus gilt den den Grünen als ungerecht? Wissen das die Grünen schon? Natürlich ist der Kapitalismus ungerecht. Hauptsächlich, weil er die Menschen zu zerstörerischen Selbstsoptimierungsprozessen nötigt, sie vereinzelt, ihre Wurzeln, Traditionen, Familien zerstört und sie der Konkurrenz billiger Fremdarbeiter im eigenen Land aussetzt. Der Kapitalismus hatte immer die Tendenz, alle Schranken und Grenzen zu beseitigen, die dem freien Verkehr seiner Interessensobjekte im Weg stehen. Und das macht ihn zutiefst antiidentitär. Aber all das ist doch den Grünen egal, schlimmer noch, die begrüßen diese Folgeerscheinungen und wissen den Kapitalismus deshalb auch als ihr bestes Pferd im Stall zu schätzen. Und zwar noch vor dem sog. Kulturbolschewismus. Die Grünen sind die neuen Genossen der Bosse. In ihrer Parteikasse klingeln die Spenden hiesiger Kartelle. Es kommt immer wieder vor, dass Rechte die Grünen mit antikapitalistischen Altlinken vergleichen und sie damit sträflich verharmlosen. Ich wage eine andere These: Grüne sind machtgeile Psychpathen, die ihr apokalyptisches Sendungsbewusstsein lediglich heucheln, um im Fahrwasser dieses Heilsbringertums eine Art Ökokapitalismus zu errichten. Durch diesen wird es möglich sein, den kleinen Mann zu schröpfen wie nie zuvor, da er sich von ihrer Klimasünde loszukaufen muss und auch wollen wird. Die Nachfrage (nach Sündenablass) bestimmt das Angebot (z.B. in Form von Emissionsguthaben). Man liest auch oft den Begriff Ökofaschismus. Das passt sehr gut, da Moussolini selbst den Faschismus als perfekte Verschmelzung von Konzernen und Staat beschrieb. Nichts wünscht sich der Kapitalist mehr, als sich die Machtfülle des Staates vollens anzueignen. Und nichts wünscht sich der Grüne mehr, als aus Deutschland eine seelige Insel des Ökokapitalismus zu machen. Also bitte, die Grünen sind alles mögliche, aber sicher nicht antikapitalistisch.

Andreas Walter

18. August 2019 05:17

Spannweite, Bandbreite.

Besser als in folgendem Film kann man den Unterschied zwischen Konservativismus und Moderne (welcher Art auch immer) kaum deutlich machen.

Selbst der nicht entfernte “westliche“ Werbeblock von Minute 29:30 bis 33:20 ist darum für die und in der Gesamtbetrachtung ein Augenöffner. Aus dem Grund sollte man auch mit dem Reporter Bill Weir aus den VSA von Anfang an etwas nachsichtig sein, doch auch er ist eben authentisch:

https://youtu.be/lQy_SESY2ls

P.S.: Dokumentationen auf YouTube mit dem Namen “Bhutan: Das Geheimnis des Glücks ( Doku )“ gibt es übrigens drei unterschiedliche. Viel “Material“ also, um auch unterschiedliche Reportagekultur, westliche Sicht- und Umgangsweisen zu studieren. Wobei Asiaten genauso rücksichtslos sein können, je nach Konditionierung oder Erfahrung.

Amos

18. August 2019 09:24

Warum „pervertierter Jakobinismus“?
Die Linie von der französischen Revolution bis zu den Khmern ist doch durchgängig. Die jeweils das Paradies versprechenden Ansätze gehen ja vom Menschenbild der Aufklärung aus: Der Mensch ist gut und sein Streben nach Glück gerecht. Für alle realitätsfernen Schwarmgeister seither sind lediglich die bestehenden Verhältnisse zu beseitigen und das irdische Himmelreich tritt ein. Statt eines nüchternen Blicks auf die Realität und insbesondere die Realität des Menschen ist deshalb die Verschwörung Krücke jeder linken Welterklärung. Die "bestehenden Verhältnisse" haben Profiteure, die aufgrund von Gruppenzugehörigkeit, Tradition, oder vielleicht mit Blick auf den eigenen Vorteil, vielleicht aus Gier das System tragen. Dass hier immer auch ein Selbstwiderspruch vorliegt, denn woher kommt denn die Gier, wo doch alle Menschen "gut" sind, kümmert nicht weiter, weil unterschieden wird zwischen "Menschen" und den Feinden des Fortschrittes, den Repräsentanten des Systems, des "ancien regime", der "Bourgoisie", der "Konterrevolution".
Mit solchermaßen Entmenschten kann, für eine gerechtere Welt, natürlich nach Belieben verfahren werden, denn sie stehen ja dem Menschheitsglück selbst im Wege! Deshalb ist die Linke auch nicht fähig aus dem 20 Jahrhundert auch nur eine Lehre zu ziehen. Auschwitz, das waren die faschistischen Konterrevolutionäre, der Gulag lediglich ein „handwerklich“ schlechter Umsetzungsversuch der großen Menschheitsbeglückung. Die eigentliche Lehre würde aber lauten: Menschen sind zu so etwas fähig, das ist Bestandteil der menschlichen Natur. Wie die Erkenntnis der eigenen Sterblichkeit klug macht, so sollte es die Erkenntnis der eigenen Fähigkeit zum Bösen. Gerade das Leugnen dieser Fähigkeit, die Verweigerung dieser Erkenntnis führt zur bequemen Anklage anderer, zum Denken in Verschwörung und Verdacht und ist damit sozusagen schon die Rutschbahn ins Verderben.
Konservative Basisarbeit muss sein, immer wieder diese realistische Anthropologie der Schwärmerei entgegen zu halten. Den Leuten, die allen Ernstes und in der Dreistigkeit ihrer geistigen Schlichtheit utopistische Projekte wie "open borders", "Grundeinkommen" oder eine Energiewende ohne Physik fordern, müssen wir weiter raten mit ihren Visionen zum Arzt zu gehen, auch wenn's nervt.

LotNemez

18. August 2019 10:03

Hach, ich liebe einfach den Pluralismus in diesem "Tagebuch der wahren, guten und schönen Rechten". Mein heutiger Lieblingskommentator ist Thomas Martini.

"Bei Heino Bosselmann sucht man intellektuelle Redlichkeit vergebens. Es sind zu einem Großteil keine stichhaltigen Argumente, die er als Stütze seiner Beiträge verwendet. Was den Leser stattdessen erwartet, ist ein Grobgedackt des Obsoleten, bei dem die Absicht, irgendwie gegen Links zu tönen, alles andere überstrahlt."

Grundsätzlich haben Autoren der Sezession ja einen hohen Vertrauensbonus. Den muss man erstmal verspielen. Martinis Formulierung stimme ich deshalb nur ungern zu, aber sie trifft für mich ins Gold. Herr Bosselmann, das ist pi-news-Niveau. Sie können mehr!

Simplicius Teutsch

18. August 2019 10:30

Bin überrascht über die teilweise (unangebracht) herbe Kritik an dem Beitrag von Heino Bosselmann. Ich empfand seinen historisch verankerten Erklärungsansatz zu den (grün-)linken, dummgescheiten, intoleranten Moralfanatikern nachvollziehbar, erhellend und gut geschrieben. Bin bei der Bosselmann-Lektüre allerdings vorgestimmt gewesen durch den Artikel „Sieben Thesen über den Konservatismus“, 1976, von Gerd-Klaus Kaltenbrunner, in der letzten Sezessions-Ausgabe Nr. 91.

„Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er zum Tanzen aufs Eis.“ - Das scheint mir eine menschliche Verhaltenskonstante zu sein. Wenn sie allerdings zum rauschenden Volksfest ausartet, kann es sein, dass das Ergebnis nicht nur lustig wird, weil etliche auf dem glatten Eis herumpurzeln und sich ein paar Knochen brechen, sondern das ganze Eis einbricht. - G.-K. Kaltenbrunner läßt grüßen.

Bei den „Eseln“ habe ich spontan an die moralgetränkten, klimagerechten Fridays-for-Future-Schulschwänzer und an die Grenzwertfanatiker und radikalen Auto-, Diesel- und Plastikfeinde gedacht; und nach kurzem Überlegen an die Welcome Refugees-Klatscher und an die verantwortungslosen No Border-Menschenrechtsapologeten.

Thomas Martini

18. August 2019 10:36

Spannungen:

„Oswald Grübel rechnet mit Minuszins-Irrsinn ab
Deutscher Banker wütet: "Selbst der Dümmste erkennt, dass hier nur Geld gedruckt wird"“

„"Minuszinsen über längere Zeit zerstören das Vertrauen in die Währung – das ist gar keine Frage, denn selbst der Dümmste erkennt, dass hier nur Geld gedruckt wird, ohne dass es zu etwas führt", so Grübel.“[1]

Das verleitet die Anleger weiterhin in Immobilien, Aktien oder Gold zu investieren.

Die neoliberalen Fettsäue, deren Geldspeckpolster seit Jahren aus allen Nähten platzen, lässt Grübel wohlweislich unerwähnt. Vielleicht muß er das aus Selbstschutzgründen. Daß seine Formulierung nur den „Dümmsten“ erfasst, sollte einem Rechtsintellektuellen jedenfalls zu denken geben? Denn selbstverständlich vermehrt das Geld drucken den Reichtum der Anleger, Investoren, und Finanziers - Gott, wie ich dies Wort liebe -, das Privateigentum wächst rapide, wohingegen die Öffentlichkeit schleichend enteignet wird.

Diese tragische Entwicklung zeitigt hier und heute bereits mannigfaltige Probleme in allen Lebensbereichen, die in ihrem katastrophalen Ausmaß kaum noch zu durchdringen sind. Schlimm ist, daß dieses Schweinesystem bestimmten Leuten in die Karten spielt. Man profitiert mit, es fällt genügend vom Kuchen ab, wenn man selbst bereit ist, zu „investieren“.

Wer indes Gewinn macht, der wird naturgemäß den Verlust fürchten. Daraus ergeben sich die derzeitigen Spannungen auf den Fluren der Wall Street, City of London und unserer Bankencity Frankfurt.

„Wer kann, flüchtet mit seinem Geld in Immobilien. Deren Preise und Mieten steigen. Die Altersvorsorge für Millionen Menschen schmilzt wie Schnee in der Sonne. Sozialversicherungen, Pensionskassen und Stiftungen verlieren jeden Tag viel Geld und damit Leistungsfähigkeit. Jahrzehntelang haben wir Deutschlands Kindern beigebracht, dass Sparen sinnvoll ist, weil man für schlechte Zeiten in Krisen vorsorgen muss. Sie schleifen diese Kultur. Das alles kann langfristig nicht gut enden.“[2] - Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis in einem offenen Brief an EZB-Präsident Mario Draghi.

Was heißt denn gut enden? Aktuell steuert die Eurozone mal wieder auf eine Rezession zu, und die deutsche Wirtschaft ist im letzten Quartal sogar offiziell geschrumpft.

„An den Finanzmärkten lässt sich alles vermessen, auch die Angst. In diesen Tagen dreht sich dabei alles um die Zahl 80. Genau dort verläuft eine wichtige Unterstützungslinie beim europäischen Bankenindex EuroStoxx Banks. In den düstersten Tagen der Finanzkrise hat die Marke gehalten, und sie hatte Bestand in der europäischen Schuldenkrise. Auch drei Jahre später, als ein unerwarteter Konjunktureinbruch in China die Welt in Turbulenzen stürzte, hielt die 80. Nun steht der Bankenindex wieder an der alles entscheidenden Schwelle. Sollte der Chart nach unten durchbrechen, erwarten nicht wenige Experten eine Kernschmelze bei Bankaktien, eine Art Lehman-Moment.“[3]

Die große Frage wäre nun, inwieweit es Linke, Sozialisten und Grüne sind, die hier in Verantwortung stehen? Handelt es sich bei den feinen Herren der Finanzwelt á la Gordon Gekko etwa um Sozis?

Wer Linken die Leugnung der Realität und Lebenslügen nachsagt, wäre gut beraten, sich selbst zu prüfen. Mir scheint, daß diese Fähigkeit nicht unbedingt zu den großen Stärken mancher rechter Sturköpfe gehört.

Quellen:

[1]https://www.focus.de/finanzen/boerse/oswald-gruebel-rechnet-mit-minuszins-irrsinn-ab-weniger-wachstum-ist-die-zukunft-banker-oswald-gruebel-wiegelt-negativzins-keule-ab_id_11042777.html

[2]https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2019-08/47445752-sparkassenpraesident-erhebt-schwere-vorwuerfe-gegen-ezb-chef-003.htm

[3]https://www.welt.de/wirtschaft/article198683079/Banken-Experten-fuerchten-Kernschmelze-bei-Bankaktien.html

limes

18. August 2019 11:40

Heino Bosselmann schreibt: »Es stimmt, Kapital verschafft Macht und ermöglicht immense Gewinne, allerdings im Risiko der Verluste, für die Verantwortung übernommen werden muß.« Das stimmt heute nicht mehr, und darin liegt wohl eine der Ursachen für die gegenwärtigen Probleme. Welche Verantwortung übernimmt jemand, der mit Hedge-Fonds oder Cum-Ex-Geschäften immense Gewinne einstreicht?

Zu kurz gegriffen erscheint mir auch Bosselmanns Darstellung: »Das Wesen des Kapitalismus liegt im privaten Eigentum, insbesondere an Produktionsmitteln. Damit wird Profit erzeugt, vor allem durch das Herstellen von Gütern, die wiederum den Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen …« Hier bleibt das Eigentum an Produktionsmitteln unerwähnt, die zur Herstellung von öffentlicher Meinung eingesetzt werden, zur Schaffung von »Einstellungen«, zur indirekten Steuerung von Wahlergebnissen letzthin. Der Einsatz von Influencern wie Rezzo und Greta, der Einsatz von NGOs wie Open Society Foundations oder Bertelsmann-Stiftung, das Medien-Imperium der SPD und auch die Machenschaften von Google machen dies deutlich, die unlängst vom mutigen Whistleblower Zach Vorhies aufgedeckt wurden.

Und was die Bedürfnisse der Konsumenten angeht, so werden diese zunehmend künstlich erzeugt, wobei das Eigentum an Produktionsmitteln zur Meinungserzeugung wiederum eine wesentliche Rolle spielt.

Der Kapitalismus ist halt auch nicht mehr das, was er mal war.

Simplicius Teutsch

18. August 2019 14:23

Ist das alles kompliziert!

- OK, den realexistierenden Kapitalismus (Einzelne oder ganze Heuschreckenschwärme mästen sich aufgrund geschickt hergestellter finanz- und steuertechnischer oder Opferstatus-Strukturen parasitär am Allgemeingut) kann sich kein Rechter als gesellschaftlichen Idealzustand wünschen. Und Draghi ist sicher kein Rechter, sondern macht linke Umverteilungspolitik zu Lasten der Fleißigen und Sparsamen.

Persönlich meine ich dazu nur schlicht: Leistung muss sich lohnen, und Faulenzer sollen erstmal die Klappe halten. Ansonsten nicht kleinlich sein und keine aufdringliche (oder in die Privatsphäre eindringliche) Inquisition. Aber asoziale Schwerkriminelle an die Wand. Da bin ich sogar relativ chinesisch in meiner Einstellung. - Also, von wegen fremdenfeindlich!

heinrichbrueck

18. August 2019 14:39

„Der „Neoliberalismus“ sitzt nicht irgendwo als ein böser Fantomas, der die Weltherrschaft an sich reißt, er ist eine Ausformung im System gesellschaftlicher Bedürfnisse; er – wenn man ihn überhaupt figurieren kann - bediente, was Menschen in ihrer Existenzweise als Konsumenten an Bedürfnissen entwickelten.“

Auch wenn es so ist, kann dieses Zusammenspiel in anderer Form gehandhabt werden. Es kommt immer darauf an, wer die Macht hat. Die Vorgaben schufen zuerst das Zusammenspiel, nicht umgekehrt. Dazu eine interessante Reihe: https://nuada1111.wordpress.com/2019/03/23/die-geschichte-des-geldes-teil-3/

Franz Bettinger

18. August 2019 17:32

@Bosselmanns Begriff der Normalität, über die Zahl bzw. die Mehzahl definiert, bezeichnet das Selbstverständliche, das nicht mehr erklärt werden muss. Dazu zählten in der Geschichte der Menschheit jedoch auch Vorstellungen wie der Hexenwahn oder der Herrenmenschen-Wahn. Wenn der Wahn vorüber ist, schütteln die vermeindlich Normalen den Kopf vor Entsetzen und sehen den Unsinn ein. Manche Wahnbilder herrschen weiter oder immer noch: Churchills oder Roosevelts Reden waren nicht weniger wahnhaft als die Reden eines Goebbels, aber da es der Wahn der Sieger war, herrschte er fort und hat mmer noch Gültigkeit. Und es gibt neue Pseudo-Normalitäten wie de Klima-Wahn und den Willkommens-Wahn, Furz-Ideen, die von Mehrheiten der Bevölkerunge geglaubt werden. Eine andere, bessere, obgleich schwerer zu fassende Definition von Normalität ist, sie als ein erwünschtes, akzeptables und bekömmliches Verhalten aufzufassen. Fast möchte ma von gesundem Volksempfinden sprechen. (Ein bisschen schwammig, ich weiß. Vielleicht kann es jemand besser.)

Gracchus

18. August 2019 21:21

Der bisher schwächste Bosselmann. Martinis Rage nur allzu verständlich. Man ersetze Kapitalismus durch Globalismus im Text, und das geht ohne große Bedeutungsverschiebung, und dann hat man den Salat. Die Spannungen kommen nicht daher, dass die Grünen umverteilen wollen - wo wollen die das überhaupt? -, sondern daher, dass die globalen Verteilungskämpfe härter werden, daher rührt auch der Erfolg der "Populisten" in anderen Ländern.

Andreas Walter

18. August 2019 21:30

Letztendlich sind Kapitalismus und Kommunismus nichts weiter als die monetären beziehungsweise eigentumsrechtlichen Entsprechungen für Entropie und Negentropie.

Also einem gehört alles Gold der Welt oder allen gehört ein 7,6 milliardstel Bruchteil allen Goldes im Bezugsraum, Betrachtungsraum Planet Erde.

Wobei auch schon Besitz und Verfügungsgewalt reichen, um über die Verwendung zu entscheiden.

Konzentration und Diffusion/Dispersion/Dilution, für alle, die es physikalisch greifbarer mögen. Der Greif(-vogel), greifen, kriegen, Krieg, rauben, Raubtier, Räuber. Kein Land, mein Land oder dein Land. Nomaden versus Bauern, Besitzer, Benutzer, Besetzer versus Eigentümer versus Habenichtse.

Eine reine philosophische betrachtung aleo

Thomas Martini

18. August 2019 22:18

"Tragen nicht die teils nun mal in sich schon maßlosen Bedürfnisse der „gewaltigen Mehrheit des Volkes“, das sie hier vielleicht etwas romantisieren, gerade dazu bei, daß diese „Clique von Super- und Ultrareichen“ ihre immensen Gewinne einfährt? Hier die Täter, dort die Opfer, hier der redliche Otto Normalverbraucher, dort der böse Joseph Ackermann? Hier die kleinen Fische, dort die Haie? Wie bei Brecht? Oder kann man es nicht so sehen, daß die anthropologisch konstante Gier der Kleinen nun mal jene Bedürfnisse bedingt, die erst jene fragwürdige „Wertschöpfung“ ermöglicht, die zum einen den Planeten auffrißt und zum andern den Großen, etwa den Shareholdern, die Tasche solange füllt, bis der Planet dann mal durchverdaut ist?" H. Bosselmann

Das ist letztlich eine Frage, mit wem man sich gemein machen will, und wer einem näher steht. Der sogenannte Otto Normalverbraucher, in Summe das Volk, oder eben die - was" Finanziers" noch locker toppt: - Share- und Stakeholder.

Hat aber alles nichts damit zu tun, daß die Welt in ein angelsächsisches Wirtschaftssystem gepresst wurde seit Bretton Woods.

Der anthropologische Ansatz mag für intellektuelle Kaffekränzchen gut geeignet sein. Wo man Spengler bespricht. Da stellt man schließlich auch nicht das System in Frage?

Bei den menschengemachten, vielfach simulierten und künstlich hergestellten "Krisen", für die immer die Allgemeinheit bluten muß, sind derlei Erklärungsversuche schlichtweg an der Realität vorbei.

Ansonsten, lieber Herr Bosselmann, nichts für ungut.

Andreas Walter

18. August 2019 22:21

Letztendlich sind Kapitalismus und Kommunismus nichts weiter als die monetären beziehungsweise eigentumsrechtlichen Entsprechungen für Entropie und Negentropie.

Also einem gehört alles Gold der Welt oder allen gehört ein 7,6 milliardstel Bruchteil allen Goldes im Bezugsraum, Betrachtungsraum Planet Erde.

Wobei auch schon Besitz und Verfügungsgewalt reichen, um über die (Mittel-)Verwendung zu entscheiden.

Konzentration und Diffusion/Dispersion/Dilution, für alle, die es physikalisch greifbarer mögen. Der Greif(-vogel), greift, will kriegen, Krieg, Raub, Raubtier, Räuber. Kein Land, mein Land oder dein Land. Nomaden versus Bauern, Besitzer, Besetzer und Benutzer versus Eigentümer versus Habenichtse.

Eine reine philosophische Betrachtung also, die in der Wirklichkeit so (extrem) aber nicht auftritt, ausser im Krieg bei einseitigem Sieg, bedingungsloser Kapitulation, Unterwerfung.

Wo alles allen oder nur einem gehört braucht man keine Grenzen mehr. Das All und das Eins ist eben das Gleich. Nur diese verdammten Nazis wollen das nicht verstehen, wollen immer und überall ihr eigenes Land, sich abgrenzen, wenn das nicht schon hohe Berge, eisige oder heisse, grosse Wüsten, dichte, weite Wälder machen oder breite Flüsse und Ozeane.

Be-greifen und ver-stehen. Die Hand und der Verstand. Oder doch die Füsse, mit den Füssen?
Was "sagt", "denkt" dazu mein Bauch? Oder der Volksmund? Gleich und Gleich gesellt sich gern.

Franz Bettinger

19. August 2019 02:12

@Alle: Insgesamt kam doch Einiges bei der Diskussion raus. Deshalb bin ich Herrn Bosselmann dankbar für seine Überlegungen, seine Anstöße und schönen Metaphern. Die Wahrheit liegt wie meistens in der Mitte.

@Simplizius: verfranzeltes Kondensat:
Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er zum Tanzen aufs Eis. Das Eis ist gegenwärtig voll tanzender Esel. Ich denke an die hasserfüllte Antifa, die Moral-getränkten Gegen-Nazi-Hüpfer und die Klima-verwirrten Fridays-for-Future-Schulschwänzer. Ich denke an die Grenzwert-Fanatiker und die Auto-, Diesel- und Plastik-Feinde. Zu den tanzende Eseln auf dünnem Eis zählen auch die Bahnhofs-Klatscher, No-Borders-Verfechter und Menschenrechts-Großschwätzer. Ganze Volksfeste finden nebeneinander auf dem dünnen Eis unserer Zivilisation statt. Wann bricht es? Wann kommt die Flut? Inzwischen wissen wir, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht andersherum. Das linke Weltbild ist (auch das wissen wir) auf Lügen gebaut, die historisch immer in die Katastrophe führten. Warum sollte es jetzt anders sein?

DonFrederico

19. August 2019 09:01

Ein außerordentlich kluger und insgesamt sauber durchstrukturierter Artikel, der weniger, wie manche meinen "Links" verteufelt, sondern vor den Gefahren der "wissenschaftlichen Utopie" warnt. Theorie und Praxis klaffen hier wie üblich weit auseinander. Das Perfide der linken Ideologie und Strategie ist wohl, dass sie ihre Ideologie und Ziele nun mit der ökologischen Weltenrettung verknüpfen. Nichts ist so sexy wie die Apokalypse und die Verhinderung dessen.

DonFrederico

19. August 2019 09:19

@T. Martini: "Bei Heino Bosselmann sucht man intellektuelle Redlichkeit vergebens. Es sind zu einem Großteil keine stichhaltigen Argumente, die er als Stütze seiner Beiträge verwendet. Was den Leser stattdessen erwartet, ist ein Grobgedackt des Obsoleten, bei dem die Absicht, irgendwie gegen Links zu tönen, alles andere überstrahlt."
Man fragt sich was derartige Kommentare bzw. Meinungen in einem solchen Forum zu suchen haben bzw. woher Sie das Sendungsbewusstsein für derartige Thesen nehmen. Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen? Derartig aggressiv zu kommentieren zeugt meiner Meinung nach von einer schweren Verbitterung und Wut - worauf auch immer. Lassen Sie diese bitte bei sich und diskutieren Sie nicht bei einem hypertonischen Schub, wenn Sie sich schon intellektuell überlegen fühlen.
Früher unterlagen Kommentarspalten einer bestimmten Zeichenzahl, innerhalb derer man seine Meinung formulieren musste. War auch nicht schlecht!

Laurenz

19. August 2019 09:48

@Thomas Martini ... Ihre Kritik ist nicht angebracht, um es mal mit Maiordomus'schen Worten zu tun, weil Ihnen hier leider die Kompetenz fehlt. Nicht, daß Ihre Beiträge und die anderer Foristen bezüglich wirtschaftlicher Ereignisse an sich nicht stimmen würden, aber Sie mischen diese wahllos, kunterbunt durcheinander. Eine diesbezügliche ökonomische Analyse ist nicht so schwer, aber sie braucht Zeit, etwas, was Herr Bosselmann hier nicht hatte, wenn Er uns Leser hier nicht langweilen will.
Zitat, Thomas Martini- Wer kann, flüchtet mit seinem Geld in Immobilien.-Zitatende

Diese Aussage ist schlicht falsch. Niemand flüchtet in Immobilien. Die Mieten und Immobilien-Preise steigen wegen der Nachfrage der öffentlichen Hand zugunsten von 2 Mio. Invasoren im unteren Preissegment. Und die 0-Zins-Politik bringt Investoren auf den in Europa einzigartigen Miet-Rendite-Markt Deutschland, was ebenso Preisdruck erzeugt. Weiterer Preisdruck entsteht durch die verlangsamte Digitalisierung der Peripherien und des ländlichen Raums durch die Bundesregierung. Trotz bereits hoher Preise in unseren Großstädten, bringt ein Investment in großstädtische Immobilien immer noch eine Rendite von knapp 3%, das ist wesentlich mehr, als jede Bank zahlt.
Was hier passiert ist, ist ein historischer Prozeß, weil linke deutsche Regierungen, im Gegensatz zu Rest-Europa nicht für Wohneigentum gesorgt hatten, und mit Masseninvasionen, verschleppten Infrastruktur-Maßnahmen, opportun kranker bolschewistischer Geldpolitik einen jeglichen Markt ins Unkenntliche verzerren. Wir befinden uns in oligarcher Planwirtschaft, quasi eine europäische Ukrainisierung Deutschlands, ähnlich der Arbeit der staatlichen ehemaligen Treuhand in den Neuen Ländern. Dasselbe passiert auch in Rußland.
Im Grunde ist das gut für uns, denn die Erzeugung von Weimarer Verhältnissen bringt uns Wahlerfolge, ganz egal, was die Staatsmedien an permanentem Unfug publizieren.

zeitschnur

19. August 2019 09:57

Man hätte hier klären müssen, was man unter "Kapitalismus" versteht. Der Gedankenführung im Artikel liegen einander widerstrebende Definitionen zugrunde, und daher ist die Argumentation in sich gebrochen:

1. Wogegen sich sowohl politische Rhetorik als auch vollkommen ernsthafte klassische linke Kritik derzeit richtet, ist der Finanzkapitalismus, der die Welt zugrunde richtet und eine Welt schafft, in der man mit Idealen und Leistungsbereitschaft eben gerade nichts mehr erreicht. Es ist wichtig, das zu erkennen: hier wirken zwei völlig verschieden motivierte Kritiker eben gerade nicht unbedingt zusammen! Dieser "Kapitalismus" schafft eine Welt, in der es Ideal wird, nicht mehr zu arbeiten, sondern das Geld für sich arbeiten zu lassen, der Unproduktivität und Sklavenhalterdenken belohnt und Arbeit und Produktivität bestraft. Dieser Kapitalismus kommt ohne einen repressiven Staat nicht aus, der ihn und den er mutual symbiotisch stützt (andernfalls bräche er sofort zusammen) und wird von sehr vielen als eigentlich völlig kompatibel mit dem Kommunismus angesehen. Es ist aufschlussreich, dass auf der doch geradezu himmelschreiend kapitalistisch geführten letzten Bilderberger Konferenz die „Abschaffung des Kapitalismus“ mit auf dem Programm des zu Diskutierenden stand und auch die FFF—Bewegung das Thema verdächtig deutlich ins Gespräch bringen will. Nur Herr Bosselmann: diese „Kapitalismuskritik“ kommt doch bezeichnenderweise von den Finanzeliten und ihren Puppen — was muss man daraus also schließen?

2. Im Artikel schimmert der liberale oder besser gesagt libertäre Begriff "Kapitalismus" hindurch, der vollkommen freie Marktwirtschaft annimmt, die aber, um eben nicht im Kommunismus bzw dem alten Feudalismus unter der Herrschaft einiger weniger Erzeuger von Fiatgeld zu landen, konsequent privatrechtlich bleiben müsste und im letzten Ende zur Aufhebung des Staates führen muss. In der libertären Literatur wird daher früh beschrieben (schon bei von Hayek etwa, der Faschismus und Kommunismus als Kinder einer Mutter ansah), wie dieses System tatsächlich in eine Knechtschaft unsäglichen Ausmaßes führen wird und vor unseren Augen auch führt.

3. Was wir als "Kapitalismus" erleben und auch gemeinhin so nennen, ist keine freie Marktwirtschaft. Jeder Freischaffende erlebt es am eigenen Leib, dass sich Leistung nicht lohnt, dass man ausgepresst wird wie eine Zitrone, dass Erfolg sofort in hohem Maß vergesellschaftet wird. Man müsste enorme Umsätze machen, um da noch auf einen grünen Zweig zu kommen. Nicht umsonst sterben seit Jahrzehnten die kleinen und mittelständischen Unternehmen.

4. Eine "Kapitalismuskritik" ist daher vollkommen berechtigt, wenn man damit das Phänomen meint, mit dem wir es aktuell zu tun haben und wenn diese Kritik nicht von denen ausgesprochen wird, die diese Zustände verursachen und von ihnen profitieren!

5. Der ernsthafte, (naive) alte linke Ansatz (von dem ich nicht sehe, dass er "mitregiert"!) will unbewusst den Teufel mit Beelzebul austreiben, denn der „Kapitalismus“, unter dem wir real leiden, betreibt doch schon längst die Verstaatlichung der Produktionsmittel, weil der Staat - um es einmal zugespitzt zu formulieren - eine Funktion der Finanzeliten ist und im Grunde immer war. Die fast satirische Szene, in der Jesus von jüdischen Gelehrten gefragt wird, ob es erlaubt sei, dem römischen Kaiser (als Besetzer des Heiligen Landes) die Steuern zu verweigern, drückt dies früh aus: Jesus nimmt einen Denar und fragt, wessen "Bild" darauf sei. Das Bild des Kaisers, sagt man. Also, antwortet er, gebt dem Kaiser, was sein (Abbild) ist und Gott, was sein (Abbild) ist. Und das Abbild Gottes ist niemals Geld, sondern der belebte und geisterfüllte, namentlich-persönliche und freie Mensch. Die abendländisch-kirchliche Deutung, es seien hier zwei „göttliche“ Sphären gemeint, ist ziemlich abwegig, wenn man die knappe Erzählung literarisch sauber analysiert: diese Abbildsphäre der Macht („Geld“) ist hier mindestens Antagonismus zur Sphäre Gottes, wenn nicht sogar Gegenwelt. Jesus kritisiert schon den Reichtum als etwas, das vom Himmelreich ausschließt („Kamel“, „Nadelöhr“), also diesen freien, belebten, namentlichen Menschen erstickt. Wieviel mehr dann der Kaiser, das „Urbild“ des toten Machtgeldes!

6. Ergo: Steuern werden, wenn sie nicht der reinen Machtstabilisierung oder dem Lustgewinn des Fürsten oder modern der herrschenden Eliten dienen, IMMER zur Umverteilung missbraucht.

7. Sie kritisieren den Traum davon, dass alle Gewinner sein könnten, Herr Bosselmann. Wem reden Sie damit das Wort? In einem echten libertären Kapitalismus sind tatsächlich alle Gewinner, wenn sie arbeiten, wenn auch nicht alle in gleicher Höhe! Auch hier interessant das Gleichnis Jesu von den drei Knechten, die je unterschiedliche Talente erhalten, aber alle die Möglichkeit und sogar Pflicht erhalten, sie zu vermehren. Der "Kapitalismus", indem wir leben, verhindert aber für fast alle Menschen, hier ihre Talente zu vermehren, nicht anders als der Kommunismus.

8. Dem "Esel" ist es daher eher nicht "zu wohl", sondern man hat aus dem Menschen einen Esel gemacht, ihn zurückgestoßen in die alte Unmündigkeit. Der Esel kennt nur noch Kommunismus und Kommunismus, wobei er den einen "Kapitalismus" und den andern "Kommunismus" nennt. Den "Faschismus"/Neofeudalismus hält er für "rechts", obwohl er faktisch auch Kommunismus ist. Man sollte nicht auf die verblödeten und betrogenen Zeitgenossen hacken, die ohnehin eher bemitleidenswert als kritikwürdig sind. Sie sind NICHT das Hauptproblem, wurden aber zu funktionierenden Problemstabilisatoren umgeframed und mit panem et circenses ruhiggehalten.

9. Es gibt keinen echten Kapitalismus iS eines wirklich freien Marktes, solange es den Staat und Papiergeld ohne Deckung gibt.

starhemberg

19. August 2019 13:32

Sehr geehrter Herr Bosselmann, zuerst bedanke ich mich für Ihren hervorragenden Beitrag. Auch danke ich der SiN dafür, die speziell über Kaiser hier ja auch sehr stark sozialromantische Strömungen darbietet. (Zumindest in meiner, konsequent antisozialistischen, Wahrnehmung).

Nicht überraschend für mich daher die teilweise recht aggressiv daherkommenden Kommentare. Meines Erachtens sollte man einen Begriff wie "Gerechtigkeit" grundsätzlich nicht mit der realen Welt in Verbindung bringen. Es gibt keine "Gerechtigkeit", dies beginnt bereits mit unserem angeborenen Aussehen. Wer sich so danach sehnt, möge sein Heil nach seinem Ableben in einem etwaigen "Paradies" anstreben. Doch solange wir noch unsere Körper durch die Gegend schleppen, ist es das "Recht", welches uns "heilig" sein sollte, und dieses hat nur wenig mit dem Begriff "Gerechtigkeit" gemein.

Ich denke, eine der Hauptunterscheidungen zwischen "Rechts" und "links" ist doch, dass rechtes Denken die Realität wahrnimmt und damit konstruktiv umzugehen versucht. Während linkes "Denken" die Realität zu einer Scheinrealität umdeutet, aus der dann verheerend falsche, utopische Schlüsse gezogen werden. Die immerwiederkehrenden "Resultate" dieser konsequent kindlich-trotzigen Geisteshaltung sind allgemein bekannt.

Es gibt bis dato kein besseres System als den Kapitalismus, das ist ein Fakt. Was allerdings auch ein Fakt ist, zumindest wenn man so wie ich Ludwig von Mises hier als klaren Maßstab ansieht, ist, im "sozialdemokratisierten Hühnervolk" (R.P. Sieferle) der Deutschen gibt es gar keinen "Kapitalismus".
Sondern ein Mischmodell aus freier Marktwirtschaft, staatlichen Eingriffen und sozialistischer Umverteilung, Mises definiert diesen Zwitter als "Interventionismus".

In einem wirklich kapitalistischen System hätte es niemals eine "Bankenrettung" gegeben, wären niemals Hunderte von Milliarden an europäischem Steuergeld in Griechenland versenkt worden, wäre niemals der Euro für so viele Länder gleichzeitig eingeführt worden, und gäbe es auch niemals eine derart gleichgeschaltete Medienszene. Man könnte noch viele weitere Beispiele anführen.

Als überzeugter Rechter bin ich sehr traurig darüber, dass meines Erachtens diese Spannungen zwischen "sozialistischen" und "kapitalistischen" Strömungen im rechten Lager bis auf weiteres nicht abzubauen sein werden.

Ich persönlich kämpfe nicht seit über dreißig Jahren gegen den linken Gleichheitswahn, um dann den Sozialismus über Rechts erst wieder ins Gesicht gespien zu bekommen. Doch ich werde mich im Moment damit abzufinden haben, denn wie angemerkt, ich bin ein Rechter, und habe daher mit der Realität konstruktiv umzugehen. Auch wenn es weh tut.

Schön ist es jedoch, hier auf der SiN eben auch sich manchmal sehr widersprechende Thesen zu lesen. Die angebliche Meinungsfreiheit, über welche die Linken immer brünstig phantasieren, hier ist sie ganz real.

Thomas Martini

19. August 2019 14:36

„Man fragt sich was derartige Kommentare bzw. Meinungen in einem solchen Forum zu suchen haben bzw. woher Sie das Sendungsbewusstsein für derartige Thesen nehmen. Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen?“ - DonFrederico

Die Frage gebe ich gerne zurück, wenn Sie zu der Ansicht gelangten, daß der Artikel „weniger, wie manche meinen "Links" verteufelt, sondern vor den Gefahren der "wissenschaftlichen Utopie" warnt.“

In seinem Beitrag, schreibt Bosselmann von und über „führenden Politiker der Linken und der Grünen...“, „was die Linke immer will“, „die linksgrünen Auguren“, „die linksgrüne Hegemonie“, „Protagonisten der Linken“, „die Linke so dreist wie seit Jahrzehnten“, „die Rechte muß als Reflex auf eine Linke verstanden werden“, „die Linke nach wie vor einer gefährlich positiven Anthropologie“, und „Ursachen in der beachtlichen Kraft der Linken“.

Kurz gefasst: Bosselmann reduziert seine Weltanschauung weitgehend auf eine vertikale Linie, die nur Rechts und Links umfasst. Die horizontale Linie von unten nach oben und umgekehrt, nimmt bei ihm eine untergeordnete Bedeutung ein, bei der nur eine Korrelation von Interesse ist.

Was Bosselmann nichts gilt: Das Interesse des Volkes. Die Masse ist ihm suspekt und verdächtig.

Das Volk allerdings ist der einzige Grund, warum ich hier meine Stimme nach wie vor zu erheben wage. Weil ich bei Sezession im Netz darum kämpfe, daß auch die Stimme des kleinen Mannes gehört wird. Die Stimme des Arbeiters, der weiß, in welchen Umständen man in der Zeitarbeit steckt, wo Gesellen, Männer und Frauen, mit nicht einmal 1000 € netto im Monat für Vollzeitarbeit abgespeist werden. Das einfache Volk trifft man an der Supermarktkasse, beim Bäcker, in den Restaurants, in den Produktionshallen, und keiner dieser Menschen hat „in sich schon maßlose Bedürfnisse“[H. Bosselmann]. Und selbst wenn, sie besitzen nichts und verdienen längst nicht genug, um sich „maßlose Bedürfnisse“ erfüllen zu können.

Gleichzeitig wird dem Otto Normalverbraucher jeden Tag im Fernsehen eine amerikanisierte High-Society-Welt präsentiert, „the Rich and Shameless“. Mein Ansatz wäre es, die Stellschrauben dort, und noch eine Ebene drüber anzusetzen, und nicht Geringverdienern eine Predigt darüber zu halten, daß sie auf zu hohem Fuß leben, mit ihren „maßlosen Bedürfnissen“.

„Der Fisch stink vom Kopf“, sagt der Volksmund. Aber bei Bosselmann stinkt der Fisch von den Flossen her. Und ja, diese Art des Antipopulismus ist mir auch mit mittlerer Reife und mit abgebrochener Berufsausbildung intellektuell gesehen einfach zu schwach.

„Ihre Kritik ist nicht angebracht, um es mal mit Maiordomus'schen Worten zu tun, weil Ihnen hier leider die Kompetenz fehlt. Nicht, daß Ihre Beiträge und die anderer Foristen bezüglich wirtschaftlicher Ereignisse an sich nicht stimmen würden, aber Sie mischen diese wahllos, kunterbunt durcheinander.“ - Laurenz

Das tut mir leid, lieber Laurenz, wenn Sie bei meinen Beiträgen den Überblick verlieren. So zum Beispiel bei der Aussage: „Wer kann, flieht mit seinem Geld in Immobilien“, die nicht von mir stammt, sondern eindeutig als Zitat des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis gekennzeichnet ist.

Sie weisen mir, wie sie es neulich schon mit einem Zitat von Tempranillo aus dem Gelben machten, die Aussage zu, behaupten frech, sie sei falsch, und bringen es in der Folge nicht einmal fertig, mir den Fehler aufzuzeigen.

Die Geldflucht, auf die sie sich bezogen, und die sie bestreiten, ist indes Tatsache, denn kaum ein Mensch lässt größere Geldsummen noch auf dem Sparbuch liegen.

Thomas Martini

19. August 2019 15:50

Vertikal und horizontal habe ich Depp in meinem letzten Beitrag verwechselt, wie passend.

Was mich weiterhin stört, ist der Antrieb, mit dem hier die Gerechtigkeit preisgegeben wird. Wo das geschieht, fällt auch die Rechtschaffenheit.

Sara Tempel

19. August 2019 17:57

@zeitschnur
Danke für Ihre treffende Analyse! - Woher nur, wissen Sie, daß die „Abschaffung des Kapitalismus“ im Programm der letzten Bilderberger Konferenz stand, da diese "Verschwörer" normalerweise nichts veröffentlichen?

Laurenz

19. August 2019 20:03

@Thomas Martini ... Sie wissen haargenau, daß ich Ihnen nicht auf den Schuh treten möchte. Aber eine kleine Provokation provoziert Antworten, und das habe ich ja auch erreicht. Ich weiß nun, wo Ihre Info-Quelle zuhause ist. Sparkassen-Leute sind oft gute Regional-Bänker, aber ich habe sehr oft erlebt, daß sie vom Kapitalmarkt keine Ahnung haben. Ich habe selbst für 2 Landesbanken gearbeitet. Wenn eine Sparkasse schief lag, traf, das gilt genauso für Landesbanken selbst zu, die Schuld immer den Vorstand. Auch da sitzen Parteibücher. Es gibt natürlich auch Parteibuch-Träger, die Plan haben, keine Frage. Hartmut Mehdorn hatte den einzigen mit Ahnung im Deutsche-Bahn-Vorstand und der ihm deswegen gefährlich werden konnte, gefeuert, Thilo Sarrazin. Aber wenn Parteien bisher das Sagen bei einer Besetzung wichtiger Posten hatten, sinkt die Bedeutung der Kompetenz. Ingrid Matthäus-Maier, SPD (vormals FDP) ist Juristin und hat von Finanzen 0 Plan. Ihre Unkenntnis hat die KfW eine Schweine-Kohle gekostet, nicht wegen des Zusammenbruchs der IKB, sondern weil ihr nicht klar war, was eine Bank ist und was ein Banken-Crash, wie der von Lehman Brothers, tatsächlich bedeutet. Den Finanz-Ausschuß im Bundestag zu leiten, ist eben keine ausreichende Qualifikation.
Zurück zur Falschheit Ihrer und des Sparkassenverbands-Präsidenten Aussage. Flucht existiert nur in liquiden Werten, wie im Dax, Bund-Future oder liquiden Devisen, wie Euro, Yen, US$. Bei scharfen Bewegungen nach unten, wollen Leute raus, oder Kasse-Positionen im Falle eines Future-Verkaufs sichern.
Natürlich können in- und ausländische Großinvestoren auf große Immobilien-Fonds relativ flugs zugreifen. Aber so schnell funktioniert auch das nicht. Keiner kauft einfach so einen Immobilien-Fonds, sondern macht sich erst, zumindest mit Hilfe eines Prospekts, über die Objekte im Fonds schlau. Dazu braucht man Leute mit Kompetenz, meist in Vermögensverwaltungen sitzend. Bei einer Rendite von knapp 3% bleibt nicht viel Luft für Ausfall-Risiken.
Sie sehen, von einer Flucht in Immobilien kann keine Rede sein.
Das betrifft übrigens auch nur Investoren, die eigenes Geld investieren. Kapitalsammelstellen, also institutionelle Anleger, wie zB Versicherungen, leiden unter den gesetzlichen Vorgaben. Sie müssen den größten Teil ihres eingesammelten Kapitals in überteuerten europäischen Staatsanleihen anlegen, sonst würde das planwirtschaftliche Model des Super-Mario Draghi überhaupt nicht funktionieren.
Man erkennt das gut daran, daß es überhaupt keine kleinen Anleihen-Stückelungen von 100 oder 1.000 Euro im Retail-Sales mehr gibt. 100k sind meist das minimum. Es kauft ja auch nur ein Idiot Portugal 10 Jahre bei einer Rendite von 0,1 oder 0,2 %. Also Klein-Anleger sind in diesem Fall meist keine Idioten.

Simplicius Teutsch

19. August 2019 21:19

@ zeitschnur,
das ist ein guter Hinweis in Richtung auf die Abart des „Finanzkapitalismus, der die Welt zugrunde richtet und eine Welt schafft, in der man mit Idealen und Leistungsbereitschaft eben gerade nichts mehr erreicht.“

Was muss man bei der Konzeption eines idealen Staates, einer Gesellschaft, einer Wirtschaftsordnung grundsätzlich in Betracht ziehen?

„In der Regel tun die Menschen einander Unrecht, wann immer sie Macht dazu haben.“ - Aristoteles. Das Zitat entnehme ich, bei Gerd-Klaus Kaltenbrunner, der letzten Sezession Nr. 91.

Atz

20. August 2019 08:31

"OK, den realexistierenden Kapitalismus kann sich kein Rechter als gesellschaftlichen Idealzustand wünschen."

Die Rechte hat jedoch auch nie eine Theorie entwickelt, wie er abgelöst werden könne. Oder transformiert, umgeformt. Rechte und Linke haben verschiedene Formen des Staatskapitalismus gehuldigt. Von Rathenau bis Honecker.

Der Global-Liberalismus hält für uns seine Sklaven in Malaysia und sorgt dafür, dass jeder bei uns korrekt proaktiv gegendert wird, der sich anderenfalls ausgeschlossen fühlen könnte. Bislang hat nur Björn Höcke darauf hingewiesen, dass die Kongo-Kobalt-Sklaven unseren elektromobilen Dieselhass aushalten müssen, unsere Clean energy. Unser Veggie-Burger mit Soja den Regelwald fällt. Was man nicht sieht interessiert nicht, darum viel Bohei um Brandanschläge kleiner rechter Schläger aus den 90ern und wenig Bohei um millionenfachen Völkermord im Kongo und Ruanda in den 90ern, wo die Staatengemeinschaft untätig und entspannt zusah. Jeder Slkandal ist möglich sofern man nicht hinsieht.

Laurenz

20. August 2019 09:38

@zeitschnur

1. Sie vermischen hier. Richtig ist, Arbeit wird in Deutschland höher besteuert als Kapital. Im Nationalsozialismus war das anders. Das Sklavenhalterdenken ist ein Balance-Akt, denn Zinsen für eingesetztes Kapital können nur aus Arbeit oder einem höheren Kreditrisiko erwirtschaftet werden. Wenn, wie Dirk Müller es bestens beschreibt, der Kapitalismus an die Grenze stößt, daß keiner mehr die Zinsen durch Arbeit erwirtschaften kann, (siehe 1929), gibt es meist einen Reset über Währungs-Reformen, 5 an der Zahl in Deutschland in 100 Jahren, und die nächste ist absehbar. In einem Resetfall ist es günstig, kein Geld zu besitzen, sondern materielles Eigentum, Aktien oder Immobilien. Da steht der deutsche Bürger in Euroland am schlechtesten da, der italienische Bürger am besten. Wenn Italien aus dem Euro ausschert, kann das schnell passieren. Deutschland bleibt dann nur eine Forderung von 1.000 Milliarden Euro, die nie fällig werden. Der italienische Bürger behält sein Vermögen, und es wird in Lira berechnet. Um das zu ändern, müßte Deutschland dann in Italien einmarschieren.

2. Ich kann den völlig freien Wirtschafts-Liberalismus in Herrn Bosselmanns Artikel nicht erkennen, meines Erachtens vertritt Er die soziale Marktwirtschaft. Und Hayek lag und liegt natürlich vollkommen falsch, was man am Ende der Sowjetunion sehen kann. Gobatschow liberalisierte die Politik, was zu einem Mafia-Oligarchismus a la Treuhand führte, verbunden mit einem privilegierten rassistischen Pro-Semitismus. Deng Xiaoping beließ es bei einem autoritären politischen System, führte aber China ökonomisch in den Nationalsozialismus. Das heißt, es existiert eine freie Wirtschaft, aber sie ist streng staatlich kontrolliert. Hayeks historischer Neo-Liberalismus führt immer in die Oligarchie und damit in einen Quasi-Kommunismus, in dem der oligarche Kapitalist auch die politische Herrschaft, meist über Marionetten, übernimmt.

3. Hier liegen Sie vollkommen richtig. Wenn Sie heute planen, morgen Boing zu übernehmen, sind Sie gestern bereits tot, durch einen Geheimdienst verunfallt. Ihre Aussage zu mittelständischen Unternehmen ist nur bedingt richtig. Richtig ist, die Besteuerung ist unfair, und die Linke führte nur die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen von Kapitalgesellschaften ein, nicht für Personengesellschaften. Hier haben CDU und FDP, ab 2009 an der Regierung, hier auch ganz links, total versagt. (Daß digitale us amerikanische Großkonzerne die Gewinne von Freischaffenden abschöpfen, liegt an ihrer Herrschaft über die Politik und natürlich am Konsumenten. Wenn man als Künstler öffentlich das Versagen des EU-Parlaments kritisiert hatte, setzte es im Netz fett Dislikes. Hier existiert auch ein innerer Widerspruch. Solange vor allem Schlager-Kunstschaffende noch Silberlinge verkaufen können, ist das Verhältnis für den Künstler günstiger. Von Downloads sieht man in der Musikbranche fast nichts mehr. Im Buchgewerbe ist es anders. Da liegt der Download-Anteil des Autors oft über den teuren Druckerzeugnissen. Nur Verlage, die über eine privilegierte Leserschaft verfügen, können bei Druckerzeugnissen, noch angemessen Autoren vergüten.)

4. Hier ist der Bürger schuld. Bürger, die noch etwas materielles Vermögen besitzen, wählen meist das bisherige, in der irrigen Annahme, man ließe ihnen noch das, was sie besitzen, obwohl dieses Eigentum immer weiter verringert wird. Natürlich geschieht dies meist abstrakt, trotzdem in dieser Realität. Nur Bürger, die nichts mehr zu verlieren haben, agieren und wählen revolutionär. Das ist auch der Grund, warum Marxisten, vor ihrer Machtergreifung alles für die ökonomische Katastrophe tun, wie wir gerade wieder mal feststellen können. Trump ist zB konter-revolutionär.

5. Hier liegen Sie daneben. Schon seit Jahrzehnten läuft der Staatsanteil jedes/r umgesetzten Euros/Deutschmark gegen die 50%, was quasi Planwirtschaft bedeutet. Jesus war natürlich Marxist, alle sollten arm sein, nicht nur seine Klientel. Und Jesus' Bande aus Berufsrevolutionären gab ja das Arbeiten auf, und lebte auf Kosten der Werktätigen. Ganz klarer Fall von antikem Bolschewismus. Und ähnlich wie 1905 in Rußland setzte es Verbannung. Jesus floh aus dem römischen Reich und emigrierte nach Indien.

6. Hier schreiben Sie nicht falsch, aber zu pauschal. Wie oft haben Sie schon den Haushalt Ihrer Gemeinde gelesen? Vermutlich nie. Daher machen Sie Sich mit solchen ungenauen Aussagen unglaubwürdig und diskreditieren unsere Sache. 

7. Hier projizieren Sie Ihre eigenen antiken Marxismus (ziemlich unfair) auf Herrn Bosselmann. Keiner ist für den Latrinen-Dienst geboren. Aber nichtsdestotrotz muß dieser Dienst geleistet werden. Der moderne Sklavenhandel basiert auf verzerrten Märkten. Es existieren mehr Künstler als Kunst-Konsumenten, finanziert wird meist über Werbung oder Steuern. Wir können aber nicht davon leben, daß Sie mir Pizza liefern und ich Ihnen dafür die Haare schneide. Das heißt, wir leben auf Kosten der Arbeit von 6% aus dem produzierenden Gewerbe, die unsere Grundbedürfnisse decken. Mit welchem Recht tun wird das? Mit dem Recht des Marktes.

8. Auch hier ist Ihre Analyse falsch. Der Mensch macht sich nur selbst zum Esel. Und Faschismus ist nur im autoritären politischen System dem Kommunismus ähnlich. In der eminenten Ökologie und Ökonomie unterscheiden sich beide diametral.

9. Auch hier schreiben Sie unkontrolliert. Geld drucken geschieht ungestraft erst seit Keynes. Aktuell kann man das nur deswegen tun, weil man mit allen Mitteln versucht, das Luftgeld nicht in den Konsumkreislauf gelangen zu lassen. Denn nur dort wird, natürlich manipuliert, die Inflationsrate festgestellt. Die Nationalsozialisten stellten aus Goldmangel das BSP/GDP gegen die Währung. Das handhabte die Bundesbank bis zur Einführung des Euros so. Die Russen und die Schweizer machen das bis heute noch, indem sie den Produktionsfortschritt von ca. 2% im Jahr in die Aufwertung der eigenen Währung stecken. Allerdings muß aufgrund dieser Politik die Schweizer Nationalbank als "Safe Heaven" die Bilanz massiv verlängern und Geld drucken, und ist damit die größte Notenbank der Welt, damit sich der Wertanstieg des Schweizer Franken im Jahr nur um die 2% bewegt.

zeitschnur

20. August 2019 10:33

@ Sara Tempel

Die Bilderberger Konferenzen werden inzwischen nicht mehr geleugnet - Agenda der letzten Konferenz hier, allerdings nur knapp, von den Bilderbergern selbst offiziell bekanntgegeben; was sie genau besprechen, bleibt natürlich hinter verschlossenen Türen: https://www.bilderbergmeetings.org/press/press-release/press-release Vor allem der Punkt "Future of Capitalism", der sich im Gesamtfeld der anderen Themen kritisch gibt. Katastrophal auch der Punkt "The Weaponisation of Social Media". Aber das nur am Rande. Back to Capitalism:
Man muss das zusammenlesen mit der alten Marxschen These, der Kapitalismus müsse eines Tages kollabieren, und der Stimmung, die nun über große Medien gegen den "Kapitalismus" und in Buchveröffentlichungen gegen ein "Weiter so" des "Kapitalismus", den wir real erleben, wundersamerweise seit der Konferenz ausbricht. Ebenso, wie man sich im Mai noch wunderte, warum Von der Leyen dort TN war... 1+1 zusammenzählen... Ein typisches Beispiel für diese plötzliche inflationäre "Kapitalismus"-Kritik, die nun durchweg zukunftstorientiert ist, hier https://www.handelsblatt.com/unternehmen/beruf-und-buero/wirtschaft_erlesen/loesungen-fuer-die-zukunft-stirbt-der-kapitalismus/10779744-2.html?ticket=ST-4697680-34HEuruit1ZhwMabHIfI-ap5
Ansonsten müssen Sie einfach selbst mal recherchieren, und Sie werden bei wachem Blick und ein wenig Strategieverständnis (lesen Sie dazu zB zur Einführung Sun Tsu, Kunst des Krieges) eine gewisse Phänomenologie erkennen. Verschwörungen gehören zu jeder großräumigen Taktik, und es ist geradezu vulgär und durchschaubar, dass jeder, der mit dieser Selbstverständlichkeit rechnet, also klug denkt, als "VS-Theoretiker" diffamiert wird.
Vielleicht ist es auch interessant, wenn man Marx nicht als Analytiker liest, sondern als Strategen, der weniger eine Theorie aufgestellt hat, als ein in einer Theorie chiffriertes Handlungskonzept für die nächsten ca. 200 oder 250 Jahre.

zeitschnur

20. August 2019 11:50

@ Simplicius Teutsch

GK Kaltenbrunner war nach allem, was ich mitbekommen habe, zuletzt sehr, sehr desillusioniert und hatte sich zurückgezogen und vor allem von politischen Themen und schließlich auch dem katholischen Traditionalismus abgewandt, nachdem er sich tief in mystische Gedankenwelten begeben hatte. Dass er sich an solchen Zitaten (Aristoteles) abarbeitete, kann ich mir gut vorstellen.

Aber was folgt daraus als krudester Zynismus oder aber gleich die reine Verzweiflung?
Man muss dabei immer bedenken, dass das Gesetz nicht nur tötet, wie Paulus schrieb, sondern auch die Wahrheit verfremdet und sogar umkehrt. Die lebendige Wahrheit verträgt kein Gesetz und erstickt, sobald sie mechanisiert wird. Dazu auch Ricarda Huch "Entpersönlichung" von 1922 - ein hochinteressanter Essay!
Eine einigermaßen erträgliche Gemeinschaft, die die Freiheit des einzelnen nicht zu stark kupiert, hat keine andere Wahl, als eben auch auf die auctoritas dessen zu bauen, der keinerlei potestas innehat. Anders: was man gewaltsam durchsetzen muss, hat man nicht mit Autorität, sondern eben nur mit Macht und Gewalt durchgesetzt, und es kippt sofort um, sobald die Macht und Gewalt wegfallen. Man kann folglich potestas dauerhaft nur mit auctoritas "abschmelzen".
Dazu noch ein paar grundsätzliche Erwägungen, die Kaltenbrunner vielleicht nicht ganz fern gewesen wären:

Das ist eine der tiefsten Lehren, die ich aus dem Leben und Lehren Jesu ziehe. Im ersten Moment scheint der, der potestas ausübt, das Recht für sich zu schaffen, aber langfristig gewinnt der, der "nur" auctoritas hatte. Auf Pilatus oder Herodes Antipas baut heute niemand mehr seine Existenz, auf Jesus schon!
Ich glaube übrigens, dass hier an einer ganz tiefen Stelle, die wir noch sehen können, auch ein wesentlicher Aspekt der Geschlechterfrage in der Heillosigkeit hängt: die tradierte Gewaltlosigkeit der Frau, so sehr sie natürlich Ausdruck der unguten potestas war, kann auch als der Ehrfurcht vor der auctoritas geschuldet angesehen werden: Die Frau hat trotz aller Ungerechtigkeit und allen Leides ihre unumstößliche auctoritas bewahrt. Um sie scharten sich die Kinder, auch dann, wenn man ihr ihr Recht an ihnen nahm (was im römischen recht ebenso war wie bis im Islam etwa), und was sie vorgeprägt hat, wurde im Heranwachsenden wirksam für immer. Es gibt zahlreiche Zeugnisse in der Weltgeschichte für diese zentrale und vollkommen gewaltlose Rolle der Mutter im Leben so vieler Männer und Frauen! Sie ist der wichtigste Mensch in der Familie, eben weil sie wesenhaft ohne Gewalt regiert. Das verschafft ihr eine geradezu strahlende Überzeugungskraft, und viele kluge Männer haben das nach anfänglichem Zorn erkannt und davon profitiert. Sie nahmen diese Gewaltlosigkeit an und gewannen dadurch und wurden im Gemeinwesen segens- und friedensreich. Davon spricht auch Salomo. Natürlich scheitern daran Frauen auch seit Menschengedenken und opponieren entweder gegen den, der sie dominieren will, auf demselben Niveau, oder sie wollen teilhaben an der Anmaßung der potestas wie diverse römische Kaiserinnenmütter oder die biblische Isebel, die ihren Mann nicht etwas mäßigt, sondern auch noch befeuert in seinem mörderischen Machtwahn. Der postmoderne Emanzipationsgedanke ist aus diesem Grund so unendlich hoffnungslos! Es ist die Frau, die in der Heillosigkeit der Welt die eigentliche gottabbildliche Liebe und Geduld aufrechthalten sollte, die auch die Theodizeefrage abmildern konnte und erahnbar machte, warum Gott nicht herrscht iS der potestas, sondern mit auctoritas, die unsere Freiheit herausfordert, warum er nicht mit potestas eingreift und alles kurz und klein schlägt, wo doch so unerträglich Macht und Gewalt missbraucht werden... Petrus schrieb, man (nun also alle, auch der Mann) solle sich gegen keinen "Herren", auch nicht den üblen, auflehnen um Christi willen. Warum das? Man verspottete in der Spätantike die Christen als "verweibischt". Ja warum? Zur Machtveresessenheit emanzipiert, wie wir heute alle sind, wollen wir diesen Gedanken kaum ertragen... Ist es nicht das Innehaben von potestas, das mich dazu verleitet, Unrecht zu tun? Gewaltlosigkeit in auctoritas aber macht mich zum lebendigen Zeichen der Gerechtigkeit. In der Genesis zertritt der "Same der Frau" dem "Samen der Schlange" den Kopf, die Frau, von der Gott sagt, sie gerate nun mit der Sünde unter die Herrschaft des Mannes. Wie kommt das, dass es dennoch sie ist, die am Ende gewaltlos den "neuen Adam" hervorbringen wird, der Erlösung bringt, dabei aber wirklich und wahrhaftig "Same der Frau", nämlich ohne potestas blieb?
Was heißt das für Ihre Frage (Kaltenbrunner durchdachte all diese Dinge ebenfalls sehr tiefschürfend, daher erlaube man mir hier die christlichen Repliken)?

Für mich heißt es: Ohne Realitätsverlust über die tiefen Schwächen und existenziellen Verwundungen der Menschen dennoch repräsentieren und ermöglichen, dass Wahrheit, Glück und Frieden nur ohne Macht und Gewalt, im Grunde auch ohne allzu viele Gesetze erreicht werden. Eine solche Gemeinschaft funktioniert aber nur dann, wenn sich genügend Menschen in ihr finden, die diese gewaltlose Strahlkraft haben. Diese Überzeugung scheint auch in der jüdischen Legende auf, die Welt werde von 36 Gerechten getragen. Es muss immer ein paar geben, gerade auch ein paar gute Frauen wie Maria, um deretwillen Gott alle vor dem Verderben bewahrt und das Gemeinschaftsleben in Freiheit gelingen lässt.
Die Verbitterung ist immer ein schlechter Ratgeber. Leninsprüche wie "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser" sind teuflische Lehren. Wohin sie geführt haben, sehen wir vor Augen.
Ich weiß, dass meine Antwort alle Atheisten nicht zufriedenstellen, vielleicht sogar ärgern wird. Ich kann aber keine andere geben und würde auf eine andere auch - aus Realitätssinn - nicht hoffen.

starhemberg

20. August 2019 13:36

@ Thomas Martini "Was mich weiterhin stört, ist der Antrieb, mit dem hier die Gerechtigkeit preisgegeben wird. Wo das geschieht, fällt auch die Rechtschaffenheit."

Es handelt sich hierbei um keinen "Antrieb", sondern um die Abbildung einer unumstößlichen Wahrheit - es gibt keine "Gerechtigkeit". Aber es sollte das gleiche Recht für alle geben!
Bei Ihrer "Rechtschaffenheit" handelt es sich um eine persönliche Tugend, die eng mit Anstand und Charakter verbunden ist. Sie ist keinesfalls von dem Kunstbegriff "Gerechtigkeit" abhängig. Mit besten Grüßen.

Thomas Martini

20. August 2019 14:17

In die Runde gefragt:

Warum (und seit wann) handelt es sich bei der Gerechtigkeit um einen Kunstbegriff? Bei Platon war sie immerhin noch eine "Kardinaltugend", oder nicht?

Und wie sieht es mit Anstand und Charakter aus? Sind das keine Kunstbegriffe? Anders gefragt: Wie unterscheidet man bei einem Begriff wissenschaftlich, ob er künstlich oder natürlichen Ursprungs ist?

Was den Antrieb angeht, die Gerechtigkeit aufzugeben, oder gar zu leugnen, den erkannte ich gewiss nicht nur bei Starhemberg.

zeitschnur

20. August 2019 14:21

@ Thomas Martine und starhemberg

Nur Gott alleine ist vollkommen gerecht. Seine Gerechtigkeit ist als Urfunken in unsere Herzen geschrieben. Ungerechtigkeit erfasssen wir in dem Moment, in dem in einer Situation göttliche Gerechtigkeit verfehlt wird. Wir erfassen sie aber nicht abstrakt. Der "Gerechte" ist im AT als "Zaddik" einer, der die Heiligkeit Gottes durch sich hindurch wirken lässt und davon als Mensch völlig durchdrungen wird. Es gibt aber schon in Israel diese tragische Verkennung, die sich einbildet, durch Einhaltung und Verfeinerung von Gesetzen "gerecht" zu werden oder "Gerechtigkeit" zu verwirklichen.

Die Säkularisierung und Ent-Heiligung aller Lebensbereiche hat einen Ersatz für den mystischen göttlichen Gerechtigkeitsbegriff erzeugt, der meint, ohne den, der alleine gerecht ist, auskommen zu können. Ja: man wollte den alten Tugendbegriff "toppen" durch Erlösung nicht nur des Einzelnen, sondern gleich der ganzen Menschheit in einem effizienten Zugriff. Ein grauenvoller Eisenring wurde damit um menschliche Gemeinschaften gelegt, die Vergesetzlichung nahm zu, der Normenwald wuchs, die Strategien normativer Prozesse wurden "professionalisiert" und mechanisiert. Die Ungerechtigkeit nahm spürbar zu. Die Leichenberge wuchsen ins Unermessliche.
Ein gesellschaftlicher Gerechtigkeitsbegriff trägt darum - ganz entgegen seinem Begriffssinn - dämonische Züge, auch in manchem reaktionären Modell, das meint, auf ein "Naturrecht" rekurrieren zu müssen, das ebenso ein Kunstbegriff ist. Auch das "Naturrecht" ist eine Fiktion von einer natürlichen Gerechtigkeit, die man kodifizieren könne.
Wesentlich ist aber, dass man "Gerechtigkeit" überhaupt nicht kodifizieren oder alternativ dazu "aushandeln" kann. Auch das Naturrecht ist letztendlich nichts weiter als uneingestandenes positives Recht, ersonnen aus der Verblendung, in der wir alle stehen, und bemüht um eine Abtötung des lichten Bewusstseins für die Ungerechtigkeit, die auch hier zustande kommt. Aus der Natur geht kein "Recht" hervor, sondern schlicht das Lebendige und Natürliche, das sein Maß in sich trägt, das niemand von außen kodifizieren, mechanisieren oder bestimmen kann.
Daher sagt Jesus, Gerechtigkeit kommt ausschließlich aus der Gottesliebe und der davon durchdrungenen Nächstenliebe (die aber nicht mit allgemeiner Menschenliebe verwechselt werden darf). Gerechtigkeit verwirklicht sich grundsätzlich individuell und außerhalb der Kodifizierung.

Thomas Martini

20. August 2019 14:45

"Gerechtigkeit verwirklicht sich grundsätzlich individuell und außerhalb der Kodifizierung." - zeitschnur

Wie schafft sie das bloß, wo sie doch angeblich gar nicht existiert?

Thomas Martini

20. August 2019 15:34

Was kann denn von höherer Bedeutung sein, als die Frage, ob eine Sache, ein Ding oder Ergebnis gerecht ist oder nicht?

Bei der Gerechtigkeit geht es nicht darum, irgendein Recht in Gesetzestexte zu gießen. Muß der neoliberale
Finanzkapitalismus erst verboten werden, bevor man ihn als Unrecht akzeptiert?

Die Menschheit war nie gerecht, und sie wird es nie sein. Das ist ein ganz banale Erkenntnis. So begriffen gibt es tatsächlich keine "Gerechtigkeit".

Für mich ist die Gerechtigkeit etwas Innerliches. Jedermann kennt sie, also kann sie kein "Kunstbegriff" sein. Tiere kennen womöglich keine Gerechtigkeit? Wenn der Mensch von ihr auch nichts mehr wissen will, ist das nicht unbedingt die beste Grundlage für eine "Renovatio Europae."

Laurenz

20. August 2019 16:53

@Thomas Martini .... Sie haben natürlich in der Gerechtigkeitsfrage absolut Recht. Ihr Beitrag erinnert mich an den Quran. Ich habe es nur noch sinngemäß im Kopfe, der Prophet:" Du darfst bis zu 4 Frauen heiraten, und mußt versuchen, sie alle gerecht (gleich) zu behandeln, aber du wirst es nicht schaffen."
In meinen Augen entwickelte sich das menschliche Pseudo-Gefühl von (unnatürlicher) Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in der Familie. Jedes Elternpaar steht im Angesicht der eigenen Kinder vor dieser Frage, und sie ist maximal nur annähernd lösbar. Allerdings ist Gerechtigkeit/Ungerechtigkeit ein totaler Begriff.

zeitschnur

20. August 2019 17:14

@ Thomas Martini

Am Schluss von Ihrem letzten Posting kommen Sie dem nahe, was ich meinte:

"Für mich ist die Gerechtigkeit etwas Innerliches. Jedermann kennt sie, also kann sie kein "Kunstbegriff" sein."

Wir kennen sie als göttlichen Funken, aber nicht als Ganze. Wir erkennen sie, wenn sie verfehlt wird, als Verfehlte. Wir können kein Konzept entwickeln, das uns Gerechtigkeit garantiert in einem Gemeinwesen, weil wir nicht "positiv" wissen, was Gerechtigkeit im Ganzen ist. Das weiß alleine Gott. Sobald wir nach allgemeinen Gerechtigkeitskonzepten suchen, werden wir ungerecht!
Daher ist das ursprüngliche israelitische Gemeinwesen ohne König, nur mit einem einfachen Richter ausgestattet, der Recht spricht, dies aber sehr charismatisch (etwa die inspirierende und (auch im Krieg sehr) tapfere Richterin Deborah, von der es heißt, sie sei Prophetin gewesen und habe unter dem Deborahbaum Rechtssachen verhandelt (Ri 4+5). Diese beiden Merkmale: Prophetin/Deborahbaum sagen einem fast alles. Das war etwas ganz anderes als "Judikative", Talare, Codices, Rituale, Protokolle. Ähnlich kann man sich anfangs noch mittelalterliche Rechtsprechung vorstellen. Erst mit dem 13. Jh kamen umfangreiche Codices ins Spiel, danach eskalierten Inquisition, Verfolgung, Grausamkeiten, Folter, schließlich der frühneuzeitliche Hexenwahn. In Byzanz ging das alles früher los und ging daher auch früher unter. Wir hinkten mit ca. 500 Jahren nach und haben sie verspielt.
Justinian, von dem wir es neulich hier auch hatten, war ein grausamer, asketisch-größenwahnsinniger Mann, der tatsächlich glaubte, das kodifizierte Recht sichere ein Gemeinwesen (Codex iuris civilis). In Byzanz ging es danach blutig und ungerecht, fanatisch und kriegerisch zu. Die Zahl an Intrigen, Verstümmelungen (auch da - nicht nur im Islam!), Ermordungen säumen dieses Reich wie Leitplanken, es waren nicht nur ungerechte Kreuzfahrer und Türken, die ihm den Todesstoß versetzten. Den inneren Widerspruch, das immer schwerere Verfehlen der göttlichen Gerechtigkeit unter dem Banner der "Heiligen Weisheit" beschrieb Erhart Kästner in "Aufstand der Dinge" mit einem ruhigen Blick. Übrigens strebte auch Justinian eine Art "renovatio" an, die "restauratio Imperii", die ihm mit postestas vordergründig gelang. Aber ihm fehlte eben die auctoritas, es hatte keinen Bestand, den Todeskeim hatte er stattdessen in das Reich eingesät. Bis heute leiden selbst wir unter dem Wahn, man müsse alles verrechtlichen, der es bis ins weströmische Reich geschafft hatte. Es wird vielfach berichtet, wie orientalische Christen sich lieber von Muslimen beherrschen ließen als von Byzantinern, die ihre theologischen und säkularen Regeln mit Gewalt und Blutvergießen erzwingen wollten, schlimmer und intriganter als die Muslime damals vorgingen. Ich frage mich eher, woher die Muslime ihre Grausamkeiten eigentlich abgeschaut haben...
Wie in einem Gegenimpuls scheint sich die Orthodoxie diesem Wahn dauerhaft mehr verweigert zu haben als Rom... und bietet daher vielleicht eine gewisse Chance für Europa.

Franz Bettinger

20. August 2019 20:25

@Martini: Wer Gerechtigkeit über die Herstellung von Gleichheit schaffen will, also typisch links ist, der schafft Ungerechtigkeit. Mehr als das: er verhält sich grausam. Er zerstört die schön gewachsenen, herausragende Blumen um der Gleichheit willen. (Tall poppy Syndrom.) Er nimmt den Fleißigen den verdiente Lohn usw. Wie hässlich solche Gleichheit ist (siehe Pol Pot, Mao)! Wenn Sie Gerechtigkeit als Gnade (d.h. als ein unverdientes Geschenk des Starken an den Schwachen) verstehen, diese also nicht einfordern, sondern beglückt entgegenehmen (z.B. wenn eine schöne Frau, auf die Sie kein Recht haben, mit Ihnen schläft), ist es bekömmlicher. Seien Sie froh, dass Sie nicht sind wie alle!

Simplicius Teutsch

20. August 2019 21:31

@zeitschnur
Das Bild, das G-K Kaltenbrunner vom wilden, unkultivierten Menschen hatte, ist ein sehr negatives. Der Mensch, schreibt er, „bedarf der ihn disziplinierenden Gegenkräfte.“ Der Mensch ist für ihn aber auch ein „kosmisches Wesen“. Und selber hat er sich da auch ausprobiert, indem er sich, wie Sie schreiben „tief in mystische Gedankenwelten begeben“ hat.

Ihre übrigen Gedanken, @zeitschnur, gehen mir für den Moment zu weit. Ich habe leider nicht die Zeit, darauf einzugehen.

Die Lehre Christi hat anscheinend viel für ein friedliches Zusammenleben. Aber wozu hat diese von Menschen realpraktizierte christliche Lehre in den letzten 2000 Jahren geführt? Die dunklen Seiten in der Historie des Christentums sind so dunkel und blutig, wie die des Nationalsozialismus oder des Kommunismus (Lenin, Stalin, Mao, Rote Khmer).

Was mich, trotz meiner christlichen Prägung, schon früh am Christentum gestört hat, war die radikale Intoleranz anderen Formen und Riten der Transzendenz gegenüber. Hier speziell die brutale Ausrottung der heidnischen Götterwelten, als das Christentum die Macht dazu hatte. Heißt doch das erste Gebot, wenn ich es noch recht im Kopf habe: „Du sollst keine anderen Götter neben mir dulden.“

Trotz Nero und „Quo Vadis?“: Für mich waren die christlichen Märtyrer immer Egoisten, die auf ihre fanatische Weise nach der Macht strebten, versprach ihnen doch ihr Glaube das ewige Leben. Wer für Christus starb, den erwartete die Belohnung im Himmel. Die anderen mussten ewig in der Hölle schmoren.

Aber, nachdem der ursprüngliche Glaube an den christlichen Gott zumindest in Deutschland verloren ist, Gott ist tot, haben die höchsten christlichen Vertreter dieses Landes, die so gerne hochmoralisch gegen die diskriminierte AfD auftrumpfen, nicht mal mehr den Mut, mit dem Kreuz vor der Brust, im Heiligen Land aufzutreten.

Nemesis

20. August 2019 21:45

@zeitschnur
"Es gibt zahlreiche Zeugnisse in der Weltgeschichte für diese zentrale und vollkommen gewaltlose Rolle der Mutter im Leben so vieler Männer und Frauen! Sie ist der wichtigste Mensch in der Familie, eben weil sie wesenhaft ohne Gewalt regiert. Das verschafft ihr eine geradezu strahlende Überzeugungskraft,..."

Ernsthaft?
Es ist zwar nicht das Thema des Blogbeitrages hier, aber das kann so nicht stehen bleiben.
Auf was Sie hier offensichtlich Bezug nehmen ist physische Gewalt.
Und da die meisten Frauen in der physischen Kraft Männern unterlegen sind, sind sie friedfertig und wesenhaft ohne Gewalt?

Was Sie hier vollkommen ausblenden ist die psychische und sprachliche Gewalt die Frauen, auch gerade Mütter, ausüben können und ausüben und zwar auf einem Niveau, das weit oberhalb dem der meisten Männer liegt.
Was die vielgepriesene physische Gewaltlosigkeit von Frauen anbelangt: Frauen konnten und können sich das Leisten.
Warum wohl?

"Man verspottete in der Spätantike die Christen als "verweibischt". Ja warum? Zur Machtveresessenheit emanzipiert, wie wir heute alle sind, wollen wir diesen Gedanken kaum ertragen... Ist es nicht das Innehaben von potestas, das mich dazu verleitet, Unrecht zu tun?"

Nein.
Nicht das Innehaben von potestas verleitet dazu Unrecht zu tun.
Das sind andere Gründe.

Und ja: Ich denke ein großes Problem im Christentum ist diese völlige Überhöhung und Stilisierung von Frauen zu Heiligen (Denken Sie, daß Klima-Greta Zufall ist? Klima-Rolf?).
Dieses Bild geht jedoch meilenweit an den Realitäten vorbei (s.o).

"Gewaltlosigkeit in auctoritas aber macht mich zum lebendigen Zeichen der Gerechtigkeit."

Warum sollte sie das?

zeitschnur

20. August 2019 22:22

@ Simplicius Teutsch

Ich stimme Ihnen weitgehend zu. Aber dazu muss man wissen, dass ich diese "christliche" Geschichte des Abendlandes mindestens genauso kritisch sehe wie Sie. Sie dürfen mich nicht grobgerastert im gängigen antikirchlichen Modus verstehen, sonst verstehen Sie mich gar nicht.
Dennoch: was von Jesus überliefert ist, ist Äonen vom Abendland entfernt. Das sieht jeder sofort, der genauer und v.a. einmal ohne abendländische 3D-Brille diese alten Texte liest und darüber kontempliert ohne lehramtliche Krücke, sondern in der Hoffnung, wirklich den Beistand zu erhalten, der in die ganze wahrheit führt. Etwas Ähnliches durchlief wohl auch Kaltenbrunner, wenn auch mit einem anderen Schluss als ich. Irgendwie ist er erloschen nach einem großen, leidenschaftlichen Brand. Wenn es wirklich dabei geblieben sein sollte bei ihm (was wir nicht wissen können), dann will ich das nicht für mich. Seine Geduld ist so groß, er lässt es Tag und Nacht werden und in jedem Atemzug schwingt seine Energie, bei denen, die ihn missbrauchen und denen, die ihn lieben und suchen. Wie könnte ich dem je absagen! Gott will mich frei, und eine Freie bleibt nicht liegen, sondern steht auf und ruft ihn im Stehen an. Natürlich ohne potestas, unter Absage an jede potestas und auf volles Risiko - wie jede Liebe.

Und eines können Sie mir wirklich abnehmen: kaum jemand kennt diese abendländische Theologie-Geschichte so gut wie ich. Ich habe Jahre damit verbracht, sie zuerst im Studium und danach in der eigenen Forschung zu erkunden, mit aller Konzentration und aller Kraft, weil ich dachte, da wäre Gott, lange Zeit ohne Zweifel daran gläubig und tief verwurzelt im Katholizismus. Als sie dann kamen, die Zweifel, Gott durch die Ritzen dieses morschen Gebäudes "Europa" entwich (Europa - ja, es heißt zurecht nach dieser mythologischen Gestalt!), klaffte für mich die projektierte Zentralgestalt dieser Geschichte, Jesus Christus, immer weiter auseinander mit der historischen und spirituellen Gestalt der Evangelien.
Diese Erfahrung, dieses Staunen: "Es ist alles anders, ganz anders!"
Das Wunder: Diese letztere Gestalt gewann überhaupt erst Konturen, die diese abendländische Tradition verwischt und ersetzt hat durch eine Gegengestalt. Plötzlich konnte ich ihn konkreter sehen...
Es führt zu weit, das hier auszuführen, zumal ich es bereits in "Sakrament und Macht " getan habe und in vielen Blogartikeln. In den älteren sehen Sie, wo ich früher stand, in den jüngeren, wo ich jetzt stehe.
In jedem Fall verstehe ich Sie sehr gut.

Franz Bettinger

20. August 2019 22:40

@Martini:
Wenn man unglücklich ist, hat man zwei Möglichkeiten: Entweder man verbessert seine Lage, oder man verbessert die Auffassung davon. Das erste ist Rechts, das zweite ist Links. Arten, Völker und Individuen verschwinden, andere breiten sich aus gemäß der Darwinschen Theorie des "survival of the fittest". Dabei gibt es weder Gerechtigkeit noch Mitleid. Wer sich dem Wolfsgesetz der Natur nicht anpasst, stirbt aus. Ob man das für gut oder falsch hält, ist der Natur völlig wurscht. Lern was, und werd was! hat mir mein Vater eingebläut. Oder lass's und klage und leide weiter an dir und der Welt!

@Zeitschnur: In einem seltsamen Paradies leben wir, umstellt von Orks, und doch ahnen wir nichts von dem bevorstehenden Angriff, unserem Ende! Oh, ich wünsche ihn mir ja, diesen gerechten Gott. Aber der Wunsch hat nicht meinen Verstand versklavt. Sie haben Ihre Weltsicht, ich meine. Lassen wir beides so stehen. Ich kann damit leben. Das alles gibt es also!

@unangebrachter Kultur-Pessimismus:
Deutschland und Europa seien auf dem absteigenden Ast. "Kulturen entstehen, steigen auf und vergehen wieder. Wir haben den Höhepunkt überschritten. Unser Einfluss in der Welt wird geringer. Das ist unvermeidlich, allein auf Grund der Zahlen-Verhältnisse," schrieb heute Jürgen Fritz auf seinem Blog.

Und das halte ich für Blödsinn! Die Schwarzseherei, diese Vorstellung von Zyklen, Notwendigkeiten und Schicksal - bloß weil wir seit 2005 eine bekloppte Kapitänin am Ruder haben, die gezielt jeden Eisberg aufspürt und Deutschland gewollt havarieren lässt? Weg mit ihr! Weg mit ein paar Dutzend weiterer Erpressbarer, Verborter, Dummköpfe; und alles wird gut! Die AfD hätte angeblich auch keine Lösungen, heißt es. Oh doch, sie hat. Ich kann nur raten: Schlachtet das Pferd nie, bevor ihr's ins Rennen schickt!

zeitschnur

20. August 2019 22:57

@ Nemesis

Sie haben mich wohl nicht recht verstanden. Oder ich habe mich undeutlich ausgedrückt.
Auf vieles erhalten Sie sicher eine Antwort, wenn Sie meinen Kommentar noch einmal ruhiger lesen. Ich habe nämlich das, was Sie herauslesen, ganz sicher so einseitig weder gesagt noch gemeint.

Potestas verleitet natürlich zum Unrechttun... das ist doch logisch. Eben weil sie auf keiner echten inneren Vollmacht gründet. Kann es sein, dass Sie meinen Unterschied zwischen potestas und auctoritas nicht verstanden haben? Leider bringen Sie ja kein triftiges Gegenargument, sondern stellen ohne Argument in Frage.

Ich stelle Ihnen aber eine Frage: Warum hat Jesus in der Wüste der Versuchung, vom Satan potestas über die Reiche dieser Welt zu gewinnen, widerstanden und wählte die Ohnmacht in den Kategorien der Macht und Gewalt? (Mt 4/Lk 4)

Und doch - das alles gehört zum Thema des Artikels, denn es geht um Gerechtigkeit, um Macht , um Ausbeutung, darum, wer die Schuldigen an der Situation sind, um die Ohnmacht der Besitzlosen, um Resignation über die Fähigkeit des Menschen, friedlich und gerecht in Gemeinschaft zu leben, und im letzten Ende darum, ob man diese Probleme in rein politischen Kategorien je lösen können wird. Ich vermute: nein, man kann nicht.

Franz Bettinger

20. August 2019 23:06

@und wenn ich schon am Aufräumen bin und man meinen nächtlichen Furor zulässt:
Dass gewisse Herren hier auf dem Forum unrecht haben, wenn sie glauben, uns immer wieder die Antwort auf die Frage, welche bessere Staatsform denn die Demokratie ersetzen soll, schuldig bleiben zu dürfen, dass sie unrecht haben, das zeigt der Geifer, der, so in die argumentations-pflichtige Ecke gedrängt, aus ihren Sätzen fließt (z.B: "scheißegal, Hauptsache weg mit ihr"). Sie wollen zerschlagen (wie die Linken), ohne zu wissen, was sie aufbauen wollen.

Welche Staatsform favorisierte Nietzsche? "Jede, die lang genug an der Macht bleibt," schreibt er sinngemäß, "jede ist mir recht. Nur das Hin und Her ist schädlich, es bringt nichts Schönes hervor." Mit anderen Worten, Nietzsche war gegen Revolutionäres, er war konservativ, Rechts. Ansonsten teile ich die Geschichts-Betrachtung dieser @Herren weitgehend und schätze auch ihre unverblümte Art.

Laurenz

20. August 2019 23:08

@zeitschnur .... ich bin einer der wahren Freizeit-Propheten und schreibe, wenn die Göttin will, auf den heiligen Seiten von SiN, der neuen Bibel des wahren Papstes.

Ihre falschen Propheten des Alten Testaments waren allesamt Rassisten und Menschenverächter. Wir finden dort etwa 70 Völkermorde im Namen Gottes.
Die Byzantiner waren, sind bis heute natürlich dekadent, allerdings wurden sie durch den "ewigen" Krieg gegen Persien vor den Arabern aufgerieben, geschwächt, wie die Perser selbst auch. Und die jeweiligen Eroberer wurden zu späterer Zeit selbst dekadent, das ist quasi imperiales Gesetz. Sie beschreiben uns eine einzige Mißerfolgs-Serie der Christenheit, ignorierend, daß es keinen Unterschied zwischen Lehre und Tat gibt. Warum lehne ich den Nationalsozialismus als ganzes ab? Weil er gescheitert war, eben aus demselben Grund, warum ich den Abrahamitismus inklusive des Marxismus ablehne. Ihre Lehre hat nach 1.500 Jahren Pilot-Projekt in Deutschland versagt.

Wenn Sie unbedingt einen Messias und eine Heilslehre als Grundvoraussetzung für unsere Gesellschaft implementiert sehen wollen, warum erschaffen Sie dann keine neue, mehr zeitgemäße?

Kirche 2.0 ist jedenfalls keine Aufklärung 2.0, allerbestenfalls verdient sie die Versionsnummer 1.1. Wie kann man im Zeitalter der Quantenphysik in weit über 1000 Jahre alten Büchern nach globalen jetzt gültigen Lebensweisheiten suchen? Gehen Sie denn zum Schmied statt zum Zahnarzt? Sind die Geschichten aus 1001er Nacht von irgendwelchen Erlösern und Propheten tatsächlich erhellender als Nietzsche oder Kubitschek?

Sie sind doch eine umtriebige Dame, schreiben fleißig Bücher, warum brauchen Sie andere, längst vergessene, anstatt sich selbst zu implementieren? Was hindert Sie?

Ich kann Sie aber nur warnen. Wenn Sie Ihre Gerechtigkeit im Menschen implementieren wollen, werden Sie als totalitäre Königin der Nacht scheitern, selbst Tolkiens Galadriel war so schlau, dies zu erkennen. https://youtu.be/wD0Xv06YDq8

H. M. Richter

21. August 2019 07:09

@Laurenz
"Wie kann man im Zeitalter der Quantenphysik in weit über 1000 Jahre alten Büchern nach globalen jetzt gültigen Lebensweisheiten suchen?"
_________________________________________

Nun ist gerade die Quantenpysik geeignet, auch "alte Bücher" möglicherweise besser verstehen zu können.

Ich hatte vor nicht langer Zeit ein ausführliches Gespräch dazu mit Christine Mann, der Gattin Frido Manns und Tochter Werner Heisenbergs. Ausgehend vom Wort ihres Vaters - "Der erste Trunk aus dem Becher der Naturwissenschaft macht atheistisch. Aber auf dem Grund wartet Gott." -, das einen zumindest sollte nachdenklich machen können, ging es darum, wie ein Näherkommen von naturwissenschaftlichem Weltbild und biblischem Wirklichkeitsverständnis mittels der Quantenphysik möglich ist.

micfra

21. August 2019 07:29

@Laurenz
"Wie kann man im Zeitalter der Quantenphysik in weit über 1000 Jahre alten Büchern nach globalen jetzt gültigen Lebensweisheiten suchen?"
Z.B. weil die Bibel nicht beschreibt aus was die Welt besteht, sondern wie man leben sollte und was passiert, wenn man es nicht tut. Da findet man in der Quantenphysik keine Antwort. Dabei bleibt die Bibel ganz realistisch und bis auf Jesus, Gottes Sohn, erzählt sie durchweg von fehlbaren Menschen, die nicht immer integer handelten. Das fängt schon mit Adam an: "Sie war es, du bist selbst Schuld, du hast sie mir gegeben!"

Ergänzend zum Artikel, der mit dem Bild der Hölle nicht übertreibt, möchte ich Alexander Solschenizyns Der Archipel Gulag zur Lektüre empfehlen. Da wird der sozialischtische Höllenschlund dokumentiert, wie er sich real gezeigt hat.

zeitschnur

21. August 2019 09:17

@ Laurenz

Sie haben meine Antwort an @ Simplicius Teutsch heute Nacht natürlich noch nicht lesen können. Um mich zu verstehen, benötigen Sie ein Differenzierungsvermögen, das ich hier vermisse. Es ist nicht gut, wenn man die Welt s/w sieht. Ihre X Kriege im Namen Gottes sind niemals ein Argument gegen Gott, und nur von Gott spreche ich, nur auf ihn beziehe ich mich (und auf seinen Christus). NICHT für das seltsame Gebilde Kirche, auch wenn ich mal Gertrud von LeFort zitiere (nein, die Dinge sind nicht s/w). Außerdem ist die Lehre der Kirche nicht Gott.

Ich möchte Ihnen den Hinweis geben, zum Nachdenken, weil mir das auch erst langsam aufging: Das Torah-Gesetz vom Sinai wird im AT zwar gegeben und ist grausam, aber noch im AT distanziert sich Gott über Propheten davon, wenn er etwa über Jesaja oder Psalmisten sagen lässt, er habe, als er Israel aus Ägypten geführt hat, niemals etwas von Opfern befohlen. Er habe das Herz der Menschen gewollt und nicht das Blut... War das Gesetz also nicht von ihm? Wer alles starr versteht und den ganzen Kopf voller Normen hat und nur normativ zu denken versteht, der wird daran scheitern, an diesem Widerspruch. Die Torah entspricht am Sinai der geistigen Verfassung dieses Volkes damals. Gott will keine blutigen Opfer, sondern das Herz des Menschen, das sich ihm zuwendet. "Ihr habt mir stattdessen den Nacken zugewandt". Also gibt er in einer grausamen heidnischen Umwelt, wo überall Blut fließt, das Tieropfer, um wenigstens das Menschenopfer auszuschließen. Er sah, dass der völlig unzulängliche Mensch den Schritt, den er lieber gehabt hätte, nicht schafft ("Tanz ums goldene Kalb"). So seltsam Ihnen das vielleicht klingen mag, aber Gott macht sich verständlich über das, was nicht er ist, bevor er uns gar nicht mehr erreicht.

Später widerspricht Jesus ausdrücklich einigen typischen Torahgeboten: Das Recht des Mannes, seine Frau zu verstoßen etwa. Die Jünger fragen ihn, warum Mose es dann aber doch so erlaubt habe, Mose, der diese Gebote doch von Gott bekommen hat... Jesus sagt zu diesen Herren, die ihm immerhin folgen und ein wenig weicher sein müssten, aber nicht sind: "Wegen der Härte eurer Herzen hat Mose es erlaubt. Am Anfang aber ist es so nicht gewesen, sondern ... der Mann wird Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen". Auch das noch — nicht sie folgt ihm, sondern er ihr. Was antworten darauf die Jünger: Dann besser nicht heiraten, wenn das Recht des Mannes so aussieht… Und Jesus: „Wer es fassen kann, der fasse es!“ Es ist so erfrischend, Bibel ohne Krücke zu lesen! Und auch Jesus schickte diese verhornten Burschen, die nichts begriffen von Gott und seiner heiligen Ordnung, nicht weg, weil er sie liebte und gewinnen wollte.

Was heißt das alles? Gott war nicht ungerecht, weil er zuließ und sogar geboten hat, dass Männer einseitig ihre Frau verstoßen dürfen, sondern Gott wollte seinen Heilsplan durchführen, trotz der Härte der Herzen der Männer in diesem Fall (bitte nicht falsch verstehen - daher aber auch das Bauen auf die Frau in der Hervorbringung des Christus, vgl. dazu auch das Magnificat).
Ebenso widerspricht Jesus dem Schabbat-Gebot. In der Torah wird ein armer Teufel gesteinigt, angeblich oder wirklich auf Gottes Geheiß, weil er am Schabbat ein paar Stück Holz aufgehoben hat, um Feuer zu machen, kein großes Ding also. Kann man die Pharisäer wirklich nicht verstehen, dass sie Anstoß daran nahmen, als die Jünger Ähren rauften am Schabbat? Oder Jesus Kranke heilte am Schabbat? "Der Menschensohn ist der Herr über den "Schabbat"... der Mensch ist nicht für den Schabbat gemacht, sondern der Schabbat für den Menschen..." Der Schabbat, der Tag der Ruhe Gottes, das Zeichen für das Ziel der Heilsgeschichte und das Königreich Gottes, in dem alles ruhen wird, was hier Qual war, Not, Streit, Macht, Herrschaft, es wird vorbei sein.
Man sollte ihn nicht halten, um sich daran das Genick zu brechen, sondern um stets diesen Tag des Herrn vor Augen zu haben, der wirklich kommen wird, auch wenn es lange dauert bis dahin...
Oder die Torah rechnet auf, wägt Schuld gegeneinander ab "Auge um Auge", und Jesus sagt "Ich aber sage euch...". Zugleich sagt er, er erfülle das ganze Gesetz und die Propheten.

Das ist nur oberflächlich gesehen ein Widerspruch, @ Laurenz. Es ist überhaupt der Hammer, dass dieser Gott uns geistig so enorm herausfordert. Hier muss man lange nachdenken, um dem tiefen Sinn, dieser übervollen geistigen Welt auf die Spur zu kommen, diese Mysterien brechen das Herz auf und den Sinn und machen klug auf die Dauer. Politische Eiferer werden hier nicht geboren!
Und es ist auch in der Schrift schon zu finden, dieses Heer an politisch-religiösen Irrlehrern, Verführern, Frömmlern ("Hier ist Christus, da ist Christus, folgt ihnen nicht!") und solchen, die "meinen, Gott einen Dienst zu erweisen", wenn sie töten. Jesus nennt sie „Heuchler“.
Jesus sagt dazu "Lasst euch unter gar keinen Umständen von irgend jemandem verführen". Das alles zeigt einen Kampf auf, in dem uns nicht eine platte fromme Wahrheit oder "Lehre" geliefert wird, die wir locker in die Tat umsetzen können. Übrigens sagte Jesus, seine Jünger sollten sich niemals von irgend jemandem "Lehrer" nennen lassen... und dann schauen Sie auf das Heer des Lehramtes und seiner Ableger, die Millionen "Bibellehrer" und die Luthersche Fehlübersetzung "Der Glaube kommt aus der Predigt"... mehr konnte man Jesu Gebot wohl kaum umdrehen...

All die postmodernen Antichristen und Kirchenhasser aber haben meist keine Ahnung von den genauen Vorgängen und theologischen Debatten. Beim Thema Religion meint jeder, ohne genaueres Wissen mitreden zu können, was ich für anmaßend und destruktiv halte.

Laurenz

21. August 2019 09:27

@H. M. Richter .... zum meinen Lebensglück bin ich kein Historiker mit speziellem Fachgebiet. Ich interessiere mich für die komplette Menschheitsgeschichte (und Kriege sind am wenigsten zu beschönigen, zeigen direkt die politische Absicht der Protagonisten, abseits jeglicher Moral und Religion.) Und ich interessiere mich, damit ich weiß, zumindest, wo ich im Falle des Falles nachschlagen kann.

Wenn Sie nur die wissenschaftlichen Zitate Richard Dawkins' in "God Delusion" nachhaken, finden Sie genügend nicht-atheistische Natur-Wissenschaftler zum einen. Zum anderen hänge auch ich mich an das ältere Heidentum zwecks Nicht-Polarisierung und Nicht-Ausgrenzung, der eigenartigen Kultur, den philosophischen Schamanismus und finde den Buddhismus in seiner Wirkung auf den Menschen, für jeden erfahrbar, um Lichtjahre weiter als den Abrahamitismus oder den Marxismus.
Selbst wenn Frau Mann im trüben Grund des Teiches fischt, kann ich mit Gott leben. Ich nenne es die göttliche Allmacht, den großen Geist oder die universale Absicht.
Die elementare Frage hierbei ist nicht Gott oder Nicht-Gott, denn beides bedeutet im weiteren Sinne "glauben". Echte Heiden wollen aber wissen, nicht glauben. Die entscheidende Frage ist also, wer definiert Gott? Zum einen bedeutet Monotheismus eine Einschränkung der Wahrnehmung, was Dekadenz beweist, den Mißbrauch im Herrschaftsprinzip. Wir selbst sind doch, als Mikro-Abbild des Universums auch nicht mono-humanistisch. Also, wer definiert Gott? Etwa, wie in Ihrem Fall, die Medizinmänner eines Schafhirten- und Wüstenräuber-Kults, die unter Einwirkung des Sonnenstichs menschlichen Größenwahn publizier(t)en und Gott zu einem lächerlichen Spiegelbild des menschlichen Geistes mach(t)en, einer MonaLisa, nett zum anschauen, aber für alles und jeden nutzbar? Gott verkommt also in jeder Kirche, jeder Moschee, jeder Synagoge zum inszenierten Hanswurst. Mit Verlaub, H. M. Richter, auch wenn ich uns nur für privilegierte Primaten halte, beleidigt das unsere Spezies zutiefst, ja viel schlimmer, es bedeutet De-Evolution.
Wenn ein Gott zu Abraham mittels eines brennenden Dornbusches spricht, oder Mohammed, ganz schamanistisch, in einer Höhle mit einem Engel kommuniziert, ist die spirituelle Erfahrung für Abraham und Mohammed ganz wunderbar. Ich gönne sie beiden. Sie können natürlich ihre spirituelle Erfahrung auch schildern, aber desweiteren ist das für den Rest der Menschheit belanglos. Wenn Gott heute morgen zu Ihnen, H. M. Richter, aus Ihrer Kaffeetasse heraus mit Ihnen sprach, ist das legitim und schön für Sie, aber auch nichts weiter. Sie entscheiden, ob Sie den Kaffee nun wegschütten, trinken oder als Reliquie im H. M. Richter-Hausaltar verewigen. Sie können natürlich auch, wie Sheldon Cooper aus BBT hier https://youtu.be/qq3Yx1TZO-4 eine H.M.Richter-Kaffee-Kirche gründen, wahrscheinlich authentischer als alles, was hier an sonstigen Sekten herumläuft. Falls Sie am göttlichen Kaffee ertrinken sollten und die Schuld den Teetrinkern geben, werden Sie noch "glaubhafter" wirken.
Gott ist, wie Sie sehen, nur dann Gott, wenn er sich selbst definiert, ohne und außerhalb eines menschlichen Einfluß'. Und jeder einzelne Mensch kann ihn nur persönlich wahrnehmen, so wie jeder auch nur alleine sterben kann. Es existiert kein Kollektiv. Glaubens-Kollektive gründet man nur, wenn man herrschen will und sonst keine Legitimation sein eigen nennen kann. Moderne Spiritualisten wie Tolle oder Hellinger, oder moderne philosophische Schamanen wie Castaneda, zeigen nur Ihre Wahrnehmung, Ihre Erfahrung, und Ihren Weg auf. Sie schließen niemanden aus, und grenzen auch nicht ein. Sie polarisieren nicht. Sie kennen nur die eigene Verantwortlichkeit für das eigene Handeln und nicht die eines anderen, und sei es auch Gott. Denn Gott tut oder läßt, was er will, abseits jeglicher Moral oder menschlicher Vorstellungskraft. Denn sonst wäre er ja nicht Gott. Wenn überhaupt, benutzt er uns bloß, ganz egoistisch, eigennützig und räuberisch.

@micfra .... ich bin Laurenz, Gottes Sohn, und ich erzähle Ihnen durchweg von fehlbaren Menschen, die nicht immer integer handeln. Und ich sage Ihnen auch, wie Sie leben sollen. Und alle Gottgesandten nach mir werden falsche Gottgesandte sein, und wenn ich einst wiederkehre, werde ich richten, die Lebendigen und die Toten. Und meine Göttlichkeit wurde schon bei meiner Geburt von Gott erklärt und nicht erst in 300 Jahren auf irgendeinem Hanswurst-Konzil. Und ich sterbe auch nicht für alle Laurenz-Gläubigen, sondern ich lebe für sie und tue immer das Beste für die gesamte Menschheit, jetzt und in alle Ewigkeit. Und wenn Sie, micfra, mir nicht folgen, werden Sie auf alle Ewigkeit als Ketzer und Sünder in der Hölle schmoren.

Nemesis

21. August 2019 10:13

@ zeitschnur
"Auf vieles erhalten Sie sicher eine Antwort, wenn Sie meinen Kommentar noch einmal ruhiger lesen. Ich habe nämlich das, was Sie herauslesen, ganz sicher so einseitig weder gesagt noch gemeint."

Ich habe ihren Kommentar durchaus ruhig gelesen.
Daß Sie es nicht so einseitig gemeint haben, nehme ich Ihnen ab.
Daß Sie es aber nicht so geschrieben hätten, nicht.
Sie haben. Zwar mit Einschränkungen.
Aber Sie haben.

"Potestas verleitet natürlich zum Unrechttun... das ist doch logisch. Eben weil sie auf keiner echten inneren Vollmacht gründet. Kann es sein, dass Sie meinen Unterschied zwischen potestas und auctoritas nicht verstanden haben? Leider bringen Sie ja kein triftiges Gegenargument, sondern stellen ohne Argument in Frage."

Nein, daß ist es nicht. Es ist nicht logisch.
Beide Formen (auctoritas und potestas) sind keine maßgeblichen Voraussetzungen dafür, ob jemand nun zum Unrecht verleitet wird oder nicht. Sie können auch aufgrund auctoritas, also die informelle Macht, die nicht an ein Amt gebunden war, sondern an Ansehen, Reichtum und Klientel, oder, was vielleicht noch schlimmer ist, aufgrund "echter innerer Vollmacht", brutalstes Unrecht begehen.
Und umgekehrt: Es ist keineswegs gesetzt, daß aufgrund von potestas automatisch Unrecht gesprochen wird.
Es hängt vom Gesetz ab, auf daß sich bezogen wird.
Ich beziehe mich auf die beiden Begriffsdefinitionen gemäß ihres römischen Ursprungs, keine speziellen Philosophischen.

" Ich stelle Ihnen aber eine Frage: Warum hat Jesus in der Wüste der Versuchung, vom Satan potestas über die Reiche dieser Welt zu gewinnen, widerstanden und wählte die Ohnmacht in den Kategorien der Macht und Gewalt? (Mt 4/Lk 4)"

Gegenfrage:
Warum hat Jesus die Geldwechsler mit der Peitsche aus dem Tempel gejagt und widerstand nicht der Macht und Gewalt?

Niekisch

21. August 2019 17:18

"Das Vorhaben, oder vielmehr der Wunsch, die Deutschen auszudünnen, ist übrigens nicht erst im Zweiten Weltkrieg aufgekommen, sondern 1918. Es war der Franzose Clemenceau, ein Rothschild-Günstling wie heute Macron, der nach dem Ersten Weltkrieg die Meinung vertrat, daß es 20 Millionen Deutsche zuviel gibt. Das war, Historiker mögen mich korrigieren, ein Argument, um das deutsche Volk noch schamloser schröpfen zu können."

@ Thomas Martini 20.8. 20:58: Ich werde das Zitat Clemenceau aus meinen Beständen im Zusammenhang heraussuchen, meine mich aber zu erinnern, daß es um die Stärke Deutschlands von der Bevölkerungszahl her im Verhältnis zu anderen europäischen Staaten, insbesondere Frankreich, ging. Deutschland soll insoweit das europäische Gleichgewicht gestört haben. Um die Eliminierung der Deutschen an sich ging es damals noch nicht explizit.

Sara Tempel

21. August 2019 17:32

@Nemesis
"Beide Formen (auctoritas und potestas) sind keine maßgeblichen Voraussetzungen dafür, ob jemand nun zum Unrecht verleitet wird oder nicht."

Nemesis, Sie nehmen hier die Begriffsdefinitionen gemäß ihres römischen Ursprungs und folgern, aufgrund "echter innerer Vollmacht", könne jemand brutalstes Unrecht begehen, was ich bezweifeln muß. Hingegen scheint sich "zeitschnur" auf den christlichen Sprachgebrauch zu beziehen. Die Trennung von weltlicher und göttlicher Macht (potestas und auctoritas) unterschied das Christentum stets so wohltuend vom Islam. - Auctoritas, die gemäß christlichem Glauben immer auf der göttlichen Macht basiert, kann in diesem Zusammenhang nicht zum Schlechten führen, denn das Böse geht von der Gegenseite, der des Antichristen, aus. Die weltliche Macht aber muß immer durch festgeschriebenes Recht an der immanent möglichen Willkür gehindert werden ( ist doch auch Hobbes' Gedanke)! Hieraus ergibt sich ein Problem unserer heutigen sogenannten Demokratie. "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande" (Augustinus zugeschrieben)

"Gegenfrage:
Warum hat Jesus die Geldwechsler mit der Peitsche aus dem Tempel gejagt und widerstand nicht der Macht und Gewalt?"

Meine Interpretation: Jesus hat Geld als Mittel des Antichristen erkannt und wollte seinem Volk, den Juden, mit seiner Tat eine Lehre erteilen, er unterlag weder der Macht noch der Gewalt.

zeitschnur

21. August 2019 18:10

@ Nemesis

Danke für Ihre Antwort, nur haben Sie glaube ich meine Begrifflichkeit nicht genau so aufgefasst, wie ich sie meine. Ihre Kritik geht an dem, was ich aussagen will, vorbei.

Die Szene von der Tempelreinigung ist im Rahmen meiner Begriffe weder Ausdruck von Gewalt noch von Macht. Die Erzählungen in den Evangelien zeichnen das auch nicht als Unrecht, sondern als Akt der Instandsetzung des durch die potestas korrumpierten Tempels.
Jesus tut das ohne irgendeine potestas, aber in einer eigentümlichen Vollmacht ("auctoritas"). Er "rastet" gewissermaßen postmodern gesagt "aus" in heiligem Zorn, irgendwelche Macht besitzt er dabei aber nicht. Es ist eine dramatische Szene. Die "Geißel" war dazu da, die vielen Opfertiere aus dem Tempelhof auszutreiben. Den Wechslern und Händlern stieße er ihre Tische um. Der zentrale Satz ist "Ihr habt aus meines Vaters Haus ein Kaufhaus gemacht!" Wir sind wieder beim Thema... Die Geschichte ist Gegenstand vieler heißer Debatten.

Für mich jedenfalls ist sie eine Symbolerzählung für den kommenden Tod Jesu und den künftigen Abbruch des Opfertempels, den er wohl prophetisch voraussah. Der Bezugspunkt ist hier gerade nicht Macht und Gewalt, stets an Besitz und Geld gekoppelt, sondern die Errichtung des spirituellen Reiches, das nicht von dieser Welt ist.

links ist wo der daumen rechts ist

22. August 2019 00:35

Helden von heute/ Kniefall

@ zeitschnur
Zitat:
Den inneren Widerspruch, das immer schwerere Verfehlen der göttlichen Gerechtigkeit unter dem Banner der "Heiligen Weisheit" beschrieb Erhart Kästner in "Aufstand der Dinge" mit einem ruhigen Blick. 

Ich wollte ihnen ja noch für Ihre Weiterführungen meiner Gedanken zu Kästners Buch in diesem Strang
https://sezession.de/61495/zweierlei-spektakel
danken, aber unser geschätzter Bademeister sah wohl dunkle Wolken aufkommen und verkündete schnell den Badeschluß.

Kästner schreibt natürlich – ausgehend von der Gestalt des „Christos Pantokrator“ und dem Elend des Mit-Regenten - auch über die Punkte, die Sie ansprechen. Aber es sind die dunkelsten Stellen im Buch.
Und mit ruhigem Blick? Im Buch ist ja viel von Erschöpfung, Schlaflosigkeit und Erschöpfungsschlaf ahn- und lesbar; erinnert mich deshalb auch ein bißchen an ein Komplementär-Buch wie Hildesheimers „Tynset“. Gedanken einer schlaflosen Nacht oder eines Fiebertraums, wenn nicht gar in hora mortis. Untergründige Verbindungen gibt es. Beide suchen ihre Orte der Wahrheit, wissen um die relative Vergeblichkeit (deshalb auch Kästners allegorische Grundhaltung), und ein kleines Detail: eine Schlüsselszene in Hildesheimers Buch spielt als Rückblende im Pestjahr 1522, dem Jahr, in dem Rhodos von den Osmanen erobert wurde (den Johannitern wurde freies Geleit zugesichert). Rhodos, auf dem Kästner in britische Gefangenschaft geriet …
Es gäbe noch ein paar weitere Bücher aus dieser Zeit, zu denen untergründige Verbindungen bestehen, wie etwa Anderschs „Winterspelt“. Aber das alles zu erörtern, führt zu weit.

Einen Punkt greife ich noch heraus.
Auf der Suche nach Literatur zum Thema Macht und ihrer Legitimation bin ich auch bei Agambens Projekt „Homo sacer“, und hier Teil II.2 „Herrschaft und Herrlichkeit“ gelandet. Kennen Sie wahrscheinlich als Theologin, geht es doch u.a. um die hochkarätige Debatte zwischen Erik Peterson und Carl Schmitt zum Thema Akklamation.
Auch die Art von Gegen-Akklamation, die beim „Nika“-Aufstand gegen Justinian eine Rolle spielte.
Agambens (etwas enttäuschendes) Fazit nach mehr als 300 Seiten:
Das Erbe der polit-theologischen „Herrlichkeit“ hat heute unsere mediale „Konsens-Demokratie“ angetreten.
Und so ersuche ich nach den Einwänden von @ Nemesis auf ihre Feststellung einer jahrhundertealten friedvollen weiblichen auctoritas, wie denn dann eine Erscheinung wie die der „Klima-Greta“ zu bewerten wäre, um Gedankenanknüpfung.
Etwa so, wie sie meine Kurzcharakteristik von Reiseleiter Raspail um ein boshaft-gelungenen Kurzporträt ergänzt haben.

Auf der Linie dieser heutigen Heldenverehrung liegt übrigens auch der Bericht eines österr- Nachrichtenmagazins, das mit der Aufmachung und dem Konterfei der Frau Rackete titelte: „... und wie mutig sind Sie?“ Die im Artikel ausgewählten Helden und Vorbildfiguren sind dann: neben Rackete und Thunberg Walter Lübcke (!), Raif Badawi, Megan Rapinoe, Edward Snowden, die Opernsängerinnen von Erl (!) und Anna Politkowskaja.
Also bei dieser Art medial erzeugter Akklamation wäre ich zwar ungern damals im Hippodrom gesessen, frage mich aber doch, ob an „Byzanz“ wirklich alles so schlecht war.
Oder stelle wie Kästner die Frage, was nach all den Zerstörungen schlicht an echtem Hoffnungsschimmer noch vorhanden sein kann.

Und zum eigentlichen Thema des Artikels:
Wie mediale Akklamation aktuell zum Kniefall auch im rechten Lager werden kann , habe ich hier - über die Bande gespielt - skizziert:
https://sezession.de/61463/francis-fukuyama-identitaet#kommentare

zeitschnur

22. August 2019 10:33

@ Sara Tempel und @ links ist wo der daumen rechts ist

Vielen Dank für Ihre Ausführungen! @ links ist... ich habe gerade Hemmungen, auf Ihre vielen Impulse einzugehen, über die ich erst nachdenken muss! Ich nehme das aber alles ins Gedächtnis auf und streue es vielleicht bei passender Gelegenheit ein.

Zu Ihrer Frage nach Greta/Carola, aber auch Politkowskaja etc als weiblichen "Helden":

Es gibt weibliche Helden schon immer und in jeder Ausrichtung - die neulich erwähnte Richterin Deborah ist damals die mutigste und tapferste Kriegerin, ohne sie und ihre ebenso tapfere Freundin Jael wäre der Kampf verloren gewesen. D. hatte "auctoritas" und handelte alleine aus ihr heraus, sie war Prophetin, so sehr, dass Paulus sie später ignoriert und nur auf ihren feigen Mitkämpfer Barak Bezug nimmt als "frommem" Mann. Natürlich ist das ärgerlich aus einem bestimmten Blickwinkel, wenn die eigentliche Siegerin "unterschlagen" wird, aber wir wissen als Bibelleser: Ohne diese Kämpferin hätte es den frommen Barak nicht gegeben. Der Volksmund sagt es in Sprüchen wie "Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau" - und es ist auch dieses schöpfungsgemäße "Er wird Vater und Mutter verlassen und ihr folgen", dieser Satz, den der unerlöste Mann hasst und bekämpft und überall das Schild drüber klebt "ich bin der Kopf", "ich bin der Chef", "sie folgt mir", verkennend, dass die Urordnung keine Chefs vorsieht, sondern vitale Lebensform. Eine christliche Auffassung kann nur eine große Tragik darin sehen, wenn man nach der tradierten männlichen Verfehlung des Ziels nun auch noch die Frau aus ihrer Position rückt und zu einem Mann 2.0. macht.
Die Frau ist nicht "besser", sondern sie hat in ihrer Ohnmacht nach dem Fall "auctoritas" erhalten, und sie kann sie natürlich verspielen! "Ich", sagt dieser Gott in Gen 3. "setze Feindschaft zwischen die Frau und dich (die Schlange)". Das ist eine klare göttliche Befähigung der Frau! Gott spricht hier selbst, er sagt "Ich setze". Und gleich darauf sagt er auch, dass er die Frau in ihrer Mutterschaft physisch schwächt und deswegen unter die Knechtschaft geraten lässt. In diesem heilsgeschichtlichen Widerspruch scheint bereits die Rolle des Christus auf. Er wird genau dieselben Merkmale tragen: er ist befähigt, hat „auctoritas“ und geht an der Knechtschaft dieser Welt zugrunde. Bezeichnenderweise gibt es im Drama um Jesu Hinrichtung und Verleumdung tatsächlich nicht eine einzige negative Frauengestalt bis hin zur Frau des Pilatus, die ihren Mann hindern will, ihn zu verurteilen, weil er unschuldig sei. Das ist auffallend, erklärt sich aber aus dieser Grundstruktur seit Gen 3.

Im heilsgeschichtlichen Kampf hat sie unverrückbar und letztendlich, wenn sie sie annimmt, niemals zerstörbar diese "auctoritas", aber - mystisch gesprochen - alles Satanische wird es ihr entreißen wollen, indem man es ihr ausredet, schlecht macht, sie verhöhnt, sie dazu verführen will, es aufzugeben. Dieses Satanische wirkte besonders stark in der Kirche neben all dem Guten, das es dort auch gab, das aber erlosch, schon mit der Staatskirche.

Und nun endlich zu Phänomenen unserer Tage wie Greta: Greta ist noch ein Kind, ein missbrauchtes Kind kurz vor der Erwachsenenreife. Ich weiß sehr genau, wovon ich rede, habe täglich vor Augen, wie so ein 16jähriger junger Mensch tickt. Und sie lässt sich missbrauchen. Ich sehe den Stolz und die Verblendung in ihrem Gesicht wachsen. Ihr Vater hat ihr das eingeredet und vermutlich weitere Erwachsene, v.a. Männer (die in den globalen Machtzirkeln nach wie vor die Mehrheit stellen), um diese Rolle auf dem elitären Parkett zu spielen. Und sie hat ihre gesamte "auctoritas" bereits im Sumpf versenkt. Eine Frau, die macht, was Männer ihr im Machtspiel einblasen, ist keine Frau mehr. Ebenso die Rakete. Übrigens auch auf dem Wiener Kongress - gerade auch bei den restaurativen Kräften. Ein schreckliches, obszönes Geschacher der mächtigen Herren, die ihre Mätressen gegenseitig verkauften für politische Ziele. Es ist heute nichts anderes! Und gar das Aufgebot an Zerrbildern weiblicher Befähigung, das uns, an die scheinbare Spitze drapiert, in den Untergang treibt. Derselbe Stolz, gepaart mit Vulgarität, auch bei unserer neuen Kommissionspräsidentin… Und das wie zum Hohn gerade in Deutschland mit seinen historisch so zahlreichen, tiefen Frauen. Es fehlen heute Frauen, die dazu tapfer und intellektuell kühn einen Widerspruch formulieren. Es ist eine Tragik für sich, dass gerade im konservativen „Lager“ viele dann ausgerechnet diese Notwendigkeit ebenfalls aus Dummheit und mangelnder spiritueller Tiefe verhindern wollen und damit den Untergang noch beschleunigen.

Politkowskaja würde ich daher eher nicht in eine Reihe mit Greta und stellen. Diese Frau hat wohl in einer anderen Liga gespielt. Ich vermute, sie war wirklich eine Heldin.

Sara Tempel

22. August 2019 11:38

@links ist wo der daumen rechts ist
"Und so ersuche ich nach den Einwänden von @ Nemesis auf ihre Feststellung einer jahrhundertealten friedvollen weiblichen auctoritas, wie denn dann eine Erscheinung wie die der „Klima-Greta“ zu bewerten wäre, um Gedankenanknüpfung."
Erlauben Sie, wenn ich mich einmische, da ich deutlich machen möchte, was "zeitschnur" nur damit gemeint haben kann, wenn sie auctoritas in Verbindung mit dem Wesen einiger Mütter bringt. Es muß sich hierbei um die Urgottheit der Großen Mutter handeln, die nach C.G.Jung als Archetypus im kollektiven Unbewußten jeder Frau und auch jedes Mannes schlummert und deren Wesen sich oft in der Mutterliebe für das leibliche Kind ausprägt. - Ich verweise dazu auf Erich Neumann: "Die Große Mutter" und meine eigene homepage unter: Essenz! - Frauen wie Rackete und Greta Thunberg, die sich nolens volens oder bewußt politisch wie kommerziell benutzen lassen, spechen nicht im Namen von wahrer auctoritas! Stimmen Sie mir hier grundsätzlich zu, "zeitschnur"?

Nemesis

22. August 2019 17:00

@Sara Tempel
"Nemesis, Sie nehmen hier die Begriffsdefinitionen gemäß ihres römischen Ursprungs und folgern, aufgrund "echter innerer Vollmacht", könne jemand brutalstes Unrecht begehen, was ich bezweifeln muß. Hingegen scheint sich "zeitschnur" auf den christlichen Sprachgebrauch zu beziehen...Auctoritas, die gemäß christlichem Glauben immer auf der göttlichen Macht basiert, kann in diesem Zusammenhang nicht zum Schlechten führen, denn das Böse geht von der Gegenseite, der des Antichristen, aus."

Dann ergibt sich für Sie aber folgendes Problem:
Die geradezu klassischen Beispiele für das Sprechen mit auctoritas, also echter innerer Vollmacht im christlichen Sinne, dürften wohl die Propheten im AT sein.
Hier reden also verschiedene Propheten mit auctoritas, mit dem Ergebnis der Auslöschung ganzer fremder Bevölkerungen und Bevölkerungsteile (Kinder, Kranke, Frauen, Vieh etc.. )
Und das nicht nur einmal, sondern an vielen Stellen.

Genau darauf weist auch @Laurentz in seinem Beitrag auf die ihm eigene charmante Art zurecht hin. (Als Grobschmied pflügt er allerdings aus meiner Sicht einmal mehr mit dem Mähdrescher durchs Gemüsebeet und macht auf diese Art auch durchaus brauchbare Pflanzen komplett platt.) :)

So wie ich es sehe, haben Sie an dieser Stelle jetzt genau drei Möglichkeiten:

1. Sie bleiben bei Ihrer Position, daß aufgrund echter innerer Vollmacht niemals brutalstes Unrecht begangen werden kann. Das kann man so sehen, die Besiegten dürften das naturgemäß aber anders gesehen haben.

2. Sie akzeptieren, daß auch mit auctoritas brutales Unrecht begangen werden kann.

3. Sie enthalten sich der Aussage, was aber nichts zur Klärung des Sachverhaltes beiträgt.

@zeitschnur
21. August 2019 18:10
"Die Szene von der Tempelreinigung ist im Rahmen meiner Begriffe weder Ausdruck von Gewalt noch von Macht. .. Jesus tut das ohne irgendeine potestas, aber in einer eigentümlichen Vollmacht ("auctoritas"). Er "rastet" gewissermaßen postmodern gesagt "aus" in heiligem Zorn, irgendwelche Macht besitzt er dabei aber nicht."
@Sara Tempel
"... er unterlag weder der Macht noch der Gewalt."

Ausrasten in Form heiligen Zorns basierend auf einer eigentümlichen Vollmacht ("auctoritas"), ist im Rahmen Ihrer Begrifflichkeiten also kein Ausdruck von Gewalt.

Was ist es Ihrer Meinung nach dann?

"Irgendwelche Macht besitzt er dabei aber nicht."

Jemand der gegenüber Unbewaffneten eine Waffe in die Hand nimmt (in diesem Fall halt eine Peitsche) hat also keinerlei Macht.

Weshalb existieren dann Waffen überhaupt?
Wieso hat er sie in die Hand genommen?

t.gygax

22. August 2019 17:27

@zeitschnur
" es fehlen heute Frauen ..."
Elsässer hat eine hübsche Compact-Nummer unter dem Tiel "Deutsche Frauen" veröffentlicht.
Es tut gut, einmal von diesen Frauen zu lesen und den Blick abzuwenden von Kreaturen wie UvdL, AM , AN , CR und anderen .....

Nemesis

22. August 2019 20:34

@zeitschnur
Ich muß dann doch noch einen Kommentar nachschieben.
Sie fordern mich zum Widerspruch heraus.
Ich halte Ihre Darstellungen von Frauen als Friedensengel, ich sags mal vorsichtig, für verzerrt und scheinheilig.

Ich hatte es in einem meiner Beiträge schon angedeudet, ohne daß Sie jedoch weiter darauf eingegangen sind. Deshalb hier nochmal komprimiert:

Frauen konnten (und können) es sich leisten, auf selbstständige physische Gewaltanwendung zu verzichten.

1. es würde für sie keinen Sinn machen, da sie physisch den meisten Männern unterlegen sind.
2. Sie konnten (und können) sich (teilweise noch) darauf verlassen, daß dieser Part durch Männer übernommen wurde/wird.
3. In der Vergangeheit war das auch vollkommen normal und ausgeglichen. Im Gegenzug dazu konnten sie gesichert ihre Nachkommen durchbekommen und großziehen. Es war gewissermaßen Part einer Aufgabenteilung.Frauen haben dadurch eben auch enorme Vorteile gehabt (neben naturgemäß auftretenden Nachteilen). Spiegelbildlich galt das auch für Männer (natürlich andere Nachteile: wer stirbt schon gerne an einem eingeschlagenem Schädel...)

Jetzt aber herzugehen und Frauen als die Heiligen und Friedensengel mit auctoritas zum Friedensreich zu verklären, weil sie nicht an der Gewalt teilgenommen hätten, halte ich, wie gesagt, für mehr als scheinheilig.

Und nochmal zurück zum Punkt 1:
Daraus ergibt sich, daß sie eben andere Formen der Gewalt (passiv-agressiv, manipuliered, berechnend..) entwickelt haben. Das heißt aber keineswegs, daß sie so friedvoll sind, wie sie sie hier permanent darzustellen versuchen.

Und wenn Sie dann, was Sie ja gerne machen, auf den biblischen Urzustand referenzieren, warum machen Sie das dann eigentlich nur für Frauen?

Das gleiche Schema wenden sie wiederum hier an:

"Greta ist noch ein Kind, ein missbrauchtes Kind kurz vor der Erwachsenenreife. Ich weiß sehr genau, wovon ich rede, habe täglich vor Augen, wie so ein 16jähriger junger Mensch tickt. Und sie lässt sich missbrauchen. Ich sehe den Stolz und die Verblendung in ihrem Gesicht wachsen. Ihr Vater hat ihr das eingeredet und vermutlich weitere Erwachsene, v.a. Männer (die in den globalen Machtzirkeln nach wie vor die Mehrheit stellen), um diese Rolle auf dem elitären Parkett zu spielen. Und sie hat ihre gesamte "auctoritas" bereits im Sumpf versenkt. Eine Frau, die macht, was Männer ihr im Machtspiel einblasen, ist keine Frau mehr. Ebenso die Rakete. Übrigens auch auf dem Wiener Kongress - gerade auch bei den restaurativen Kräften. Ein schreckliches, obszönes Geschacher der mächtigen Herren, die ihre Mätressen gegenseitig verkauften für politische Ziele. Es ist heute nichts anderes! Und gar das Aufgebot an Zerrbildern weiblicher Befähigung, das uns, an die scheinbare Spitze drapiert, in den Untergang treibt. Derselbe Stolz, gepaart mit Vulgarität, auch bei unserer neuen Kommissionspräsidentin… Und das wie zum Hohn gerade in Deutschland mit seinen historisch so zahlreichen, tiefen Frauen."

Kein Wort davon, daß sich die Frauen selbstständig dazu entscheiden.Selbstverständlich sind Männer daran schuld, daß die Frauen sich dafür entscheiden.
Wer auch sonst? Sie blasen es ihr ja ein.

Btw: Sie kennen die Thunberg Familie persönlich?
Oder woher wissen Sie, daß der Vater ihr das eingebimst hat?

In Einem gebe ich Ihnen allerdings Recht:
"Es fehlen heute Frauen, die dazu tapfer und intellektuell kühn einen Widerspruch formulieren."

Gracchus

22. August 2019 23:43

@Nemesis
Sie argumentieren etwas unredlich:
a) Haben doch weder Sara Tempel noch zeitschnur von den Propheten des AT gesprochen,
b) nennen Sie keine Stellen,
c) vergessen Sie die Möglichkeit, dass nicht alles, was die Propheten gesagt und getan haben, von der inneren Vollmacht gedeckt war.
d) ist innere Vollmacht nicht so zu verstehen, dass wer sich darauf beruft, sie auch zwangsläufig hat;
e) ist die Umkehrung des Satzes ebenso war: Wer brutales Unrecht tut, hat keine innere Vollmacht, jedenfalls nicht für dieses tun.

Was die Tempelreinigung angeht: dito, weil

a) es schonmal unredlich ist, sich auf diese Szene zu fokussieren, wenn man sich die ganze Geschichte Jesu vor Augen hält und man weiss, dass er u. a. verworfen wurde, weil er nicht der erhoffte politische Messias war, der das messianische Reich mit Gewalt errichten wollte;
b) und Jesus auch in der Tempelszene ganz offenkundig nicht mit "potestas" handelte und auch da nicht von seiner Linie abgewichen ist, weil
b) da nicht steht, dass Jesus ein Blutbad angerichtet hätte, es steht da nicht einmal, dass sich jemand verletzt hätte, nicht dass Jesus einen unkontrollierten Gewaltausbruch gehabt hätte; sodass ich mich
c) frage, wozu ihr Argument dient, und ich mir stattdessen
d) vorstelle, dass Jesus wusste, dass er nur zu drohen braucht, damit die Händler feige davon laufen; es wäre doch ein Leichtes gewesen, sich zusammenzutun und ihn zu überwältigen; aber die Händler waren allein darauf bedacht, die eigene Haut zu retten, und das sollte wohl auch zeigen, wes knechtischen Geistes Kind sie sind.

Gustav

23. August 2019 08:53

"Beim Thema Religion meint jeder, ohne genaueres Wissen mitreden zu können, was ich für anmaßend und destruktiv halte."

Am besten mitreden kann natürlich nur der, der sie erfunden hat. Denn nur er kann wissen, was er damit bezwecken wollte.

Der Mensch wird ungefragt in ein Chaos geboren, mit der Notwendigkeit, seinen Magen zu füllen. Befolgt er diesen Zwang nicht, ist er gleich wieder "weg vom Fenster". Da hilft kein Beten und auch keine Quantenphysik. Er ist und bleibt ein Mangelwesen.

Er muß sich also ein Wesen geben, welches diese "Dauerbedürfnisse" dauerhaft befriedigen kann. Und er braucht hierzu eine gewisse Ordnung. Und die hätte gerne jeder nach seinen Vorstellungen und zu seinem Vorteil.

Es fängt das Hauen und Stechen an. Willkommen im Leben!

zeitschnur

23. August 2019 09:55

@ Nemesis

Eigentlich hatte ich einige Ihrer Fragen schon beantwortet. Sie gehen auf meine Antworten jedenfalls nicht ein und stellen die Fragen wieder ohne Anknüpfung an die Antworten.

Es ist alleine schon einmal falsch zu behaupten, das Hauptamt der Propheten hätte darin bestanden, Kriege auszulösen. Es ist sachlich meistens andersherum: die Propheten beklagen die Untreue Israels gegenüber Gott. Grundtenor: Er hat sie aus Ägypten geführt und sie fallen ab und beten wieder die Baale an. Israel wird deswegen den Boden unter den Füßen verlieren, angegriffen und verschleppt werden, und der Herr wird sich erbarmen eines Tages. Zeigen Sie mir die Nation, die ihr eigenes „Losertum“ so krass beschreibt! Ich finde das mehr als ungewöhnlich und gerade darum auch glaubwürdig.

Wenn man meint, zu diesem Punkt etwas Moralisches abgeben zu sollen, sollte man wissen, was diese Baalskulte bedeuteten: es waren grausamste, blutrünstige Kulte, die nicht ohne Menschenopfer abgingen. Der Ritualmord an Kindern stammt daher. Das waren keine beschaulichen Heidenreligionen mit Meditation in Lumpen auf hohen Bergen oder so etwas, sondern furchtbare Entgleisungen alles Menschlichen, die aber offenbar - so kann man den Eindruck gewinnen - in der Vorzeit gang und gäbe waren und flächendeckend die bekannten Zivilisationen begleiteten und prägten. An dieser Stelle sollte man aufwachen und endlich erkennen, dass nicht alles, was "religiös" ist, auf gleichem Niveau steht, und dass die Menschheit sich in einem zwar hochtechnisiserten, aber mental barbarischen Zustand befunden haben könnte.
Das Herausgeführtwerden aus Ägypten bedeutet genuin das "Abwälzen der Schande Ägyptens" ("Gilgal", der Ort, an dem Israel sich rüstete, um Jericho zu erobern, bedeutet dies. "Ägypten" ist ebenso wie "Babylon" Chiffre für alles Abscheuliche und Greuelhafte der Vorzeit, aus dem Israel ausbrechen sollte, aber eben nicht dauerhaft wollte. Es fiel immer wieder zurück und kam dann in diesem Treiben selbst um.
In einer durch und durch grausamen, kultisch-satanischen Umwelt geschehen diverse Kriege zu Beginn Israels. Teilweise fängt Israel an, insgesamt wird es aber mehr angegriffen als dass es selbst angriffe.

Nun muss man aber Bibel sachkundig und v.a. genau lesen, nicht schon von vornherein mit der uneingestandenen Absicht, seine eigenen negativen und ungeprüften Vorurteile und Aversionen hineinzuinterpretieren. Anders als der Koran ist sie keine Handlungsanweisung, sondern berichtet die Geschichte Israels als Weg Gottes mit der Menschheit hinaus aus diesem furchtbaren, heillosen Zustand.

Jedoch ist es mit diesen Kriegen nicht anders als mit den erlaubten und sogar gebotenen Tieropfern: JHWH verabscheut sie eigentlich und sagt das auch.
Obwohl er bei David ist und ihn siegen lässt, obwohl David als "Mann nach dem Herzen Gottes" gezeichnet wird, werden seine Ungerechtigkeit und Blutrünstigkeit scharf kritisiert — nur: das AT berichtet uns, dass Gott dies verurteilt und nicht nur dies, sondern auch dass David Buße tut darüber! Wo bitte haben wir sonst in alten Texten diese Dialektik?! Es ist nicht nur der berühmte Ehebruch und Mord an Uriah mit und wegen Batschewa, der Mutter Salomos, sondern auch das viele Blut an Davids Händen aus all den Kriegen:

Davids großer Traum war es gewesen, dem Herrn im endlich befriedeten Jerusalem einen Tempel zu bauen. Doch der Herr verwehrt es ihm aus zweierlei Gründen:

1. Sein trotz allem geliebter Heiliger David darf ihm, der nicht an Orten aus Stein oder Holz wohnt, keinen Ort bauen, weil er den Herrn geschaut hat und selbst der Ort sein soll, an dem er wohnt: Aus ihm und dem Haus Juda will er den Nachkommen wecken, diesen "Samen der Frau", von dem die ganze Menschheit wusste von alters her. (2 Sam 7; 1 Chron 17)

2. Hände, an denen Blut klebt, können dem Herrn keinen Tempel bauen: David sagt zu seinem Sohn Salomo, der später den Tempel bauen kann:
"Da erging das Wort des Herrn an mich: Du hast viel Blut vergossen und schwere Kriege geführt. Du sollst meinem Namen kein Haus bauen, denn du hast vor meinen Augen viel Blut zur Erde fließen lassen." (1 Chr 22,8f)

Es ist überhaupt schon einmal völlig ungewöhnlich, dass in einem antiken Text eine solche Thematik ausgesprochen wird ohne Schminke und Siegesgetue. Was in Israel Sieg gegen Greuel war, war selbst Greuel, denn Gott hatte dem Noach nach der Sintflut gesagt, niemand dürfe Menschenblut vergießen, niemand! Wer es doch tue, selbst Tiere (!), würden sich dafür vor Gott verantworten müssen. Die Vorzeit muss grausam gewesen sein, die Sintflut war Folge dieser schweren Perversionen.
Danach soll es ohne Blutvergießen weitergehen, aber es klappt nicht: Kaum ist das Wasser verlaufen, baut Noach einen Altar und … opfert Tiere für Gott. Es klingt seltsam, was dann folgt: Der Autor der Geschichte knüpft an das Opfer sofort folgenden Satz an: "Der Herr roch den beruhigenden Duft und der Herr sprach bei sich: Ich will die Erde wegen des Menschen nicht noch einmal verfluchen; denn das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an..." (Gen 8,21)
Wer aufmerksam liest, muss merken, dass hier etwas nicht zusammenpasst:
Eigentlich sollte doch der "beruhigende Duft" des Opfers Gott anzeigen: Alles klar, die Sache fängt doch gut an, jetzt nach dem Cut mit der verkommenen Menschheit... Aber nein, auf dieses Opfer hin kommt die Resignation Gottes: Es hat sich nichts geändert mit dem Menschen, denn - ja was denn?! - Noach hat gerade wieder ein blutiges Opfer gebracht! Man kann fragen: Warum hat er Gott nicht angerufen? Angesprochen? Welche Sitten sind das, dieses Verstummen vor Gott und anstelle der Zwiesprache wird Blut vergossen?
Aber die Menschheit begreift es nicht, schafft den Sprung alleine mental nicht so schnell, wenn überhaupt...

Das ist das Drama des AT, und darin werden ungeschminkt die Dinge gezeigt wie sie sind, aber nirgends gutgeheißen. Mit der Erscheinung des Messias ist allerdings das Verharren in dieser Grauzone des zugelassenen Greuels im Greuel zu Ende.
Es gilt nach wie vor das gebot nach der Sintflut: „Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut wird durch Menschen vergossen.“ Und: „Für das Leben des Menschen fordere ich Rechenschaft von jedem seiner Brüder.“ (Gen 9)

Das ist der biblische Hintergrund für alles andere, und demnach sieht es für die Menschheit nicht gut aus!

zeitschnur

23. August 2019 20:29

Lieber @ Nemesis

Bitte lesen Sie doch einfach meine Antworten noch einmal genauer. Ich schreibe allerdings nicht mit der Baggerschaufel, sondern einer relativ feinen Feder.

Die Tempelszene ist für mich eine Chiffre - lesen Sie doch noch einmal. Ansonsten hat sich @ Grachus dazu gut geäußert! Die "Peitsche" - ich sagte es bereits - war für das Austreiben der Tiere gedacht. Aber die Geschichte hat v.a. symbolischen Charakter. Nach ihr ist der Laden wie vorher weitergelaufen und Jesus hatte danach ebenso wenig potestas wie davor, sondern landete durch die potestas (Pilatus, Sanhedrin, Herodes Antipas) am Kreuz!

Ansonsten möchte ich mich nicht mehr wiederholen.
Causa finita, amice!

Nemesis

23. August 2019 23:13

@Gracchus
Danke für Ihre Rückmeldung...und eine Menge an Rückfragen. :)

O.k., dann will ich mal versuchen, die von Ihnen angesprochenen Punkte zu klären, damit, falls möglich, aus der vermeintlichen Unredlichkeit möglicherweise doch noch eine unvermeintliche Redlichkeit wird:

Zu Ihren Fragen:
a) + b) Es geht um das Sprechen mit auctoritas im christlichen Sinne, also muß ich mich logischerweise auf eine Quelle beziehen, die ganz offensichtlich mit dem spricht (oder gesprochen hat), was als auctoritas im christlichen Sinne anerkannt ist. Das dürften wohl u.a. die Propheten im AT sein.

Sara Tempel Aussage:
"... Auctoritas, die gemäß christlichem Glauben immer auf der göttlichen Macht basiert, kann in diesem Zusammenhang nicht zum Schlechten führen, denn das Böse geht von der Gegenseite, der des Antichristen, aus."

Hier einige Gegenbspe dazu:
4.Mose,31,V9: ...Und sie führten die Frauen der Midianiter und ihre Kinder gefangen weg und erbeuteten all ihr Vieh und alle Ihre Herden und all ihren Reichtum und alle ihre ..Zeltdörfer verbrannten sie mit Feuer usw...
V14: Und Mose wurde zornig über die Befehshaber des Heeres... und sagte zu Ihnen:Habt ihr alle Frauen am Leben gelassen?...
4.Mose 33, V52 ff: Wenn ihr über den Jordan in das Land Kanaan zieht, sollt ihr alle Bewohner des Landes vor euch her vertreiben... V55: Wenn ihr aber die Bewohner des Landes nicht vor euch her vertreibt, dann werden die, die ihr von ihnen übriglaßt, zu Dornen in euren Augen und zu Stacheln in euren Seiten werden.
Josua 6, V21: "Und sie vollstreckten den Bann an allem, was in der Stadt war, an Mann und Frau, an Alt und Jung, an Rind, Schaf, und Esel, mit der Schärfe des Schwertes.
2. Samuel, 12, V30 ff : Und das Plündergut der Stadt brachte er in großer Menge hinaus. Das Volk aber, das darin war, führte er heraus und stellte es an die Steinsäge, an die eisernen Pickkel ...und ließ sie als Sklaven an den Ziegelformen arbeiten. Und so machte er es mit allen Städten der Söhne Ammon.
Jeremia 51,V20: ... mit Dir zerhämmere ich Mann und Frau und mit Dir zerhämmere ich Greis und Knaben, mit Dir zerhämmere ich Jüngling und die Jungfrau, mit Dir zerhämmere ich den Hirten und seine Herden und so weiter.
Hesekiel 25, V13 f: ..werde ich meine Hand gegen Edom ausstrecken und Menschen und Vieh aus ihm ausrotten und ich werde es zur Trümmerstätte machen....
usw. usw.

Ich denke, daß reicht mal.

Mir geht nicht um eine Bewertung ob das jetzt richtig oder falsch war. Kann ich nicht beurteilen.
Das waren halt toughe Zeiten.

Aber was ich daraus lerne: Die Aussage Sara Tempels daß "Auctoritas, die gemäß christlichem Glauben immer auf der göttlichen Macht basiert, in diesem Zusammenhang nicht zum Schlechten führen kann", kann offensichtlich so nicht richtig sein. Sie stimmt zumindest aus Sicht der Besiegten (Frauen, Kinder, Vieh) ganz offensichtlich nicht.

c) Danke für Ihren Hinweis, aber alle der oben genannten Bsp waren definitiv von der inneren Vollmacht gedeckt.
Lesen Sie es nach.

d) ja, das hatte ich auch nicht in Frage gestellt.

e) das denke ich, ist mit den obigen Beispielen widerlegt.

"Was die Tempelreinigung angeht:.."
a) zeitschnur hat mit der Fokussierung auf die Wüstenszene und mit der entsprechenden Frage an mich begonnen. Weshalb sollte mir dann keine Fokussierung zustehen?

b) das habe ich auch nicht behauptet.

b) + c) weil ich an der Antwort von zeitschnurs Frage an mich:
" Ich stelle Ihnen aber eine Frage: Warum hat Jesus in der Wüste der Versuchung, vom Satan potestas über die Reiche dieser Welt zu gewinnen, widerstanden und wählte die Ohnmacht in den Kategorien der Macht und Gewalt? (Mt 4/Lk 4)"

gerne eine Antwort auf meine Gegenfrage:
"Warum hat Jesus die Geldwechsler mit der Peitsche aus dem Tempel gejagt und widerstand nicht der Macht und Gewalt?"

interessiert war und ich von ihr gerne den Widerspruch erklärt bekommen hätte: Denn ganz offensichtlich widerstand er da eben genau nicht der Gewalt und Macht.

d) Das ist Ihre Interpretation und die finde ich wunderbar.

Gracchus

25. August 2019 16:35

@Nemesis
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antworten. Was die Tempelreinigung angeht, habe ich dennoch Mühe, Ihr Argument zu verstehen, zumal Sie meine Interpretation wunderbar finden.

Was das AT angeht, kann man auch ohne Markionist zu sein feststellen, dass dieser Gott ambivalente Züge trägt, die eben erst durch Jesus aufgelöst werden. Deshalb habe ich Zweifel - von den Evangelien aus betrachtet -, dass alles, was Mose oder die Propheten sagten und taten, durch göttliche Vollmacht gedeckt war. Gottesbild und -beziehung unterliegen geistiger Entwicklung - bis heute!

Nemesis

26. August 2019 17:33

@Graccus
"Vielen Dank für Ihre ausführliche Antworten. Was die Tempelreinigung angeht, habe ich dennoch Mühe, Ihr Argument zu verstehen, zumal Sie meine Interpretation wunderbar finden."

Gerne.
Weil sie nicht sofort das, was nicht ins Bild paßt und wider-sprüchlich ist, als symbolisch weginterpretiert, sondern zum Nachdenken anregt.

"Was das AT angeht, kann man auch ohne Markionist zu sein feststellen, dass dieser Gott ambivalente Züge trägt, die eben erst durch Jesus aufgelöst werden. Deshalb habe ich Zweifel - von den Evangelien aus betrachtet -, dass alles, was Mose oder die Propheten sagten und taten, durch göttliche Vollmacht gedeckt war."

Womit wir dann wieder bei der auctoritas-Frage angelangt wären. .. :) Die zitierten Stellen scheinen mir jedoch diesbezüglich relativ eindeutig.

Und dann gibts ja auch noch so was hier:
„Ich, der Herr, bin der Erste, und bei den Letzten bin ich derselbe.“ (Jes 41,4)
Bei ihm „ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis" (Jak 1,17)?

Und dann?

"Gottesbild und -beziehung unterliegen geistiger Entwicklung - bis heute!"

Schon.
Nur könnte das dann aber auch heißen:
"Der Mensch schuf Gott zu seinem Bilde, zum Bilde des Menschen schuf er ihn."

Oder nicht?

Gracchus

26. August 2019 21:55

"Die zitierten Stellen scheinen mir jedoch diesbezüglich relativ eindeutig." Es bleibt aber ein Text, der etwas behauptet - wie's in Wirklichkeit war, wer weiss das. Was wahre auctoritas bedeutet, ist eben erst durch Jesus Christus klar zutage getreten

"Der Mensch schuf Gott zu seinem Bilde, zum Bilde des Menschen schuf er ihn." Richtig - eben deshalb, weil Gott wirklich existiert ... :)

Nemesis

27. August 2019 21:42

@Graccus
Jetzt haben Sie mich wie so ein Terrier am Schienbein.. :))
Ich muß dann doch nochmal nachsetzen.
(wobei: Wenn es Ihnen zuviel wird, können Sie ja jederzeit abbrechen)
Mir geht es dabei nicht um Rechthaberei, ich würde es nur gerne verstehen.

"Es bleibt aber ein Text, der etwas behauptet - wie's in Wirklichkeit war, wer weiss das. Was wahre auctoritas bedeutet, ist eben erst durch Jesus Christus klar zutage getreten."

Und das wissen Sie dann woher?
Ich meine, wieso lehnen Sie stellenweise die auctoritas der Propheten im AT ab, aber im NT plötzlich nicht mehr?
Weil Ihnen die Botschaft besser zusagt?
Was wäre denn das für eine auctoritas?
Ich würde das dann eher unter persönlichen Geschmack verbuchen.
Was ja durchaus o.k. ist.
Aber mit auctoritas hätte das dann doch nicht mehr viel zu tun.

Oder heißt die frohe Botschaft deshalb so,
weil ich froh sein kann,
daß ich das, was mir nicht paßt,
entweder als symbolisch,
oder mit fehlender auctoritas gesprochen,
einfach wegschieben kann?

Denn darauf würde es dann ja wohl hinauslaufen.

Gracchus

29. August 2019 20:12

"wie ein Terrier", haha ... Ihr Interesse freut mich ja.

"Ich meine, wieso lehnen Sie stellenweise die auctoritas der Propheten im AT ab, aber im NT plötzlich nicht mehr?"
Ablehnen? Plötzlich?

Ich bin eben Christ - und als Christ ist eben Christus der Massstab. Wer oder was denn sonst? Die frohe Botschaft ist das Evangelium Christi, also NT. Die symbolische Deutung ist eine legitime Deutung, aber ich sehe nicht, wo ich etwas symbolisch weginterpretiere.

Ist das beliebig? Auch. Da wahre Autorität keinen Zwang ausübt ... Daher kommt es auf Vertrauen an.

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