Zwischen dem 02. und 04. August 1964 ereignete sich der »Tonkin-Zwischenfall« im Golf von Tonkin vor der Küste Nordvietnams, bei dem mehrere US-amerikanische Kriegsschiffe von nordvietnamesischen Booten attackiert worden sein sollten. Die US-Regierung unter Präsident Lyndon B. Johnson nutzte diesen Vorfall – über den im Nachhinein bekannt wurde, daß er nie stattgefundenen hatte – um mit allen militärischen Mitteln in den schwelenden Konflikt zwischen Nord- und Südvietnam einzugreifen.
Das ostasiatische Land an der Pazifikküste war somit zum Schauplatz des längsten Krieges im 20. Jahrhundert geworden. Ordnet man den französischen Indochinakrieg, den US-amerikanischen Vietnamkrieg und die zwischen beiden militärischen Auseinandersetzungen liegende, vor sich hinköchelnde Transitionsphase als einen verbindenden Rahmen ein, dauerte der Krieg rund 29 Jahre an. Für die US-Amerikaner verkörpert »Vietnam« ein nationales Trauma – nach dem quasi gescheiterten Krieg in Korea von 1950–1953 sollte der Konflikt in Vietnam endgültig erhebliche Zweifel an der eigenen Stärke hervorrufen, noch einen Krieg gewinnen zu können.
Ferner ließ er eine über den Konflikt innerlich zerrissene Gesellschaft zurück, die sich ihrer Selbstgewißheit beraubt sah. Nun hat ARTE für einen begrenzten Zeitraum die monumentale Dokumentation – im englischen Original sogar achtzehn Stunden lang, die deutsche Version ist leider um fast die Hälfte gekürzt – »The Vietnam War« von Ken Burns und Lynn Novick in seine Mediathek aufgenommen.
Bedauerlicherweise sind die ersten drei Teile nicht mehr verfügbar, nichtsdestotrotz lohnt auch ein Einstieg in der Mitte. Bis zum 11.09. sind die letzten fünf Teile der Doku-Serie noch bei ARTE abrufbar, also ranhalten!
Nachtrag: Mittlerweile ist keiner der Teile mehr über ARTE verfügbar, weswegen nur noch ein Ausschnitt von PBS als Video hier hinterlegt ist.
Für die Leser, die des Englischen mächtig sind, empfiehlt es sich am besten gleich auf Suche im Netz zu gehen und nach einem UK-Import der DVD Ausschau zu halten. So kommen Sie an die ungekürzten achtzehn Stunden heran und entgehen dem Zeitdruck.
Was Ihnen wiederum nicht zeitlich zwischen den Fingern zerrinnt, sind Buchstaben auf Druckpapier. Und zur anthropolgischen Konstante »Krieg« gibt es einiges von Gehalt zu lesen: Zuallererst wäre da Rolf Peter Sieferles umfassendes Spätwerk Krieg und Zivilisation zu nennen, das den Krieg als ein Phänomen kultureller Evolution identifiziert und ihn in seinen Erscheinungsformen von den tribalistischen Wurzeln bis zu modernen Cyberkriegen akribisch seziert. Ferner lohnt sich im Kontext »Krieg« immer die Lektüre der Arbeiten des israelischen Militärhistorikers Martin van Creveld – hier sei Kriegs-Kultur. Warum wir kämpfen: Die tiefen Wurzeln bewaffneter Konflikte empfohlen. Im Zusammenhang mit dem Vietnam-Krieg sei außerdem nachdrücklich auf Carl Schmitts Theorie des Partisanen hingewiesen – eine konzise Analyse zur Asymmetrie moderner Kriege. Zu guter Letzt ein Wechsel von der Draufsicht des Beobachters in die Innenansicht; was es bedeutet, mitten im »Vater aller Dinge« zu stecken, das schildert der französische Schriftsteller und Kriegsveteran des libanesischen Bürgerkriegs Richard Millet eindrucksvoll in seinem, bei Antaios erschienenen, Erfahrungsbericht Töten. Ein Bericht:
Was ich vor zehn Jahren noch für mich behalten hatte, werde ich nun offenlegen, um zum Ende zu kommen mit dem Krieg.
Ganz im Zeichen des Buches stand auch wieder die bekannte Sendereihe auf YouTube »Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen« mit Ellen Kositza und Susanne Dagen – diesmal zu Gast, der Leiter des Institut für Staatspolitik, Dr. Erik Lehnert:
Von den besprochenen Büchern – Welch schöne Tiere wir sind (Kositza), Gegenlauschangriff (Dagen) – ist insbesondere das von Dr. Erik Lehnert vorgestellte Stauffenberg. Portrait eines Attentäters hervorzuheben.
Qua Thomas Karlaufs spezieller Herangehensweise der Ideenweltrekonstruktion des Offiziers ragt es zwischen den Unmengen an Stauffenberg-Biographien positiv heraus und läßt den Attentäter in einem anderen Licht erscheinen als in welchem ihn so mancher gerne sehen möchte – denn die Vorstufe zur BRD verkörperte Stauffenberg mit ziemlicher Sicherheit nicht:
Wir bekennen uns im Geist und in der Tat zu den großen Überlieferungen unseres Volkes, die durch die Verschmelzung hellenischer und christlicher Ursprünge in germanischem Wesen das abendländische Menschentum schufen. Wir wollen eine Neue Ordnung, die alle Deutschen zu Trägern des Staates macht und ihnen Recht und Gerechtigkeit verbürgt, verachten aber die Gleichheitslüge und fordern die Anerkennung der naturgegebenen Ränge. Wir wollen ein Volk, das in der Erde der Heimat verwurzelt den natürlichen Mächten nahebleibt, das im Wirken in den gegebenen Lebenskreisen sein Glück und sein Genüge findet und in freiem Stolze die niederen Triebe des Neides und der Mißgunst überwindet.
Der_Juergen
Ich wäre dankbar für die genaue Quelle zu dem hier angeführten Stauffenberg-Zitat, das es in sich hat.