September 2019 – “Warum schreibt eigentlich die Kositzka nicht mehr?”, so wurde in den letzten beiden Monaten hier und da angefragt, seltsamerweise zur Hälfte mit dem “k” in der Mitte zuviel. Einige andere Leser wußten Bescheid: „Twitter killed Das war´s“.
Ja, das stimmt irgendwie. Seit Juni 2019 kommuniziere ich nämlich täglich in Kurzform das auf twitter, was ich zuvor jahrelang wöchentlich in meiner Das war’s‑Kolumne aufbereitet hatte. Jetzt also twitter.com/EKositza. (Man kann mir dort auch folgen, ohne selbst „aktiv“ zu sein.)
Wer sich über diesen Tatbestand verwundert, weiß vermutlich, wie rückständig ich eigentlich bin. Hausarbeiten – Schnippeln, Schälen etc. – erledige ich beispielsweise gern in der Hocke. Kubitschek kennt das sonst nur aus Kamerun und vermutet deshalb afrikanische Gene. Ich habe nicht nur keine „Küchenmaschine“, sondern auch kein Handy/Smartphone, und ich weiß meistens nicht, wie elektronische Dinge wirklich funktionieren. Ich bin also reichlich altmodisch und wenig technikaffin. „ Auf twitter“ gefällt es mit dennoch ziemlich gut. So sehr, daß ich meine Kolumne hier vernachlässigt habe!
Die Sache ist: Mir begegnen täglich etwa drei bis zehn Dinge, die ich als bizarr und erzählenswert empfinde. Und zwar seit Jahrzehnten. Wie schön, eine Auswahl dessen in maximal 240 Zeichen rauslassen zu können! Nicht tagelang ansammeln und das „best of“ dann leicht ausgewalzt preiszugeben!
Hinzu kam, ich muß es gestehen, daß ich eine gewisse Sättigung unserer Kommentariats beobachten mußte. Durchschnittlich wird ein Artikel auf sezession.de um die 15 000 Mal gelesen, Spitzenwerte liegen bei 70 000. Das ist sehr ordentlich.
Aber: Wenn ich es überschlage, komme ich auf etwa 25 Stammkommentatoren und weitere 25 „gelegentliche“. Ich bin sicherlich nicht repräsentativ, aber ich habe mich da doch sattgelesen. Es ermuntert mich jedenfalls nicht, logs zu schreiben. Kubitschek ist da anders. Er sagt immer, daß etliche Leser, auf die es auch ankommt und in denen die Texte gären, nie kommentieren würden.
Etwa 70% unserer Stammkommentatoren sind eine echte Bereicherung. 20–30% definitiv nicht. Ich habe manchmal den Eindruck, als müßte ich manchen (eher aggressiven, bescheuklappten, eingeigelten) Kommentatoren die Teilhabe am Schützenverein o.ä. anbahnen! So ist es aber nur sogenannte „Männlichkeit“, die im Netz verpufft. Weitere Assoziationen mag ich mir lieber ersparen.
Twitter (es twittern unter unseren Stammautoren übrigens auch Martin Lichtmesz, Benedikt Kaiser und Raskolnikow; allesamt leicht zu finden) hat ein gewisses Suchtpotential. Viele Mittwitterer kommentieren oder „retweeten“ Interessantes – man könnte da leicht in einen „News“-Rausch geraten. Da ich viel auf Askese halte, überschreite ich – wieviel Input auch immer ich erhalte – nie die gute halbe Stunde täglich, die ich mir als Grenze gesetzt habe, diesem Portal an Zeit zu widmen.
Ich muß hinzufügen, es ist eine höllisch gute halbe Stunde! Ob Sie mir folgen können?
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10. September – Ich zur Tochter: „Aha, Ihr habt am 13. September Schulfest? Komisch. Großes Schulfest war doch gerade vor den Sommerferien?“
„Hmja, das jetzt ist aber sozusagen das Doppelplusgutschulfest. Dauert den ganzen Tag und findet deshalb statt, weil wir ja, weißte ja, Schule ohne Rassismus sind. Das ist das Motto. Und jeder Schüler muß sich dafür in so einen Wörkschopp einwählen.“
„Klingt wirklich doppelplusgut. Laß mal sehen!“
Ich sehe: Es gibt im Netz keine Was? Wann? Wo? Warum und wieso überhaupt?- Beschreibung, sondern nur die Vorstellung von 31 Wörkschopps. Jede/r Schüler/in muß einen auswählen. Nicht alle sind für alle Altersklassen genehmigt! Indoktriniert wird altersgerecht!
Die Kleinen dürfen „gegen Rassismus Kraniche falten“: „Wir bringen euch bei, wie man Kraniche aus Papier faltet! Das Symbol des Friedens wird am Ende des Festes umherfliegen!“ Kranich wäre also die neue Taube?
Daneben gibt es (Klassenstufen 7–12) einen Wörkschopp mit „Igor Malitiskyj [sic] & Übersetzer Petro Tivikov“ „Unser Schulpate Igor schildert seine Lebensgeschichte und stellt sich euren Fragen!“ Herr Igor ( de facto Malitsky, hier trägt er erneut „Dress“ https://www.nwzonline.de/politik/70-jahre-befreiung-des-kz-auschwitz-die-welt-haelt-inne_g_23,0,908254400.html) ist Holocaustüberlebender und „Schulpate“ unseres Gymnasiums „gegen Rassismus, für Courage“.
Als er in dieses sein Amt berufen wurde, vor Jahren, mußten die Schüler/Innen für ihn Geld sammeln. Herr Igor hatte damals nämlich noch gar keinen Computer! Der sollte finanziert werden, damit Herr Igor in Kontakt zu den Schülern gegen Rassismus etc. bleiben konnte. Es hatte böses Stirnrunzeln gegeben, als unser Kind (mittlerweile auf einer anderen Schule) damals nur … wenig spendete.
Sei’s drum; es gibt zum Mega-Schulfest weitere „Angebote“, etwa für „Klassenstufe 9–12“. Etwa zur Frage: „Wie tragen wir dazu bei, dass kein Flüchtling mehr ertrinken muß?“
Und, ebenfalls für Klasse 9–12: „Mehr oder weniger gleich? Ein praktischer Workshop über die Gleichberechtigung von Mädchen* und Frauen* heute. Wir freuen uns auf euch – jedes Geschlecht ist willkommen (Smiley)“.
Alternativ und bereits ab Klasse 8 kann man/frau ein Projekt besuchen, das „ Alles Gender – oder was?“ titelt. Wie bitte? „Es werden Grundlagen und aktuelle Entwicklungen zu Inter-und Transgeschlechtlichkeit, nicht-binärer Geschlechtsidentität sowie zu Geschlechterrollen vermittelt-.“ Hah! Ich kenne die Typen und Tussis dieser Altersklasse in Querfurt ganz gut. Alles alte Schule. W und M fahren Simson, die einen kurzhaarig, die anderen mit flatterndem Zopf. Niedlich, zu denken, man könnte durch Indoktrination etwas an anthropologischen Grundmustern ändern! Landleben ist oldscholle. Selbst in der Provinzstadt.
Oder, ebenfalls ab Klasse 9, ein weiteres Projekt: „Ene mene muh und raus bist du – Flucht und Asyl in Deutschland“. Hier wird ein „Planspiel“ geboten, das die SchülerInnen „in die Situation Geflüchteter“ versetzt: „In welche Schule dürft ihr gehen? Wie wohnt ihr? Welche Konflikte entstehen?“ Ich bin mir relativ sicher, daß Konflikte, die mit „Messer“, „Wut“, „Ehre“ und „Kopftuch“ zu tun haben keine Rolle … „spielen“
Des weiteren gibt es einen Wörkshopp zur „sogenannten Identitären Bewegung“ und einen zum Thema „Rechte Symbole erkennen – Stadtrundrang auf der Suche nach rechtsextremen Grafitti und Stickern“.
Im Ernst: Ich habe gar nichts gegen Bestrebungen, die sich gegen Rassismus richten. Schon in Ordnung und gut so! Aber der ganze andere Quark? War damals unser Hauptargument beim Rektor: daß unter dem Deckmantel “gegen Rassismus” die komplette grüne Dekonstruktions- und Gesellschaftsumbauideologie durch die Gänge der Schule gespült werden würde.
Nebenbei bin ich allerdings auch gegen Ausgrenzung allgemein. Und gegen Denunziantentum, gegen Drogenmißbrauch, gegen Mobbing, gegen jedwede Heimtücke, gegen ideologische Indoktrination, gegen Halbwahrheiten etc pp! Und: Logisch dürfen Schüler mit der mörderischen Ikone eines Che Guevara auf der Brust herumlaufen – so lange die Aufschrift „Rapefugees not welcome!“ ebenfalls geduldet wird. Hallo, Beutelsbacher Konsens?
Unsere Tochter hat dann übrigens einen Kurs gewählt, den ich goutierte. Was mit Schauspiel. Das schadet nie.
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11. September
Mit Kind beim Facharzt. Praxisschwester: „Wie buchstabiert sich das? K‑u- b- i; und dann? Tschechisch oder deutsch?“
„Na, deutsch. Also mit t‑s-c-h‑e k.“
„Oha. Gewissermaßen ein belasteter Name, oder?“
Ich. „Ohje, hören Sie auf…“
Sie: „ Ah, ich sehe, Sie wissen, wen ich meine…. Egal. Kann man ja nichts für, der könnte ja auch Müller, Meyer, Schulze heißen, aber nu heißt er halt so. Und ich find’s im Grunde auch gar nicht schlimm. Also: meine Meinung… aber die hat hier gar nichts zu suchen.“
Sie zwinkert. Ich zwinkere. Kind zwinkert. Dunkeldeutschland.
Lotta Vorbeck
EK: "... Sie zwinkert. Ich zwinkere. Kind zwinkert. Dunkeldeutschland."
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Solange man sich (in Dunkeldeutschland) noch zuzwinkert, scheint zumindest auch noch nicht alles verloren zu sein.