Sonntagsheld (121) – Boomer Herbert do it again!

Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er sagen...

“Ich bin der Faschis­mus”, denn Mimi­kry ist fei­ge und Feig­heit ist nicht faschis­tisch. Ja, alles ande­re zu sagen wäre sogar ganz und gar unfa­schis­tisch und mit Her­bert Grö­ne­mey­er hat das ohne­hin nichts zu tun. Her­bert Grön­mey­er ist kein Faschist (auch nicht heim­lich, oder unbe­wußt), Her­bert Grö­ne­mey­er ist ein­fach ein Boomer.

Das Video von sei­nem Auf­tritt in Wien, das der­zeit durch das Netz geis­tert, hat des­halb auch nichts mit Sport­pa­läs­ten oder Reichs­par­tei­ta­gen zu tun, wie es jene, die “bür­ger­lich” für eine erstre­bens­wer­te Bezich­ti­gung hal­ten, der­weil in den digi­ta­len Orkus pusten.

Das fängt ja schon beim Publi­kum an, das ver­klärt an den Lip­pen sei­nes Duz-Pro­phe­ten hängt. Flip­pi­ge Mut­tis und in die Jah­re gekom­me­ne Ver­ste­her-Typen – mal im Ernst: Wer frei­wil­lig zu einem Grö­ne­mey­er-Kon­zert geht, der dik­tiert schon­mal nie­man­dem etwas.

Der‑, oder viel­mehr die­je­ni­ge möch­te doch wohl vor allem dem so rich­tig jung geblie­be­nen Mitt­sech­zi­ger in der Rei­he wei­ter vorn einen zutrau­lich gemein­ten Klaps auf den Po geben, wenn Her­by vor­ne ein­fühl­sam fragt “Wann ist ein Mann ein Mann?”; oder sie wünscht sich, mit der eigens mit­ge­brach­ten bes­ten Freun­din zu “Mensch ist Mensch” ein­fach mal so rich­tig abzu­heu­len, weil das wöchent­li­che ZDF-Melo­dram nicht mehr emo­tio­nal kickt. Dik­ta­to­ren und Tyran­nen sucht man in die­sem Publi­kum jeden­falls ver­ge­bens, Her­ren wird man dort ohne­hin nicht finden.

Das alles ist, eben­so wie Grö­ne­mey­ers Aus­las­sun­gen, auch bis in die Poren ange­sät­tigt mit dem Empa­thie-Pro­tes­tan­tis­mus einer gan­zen Gene­ra­ti­on, die sich aus den müt­ter­li­chen “Zer­brech­lich­keits-” und “Wür­de-Wor­ten” ein Welt­bild gebas­telt haben, auf des­sen brö­ckeln­den Rui­nen sie nicht müde wird, bis ins Deli­ri­um ihr kum­ba­ya my Lord zu singen.

In die­sem Stuhl­kreis ist noch kein Platz für ech­te Gemein­hei­ten, kei­ner von die­sen Men­schen wir den ers­ten Schlag set­zen, wenn es wie­der mal hand­fest gegen die AfD geht. Gleich­wohl möch­te ich nicht aus­schlie­ßen, daß der eine oder ande­re Mut­mensch noch­mal nach­tre­ten wür­de, wenn ihn jene Tap­fer­keit erfaßt, die nur ein wehr­lo­ser Hin­ter­kopf oder Rücken im Men­schen her­vor­zu­ru­fen vermag.

Grö­ne­mey­er – offen­sicht­lich kör­per­lich nicht ganz gesund und von der poli­ti­schen Gesamt­si­tua­ti­on in Mit­lei­den­schaft gezo­gen – ist dabei ein ganz guter Indi­ka­tor dafür, was pas­siert, wenn man die­se zer­brech­li­chen Geschöp­fe unter Streß setzt: Sonst abge­brüht, rich­tig cool und vor allem super ver­ständ­nis­voll, tritt auf ein­mal eine Frat­ze ver­zerr­ter Ent­hem­mung und tyran­ni­scher Lust an der rausch­haft emp­fun­de­nen Selbst­herr­lich­keit in das grel­le Scheinwerferlicht.

Trotz­dem, oder gera­de des­we­gen: Mit Hit­ler hat das wirk­lich nichts zu tun. Mei­net­hal­ben viel­leicht ein biß­chen mit dem in die Jah­re gekom­me­nen Bil­bo, der in Bruch­tal noch ein­mal nach dem Ring der Macht greift, und dabei die düs­ters­ten Abgrün­de sei­nes Wesens zur Kennt­lich­keit entstellt.

Wobei Her­bert Grö­ne­mey­er sicher kein betag­ter Opa ist, der ein­fach nur sei­ne Aben­teu­er­ge­schich­ten auf­schrei­ben will. Am Ende bleibt er vor allem eine libe­ra­le Witz­fi­gur, die selbst im Moment der Exta­se nicht aus den medi­al vor­ge­präg­ten Mus­tern des Schuld­kul­tes aus­zu­bre­chen ver­mag und wahr­schein­lich nie gelernt hat, eine wirk­li­che Ansa­ge zu machen, ohne in den zit­tern­den Bari­ton des Slap­stick-Dik­ta­to­ren zu verfallen.

 

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Kommentare (37)

Armin Borussia

16. September 2019 03:13

Herr Wessels im ,, Hass-Modus,, einfach köstlich wie immer. Danke dafür!

Andreas Walter

16. September 2019 04:25

Da bin ich skeptischer. Ein Lynchmob besteht auch selten nur aus Antifanten, sondern meist überwiegend aus ganz "normalen" Menschen. Genau das macht ja Leute wie Grönemeyer und Maas so gefährlich. Sie sind sich nicht ihrer Verantwortung bewusst, stiften andere darum aus eigensüchtigen Motiven zu Verbrechen und Fehlverhalten an. Die ganze Szene fand ich zumindest sehr abstossend, die Motivation dazu von Wahn, Furcht und/oder bösartigem Kalkül getrieben.

Demokratie- und Menschenverachtung, das ist der klassische Schatten vieler "Gutmenschen", den man hier geradezu Lehrbuchartig studieren kann. Dass auch Grönemeyer ein Narzisst ist, daran lassen seine Berufe ja auch kein Zweifel.

https://youtu.be/G8Z763gIE7k

Das muss ein U-Boot abkönnen, doch Herbert hat dem Druck wohl nicht mehr standgehalten. Ist so zumindest seiner Rolle treu geblieben.

Laurenz

16. September 2019 05:20

Bin nicht Ihrer Meinung Herr Wessels, auch wenn ich die beiden letzten Absätze Ihres Artikel in der Logik für schlüssig halte.

Wie viele tausende von Psychologen haben in 70 Jahren den Nationalsozialisten die kalkulierte Form der Ekstase während ihrer Reden vorgeworfen. Das soll dann für andere nicht gelten?
Die Nationalsozialisten waren, wenn Sie so wollen, die größten Pop-Sterne aller Zeiten. Ob Sie nun Hitlers Rede zu Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich betrachten, oder die Angliederung des Sudetenlandes, die Nationalsozialisten wurden als Heilsbringer und Erlöser gefeiert, gerade von Frauen.

Da ist der Unterschied zum erfolgreichsten lebenden deutschsprachigen Sänger nicht so riesig.
Und Ihre Schlußfolgerungen bezüglich Grölis Abgesang unterscheidet sich historisch doch auch nicht wirklich. Das Land liegt eben anders in Trümmern, Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.

Übrigens singen Sie, Herr Wessels, mal Gröli-Liedchen mit. Er ist Tenor und kein Bariton, auch wenn seine Sprechstimme anders klingt.

Wilhelmsmax

16. September 2019 07:39

Sehr geehrter Herr Wessels,

ich danke Ihnen herzlich für diesen Artikel, da er erfrischend humorvoll ist. Habe heute morgen in der S-Bahn sitzend herzhaft gelacht, sehr zur Verwunderung der um mich herum sitzenden Menschen. Ihr Bilbo-Vergleich ist dabei der Höhepunkt - wunderbar!

Franz Bettinger

16. September 2019 08:03

Grönemeyer („Bochum, ich häng an dir…“) und R. Messner (der nie abgestürzt oder auch nur ins Kletterseil gefallen war und der mit Merkel spazieren geht und der beleibten Dame eine Super-Fitness attestiert; echt jetzt?) - meine alten Helden zerbröseln gerade in ihrer Sucht nach Geld und Geltung.

Gustav Grambauer

16. September 2019 08:14

Thema verfehlt. Es geht um das Signal. Frau Kasner kam am 13. August 2013 "mit dem Sonderzug nach Pankow", um dort Schülern ("Spießern") "Nachhilfe" im Geschichtsunterricht zu geben, wobei fast jeder einzelne Umstand doppeldeutig ziseliert war. Die Meisten haben damals nicht begriffen, daß es sich um die "lustige & offene", "sympathische" inoffizielle Inaugurationsstunde der DDR 2.0 handelte, nach deren Zeremonie ein Schulmädchen sagen durfte: "Ich dachte, es wäre erdrückender".

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.bundeskanzlerin-frau-merkel-gibt-nachhilfe.be293b80-a721-4e7f-82d1-42c94b7c00dd.html

Die DDR 2.0 war aber als "kommode Diktatur" (Gaus) nur die Vorstufe, jetzt, immer mehr in die Enge getrieben, lassen sie alle Hemmungen fallen, greifen sie auf den NS zurück. Dieser Rückgriff ist schon länger auf allen Kanälen beobachtbar, auch wenn z. B. die Fotos Macrons in Riefenstahl-Monumentalität bewußt nie in der BRD-Presse gezeigt wurden. D. h. bis jetzt haben sie sich noch geziert, jetzt hat Grönemeyer auf seiner Witterung instinktsicher Blut gerochen, worauf offenbar alle nur gewartet hatten. Es ist kein Zufall, daß Maas als erster gewolfsrudelt hat. Daß Grönemeyer diese scheußliche Mischung aus (angeblich) "zerbrechlich" und SA-Mann repräsentiert, ist genau Teil des Plots, denn das von den Dekonstruktivisten abgeschaute Stilmittel kann bei einer solchen Ungeheuerlichkeit vorerst nur die sogenannte Brechung bzw. Koketterie sein, wobei nicht vergessen werden sollte, daß Grönemeyer bereits als Lt. Werner kokettiert hatte. Zum Zynismus dieses Doppelspiel-Plots gehört auch, Höcke umso mehr als Pfui-Nazi aufzubauen:

https://www.zdf.de/politik/berlin-direkt/zdf-interview-mit-bjoern-hoecke-in-voller-laenge-100.html

Wo sind die Linken hingekommen. Früher hätte der Linke bei einer solchen Farce noch den Canetti mit distinguiert-gespreizten Fingerspitzen aus dem Regal gezogen ...

- G. G.

t.gygax

16. September 2019 08:48

@"in diesem Stuhlkreis ist noch kein Platz für echte Gemeinheiten"
Von wegen! Genau diese Leute erledigen andere mit einer heimtückischen Grausamkeit, da macht man sich keinen Begriff davon, solange man es nicht selbst erlebt hat.....
Ich weiss, wovon ich rede: die Antifa-Schläger sind nichts weiter als Feiglinge, die in Überzahl auf wehrlose Leute losgehen...aber die bürgerlichen Vertreter der "Zivilgesellschaft" , die sich auf Grönemeyer Konzerten treffen ( ich kenne evangelische Pfarrer, die sind hin und weg von Grönemeyer....), die zerstören vom Schreibtisch aus unliebsame Existenzen, und zwar "mit Lust" , um Goethe zu zitieren.

silberzunge

16. September 2019 09:13

Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.

zeitschnur

16. September 2019 09:30

Es ist zwar erfrischend, dass Herr Wessels den Dampf aus der Netzempörung rausnehmen will und die Sache nicht so hochkochen will. Aber ich denke, er wird damit der gesamten Situation nicht gerecht.

Dass die ständig von den Regierungseliten als "rechts" und "populistisch" beschimpften Untertanen auf diese hysterische Verhetzung hin nun ihrerseits hysterisch auf jede regierungskonforme Äußerung reagieren, sollte niemanden wundern. Nach den Chemnitzer, vom Bundespräsidenten empfohlenen und beworbenen Hetzkonzerten #wirsindmehr mit ihren widerlichen, sadistischen und pathologisch-kriminellen Texten (zB der Gruppe KIZ) — angeblich gegen rechts — , mit seinen absurden Ansprachen, die das Faktum eines Mordes an einem Deutschen durch Flüchtlinge umdrehten in eine rechtsradikale Straftat Deutscher an Ausländern, dabei wieder im Verbund mit der Firma Coca Cola und ihrem braunen Kultgetränk, das frei ausgeschenkt wurde, einer Firma, die übrigens auch schon mit den Nazis ähnliche Propaganda-Aktionen durchgeführt hatte - nachdem also sich solche Events häuften, steigt der Empörungspegel derer, die permanent angegriffen werden.
Das infantil-manierierte Gekreische des alternden Grönemeyer und die johlende Masse sind nicht nur Leute, die ganz sicher nichts diktieren.
Ich halte das für eine Verkennung. Sie diktieren, lassen die Drecksarbeit dann aber durch andere machen. So wird ein Schuh draus.
Grönemeyer hat die Assoziationen zur Sportpalastrede doch selbst gesetzt. Durch die Wortwahl, durch seine deutlichen Bekenntnisse zur Diktatur, durch die Situation, die er missbrauchte für eine politische Hetzrede. Der Satz, "wir" würden nun "der Gesellschaft diktieren", ist ähnlich totalitär wie Rezos Satz "Es gibt nur eine legitime Meinung (zum Klimawandel)". Grönemeyers Rhetorik setzte bei der gängigen Regierungspropaganda an: Man legitimiert die eigene diktatorische Ambition mit einer pauschalen Verhetzung der "anderen" als "Nazis" oder "Rechter", denen inzwischen selbst Altkommunisten zugerechnet werden: "Wer nicht hüpft, der ist ein Nazi/für Kohle". Das ist das politische Niveau, auf dem wir uns derzeit bewegen. Und man muss sich fragen, was eigentlich mit Deutschen los ist, die tatsächlich auf das „Wer nicht hüpft, der ist ein Nazi“ hüpfen wie dressierte Zirkusaffen und dem hasserfüllten Gekreische eines Grönemeyer so zujohlen, wie es geschehen ist. Ich finde das im Rahmen des allgemeinen Verfalls unserer Kultur erschreckend. Die Jugend kennt es oft schon nicht mehr anders und nimmt es nur darum gelassener.

heinrichbrueck

16. September 2019 11:36

@Laurenz
"Da ist der Unterschied zum erfolgreichsten lebenden deutschsprachigen Sänger nicht so riesig."
Ist Ihnen eigentlich klar, was der Unterschied ist? Damit ich nicht mißverstanden werden, denn schon neutrale Fragen bezüglich der hartnäckigen Vergangenheit, können Stirnrunzeln auslösen, wird der Versuch angestrebt, Fragestellungen voraussetzungslos anzugehen. Sich moralisch emotional verwirren zu lassen, war politisch noch nie die beste Idee. Dieser singende Enterich ist doch eine politische Witzfigur. Wer ist Werkzeug, wer benutzt es. Der Unterschied, die Zielorientierung; und überhaupt, die Konzertteilnehmer waren 0 Prozent Multikulti. Wovor haben die Angst? Fällt auch bei Atheisten oftmals auf, wenn sie gegen Katholiken wettern.

Maiordomus

16. September 2019 12:28

@Wessels. Aber natürlich ist Grönemeyer ein Massenaufhetzer, wiewohl man tatsächlich nicht mit Goebbels Sportpalast und mit dem Faschismus kommen sollte. Dafür ist er um Nummern zu klein. Das mit der oben von einem Blogger angesprochenen "kalkulierten Ekstase" halte ich jedoch historisch flächendeckend nicht für harmlos und auch nicht bloss für eine nationalsozialistische Spezialität. Es kommt auch in denjenigen religiösen Wahnsystemen vor, die mit dem Glauben "Berge versetzen" (I Kor, 13) wollen, was übrigens nach dem Apostel Paulus das Schlimmste ist, was man in Sachen Religion falsch machen kann.

@ Wessels Im Zusammenhang mit der Konservativen Revolution, für mich schon seit Lebzeiten Jüngers und Mohlers ein Thema, möchte ich Ihnen aber zugute halten, dass "bürgerlich" zwar eine nicht von selbst anrüchige ehrenwerte Bezeichnung ist für Politiker wie Gauland, Meuthen und Krah. Rein programmatisch, aber nicht existentiell, ist natürlich auch Weidel eine bürgerliche Politikerin, unweit von weiland FDP-Möllemann, der mit seinem Nationalliberalismus leider gescheitert ist. "Bürgerlich" passt aber sicher nicht für Leute, die im nach wie vor lesenswerten Buch von Kositza "Tristesse droite" eine Nacht und einen Tag lang sich vom bürgerlichen "Juste milieu" eindrucksvoll abgrenzen, etwa Ralkolnikov et hoc genus omne. Auch Lichtmesz und Sellner kommen mir, was keineswegs "rechtsextrem" bedeuten soll, wie Sie, @Wessels, selber oder das ganze Umfeld von "Marx von rechts" (Dresden 2018) nun mal alles andere als "bürgerlich" vor.

Ehrlich gesagt sollte man ein theoretisch mögliches Zusammengehen CDU/CSU/FDP/AfD nicht als "bürgerliche Allianz" verkaufen wollen, das wäre ehrlich gesagt besonders für den östlichen Teil Deutschlands unehrlich. Auch scheint mir eine Koalition etwa von Merkel- und Kramp-Karrenbauer- sowie von der Leyer-Anhängern einerseits mit der AfD andererseits weder denkbar noch vernünftig noch irgendwie anzustreben. Wenn freilich die Mainstream-Meinungsmacher eine junge hübsche Journalistin stigmatisierten, welche die AfD wegen ihrer bürgerlichen Elemente für "bürgerlich" hielt, so wohl nicht deswegen, weil z.B. Sozialdemokraten wie Wehner ebenfalls nicht als bürgerlich gelten wollten, sondern weil natürlich die SA zum Beispiel sozial das Gegenteil einer bürgerlichen Organisation war, vgl. auch die Ereignisse rund um den 30. Juni 1934. Eine grosse Mehrheit der SA-Leute hätte aufgrund ihrer biographischen Verhältnisse wohl ebenso gut bei den damaligen Kommunisten mitmachen können, eher schon nicht bei der heutigen "Lebensstil"-Linken, von denen sich ein echter Lenin-Anhänger wohl nur angewidert abwenden kann.

An Sahra Wagenknecht schätze ich noch, dass sie sich ihrerseits nie als bürgerliche Politikerin verkauft hat. Und bei Weidel ist zumindest der Lebensstil, nicht die soziale Position, das Gegenteil von bürgerlich, wenn man etwa den Begriff "bürgerlich" literarisch von Heinrich Zschokke, Adalbert Stifter über Theodor Fontane bis Thomas Mann einzugrenzen versucht, etwa im Zusammenhang mit dem, was das Bürgertum einst unter dem Wert der Familie verstanden hat. Dass sich Weidel allerdings überproportional outen musste, etwa vor Wochenfrist der "Weltwoche" gegenüber, ist Folge von Bekenntiszwang aufgrund unfreiwilliger Denunziation durch die Boulevard-Medien in der Schweiz und in Deutschland. Die mir sonst bekannten konservativen und rechten Homosexuellen, darunter einige gute Freunde und Freundinnen, haben es stets abgelehnt, Werbung für Familienmodelle gleichgeschlechtlicher Partner zu machen.

RMH

16. September 2019 13:43

Grönemeyer baute von Anfang an auf politisch korrektem Liedgut seine Karriere auf. Zu Zeiten, wo andere noch (meiner Meinung nach durchaus ironisch gebrochen) "ich geb Gas, ich will Spaß" ins Mikro grölten, sang er schon total "emphatisch" von an den Rand der bösen, faschistischen deutschen Gesellschaft gedrängten gehörlosen Mädchen, die Musik nur mögen, "wenn sie laut ist" oder bedankte sich artig bei Onur, dem Türken, ohne den der Wiederaufbau in Deutschland niemals - ehrlich jetzt, never! - stattgefunden hätte ...

Da durfte man sich auch vom regional-kitschigen "Bochum" (@Bettinger) nicht einseifen lassen. Es ist mithin sehr lange klar, wo dieser Mann steht und weswegen er auch in London lebt. Das Gegröle in Wien passt da ins Bild und hat - außer, dass es Gegröle ist - wenig mit anderem Anheizen auf den gemeinten Massenveranstaltungen gemein (Godwin sei Dank dürfen wir es aber doch auch damit vergleichen).

Aber auch schon die Verwendung der deutschen Sprache macht einen ja heutzutage zum Nazi, wie die neueste ZDF-Logik bewiesen hat. Herr H. hat im 20 Jhdt. ein Buch in deutscher Sprache geschrieben und war der Obernazi. Der andere Herr H. hat Anfang des 21. Jhdt. ein Buch in deutscher Sprache, also unter ausdrücklicher und damit von ihm gebilligter Verwendung der deutschen Sprache, folglich der Sprache des Obernazis, veröffentlicht. Ergo: Wenn der Obernazi in deutsch schreibt, sind alle anderen in deutsch schreibenden auch Nazis, q.e.d. - und dies gilt insbesondere und gerade auch für den anderen Herrn H. aus dem 21. Jhdt.

Und damit wäre ich beim Thema: Wo bleibt, nachdem der wenige heldenhafte Herr G. seinen wohlverdienten Spott abbekommen hat, jetzt eigentlich der "Held" der vergangenen Woche?

micfra

16. September 2019 13:48

Sehr erfrischender Artikel bei all den Nazivergleichen der letzten Tage.
Martin Sellner hat davor gewarnt jetzt von unserer Seite auf diese Nazivergleichsmasche reinzufallen und damit den den linken Mythos des Nazis als das absolute Böse Futter zu geben. Rechte sollten sich von solchen primitiven Vergleichen fernhalten. Das ist Ihnen sehr gut gelungen, Herr Wessels.

Werner

16. September 2019 16:04

Warum muss man über das Publikum herziehen,wenn man den Künstler kritisieren möchte?
Kositza: Klar muß man. Die Mitläufer machen's.

Elvis Pressluft

16. September 2019 17:24

Sich an diesem stigmatisierten Oberkellner abzuarbeiten wäre denkbar müßig, wüßte man nicht, welchen Kräften er zuarbeitet, einerseits den fliegenden Standgerichten der Antifa, „andererseits“ (natürlich ist es eine Konjunktion) dem grünen Systemwechsel. Hier bei uns in SH hielt gerade der Reichsführer-Grün (noch so ein seltsam aufgedunsener Fusselbart) Hof. Man müsse „Wohlstand“ neu definieren, bemerkt eine Souffleuse, und H. nickt dazu beifällig (so berichtet in der Systempresse). Ergo: Wohlstand bedeutet nicht mehr die – ohnehin relativierte – Perspektive, nicht in Armut zu vegetieren, sondern den Windpark, auf den jeden Auges Blick fallen soll, überall. Vielleicht ist das die Schiene, auf die alles geschoben wird: Wer für die Überfremdung und die alltägliche Gewalt nur ein blasiertes Schulterzucken erübrigt, mag aufwachen, sobald er nicht mehr Autofahren kann/darf bzw. entweder Essen oder Zigaretten auf den Tisch stellen kann, aber nicht mehr beides (NB die Notwendigkeit, gegebenenfalls auf Tabakkonsum zu verzichten hat natürlich nichts mit Armut zu tun, aber nicht wenige scheinen das so zu empfinden). Was sich gerade in Arabien anzubahnen scheint, kann diese Entwicklung noch beschleunigen. Kein Anlaß zum Bedauern.

Martin Heinrich

16. September 2019 19:52

Nein. Eine Gesellschaft, die sich öffentlich darüber amüsiert, wenn in der Fernsehfastnacht Menschen als "Kanalratte aus Washington" tituliert werden; die "Literaten" auszeichnet, die die Demokratie für verzichtbar halten ("Wir müssen dieses letzte Tabu der aufgeklärten Gesellschaften brechen: dass unsere Demokratie ein heiliges Gut ist.“ (Robert Menasse)); die Andersdenken die Grundrechte entziehen will (Peter Tauber), ist geistig längst im Faschismus angekommen. Lediglich die einzelnen Mosaiksteine sind noch nicht endgültig zu einem für die dumme Masse erkennbaren Bild zusammengesetzt ...

DerRechteAnwalt

16. September 2019 21:36

Genial, Herr Wessels! Damit haben Sie den nur scheinbar so genialen, tausendfach zitierten Spruch von Silone in einem Satz dekonstruiert und in den Orkus der Geschichte befördert.

Seltsam, daß keiner der bisherigen Kommentatoren diesen Punkt hervorgehoben hat und die meisten ihm sogar mit völligem Unverständnis gegenüberzustehen scheinen. Sind das denn keine Rechten mehr, wie früher, die hier diskutieren? Doch hoffentlich keine Boomer?!

Benedikt Kaiser hat es kürzlich hier ausführlich erläutert:
https://t.co/04C5OTxXZ9?amp=1;

aktuell hat Martin Sellner es wiederholt:
https://www.youtube.com/watch?v=5O07Za_-GyA&feature=youtu.be&fbclid=IwAR2h5MmIMJwLObWmuMney4TsBnznn3tHFuo-LD6Uv1WPQmFNOoZ9IYNZ1pk.

Aber eine kritische Anmerkung kann ich Ihnen, Herr Wessels, auch nicht ersparen: Haben Sie sich überlegt, daß Sie jetzt wahrscheinlich 120 vorherige Sonntagshelden schwer bleidigt haben?

Bin gespannt auf nächsten Sonntag.

Waldgaenger aus Schwaben

16. September 2019 21:37

Bei Grönemeyer überholen sich ohne Pause hinter einander gebrüllten Sätze und alles mündet in hysterischem Gekreische, eine Knallcharge wie Goebbels. Es ist eine kleine Schande in der großen Schande, dass solche Witzfiguren wie Hitler und Goebbels Deutschland in's Unglück stürzen konnten. Da gebe ich Laurenz recht, und auch darin, dass mit Blick auf die heutigen Protagonisten Geschichte sich reimt.

Es fehlt uns an angelsächsischem Humor, der mit einer Portion Selbstironie, bewusst Grenzen verletzt und rechtzeitig Knallschargen entlarvt.

Das Höcke-Interview habe ich mir heute angeschaut. Hätte Höcke einen zwei Zentimeter schwarzen langen Schnauz ausgepackt und ihn sich unter die Nase geklebt, als der Interviewer immer wieder diese dummen Nazi-Vergleiche gebracht hat, wäre das "very british" gewesen, und dem doofen Interviewer hätte es die Sprache verschlagen. Höcke dann, "Können wir jetzt über Sachfragen reden?"

Doch bei uns fehlt wohl auch das Publikum zu solchen Scherzen.

Simplicius Teutsch

16. September 2019 21:55

@heinrichbrueck, Sie schreiben: „und überhaupt, die Konzertteilnehmer waren 0 Prozent Multikulti. Wovor haben die Angst?“

Das ist für mich der Schlüssel-Satz (aus Wessi-Sicht).

Natürlich haben die Grönemeyers und ihre Fangemeinden Null Angst vor uns Rechten.

Ganz einfach, weil dafür kein Grund besteht. Das wissen die auch, ganz sicher. Wir würden denen doch nie ihren eingeschlagenen, materiell gut abgepolsterten Weg zum Ende ihres irdischen Daseins blockieren wollen und ihre aufgesetzte oder verinnerlichte politisch korrekte Moral verbieten.

Bei uns Rechten, wenn wir die Richtlinien der Politik souverän bestimmen könnten, würden sie ganz selbstverständlich auf ihre alten Tage sogar deutschen Artenschutz bekommen. Ist doch auf den Konzerten vermutlich mancher oder manche aus der eigenen Verwandtschaft und der guten Vereins- oder Bürobekanntschaft dabei. Fast alle fleißige, harmlose, nette Personen, die allen nur Gutes wollen. Die wollen jetzt nur noch in Ruhe zwischen den Urlaubsreisen mit ein paar gelegentlichen Events ihre Rente konsumieren. Und da stören wir Rechte.

Denn (zurecht) Angst haben die Grönemeyers und ihre Fangemeinden vor der geballten, latenten oder auch schon offenen Aggression der wachsenden Parallelgesellschaften. Angst haben sie davor, dass „die Rechten“ zur Unzeit, also bevor die Grönemeyers und ihre Fangemeinden ins Nirwana abgetreten sind, die Aggressionen der neuen Siedler durch nicht feiges, unterwürfiges deutsches Verhalten wecken könnten. Dann könnte es vorzeitig zu spürbaren Verwerfungen mit schmerzhaften Folgen für alle kommen.

Und: Indem sie uns Rechte (mit Worten) schlagen und drohen, ist das immer auch als Selbstbestärkung und als indirekte Erziehungsmaßnahme oder gar leichte Drohung für die neuen Siedler gedacht: Schaut her! Wie mutig wir Grönemeyer-Fans sind. Wir stellen uns gegen die Rechten. Wir können stark sein. Lasst uns(!) in Ruhe, Ihr neuen Siedler: „ … Das Land ist unser Land. Wir halten es fest und stabil … Und das ist so. Und das bleibt so!“ (so Grönemeyer). Wenn die AfD das sagt, ist es Rechtsextremismus und ruft den Verfassungsschutz auf den Plan.

Und man muss auch zwischen den Grönemeyers selber und den Fans unterscheiden.

Für Grönemeyer ist sein linkes, antirechtes Widerstands-Getue wahrscheinlich echte moralische Selbstbefriedigung in aller Öffentlichkeit. Die Fangemeinde dagegen macht dabei halt mit, auch wenn die meisten auf die Selbstbefriedigung gerne verzichtet hätten. Aber sie müssen es in Kauf nehmen, denn sie wollen einen musikalischen Event erleben und an alte jugendliche Zeiten zurückerinnert werden. Dafür sind die Konzertbesucher dann schon mal bereit, 60 oder 80 Euro für Grönemeyer zu zahlen. Grönemeyer eher für die Ärmeren. Andere Kultbands, vor allem englische, aus den 60iger, 70iger und 80iger Jahren kosten mittlerweile etwa das Doppelte an Eintrittspreis.

Achterndiek

16. September 2019 22:00

@ Waldgaenger aus Schwaben
16. September 2019 21:37

"Es fehlt uns an angelsächsischem Humor, der mit einer Portion Selbstironie, bewusst Grenzen verletzt und rechtzeitig Knallschargen entlarvt."

Hätten die Briten sich damals massenweise lustig gemacht über den Trunkenbold Churchill, wäre uns womöglich einiges erspart geblieben.

Waldkind

16. September 2019 23:19

Waldgänger aus Schwaben:
"Das Höcke-Interview habe ich mir heute angeschaut. Hätte Höcke einen zwei Zentimeter schwarzen langen Schnauz ausgepackt und ihn sich unter die Nase geklebt, als der Interviewer immer wieder diese dummen Nazi-Vergleiche gebracht hat, wäre das "very british" gewesen, und dem doofen Interviewer hätte es die Sprache verschlagen. Höcke dann, "Können wir jetzt über Sachfragen reden?""

Phantastisch, etwas Ähnliches dachte ich auch. Höcke ist ein einziges Ärgernis. An der Stelle, an der er auf seine "Lebensraum"-Erwähnung angesprochen wird, spult er ein erwartbares Dementi über "Stellenmarkierer" ab. Er könnte für mich damit genauso gut ein Agent provocateur sein. Wer weiß?

Höcke ist erscheint doch sehr als ein Romantiker der lässlichen Art ("Poesie in der Sprache", wo denn?). Er sollte sich besser nicht in philosophisch-metapolitischen Versatzstücken suhlen, sondern seine Er-Kenntnisse zur dergestalt zur Anwendung bringen, dass auch 60 Prozent der Wahlberechtigten knackige Aussagen guttieren können.

heinrichbrueck

16. September 2019 23:32

Geschichte reimt sich nur dort, wo man von Geschichte nicht besonders viel versteht. Heutzutage ist niemand zufrieden, ob Altparteienwähler oder Alternativewähler. Wir haben die "Altparteien"-Wähler und die AfD-Wähler. Woher kommt der Zwist der Wähler untereinander Altparteienwähler glauben, die dominierende Politik sei in Ordnung, insgesamt betrachtet, und die unvermeidbaren Fehler können schrittweise beseitigt werden. Sie glauben Unsinn.

AfD-Wähler verstehen, daß die Politik verhängnisvoll ist, und hier teilen sie sich auf, die einen, zwar nicht basierend auf die Unfähigkeit oder das fehlende Können der Politiker, sondern mit Absicht getan, die anderen, ohne Absicht aber unfähig. Es gibt AfD-Politiker, auch einige ihrer Wähler, die dem Argument der Unfähigkeit huldigen, und nur wenige, die Absicht unterstellen. Sie unterliegen dem Irrtum, mit Wahlen könnten die Möglichkeiten herbeigeführt werden, die negative Entwicklung zu stoppen, ohne eine Systemänderung umsetzen zu müssen. Daher die Unterstellung der Altparteienwähler, die AfD müßte die Demokratie abschaffen, um ihre Forderungen realisieren zu können, gerade weil die Altparteienwähler dies nicht glauben. Die Altparteienwähler glauben zwar Unsinn, aber sie unterliegen keinem Irrtum.

Die AfD will die Demokratie nicht abschaffen. Deshalb können die Altparteienwähler beruhigt sein, wer auch immer die Bundesregierung stellt, an ihren Befürchtungen wird sich nichts bewahrheiten. Und solange die AfD nicht die Bundesregierung spielen darf, kann die Täuschung weiterleben.

Atz

17. September 2019 00:04

Ich bin ja kein Unmensch, ich habe keine Angst, vor Satanisten, Rechten, Ausländern, Islamisten usw. Aber was ist das für eine selbstgerechte Welt, in der man Interviews als dümmste Mobbing-Veranstaltung macht? Wovor haben diese Leute Angst? Was repräsentiert Höcke für sie? Was treibt diese Leute zu ihren 1 Millimeter Verhärtungen? Warum immer diese klare Kante und gleichzeitig diese Verbiegungen?

Je länger die Jahre entfernt sind, desto hysterischer werden Nazifeinde gesucht und gefunden. Die selbst nicht wissen wie ihnen geschieht. Deswegen ziehe ich lieber Dantons Tod aus dem Regal.

Problem in echt: die pathologische Angst des deutschen Volkes und seine Identitätsschwäche. Die Intoleranz der Mehrheit und die Feigheit der Minderheiten.

"Wir sollten einmal die Masken abnehmen, wir sähen dann, wie in einem Zimmer mit Spiegeln, überall nur den einen uralten, zahllosen, unverwüstlichen Schafskopf, nichts mehr, nichts weniger. Die Unterschiede sind so groß nicht, wir alle sind Schurken und Engel, Dummköpfe und Genies, und zwar das alles in einem"

H. M. Richter

17. September 2019 07:34

"Die DDR 2.0 war aber als "kommode Diktatur" (Gaus) nur die Vorstufe, jetzt, immer mehr in die Enge getrieben, lassen sie alle Hemmungen fallen, greifen sie auf den NS zurück."
@Gustav Grambauer
______________________

Joschka Fischer sagte beim Literaturfestival Berlin am gestrigen Abend mit Blick auf die AfD:
„Sie reden wie Nazis. Sie riechen wie Nazis. Und wir nennen sie Rechtspopulisten. Das sehe ich überhaupt nicht ein.“

'Judenriecher' wurden im III. Reich umgangssprachlich bekanntlich jene genannt, die hinter bestimmten Namen oder Tätigkeiten 'Juden' witterten.

An einer Stelle im Roman 'Gustav' von Wolf Kampmann aus dem Jahre 2014 heißt es:
"[I]hn, Gustav Bülow, konnten sie nicht foppen. Ein Jude bleibt immer ein Jude, denn er denkt, spricht und riecht wie ein Jude."

quarz

17. September 2019 07:40

@Atz

"Je länger die Jahre entfernt sind, desto hysterischer werden Nazifeinde gesucht und gefunden."

Es ist halt wie bei einem Antibiotikum, das nach übermäßigem Gebrauch langsam seine Wirkung einbüßt: man erhöht ebenso rat- wie erfolglos die Dosis.

Gustav Grambauer

17. September 2019 07:45

Na, jetzt kommt`s ja langsam raus, die Dinge sortieren sich. Nicht wenige hier sind deshalb so wütend auf Grönemeyer, weil er

1. die Bühne besetzt hat, die sie sich insgeheim für sich selbst ersehnen, wobei er

2. dabei auch noch ihre schöne Riefenstahl-Ästhetik beschädigt und

3. die Steigerung, die in seiner inzidenten Ansage "Kahane war gestern - heute ist Prinz-Albrecht-Straße" liegt, nicht ertragen - da sie von der halluzinierten Steigerung der Prinz-Albrecht-Straße zu Kahane besessen sind oder die Prinz-Albrecht-Straße eigentlich ganz dufte fanden.

(Zur Klarstellung:

1. m. E. gibt es eine Steigerung weder in der einen noch in der anderen Richtung,

2. hatte das System zuvor nichts über Kahane / Normannenstraße (nochmal: "kommode Diktatur") hinaus angespielt, es ging immer nur um eine DDR / 80er Jahre 2.0 (Zensur und Überwachung) - hingegen Grönemeyer hat vorige Woche vonvornherein die ganze Monumentalität und damit den ganzen Vernichtungswahn antezepiert, wenn das allerdings keine Steigerung ist ...

Die nächsten Monate bei SiN werden spannend!

- G. G.

RMH

17. September 2019 10:17

@Waldgänger aus Schwaben,
ihr Vorschlag für einen satirischen Konter fällt eindeutig unter die Rubrik, im Nachhinein fällt einem leider immer erst die beste Antwort ein ...

Was ich mich aber mittlerweile ernsthaft frage ist, warum die ganzen "Parteifreunde" überhaupt sich an dem Frage- und Textvergleichsspiel der Journalisten beteiligt haben. Ein schroffes "Was soll jetzt der Quatsch?" und weiter gehen, wäre sinnvoller gewesen ... stattdessen sagt man "Ich hab nix gelesen" (Kopfklatsch!) ...

nom de guerre

17. September 2019 11:08

@ Simplicius Teutsch
"Für Grönemeyer ist sein linkes, antirechtes Widerstands-Getue wahrscheinlich echte moralische Selbstbefriedigung in aller Öffentlichkeit." - Ja, aber eben auch nicht mehr. Ich wundere mich jedenfalls ein bisschen, wenn Grönemeyer hier (@ Gustav Grambauer) attestiert wird, einen Vernichtungswahn zu antizipieren. Für mich war da ein etwas dicklicher alternder Mann zu sehen, der mit überkippender Stimme irgendwelche Versatzstücke herumschreit aus einem Weltbild, das in seiner Generation nun mal verbreitet ist (meinetwegen kann man ihn dann auch einen Boomer nennen, wollte ich eigentlich nicht machen), der sich aber mutmaßlich keinen halben Gedanken darüber gemacht hat, was er mit "diktieren, wie eine Gesellschaft auszusehen hat", eigentlich sagt. Ebenso wenig wird ihm das jubelnde Publikum richtig zugehört haben. Wohlgemerkt: Andere haben sich diese Gedanken natürlich sehr wohl gemacht, aber Grölemeyer? Vielleicht ist das naiv, aber ich fand den ganzen Auftritt vor allem peinlich.
Bei einem jugendlichen Sprechchor, der völlig ruhig ein Bekenntnis zu dem, was man heute fälschlich eine freie Gesellschaft nennt, skandiert, sieht die Sache allerdings anders aus.

HomoFaber

17. September 2019 21:06

Faschistisch ist es nicht, aber totalitär:
Für Linke bedeutet beides allerdings das Gleiche. Daher ist der Faschismusvorwurf notwendig, um ihnen den Spiegel vorzuhalten.

Maiordomus

18. September 2019 06:05

Joschka Fischer hat sich als Student hundertprozentig wie die primitivsten Repräsentanten der damaligen SA verhalten, um die es viele nicht schade fanden, als Hitler um die 200 von ihnen beseitigte, offenbar auch, um den Anschein des revolutionären Rabauken wegzuräumen. Und wie ich hier schon xmal gesagt habe, könnte sich ein zwar mit Haussuchungen und Kontosperrungen usw. schikanierter Oppositioneller wie Sellner es niemals leisten, sich wie der junge Fischer zu benehmen und sich wie der junge Cohn-Bendit zu äussern, der von den Nazis zwar auch wegen seines Geruchs verfolgt worden wäre.

zeitschnur

18. September 2019 09:55

@ RMH

Warum die "Parteifreunde" sich so verhalten haben?
Einerseits, weil sie überrumpelt wurden. Und irgendwie ausweichen wollten, ohne gleichzeitig ein Fass aufzumachen - man fängt an, NUR noch strategisch zu denken in einer Partei. An dem Beispiel wird spürbar, wie unnatürlich und absurd Parteiendemokratie "tickt".
Und das bedeutet: Feigheit, Unehrlichkeit, Rückgratlosigkeit, Fähnchen stets im Wind. Es hat schon seine Gründe, warum ich von keiner Partei etwas halte.
Einer von diesen Tulpen hätte dagegen halten müssen: "He, wollen Sie Herrn Höcke schon wieder in stürmerischer Journalistenmanier in die Naziecke treiben?! Erwarten Sie im Ernst von mir darauf eine Antwort?!" Und wenn der Schmierfink dann weiter nachgehetzt hätte, hätte man ihm eiskalt sagen müssen "Haben Sie noch eine Sachfrage?"
Es sind typische Schlappschwanzantworten.
Und das ZDF ist offenbar auch nicht Manns genug, sich mit Herrn Höckes politischen Vorstellungen auseinanderzusetzen, die alles mögliche, aber nicht "Nazi" sind. Dieses Spießrutenlaufen geht seit Jahren schon. Schon bei der Dresdner Rede fiel mir auf, dass ein Bekannter ein hysterischer Rundmail versandte, dass jetzt so ungefähr die Nazis wieder da seien, wegen Höckes Rede. ich sah mir daraufhin diese Rede Höckes vollständig an und konnte daran überhaupt nichts nazimäßiges finden. Ich fand die Rede eher blauäugig und naiv. Die Ostjugend soll es richten, dass wir wieder zurückfinden zum Rechtsstaat und unserer Verfassung, weil die Ossis auch die Wende geschaffen hätten. Mir ist das zu pathetisch, außerdem haben nicht die Ossis die Wende geschaffen, sondern die Großmächte haben sie eingeleitet, die Ossis sie dann aber auch vollzogen etc.pp. Den Satz mit der Schande im Zentrum verstand ich korrekt so, wie er gesagt war: dass kein anderes Land seine eigene historische Schande ins Zentrum des Gedächtnisses stellt.
Mein bekannter wollte erst einmal mit mir herumdiskutieren, dass das aber typisch "Nazi" sei. Ich fragte ihn, was er denn unter "Nazi" verstehe. Er ruderte zurück und sah sich daraufhin ebenfalls die rede ganz an und schickte dann einen endlosen Punkteplan mit angeblichen Naziaussprüchen und dem Vorwurf, Höcke wolle "das System stürzen". Aha. ich wies dezent darauf hin, dass Höcke doch sagt, er wolle es wieder instand setzen. Mein Bekannte: ja, aber die Ossis hätten damals ja auch das System stürzen wollen und gestürzt, und wenn Höcke auf sie baue, wolle er in Wahrheit, dass auch unseres gestürzt werde.
Ich erwiderte, dass das Neue Forum damals keineswegs die DDR abschaffen wollte, sondern sie reformieren. Ich sandte ihm dazu Links, sogar einen Wiki-Link. Er schrieb mir ziemlich großmäuig zurück, das sei gelogen, weil er in der "internationalen Presse" damals aber was ganz anderes darüber gelesen habe. Da er damals 15 war, in Kasachstan lebte und Deutsch erst hier lernte, brach ich diese unterirdische Debatte ab.
Zusammengefasst schon damals: es ist völlig egal, was Höcke denkt und sagt. Man hat beschlossen, dass er der Nazi ist. Gängig ist, dass Leute, die gegen ihn hetzen, weil das Öffentlich-Rechtliche sie dazu animiert, auf meine Rückfrage, ob sie sich denn mal zusammenhängend angehört hätten, was er sagt, antworten: Nein, s etwas hören wir uns doch gar nicht erst an. So, als sei Höcke ein teufel, der einen verzaubern könnte, wenn man nicht nach drei Sätzen sofort dichtmacht.
Es ist also dem Charakter nach eine Hexenjagd gegen ihn. Diese Hexenjagd geschieht auch parteiintern.
Und ich denke, dass natürlich parteiinterne Auseinandersetzungen und Querelen mit der bösartigen Frage des ZDF an seine Genossen getriggert wurden.
Höcke hat sich, auch wenn er nervös und unter Druck geraten ist, wacker geschlagen. Vor allem diese Absage an jedes künftige Interview ist doch richtig: Niemand, auch kein Schmierfink, den Herr Höcke genauso wie wir alle auch noch unfreiwillig finanzieren muss, hat das Recht, einen anderen so ekelhaft zu erniedrigen und zu verleumden.
Es ist beunruhigend wie es in Deutschland inzwischen zugeht. Seit 1945 wurde selten gewagt, medial einzelne Menschen (Höcke sagte es am Ende völlig zu recht: "Ich bin auch nur ein Mensch!") dermaßen zu verhöhnen und niederzumachen.
Aber in diesem heutigen Deutschland unter Merkel wird ein Mensch, der darauf hinweist, dass auch er ein Mensch ist, erst recht verhöhnt, wenn wir uns vorher emotional darauf hin haben framen lassen, dass dieser Mensch ein "Feind", ein "Nazi" ist. Er ist freigegeben zur Hexenjagd.
Und dies von denselben Menschen, die anderen Hetzjagden unterstellen, die sie jedoch niemals begangen haben.
Was kann man noch tun?
Man kann jetzt eigentlich nur noch versuchen, einzelnen Menschen die Augen zu öffnen für die gefährliche Situation, in der wir sind, um so noch etwas zu bewirken. Von der AfD ist (mehrheitlich) nichts zu erwarten, wie man gerade an diesem Beispiel sehen konnte. Wie bei den anderen Parteien, werden bald alle integeren Leute rausgeekelt werden. Wir werden es sehen. Es nützt nichts mehr, hier irgendwelche Kräfte zu verschleudern. Jetzt ist nur noch das kritische Zeugnis des einzelnen wirksam.

Laurenz

18. September 2019 10:31

@Maiordomus .... nur zu Info, Josef Fischer war nie Student, denn er hat kein Abitur. Er lebte als Taxifahrer in Frankfurt und hielt sich häufig in der Uni auf, war aber nie eingeschrieben.
Und was die SA anging, so war es eine grandiose Leistung, 3 Mio. deutsche Proleten in eine Uniform zu stecken, und ihnen Verhaltens-Regeln zu verpassen, heute gibt es stattdessen Bertelsmann-Prol-TV. Und daß die SA-Führung, ähnlich der Bundesregierung, im wesentlichen aus Vertretern der deutschen Schwulen-Lobby bestand, hatte Herrn Hitler quasi ein ganzes Jahrzehnt nicht gestört. Es wurde erst dann zu einem Problem, als die Schwulen-Lobby an die Macht wollte. Die Heteros der Bonner- und Berliner Ex-Republik handhabten das liberaler, wodurch wir uns jetzt mit einem Anti-Hetero-Regierungs-Programm herumschlagen müssen.

quarz

18. September 2019 10:47

@RMH

"Ein schroffes "Was soll jetzt der Quatsch?" und weiter gehen, wäre sinnvoller gewesen ... "

Noch besser: "Na und?". Dadurch würde der Inquisitor gezwungen, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Assoziation allein keinen Vorwurf begründen kann und er würde mit der Bürde der Begründungslast in die Defensive gedrängt. Und dort wäre er ziemlich hilflos, denn er hat das Argumentieren in solchen Zusammenhängen ja nie gelernt, weil er immer die Erfahrung gemacht hat, dass es genügt, einen negativen Assoziationsreiz zu setzen, um alle Gegenwehr auszuschalten und die Kapitulation kampflos zu ernten.

heinrichbrueck

18. September 2019 11:50

@ Maiordomus
Sie unterstellen Fischer und Cohn-Bendit Macht. Wenn Sellner der Hammer sein möchte, mit dessen Hilfe der Nagel in die Wand geschlagen wird, kann er sich auch so benehmen. Ein Werkzeug derjenigen, die den Hammer schwingen. Die Werkzeugkiste enthält ein zahlreiches Instrumentarium, von den diskriminierten Werkzeugen bis zu den wichtigtuerischen Werkzeugen. Alle können im Rahmen ihrer zur Verfügung stehenden Möglichkeiten benutzt werden. Will Sellner Macht, ist er kein Werkzeug mehr.

Waldgaenger aus Schwaben

18. September 2019 13:36

Zur Diskussion um die Parteifreunde Höckes:

1) Wir wissen ja nicht, welche Antworten nicht gesendet wurden, weil sie den Journalisten nicht in's Konzept passten. Zum Beispiel :
"Das Zitat könnte auch aus einer Merkelrede aus einem Wahlkampf noch vor 2015 stammen. Die Dame ist ja recht flexibel. Oder von Seehofer..."
So was hätten die ZDF-Leute einfach nicht gesendet.

2) Eventuell hat ja der eine oder andere "Parteifreund" die Gelegenheit genutzt, Höcke subtil eins mitzugeben: "Das Buch von Höcke habe ich nicht gelesen! Das von Hitler auch nicht."

RMH

18. September 2019 22:11

"... die Gelegenheit genutzt, Höcke subtil eins mitzugeben"

Ich kann da nichts Subtiles dabei erkennen, eher … (leider!).

HomoFaber

19. September 2019 09:33

Jessen hat's immerhin kapiert:

https://www.zeit.de/2019/39/bjoern-hoecke-zdf-interview-abbruch-rechtspopulismus?print

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