Wenn ich erzähle, daß meine erste PEGIDA-Demonstration für mich ein Schlüsselmoment in meinem politischen Aktivismus war, so werde ich dafür von so manchem belächelt, der andere, weiter zurückliegende und vielleicht auch etwas “heißere” Initiationen erfuhr. Von den Trauermärschen in Dresden habe ich keinen mitgemacht und was das Konfliktrisiko angeht, so waren meine LEGIDA-Besuche sicherlich um einiges gefährlicher als der frühweihnachtliche Gang über den Striezelmarkt.
Für mich war es aber so, daß diese PEGIDA-Veranstaltung im dezemberlichen Dresden meine erste Demonstration überhaupt war. Also nicht meine allererste Demonstration, aber doch die erste, bei der es mir wirklich um etwas ging. Hinzu kam, daß ich gewissermaßen mit einem Auftrag unterwegs war: Als Jungaktivist der damals recht frisch entstandenen Kontrakultur Halle sollte ich das Widerstandspotential der rasch wachsenden Dresdner Abendspaziergänge erkunden.
Mit auf den Weg gegeben hatten mir meine Kameraden allerhand Gruselgeschichten über die Antifa aus der Dresdner Neustadt – Legenden, die heute längst vergessen und entzaubert sind. Dazu schwirrten mir die verschiedensten Hinweise zu Bezugsgruppen, Rechtsbelehrungen, Ingewahrsamnahme und Vermummungsverbot im Kopf herum – im nachhinein vielleicht verschwendete Denkressourcen, die für mich aber vor allem zur Ernsthaftigkeit der Stimmung beitrugen.
Ich traf mich also irgendwann am späten Nachmittag mit einer Mitfahrgelegenheit, deren Kontaktdaten Kubitschek mir vermittelt hatte, um Richtung Sachsen aufzubrechen. Daß dieser Sympathisant einer unserer treusten Unterstützer in Halle werden würde, das weiß ich natürlich erst jetzt, fünf Jahre später. Auf dem Rückweg sangen wir zweistimmige Landsknechtslieder – seitdem eine Tradition, die wir erst kürzlich, nämlich am vergangenen Freitag in unserer Bar, wieder pflegten.
Nachdem wir in Dresden angekommen waren und noch rasch einen Zwischenstopp beim Glühweinstand gemacht hatten, brachen wir zur Kundgebung auf; es dauerte tatsächlich eine Weile, bis wir bemerkten, daß eigentlich alle Menschen um uns herum in dieselbe Richtung gingen – wir hatten uns offensichtlich mitten unter den Teilnehmern befunden, ohne es zu merken.
Von der eigentlichen Veranstaltung weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr soviel. Die Redebeiträge zogen an mir vorüber – allzuviel verstand ich ohnehin nicht, weil ständig Sprechchöre von einer Ecke des Platzes zur anderen brandeten. Woran ich mich erinnere, das sind die unzähligen, wirklich, unzähligen Menschen, die um mich herumstanden, und zum Abschluß Weihnachtslieder sangen. Die schiere Masse – es dürften um die 18.000 an diesem Tag gewesen sein, sorgte schon dafür, daß ich von der Gegendemonstration nicht mehr mitbekam als ein fernes Rauschen im Hintergrund.
Wir haben an diesem Abend alle gestaunt, auch die alten Hasen, die ich inmitten der Demonstranten traf. Selbst der abgebrühteste konnte sich nicht gegen die Hoffnung wehren, die unmißverständlich in der Luft lag und die jeder einzelne an diesem kalten Abend mit nach Hause nahm.
Ich war nach dem diesem ersten Mal noch häufiger in Dresden. Mal in einem identitären Block mit eigenem Fronttransparent, mal zum Flyer verteilen und einmal sogar als Redner auf der Bühne. Ich denke auch, daß diese ganzen Besuche ein Stück weit mit meinen Gedanken an jene erste Demonstration im Dezember zusammengeflossen sind, so daß sich diese Erinnerung zuguterletzt über 5 Jahre erstreckt.
5 Jahre PEGIDA gegen alle Widerstände – das sind auch 5 Jahre Hartnäckigkeit gegen alle Totsagungen, Distanzierungen und Schockerschlagzeilen. Nach dieser Zeit ist PEGIDA vielleicht kein revolutionäres Demonstrationsbündnis mehr, wie man sich das zu Beginn der Einwanderungskrise noch gedacht hat, aber aus dieser revolutionären Kraft ist doch etwas anderes gewachsen: Mit einer vierstelligen Zahl an Teilnehmern in regelmäßigen Abständen ist PEGIDA wahrscheinlich der größte widerständige Stammtisch der Welt. Und das meine ich im bestmöglichen Sinne. Ich gratuliere von Herzen.
Padberg
5 Jahre Wiederstand! Eine Erfolgsgeschichte!
Entschuldigung, aber wirklich relevant:
https://www.reuters.com/article/us-germany-merkel-immigration/merkel-says-german-multiculturalism-has-failed-idUSTRE69F1K320101016