Wir werden ab 1. Dezember eine Soko LinX einrichten. Diese wird doppelt soviel Personal umfassen, wie die bisherige gemeinsame Ermittlungsgruppe Leipzig.
Fortan sollen 20 Beamte unter der Führung des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA) politisch »linksextremistisch« motivierten Straftaten in Leipzig nachgehen.
Wir wollen mit der Soko Links den Druck auf die linksextremistische Szene in Leipzig weiter erhöhen und Straftaten schneller aufklären,
wird Wöller beim MDR zitiert.
Das hat Gründe, ist folgerichtig und dringend geboten. Denn anders, als es durch die Statements des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung (SPD) suggeriert, ist die jüngste Gewaltwelle der linken Szene Leipzigs (und Berlins) keineswegs ein neuartiges Phänomen. Die Enthemmung antifaschistischer Gewalt ist seit Jahren zu beobachten.
Gleichwohl verdient Jungs Stellungnahme Aufmerksamkeit, denn hier deutet sich ein Umdenken an, das nach vielen Jahren Relativierung des hegemonialen, praktisch gewordenen Antifaschismus zwingend geboten war. Jung:
Die Grenze ist überschritten: Die militante linke Szene schreckt auch vor Überfällen auf wehrlose Frauen nicht mehr zurück. Die von der linksextremen Szene verbreitete Mär, man sei nur gegen Sachen und staatliche Institutionen gewalttätig, nicht aber gegen Personen, ist entlarvt als das, was es immer war: eine Lüge.
Für sich genommen und oberflächlich gelesen, ist diese Aussage vollkommen korrekt. Allein, es kommt, wie so oft, auf die Details an. Wenn Jung schreibt, die Grenze ist überschritten, drängt sich die Frage auf, wo diese Grenze verläuft und wieso sie erst jetzt überschritten sein soll. Weshalb wird also nun linke Gewalt thematisiert, während sie zuvor bagatellisiert wurde?
Die Sache ist wohl so zu erklären: In der 600.000-Einwohner-Stadt Leipzig hat es zuletzt wiederholt Brandanschläge auf Besitz diverser Immobilienfirmen gegeben, die von Connewitzer Antifa-Banden dafür verantwortlich gemacht werden, »ihren« Kiez zu gentrifizieren. Autos wurden angezündet, Baustellenutensilien zerstört, Baukräne wurden gesprengt. Nun wurde gar eine Mitarbeiterin einer im Leipziger Süden tätigen Immobilienfirma zusammengeschlagen: am frühen Abend, in ihrer eigenen Wohnung, von linken »Aktivisten«, und ganz gezielt:
In der Nacht zum Montag wurde auf einer linken Internetplattform ein Beitrag veröffentlicht, der als Bekennerschreiben gewertet werden kann. Darin werden unter der Überschrift “Hausbesuch in Leipzig” der Name und die Privatadresse des Opfers genannt sowie ein Bild der Frau verlinkt. In dem Schreiben wird mit weiterer Gewalt gegen Häuser und Autos sowie gegen Mitarbeiter eines Bauprojekts der Immobilienfirma gedroht.
Die Polizei in Leipzig sieht ihrerseits eine »neue Qualität linker Gewalt in Leipzig«, Jung ist, wie erwähnt, empört, und der MDR entdeckt das bisher stiefmütterlich behandelte Thema linker Gewalt, obwohl sie in Leipzig seit vielen Jahren zur alltäglichen Begleitmusik gezählt werden muß, die man nur überhören konnte, wenn man politisch eben explizit daran interessiert war, sie zu überhören.
Die konstante linke Gewalt stieß auf Desinteresse bei Vertretern aus Politik, Behörden und Medien, weil die Opfer im Regelfall Rechte jeder Couleur waren.
Angriffe auf Wohnungen unliebsamer (weil rechtsorientierter) Fußballfans, brennende Autos von (rechtsorientierten) Politikern, verwüstete Lokale nach Auftritten oder internen Treffen von (rechtsorientierten) Parteien, zahllose begangene Körperverletzungen an (rechtsorientierten) Aktivisten im Zuge von Demonstrationen oder auch Anschläge auf Polizeistationen – Leipzig hat dies alles Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr erlebt. (Wo sind Distanzierungen, Ergebnisse, Prozesse, Verurteilungen?)
Kein OB Jung, kein Polizeisprecher sah hier irgendwie eine »Grenze überschritten«, im Gegenteil: Die linke Szene Leipzigs wurde zwar für einzelne Auswüchse zaghaft gerügt, aber man lobte sie überwiegend doch für ihr Engagement »gegen rechts«, für ihren Sieg gegen LEGIDA, für ihr alternatives Flair im Süden der Stadt, für ihre Bemühungen um Refugees.
Die in Leipzig seit den Nachwendejahren, ihren genuinen Baseballschlägerjahren, traditionell starke und vielfältige linke Szene wurde mit Preisen überhäuft, mit Freiräumen beehrt, mit Geldern ausgestattet. Sie wurde von der etablierten Politik und ihren medialen Verstärkern zu dem gemacht, was sie heute ist: eine totalitarismusfähige Kraft auf den Straßen der Stadt, mit erklecklichen Parallelwelten, eigenen – natürlich: Anti-rechts-preisgekrönten – Fußballvereinen (samt exorbitant großer Kinder- und Jugendabteilung!), eigenen Szenehotspots, eigenen Kampfsportstudios undsoweiter.
Diese Professionalisierung des linken Extremismus – staatlich geduldet, wo nicht gefördert – müssen alle Bürger ausbaden, konkret natürlich Andersdenkende, Polizisten und neuerdings Prokuristen von Immobilienfirmen.
Daß es auch rechte Täter gibt, daß es auch einen versuchten Marsch auf Connewitz mit Ausschreitungen im Januar 2016 gab – das ist Fakt und daher Grund für eine gewaltige Soko Rex mit 45 (!) Mitarbeitern (Soko LinX: 20). Ebenso Fakt ist gleichwohl, nach Ansicht eines MDR-Berichts:
Im Unterschied zu rechtsextremistischen Straftätern gehen laut Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar linksextremistische Straftäter viel vorbereiteter, geplanter und verdeckter vor. Die Straftäter könnten “auf einen hohen Organisationsgrad zugreifen”.
Dieser Organisationsgrad muß einerseits nach sich ziehen, daß die Soko LinX in Sachsen stärker besetzt wird als die Soko Rex, denn professionelleren Tätern mit höherem Organisationsgrad muß man logischerweise mit erhöhter Professionalität in der Strafverfolgung begegnen. Dieser Organisationsgrad konnte andererseits, und man kann es nicht oft genug betonen, nur erreicht werden, weil Leipzig zur Wohlfühloase des linken Extremismus gemacht wurde. Fanatischer Haß auf alles Nichtlinke konnte sich entfalten, wurde subventioniert, oftmals als Lifestyle verklärt.
Diese fanatische Kraft samt ihrer gewalttätigen Ausläufer richtete sich über Jahre primär gegen den Sündenbock der Nation, gegen Ablenkziele:
Rechte Opfer kann man vernachlässigen, kann man ignorieren oder gar verhöhnen. Man kann entsprechende Akte des politischen Terrors problemlos und unbeanstandet von »Zivilgesellschaft« und tonangebenden Medien relativieren, denn rechte Opfer sind in den Augen des antifaschistisch durchsetzten Establishments schlechterdings selbst schuld, moralisch verkommen, das ultimativ Böse, der – mindestens – auszugrenzende Andere.
Opfer aus anderen Bevölkerungsgruppen kann man hingegen nicht vernachlässigen, kann man nicht ignorieren. Denn Immobilienfirmen bringen Geld, Weltstadt-Ästhetik, Luxus in die boomende Metropole; Anschläge auf sie sind schlecht fürs Geschäft und fürs Image. Und nichts gewichtet »Hypezig« höher als letzteres.
Das Problem, mit dem viele Bürger nun erstmals medial konfrontiert sind, heißt indes nicht linke Gewalt, linke Einzelfälle, linker Narrensaum. Das Problem reicht viel tiefer und heißt Antifaschismus.
Antifaschismus meint heutzutage fast ausnahmslos Ausschaltung des Gegners und Erweiterung der Faschismusdefinition um jeden, der anders denkt. »Faschist«, das kann jeder sein, und ebendies ist ja das Perfide daran: Der leere Signifikant »Faschismus« wird situativ und willkürlich gefüllt, alles und jeder kann, wenn es der eigenen ideologischen Theorie und Praxis dienlich erscheint, somit das kontextuell passende Feindbild sein: Abtreibungsgegner, Konservative, Neurechte, selbst dissidente Nationalstaats-Linke oder Immobilienmakler usf.
Man reproduziert sich seine eigenen »Faschisten«, und gegen die ist bekanntlich, und unter gewährter Absolution eines relevanten Teils der Medienlandschaft, alles erlaubt.
Das beginnt bei der Sprache des Antifaschismus, wie sie von prominenten grantigen SPD-Politikern ebenso gesprochen wird wie von grünen Ikonen und eben Linksextremen aller Couleur. Diese Sprache des Antifaschismus ist die Sprache der fortgesetzten Entmenschlichung des Gegners.
Es geht an dieser Stelle nicht ausschließlich um extremistische Täter, die ein Fall für die Justiz oder künftig eben für die Soko LinX in Sachsen sind. Es geht auch um den Nährboden, auf dem linke Gewalt unaufhörlich und ungehindert gedeiht. Die Delegitimierung eines in sich heterogenen Teils der Gesellschaft, des gesamten rechten Feldes, wird von GEZ-Journalisten ebenso kultiviert wie von Antifa-Gruppen.
Am Ende ist der politische Kontrahent nicht der zu widerlegende Gegner, mit dem man, gut demokratisch, in einen »agonalen« Wettstreit um das bessere Argument, das bessere Konzept, das bessere Modell eintritt, sondern der absolute Feind, mit dem man nicht redet, nicht debattiert, ja den man nicht einmal reden und debattieren läßt, weil er als Unmensch hors la loi gestellt wird – und gegen den, gemäß dieser antidemokratischen Denkweise, dann wirklich jedes Mittel recht ist.
Wer also die gut geölte linke Gewaltmaschinerie zum Stoppen bringen will, muß ihre ideologische Basis entlarven als totalitarismusfähiges Konstrukt, muß ihre Finanziers offenlegen, muß ihre Netzwerke aufdecken, muß ihre Strukturen mit legalen Mitteln kippen. Die Soko LinX kann dabei ein Anfang sein.
Aber ohne öffentlichen Druck und ohne öffentlichen Bewußtseinswandel in bezug auf linke Strukturen und deren realen, nicht fiktiven Gewaltfetisch wird diese eingerichtete Sonderkommission wirkungslos, weil nicht eingebettet in eine Gesamtstrategie, verpuffen.
Ohnehin stößt sie bereits vor ihrer Konstituierung auf Kritik seitens der Grünen. Der künftige Koalitionspartner der Christdemokraten in Sachsen relativierte linke Gewalt und den notwendigen Kampf gegen diese in Form erhöhter polizeilicher Repression:
Ich halte nicht viel davon, jetzt alles wieder in einen Topf zu werfen,
wiegelte Valentin Lippmann, Innenpolitiker der Grünen, prompt ab.
Das würde nämlich die Bedeutung nivellieren, die die ‚Soko Rex‘ zurecht in Sachsen hat.
Wenn man die Vernetzungen der Grünen speziell in ihren Hochburgen Leipzig und Dresden mit Strukturen der äußeren Linken betrachtet, überrascht diese Intervention Lippmanns kaum.
Dabei wäre es höchste Zeit, Sachsen im allgemeinen – linke Anschläge in den letzten Tagen trafen ja auch die Provinz, etwa Rodewisch und Görlitz – und Leipzig im besonderen vor linksextremen Tätern und ihren professionellen wie ausgreifenden Strukturen zu schützen.
Die sächsische CDU hat bei der Landtagswahl 2019 etwa 32 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten, die AfD 27,5 Prozent. Das heißt: Eine sicherheits- und gesellschaftspolitische Kehre als erstes denkbares politisches Minimum gutmeinender Kräfte wäre rechnerisch ohne Probleme zu erreichen.
Eine mögliche schwarz-blaue Koalition, die den Kampf gegen den Linksextremismus und sein grün-rotes Vorfeld, das die gesellschaftliche Deutungshoheit über »gute« und »schlechte« politische Gewalt illegitimerweise ausübt, als ein gemeinsames Kernproblem begreift, ohne freilich in allen weiteren Fragen direkte Übereinstimmung zu erzielen, wird aufgrund der jüngsten Ereignisse notwendig.
Die Union um Michael Kretschmer und den jungen Generalsekretär Alexander Dierks kann nun beweisen, wie ernst es ihr mit wertkonservativen Attitüden, die sie in Sachsen so selbstbewußt wie redundant für sich beansprucht, wirklich ist. Eine derzeit konkrete Formen annehmende Koalition mit den Grünen (»Kenia«) kann ohne eine Distanzierung grüner Verantwortlicher vom zeitgenössischen Antifaschismus und seinen Praxisresultaten nicht weiter in Erwägung gezogen werden.
Die WerteUnion wiederum kann nun zeigen, ob sie unionsintern überhaupt etwas in die Wagschaale werfen kann und Schwarz-Blau für das Gemeinwohl anvisiert – oder ob sie der Papiertiger ist, für den sie viele halten.
Sachsen kann, sofern die Union sich von ihren opportunistischen Kernproblemen emanzipiert, das Modell für ein besseres Deutschland abgeben, in dem Sicherheit und Ordnung sukzessive ihre angemessene Bedeutung wiedererlangen. Sachsen kann zeigen, wie es geht, wenn die linke Szene den Bogen überspannt.
RMH
Tja,
die Geister, die man rief ...