Netzfundstücke (35) – Lausitz, Phosphor, Salvini

»Wann Ende im Gelände ist, bestimmt nicht ihr! Unsere Heimat – Unsere Zukunft!«

Am zurück­lie­gen­den Wochen­en­de stie­gen die Tem­pe­ra­tu­ren in der Lau­sitz: Das von Links­extre­mis­ten durch­setz­te Bünd­nis »Ende Gelän­de« hat­te sich ange­kün­digt und ver­such­te, die Braun­koh­leinfra­struk­tur der Regi­on zu blo­ckie­ren – es gelang ihnen, den Tage­bau sowohl in Jänsch­wal­de als auch Wel­zow-Süd zu stür­men und zu beset­zen sowie Koh­le­bahn-Stre­cken zu blockieren.

Bereits 2016 hat­te »Ende Gelän­de« ihre zwei­fel­haf­ten Aktio­nen in der Lau­sitz initi­iert, die in einer Eska­la­ti­on ende­ten: bei­spiels­wei­se war der Nach­schub für das Kraft­werk »Schwar­ze Pum­pe« blo­ckiert und das Gelän­de des Kraft­werks gestürmt worden.

Jedoch stie­ßen und sto­ßen die »Kli­ma­ak­ti­vis­ten« in Süd­bran­den­burg auf wenig Gegen­lie­be bei der ansäs­si­gen Bevöl­ke­rung. In der struk­tur­schwa­chen Regi­on stel­len der Braun­koh­le­ab­bau und die dar­an gekop­pel­te Kraft­werks­struk­tur einen der letz­ten und wich­tigs­ten Indus­trie­zwei­ge dar. Schaut man in die Lau­sit­zer Fami­li­en, so wird sich spä­tes­tens im wei­te­ren Ver­wand­ten­kreis jemand fin­den, des­sen Arbeit in irgend­ei­ner Wei­se von der För­de­rung der Braun­koh­le abhängt.

Daher emp­fin­det ein nicht gerin­ger Anteil der Lau­sit­zer das Ankar­ren selbst­er­ko­re­ner und orts­frem­der Wel­ten­ret­ter mit Recht als maß­lo­sen Affront. Wäh­rend die Lebens­rea­li­tä­ten der »Kli­ma­ak­ti­vis­ten« nach einer Schlie­ßung des Reviers nicht unmit­tel­bar davon betrof­fen wären, brä­che im jetzt schon gebeu­tel­ten Süd­bran­den­burg eine signi­fi­kan­te Grund­ba­sis des regio­na­len Lebens weg.

Die Gegen­wehr war kurz vor und wäh­rend des »Akti­ons­wo­chen­en­des« deut­lich spür­bar: Beim Heim­spiel des FC Ener­gie Cott­bus gegen Ger­ma­nia Hal­ber­stadt in der Regio­nal­li­ga Nord­ost ent­roll­ten die Ener­gie-Anhän­ger ein Trans­pa­rent mit der Auf­schrift »Wann Ende im Gelän­de ist, bestimmt nicht Ihr! Unse­re Hei­mat – unse­re Zukunft! Ende Gelän­de zerschlagen«.

Außer­dem rief der Ver­ein »Zukunft Hei­mat« zusam­men mit der AfD und der Jun­gen Alter­na­ti­ve Sach­sen am Suh­ler Klub­haus nahe dem Kraft­werk »Schwar­ze Pum­pe« zum Gegen­pro­test unter dem Mot­to »Wir für die Lau­sitz. Unse­re Hei­mat – unse­re Zukunft.« auf. Dar­über hin­aus öff­ne­te der Bür­ger­treff­punkt »Müh­le Cott­bus« als Rück­zugs­ort für Gegen­de­mons­tran­ten zum Auf­wär­men bei Kaf­fee, Tee oder Glüh­wein sei­ne Pforten.


Wie weit die Sym­pa­thien für die Braun­koh­le­kum­pel in der Regi­on gehen, zeig­te eine Grup­pe Cott­bus­ser Bereit­schafts­po­li­zis­ten, die sich am letz­ten Don­ners­tag vor einer Wand beim Orts­ein­gang Cott­bus aus Rich­tung Kolk­witz ablich­ten ließ, die kurz zuvor mit dem iko­ni­schen Wap­pen­tier der Stadt Cott­bus – dem Fluß­krebs – und dem Schrift­zug »Stoppt Ende Gelän­de!« bemalt wor­den war.

Das Foto nahm der bekann­te links­au­ßen Jour­na­list und Redak­teur des Tages­spie­gels Alex­an­der Fröh­lich zum Anlaß, um einen rei­ße­ri­schen Arti­kel in die Tas­ten zu hau­en, der mit den gewohn­ten Mit­teln, den loka­len Wider­stand gegen die »Kli­ma­ak­ti­vis­ten« zu dif­fa­mie­ren sucht.

Für die Grup­pe Poli­zis­ten soll­te das Foto jedoch lei­der ein Nach­spiel haben, das sich mitt­ler­wei­le zu einer aus­ge­wach­se­nen Far­ce ent­wi­ckelt hat: Zual­ler­erst gab Tors­ten Herbst, Spre­cher der Poli­zei Bran­den­burg, dem Tages­spie­gel bekannt, daß die betei­lig­ten Beam­ten für das Wochen­en­de aus dem Dienst genom­men wer­den und mit einem Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren zu rech­nen haben. Dar­auf­hin wur­den sie als Straf­maß­nah­me damit beauf­tragt, die Male­rei an der Mau­er mit dunk­ler Far­be zu übermalen.

Ihnen ging anschei­nend jedoch die Far­be aus, wes­we­gen nicht die gan­ze Mau­er über­malt wer­den konn­te. Übrig blieb ein »DC!«, das die Gemü­ter wei­ter erhitz­te, inso­fern als es für »Defend Cott­bus!«, einen Spruch loka­ler patrio­ti­scher Grup­pen, ste­hen soll. Nun wirft man den Beam­ten vor, das ursprüng­li­che Bild absichts­voll auf die­ses Kür­zel her­un­ter­ge­stuzt zu haben. Ob Sie das »DE« von »Gelän­de« zum »DC« abge­wan­delt haben oder ob es ande­re Per­so­nen gewe­sen waren, beschäf­tigt nun die Republik.

Es bleibt zu kon­sta­tie­ren: Wehe dem, der sich vor Sym­bo­len wider den Zeit­geist pho­to­gra­phie­ren läßt!


Von der Braun­koh­le zu einem Stoff, der auch für die Lau­sitz nicht von gerin­ger Bedeu­tung ist: Phos­phor. Das che­mi­sche Ele­ment ist für die moder­ne respek­ti­ve indus­tri­el­le Land­wirt­schaft uner­setz­lich. Aus ihm wird über meh­re­re che­mi­sche Ver­fah­ren Phos­phat gewon­nen, der größ­ten Teils für die Pro­duk­ti­on von Dün­ge­mit­teln ver­wen­det wird.

Der exor­bi­tan­te Pro­duk­ti­vi­täts­zu­wachs der Land­wirt­schaft über das letz­te Jahr­hun­dert und die damit ver­bun­de­ne Mög­lich­keit, Mil­li­ar­den von Men­schen zu ernäh­ren, ist nicht zuletzt auf den Ein­satz phos­phat­hal­ti­ger Dün­ge­mit­tel zurück­zu­füh­ren. Indes­sen stellt Phos­phor eine end­li­che Res­sour­ce dar, deren Bedeu­tung jedoch im öffent­li­chen Dis­kurs neben der Dis­kus­si­on um die End­lich­keit des Öls und fos­si­ler Ener­gie­res­sour­cen verblaßt.

Vor wel­chen Pro­ble­men die indus­tri­el­le Land­wirt­schaft ange­sichts eines Phos­phat­man­gels steht und wie man die­se mög­li­cher­wei­se zu lösen ver­mag, das beleuch­tet fol­gen­de ARTE-Doku »Die Phos­phor-Kri­se: Das Ende der Nahrung?«:


Nach dem kur­zen Video mit Ein­drü­cken von der Ver­an­stal­tung »Jun­ges Euro­pa II« auf dem Haus der »Mar­bur­ger Bur­schen­schaft Ger­ma­nia« wur­de nun der ers­te Rede­bei­trag der Kon­fe­renz ins Netz gestellt.

Den Anfang macht der Köl­ner Ger­ma­ne und Büro­lei­ter der AfD-Lan­des­grup­pe Sach­sen-Anhalt im Bun­des­tag John Hoe­wer mit dem infor­ma­ti­ven Vor­trag »Die ita­lie­ni­sche Rech­te: Zwi­schen Regie­rungs­bank und Kulturrevolution«:

Hoe­wers Tie­fen­ein­bli­cke in den ita­lie­ni­schen Poli­tik­be­trieb kön­nen Sie auch in der Sezes­si­on 89 fin­den. Im Arti­kel »Ach­sen­zeit: Rom – War­schau gegen Paris – Ber­lin« ana­ly­siert er die euro­päi­sche Bünd­nis­po­li­tik Matteo Sal­vi­nis ver­dich­tend und kenntnisreich.

Exem­pla­re der Aus­ga­be sind noch ver­füg­bar und kön­nen bestellt wer­den. Im neu­en Heft 93 – ab Frei­tag in der Aus­lie­fe­rung – schreibt er über Matteo Sal­vi­nis »Stra­te­gie im Wandel«.

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Kommentare (6)

Kahlenberg

4. Dezember 2019 23:32

Wunderschöne Geste der Cottbusser Polizisten. Diesen Männern war von Beginn an klar, daß man disziplinarisch gegen sie vorgehen würde. Kann der Funke der Solidarität nicht endlich überspringen ?

Gotlandfahrer

5. Dezember 2019 09:43

Die Phosphor-Verknappung regelt dann der Markt. Aber wie schon beim Schmerzmittel Ibuprofen, dessen Herstellung sich aufgrund steigender Nachfrage bei den Grundstoffen für Deutschland nicht mehr lohnt und man daher lieber den zahlungskräftigeren chinesischen Markt versorgt, wird auch hier die Kaufkraft der deutschen Umverteiler nicht mehr ausreichen, um mitzuhalten.

Schon "witzig", dass Phosphor der "Stoff des Lebens ist", wo er doch genauso gut todbringend vom Himmel regnen kann, siehe Operation Gomorrha.

Phil

5. Dezember 2019 10:53

Auch wenn meine Sympathie hier mehr den "Rechten" gilt, der Spruch "Unsere Heimat – unsere Zukunft!" wirkt etwas merkwürdig, wenn eben jene Heimat und Zukunft durch Kohleabbau zerstört wird...
Es ist schade, dass man nicht miteinander reden kann, und beide Parteien so arg gespalten und konfrontativ sind.

Arte schaue ich nicht mehr nach ihrer inakzeptablen Dokumentation über Ernst Jünger letzte Woche.

marco

5. Dezember 2019 11:32

So, dann wollen wir hier mal ein paar Dinge richtig stellen. Erstens: in der Lausitz gibt es keineswegs nur Kohlebeführworter. Zweitens: Leute die sich hier seid der Wende gegen den Abriss ihrer Dörfer, die Vernichtung ihres Lebensraums, den Wegzug ihrer Jugend wehren sind keinesfalls linksradikale oder überhaupt links. Drittens: die Großkonzerne und Finanzinvestoren, die den Braunkohleabbau betreiben würden und werden tat-und finanzkräftige von den hiesigen Landesregierung unterstützt. Politiker werden gekauft, um Gegenzug werden Genehmigungen erteilt. Speziell hier im Tagebau Jänschwalde würde der Tagebau sogar ohne Umweltgutachten Betriebe. Die SPD- geführte Landesregierung hat da mal eben "beide Augen zugedrückt". Nun haben Gerichte entschieden das der Tagebau gestoppt wurde. Es ist keinesfalls das wirken linksradikaler CO2-Fantasten sondern die korrupte Politik dieser Landesregierung, die die Arbeitsplätze der Kohlekumpel auf dem Gewissen hat. Viertens und letztens: die Schäden an der Natur, an der Kultur, an den Menschen, die der Jahrzehntelange Raubbau hier hinterlassen hat sind irreparabel. Jahrhunderte alte Dörfer würden dem Erdboden gleich gemacht! Naturschutzgebiet eingeebnet. Dorfgemeinschaften und Kultur zerstört. Ich bitte jeden der das nicht glaubt, einfach mal hier her kommen und sich das anzuschauen! Ich hab mich immer als konservativ verstanden. Konservativ heißt erhalten! Ich habe gesehen wie 800 Jahre alte Kirchen einfach gesprengt wurden. Hier geht es nicht um die Rettung der Stromversorgung. Die Braunkohlestromerzeugung hat einen Wirkungsgrad von unter 40%! Hier wird Natur und Kultur einem neoliberalen Finanzkapitalismus geopfert! Wie kann man als konservativer Mensch das gutheißen? Hat der Neoliberalismus nun auch alles Konservative gleichgeschaltet?

RMH

5. Dezember 2019 15:02

Habe den Arte Beitrag zum Thema "Phosphor" nicht gelesen, aber irgendwie scheint das Thema ja nicht unbedingt neu zu sein.

Schon in Aldous Huxleys "schöner neuer Welt" können wir lesen, dass die Toten kremiert werden und dass daraus Phosphor als Dünger für die Landwirtschaft gewonnen wird.

"Ein schöner Gedanke, dass wir dem Gemeinwohl nützen können, auch wenn wir schon tot sind!" (Zitat aus der deutschen Übersetzung des Romans).

Was man aus Tiermehl bereits jetzt machen kann

https://biooekonomie.de/interview/phosphor-aus-tiermehl-gewinnen

wird man irgendwann aus Menschen machen. Huxley war wohl wahrlich ein "Seher" (oder Eingeweihter).

Ratwolf

9. Dezember 2019 23:32

Ich habe Interviews von Gegner des "Ende im Gelände" gesehen.

Wie bei den Bauern in Landshut, war man ziemlich kleinlaut.

Die Propaganda wirkt in den Köpfen der Leute.

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