Sonntagsheld (130) – Die die Tuifl tratzen

Schon wieder keine Hetzjagd

Schon wie­der kei­ne Hetzjagd

Nach 129 Bei­trä­gen in der Kolum­ne ist dem einen oder ande­ren Leser wahr­schein­lich schon auf­ge­fal­len, dass ich eine gewis­se Vor­lie­be für die, nun, etwas hand­fes­te­ren Sonn­tags­hel­den hege. Auch in die­sem Fall muss ich zuge­ben, einer rei­ße­ri­schen Schlag­zei­le auf­ge­ses­sen zu sein.

Mit einem Quer­ver­weis auf einen ita­lie­ni­schen Zei­tungs­ar­ti­kel berich­te­te ein eng­lisch­spra­chi­ger Twit­ter-Nut­zer von einem Zwi­schen­fall in der Süd­ti­ro­ler Stadt Ster­zing. Dort habe die Stadt­ju­gend als Dämo­nen ver­klei­det Migran­ten durch die Stra­ßen gejagt, weil die­se ver­sucht hät­ten, ihnen die Mas­ken her­un­ter­zu­rei­ßen. Gar­niert war der Bei­trag mit einem Video in wel­chem man die jun­gen Teu­fel dabei beob­ach­ten konn­te, wie sie schein­bar wahl­los, dafür aber mit aus­ge­wie­se­ner Bru­ta­li­tät auf davon­lau­fen­de Pas­san­ten einhieben.

Gleich­wohl ver­hielt es sich im gege­be­nen Fall kei­nes­falls so dra­ma­tisch, wie die Schlag­zei­le glau­ben mach­te: Auf Nach­fra­ge teil­te die ört­li­che Poli­zei­di­rek­ti­on mit, dass kei­ne Straf­an­zei­gen zum genann­ten Fall vor­lä­gen, Auf­klä­rung brach­te schließ­lich eine Pres­se­mit­tei­lung des ver­ant­wort­li­chen, ört­li­chen Kram­pus­ver­eins, der „Tuifl Sterzing“.

Wer mit alpi­nem Brauch­tum ver­traut ist, wird es bereits geahnt haben:  Bei der ver­meint­li­chen Hetz­jagd (Chem­nitz lässt grü­ßen) han­delt es sich um das tra­di­tio­nel­le „Tuifl­trat­zen“ (hoch­deutsch in etwa: Teu­fel­trie­zen), bei dem die als Dämo­nen (Kram­pus­se) ver­klei­de­ten Bur­schen bei ihrem Umzug durch die Stadt von der ört­li­chen Jugend gereizt und gepie­sackt wer­den und ihrer­seits ver­su­chen, den Auf­müp­fi­gen ein paar Hie­be mit der Rute zu ver­pas­sen. Der Mas­ken­dieb­stahl – soviel ahne ich nach mei­ner sonn­tag­nach­mit­täg­li­chen Recher­che – gehört wohl zu den übels­ten Sakri­le­gen, die man einem Kram­pus antun kann.

Auch die Erklä­rung für die Mär von den geprü­gel­ten Migran­ten war rasch gefun­den: Teil der Tra­di­ti­on ist es, sich die Gesich­te mit Koh­le ein­zu­schwär­zen, kei­ne unflä­ti­gen Zuge­wan­der­ten, son­dern rauf­lus­ti­ge Ein­hei­mi­sche, die im übri­gen genau wuss­ten, was ihnen dräu­te, waren es, gegen die sich die Wut der Tuifl rich­te­te.

Woher also kommt die gro­ße Auf­merk­sam­keit, die bin­nen weni­ger Tage dut­zen­de Arti­kel zei­tig­te und den Kram­pus­ver­ein zu einer Pres­se­aus­sendung ver­an­lass­te, die sich jeder, der mit sol­cher­lei Stel­lung­nah­men ver­traut ist, getrost spa­ren soll­te, um sich nicht die Lau­ne am teuf­li­schen Trei­ben zu vergellen?

Einen nicht zu ver­nach­läs­si­gen­den Anteil dar­an wer­den sicher­lich die Bil­der haben: Unter Höl­len­frat­zen ver­bor­ge­ne euro­päi­sche Jung­männ­ner, die sich behörnt und mit Ruten und Stö­cken bewaff­net auf die Hatz nach miss­ver­stan­de­nen Migran­ten bege­ben – das ist als Sto­ry viel zu gut für eine gewis­sen­haf­te Recher­che. Und doch scheint die Befrem­dung vie­ler Leser noch etwas tie­fer zu reichen.

Ich selbst kom­me aus Nord­deutsch­land, bei uns kennt man sol­cher­lei Scha­ber­nack kaum. Hal­lo­ween war bis vor weni­gen Jah­ren ganz ver­pönt, Perch­ten- oder Kram­pus­um­zü­ge kul­tur­ge­mäß unbe­kannt und auch zur Faschings­zeit wag­ten sich nur ver­ein­zelt Kin­der in Kos­tü­men vor die Haus­tür. Selbst der Niko­laus, so mei­ne ich mich zu erin­nern, trat in der Regel ganz von vor­weih­nacht­li­cher Güte durch­flos­sen und ohne sei­nen Knecht Ruprecht auf.

Leb­haft erin­ne­re mich hin­ge­gen an blu­ti­ge Expe­di­tio­nen ins Brom­beer­di­ckicht, an ris­kan­te Gefech­te mit Erb­sen­ka­no­nen und an eine in ihrer Zügel­lo­sig­keit regel­recht vor­christ­li­che Vari­an­te des Fuß­balls mit nur einer Mann­schaft, die sich in den Klas­sen­räu­men und Schul­flu­ren Bahn brach, nach­dem die Schul­lei­tung das Ball­spiel auf dem Pau­sen­hof in nicht ganz unbe­rech­tig­ter Sor­ge um die Fens­ter­fron­ten der Lehr­an­stalt unter­sagt hatte.

So oder so ähn­lich wird es vie­len gehen, wenn sie zurück­den­ken: Die Form des geleb­ten Brauch­tums mag von der Schul­hof­ban­de über den Schüt­zen­ver­ein bis hin zur Kom­mu­ni­on viel­fäl­tig sein; dass die Gemein­schaft der Jun­gen sich aber ihre Prü­fun­gen sucht und sich in der Not selbst eine (wenn auch häu­fig chao­ti­sche) Form gibt, ist Gesetz.

Kurz gesagt: Der Drang der Halb­star­ken nach höhe­ren Wei­hen sucht sich sei­ne Wege. „Jungs blei­ben eben Jungs“ mag man fest­stel­len – aber die Wahr­heit ist natür­lich eine ande­re: Jungs sol­len eben nicht Jungs blei­ben; sie müs­sen den Jun­gen irgend­wann töten, um Män­ner zu werden.

In einer Knie­scho­ner- und Stütz­rä­der­zeit wirkt die­se Fest­stel­lung urtüm­lich und grau­sam, eben­so wie das Kram­pus- und Perch­ten­trei­ben, das sich in die­sen dunk­len Win­ter­ta­gen wie­der in unzäh­li­gen Berg­dör­fern und Alpen­städ­ten abspielt. Und tat­säch­lich: „Beim Kram­pus­lauf wer­den die jun­gen Bur­schen vom Buam zum Mann.“

Für die Dorf­ge­mein­schaf­ten, das möge man bit­te nicht ver­ges­sen, ist das gan­ze jedes Mal ein präch­ti­ges Spek­ta­kel: Ob als Schau­lus­ti­ge, als Hel­fer bei der Vor­be­rei­tung, oder als Opfer gro­ber Scher­ze – stets wer­den sie als inte­gra­ler Bestand­teil in die Initia­ti­on der Jugend­li­chen ein­ge­bun­den, ein kul­ti­scher Aspekt, der man­chem selbst in Zei­ten der Kul­tur­in­dus­trie noch einen archai­schen Schau­er über den Rücken zu jagen ver­mag. Schließ­lich tra­gen die umher­zie­hen­den Kram­pus­se zum Schutz der Gemein­schaft bei: Ihre Auf­ga­be ist die Ver­trei­bung böser Geis­ter und Dämonen.

Es ist gut, dass sich in den düs­te­ren Tälern und auf den lich­ten Gip­feln der Alpen aber auch in vie­len ande­ren Tei­len Mit­tel­eu­ro­pas Riten der Bin­dung und der „Jugend-Wei­he“ erhal­ten haben, die wenigs­tens eine ent­fern­te Ant­wort auf die Fra­ge zu geben ver­mö­gen, die noch unaus­ge­spro­chen im aben­teu­er­li­chen Her­zen vie­ler Jun­gen brennt.

Auch wir suchen, ver­su­chen und bau­en und des­halb erlau­be ich mir zum Abschluss die­ses Sonn­tags­hel­den die für mich eher unüb­li­che Auf­for­de­rung an die Leser­schaft: Kom­men­tie­ren Sie! Wie kann eine Initia­ti­on im drit­ten Jahr­tau­send aus­se­hen? Wel­cher Ritus hat über­lebt, was ist nur noch Fas­sa­de? Und: Wel­che Rui­nen kön­nen viel­leicht als Fun­da­ment genutzt werden?

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Kommentare (50)

Thomas Martini

9. Dezember 2019 05:21

Woran fehlt es denn? Bei uns fehlt Gott sei Dank nix. (...) Es steht wohl außer Frage, welche Bräuche wir in den nächsten Jahren pflegen und hegen, nach dem Kalenderjahr sozusagen, von den Sternsingern, Ostern, Pfingsten, bis zu Allerheiligen und schließlich dem Höhepunkt eines jeden Jahres: Weihnachten. Um nur die wichtigsten Feiertage zu nennen. Nichts davon hat sich überlebt, und wer was anderes behauptet, soll bloß kommen. Der oder diejenige will wohl die Axt anlegen, um uns Christen zu schaden?

Weiterhin feiern wir im Südwesten den Karneval, Hexennacht, St. Martin und Nikolaus, so kenne und liebe ich es von früher und es ist gar nicht einzusehen, warum es bei meinen Kindern anders sein sollte. Jedes Jahr ist mit Tradition, Festen und Bräuchen gesegnet, und es hängt letztlich an jedem selbst, was er daraus macht. Wenn ich zum Beispiel an Allerheiligen dieses Jahr zurück denke: Der Friedhof wo viele meiner Ahnen begraben liegen, war überfüllt wie eh und je. Nun sind wir mitten in der Adventszeit, wir Christen können, nein sollten jauchzen, frohlocken und die Tage lobpreisen.

Mein Eindruck: Der Katholizismus hat seine Talsohle in Deutschland durchschritten, es geht aufwärts; jedenfalls sind die Kirchen immer gut besucht, wenn wir in den Gottesdienst gehen.

Utz

9. Dezember 2019 06:50

Welcher Ritus hat überlebt, was ist nur noch Fassade?

Bei uns im Allgäu hat das Klausentreiben überlebt. Es gibt viele Vereine und die Jugend spürt, daß der Ritus ein wichtige Funktion hat. Die politisch korrekten arbeiten bei uns seit Jahren daran, diese Tradition zur Fassade einzuschrumpfen. Bisher gelingt ihnen das aber nur unzureichend. Die Klausen toben durch die Straßen und teilen mit ihren Ruten Schläge aus. Die Leute verstecken sich, versuchen auszuweichen, es wird gejohlt, geschrieen. Kinder haben Angst. Aber wo steht geschrieben, daß Kinder niemals Angst haben dürfen? Warum sollte so ein Rutenstreich nicht auch mal weh tun? Hab ich auch schon abbekommen, kann man überleben! Locker!

Jedes Jahr gibt es in der Adventszeit wieder die Diskussionen. Sie haben jetzt schon erreicht, daß die Klausen Nummern haben, so daß man sie identifizieren kann. Sicher gab es auch mal Klausen, die die Anonymitiät genutzt haben, um es zu übertreiben. Aber das ist für mich kein Grund, den ganzen Brauch in Frage zu stellen. Er hat die Funktion, daß der Mensch sich mit der Angst vor unbezähmbaren Mächten auseinandersetzt. Die Linken und Grünen haben die Hoffnung diese Mächte in der Realität abzuschaffen. Es soll nichts unbezähmbares mehr geben, nichts vor dem Kinder und Erwachsene Angst haben müssen. Das ist Größenwahn.

RMH

9. Dezember 2019 07:39

"Welcher Ritus hat überlebt,"

Ganz spontan geantwortet:
Das Saufen …
denn Alkohol gehört zu allen im Artikel genannten Riten dazu, wurde aber darin mit keinem Wort erwähnt.

Die Gefahr für die heutigen Jugendlichen ist auch hier, dass es nicht beim traditionellen Rauschmittel mit den gesellschaftlich integrierten Anlässen zu dessen Konsum bleibt, sondern dass die heutige Jugend zu schnell eine zu große Auswahl an solchen und eine unüberschaubare, alltägliche Gelegenheit zum Konsum derer hat.

JohannesStreck

9. Dezember 2019 11:40

Anderswo: https://blog.pommerscher-greif.de/brauchtum-ostern/

Lotta Vorbeck

9. Dezember 2019 11:43

@T-L W: "Wie kann eine Initiation im dritten Jahrtausend aussehen?"

Sie könnte aussehen, wie vom "Malenki" mit ein paar Freunden im Frühsommer 2019 im mitteldeutschen Wald ansatzweise erprobt, indem man mal mit kleinem Gepäck für ein paar Tage durch die Karpaten wandert, ohne die zurückgelegte Wegstrecke dabei mit einer Müllspur zu markieren. Gewiß gäbe es, entsprechend vorbereitet, während bei einer solchen Unternehmung auch Gelegenheit sich gemeinsam mit lokalen Schützen an deren Waffen zu erproben ...

... oder man würde mal, sofern dieser dazu zur Verfügung stünde, in östlichen Gefilden unter Anleitung vom Raskolnikow biwakieren.

Kleine Beckmesserei zum von der Tiroler Lokalzeitung veröffentlichten Video: Man achte auf die beiden Pferde des gegen Ende der Videosequenz am oberen Bildrand sichtbaren Gespannes!

Atz

9. Dezember 2019 13:15

Eine Möglichkeit wäre urbane Kulte zu erfinden und dort hinzutragen, wo es sie nicht gibt. In die deutsche Großstadt. Das Putzen der Stolpersteine und die Kerzen am Breitscheidplatz sind dort das höchste der Gefühle. Warum gibt es da eigentlich keine Marienprozessionen? Krampusumzüge zur Weihnachtszeit wären Versammlungen nach §17 VersammlG, das heisst könnten sogar in der Bannmeile und "vermummt" stattfinden.

Lotta Vorbeck

9. Dezember 2019 13:52

@Atz - 9. Dezember 2019 - 01:15 PM

"Eine Möglichkeit wäre urbane Kulte zu erfinden und dort hinzutragen, wo es sie nicht gibt. In die deutsche Großstadt. ... Warum gibt es da eigentlich keine Marienprozessionen? ..."

_______________________________________

Keine Sorge @Atz, die neuen, großstädtisch-urbanen Kulte sind bereits etabliert. Hübsch zu beobachten beispielsweise am alljährlich im "Reichshauptslum" [Don Alphonso] öffentlich zelebrierten "al-Quds-Tag".

2019, ein Sommertag auf dem Bahnhof Gesundbrunnen: ein kostümierter Drehorgelmann spielt spendenheischend "Das ist die Berliner; Luft, Luft Luft ..." - derweil um den Drehorgelspieler herum, babylonisches Sprachengewirr und orientalische Basaratmoshäre. - Tja, warum wohl gibt es in BRD-Großstädten keine Marien- oder Fronleichnamsprozessionen?

+ Zum Vergleich, jedes Jahr Anfang Januar im Rahmen der Sinulog-Feierlichkeiten in Cebu auf der Insel Cebu:

Cebu Sinulog Mass at the Basilica del Santo Niño

https://youtu.be/nH8BmiPrpis

am 21.05.2014 veröffentlicht

This is my guide to Mass at the Basilica in down town Cebu during the Sinulog Festival. Watch how the Cebuano's celebrate Sinulog with the Santo Niño in one of the Philippines biggest festivals. This is one of the most amazing Mass I have ever seen complete with dancing and fireworks which you can see at the end of the video. I filmed this on the Saturday, the day before the Sinulog Parade. My next video will be a guide to the Sinulog street dancing. Pit Senyor!

Thomas Martini

9. Dezember 2019 16:03

Das ist wieder typisch sezession.de: Die Leser explizit danach fragen, wie im dritten Jahrtausend eine Initiation aussehen könnte, und dann die genaue Beschreibung einer Initiation löschen.

Blöder geht's nicht mehr.

Kositza: Gern geschehen. Ich werde weiterhin stets dafür sorgen, daß sich hier niemand mit intimen Anekdoten entblößt.

nom de guerre

9. Dezember 2019 16:07

Ohne jeden einzelnen dieser Bräuche zu kennen – manche sind vielleicht auch heute noch wertvoll –, sehe ich so etwas eher skeptisch. All das mag früher, in intakten Dorfgemeinschaften, in denen jeder jeden kannte, ein festes Regelwerk galt, was bei solchen Initiationsriten ging und was nicht, sowie festgelegten Rollen, die allen klar waren und allen einleuchteten, seinen Platz gehabt haben, aber heute ist es aus meiner Sicht nicht mehr angemessen. In unserer Gegend gibt es noch vereinzelt die Hexennacht, die zu einem festen Termin um Pfingsten herum stattfindet. Bis in meine Kindheit war es dabei allgemein üblich, dass die männliche Dorfjugend um die Häuser zog und Sachen wegtrug, die sie an einem exponierten Ort im Dorf platzierten (bspw. Fahrrad/Blumenkübel/kleineres landwirtschaftliches Arbeitsgerät auf der Telefonzelle). Auch anderer, meist harmloser Schabernack gehörte dazu. Während sich früher jedoch alle daran hielten, dass nur Dinge, die offen auf dem Hof standen, mitgenommen und nichts kaputtgemacht werden durfte, kam es später immer öfter zu Einbrüchen, ernsthaften Sachbeschädigungen oder echten Diebstählen, und, mangels Einsicht der Beteiligten/deren Eltern, dann eben auch zu Anzeigen, weshalb der Brauch inzwischen nur noch selten praktiziert wird.

Mein Eindruck ist, dass man heute aufgrund der fehlenden sozialen Kontrolle wesentlich mehr als früher damit rechnen muss, dass solche Dinge aus dem Ruder laufen. Auch (zu viel) Alkohol mag eine Rolle spielen. Passend dazu war schon in meiner Jugend von den vielen Bräuchen, die in evangelischen Gegenden auf dem Land mit der Konfirmation als Schwelle zum Erwachsensein verbunden waren, nur noch das gemeinsame abendliche Besäufnis der männlichen Konfirmanden übrig, bei denen es sich wohlgemerkt um trinkungeübte 14 bis 15-Jährige handelte, denen von sich für originell haltenden Onkeln, Schwägern usw. Schnaps verabreicht wurde. Bei einem Jungen aus meinem Jahrgang endete der Abend denn auch mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Und ob Jungs auch ohne derartige Folgen wirklich einen Initiationsritus brauchen, dessen einziger Inhalt der ist, dass sie jetzt endlich saufen dürfen (nicht vor dem Gesetz, aber vor der dörflichen Gesellschaft), genau wie die Alten?

Neue Bräuche zur Initiation: Vier oder fünf Tage durch eine Gegend fern der Zivilisation wandern (die Einzelheiten können sich Leute, die gedient haben, besser ausdenken als ich), Smartphone zu Hause lassen – müsste das für die heutige junge Generation nicht eigentlich reichen?

eike

9. Dezember 2019 16:15

Schade, daß die Sonntagshelden immer so danebenliegen. Sonntagsheld ist klarerweise Putin, der Wikipedia ersetzen will:

Russia is to set up a new online site for its national encyclopedia after President Vladimir Putin said Wikipedia was unreliable and should be replaced.

The move will ensure people can find "reliable information that is constantly updated on the basis of scientifically verified sources of knowledge," a government resolution said.

https://russia-insider.com/en/science-tech/heavily-biased-wikipedia-faces-competition-russias-homegrown-internet-encyclopedia

"Nicht kleckern, klotzen", hätte Guderian gesagt.

bb

9. Dezember 2019 16:53

@Thomas Martini
Nicht traurig sein, meine Initiation des 3. Jahrtausends wurde auch nicht veröffentlich :)

Cugel

9. Dezember 2019 18:39

@Utz
"Die Linken und Grünen haben die Hoffnung diese Mächte in der Realität abzuschaffen. Es soll nichts unbezähmbares mehr geben, nichts vor dem Kinder und Erwachsene Angst haben müssen."

Außer vor dem kohlendioxidinduzierten Hitzetod, dem schrecklichen Mikroplastik, dem Strahlentod und natürlich den strunzdummen, aber gefährlichen Nazis. Das olle Waldsterben versuchen sie auch gerade wiederzubeleben.
Die streben ganz biblisch nach dem Angstmonopol:"Du sollst keine fremden Angstmacher neben mir haben!"
Da ist eine große Portion Kalkül im Größenwahn, der leider so wahnhaft nicht ist. Selbst wenn sich beispielsweise das Klimatheater bald totläuft, wird es seinen Zweck doch erreicht haben.

Martin Heinrich

9. Dezember 2019 20:25

Sex und Saufen sind für sich genommen nicht der mindeste Beweis für eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Wieviele Familienväter kenne ich, die jede Woche kräftig saufen, Kinder in die Welt gesetzt haben, Ingenieur geworden sind und im Grunde doch die bastelnden kleinen Jungs geblieben sind, die im Hobby-Keller (tatsächlich immer noch!) vor ihrer elektrischen Eisenbahn sitzen und zur angetrauten Ehefrau "Meine Chefin" sagen.
Initiation heisst Abstand gewinnen.
Erst einmal von den Eltern und später von sich selbst, um sich selbst erkennend auf tieferen, älteren Fundamenten neu zu gründen.
Ein Wochenende mit Zelt im Wald ist gut dafür, genügt aber nicht. Für jahrelange Wanderschaft oder Novizen-Dasein haben die wenigsten Menschen heutzutage Zeit. Aber zwei, drei Jahre lang oft wiederholte Schweigeseminare am Wochenende unter fachkundiger spiritueller Anleitung können auch im 21. Jahrhundert ein gangbarer Weg im Alltag sein, um sich allmählich aus festgefahrenen Bahnen zu lösen.

RMH

9. Dezember 2019 21:11

"Sonntagsheld ist klarerweise Putin, der Wikipedia ersetzen will:
"Nicht kleckern, klotzen", hätte Guderian gesagt."

@eike

Klotzen tun momentan offenbar die Chinesen, wenn das wahr ist, was man lesen kann:

https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/behoerden-in-china-sollen-offenbar-auslaendische-computergeraete-entfernen-a-1300307.html

Da ist ein russisches Wiki eigentlich nur Kleckerei, da sicher auch auf US-Software und vor allem US- Betriebssystemen aufbauend …

Wenn die Chinesen tatsächlich Hard- UND Software (!!!) unabhängig von den USA herstellen und verwenden wollen, dann ist das eine nicht hoch genug einzuschätzende Unabhängigkeitserklärung an die sog. "Tech-Giganten" der USA und an das internationale Big-Data Business.

Wenn Russland hier nachzöge, womöglich noch Indien, dann würde die Macht der USA mehr beschädigt, als wenn sie irgendwo mal wieder was militärisch auf die Mütze bekommen. Das wäre wie der Einschlag einer Atombombe in Silicon Valley, nur ohne menschliche Tote.

Denn wenn Nationalismus und Grenzen wieder irgendwann eine Renaissance erleben, dann am wirkmächtigsten, wenn Länder wieder die volle Hoheit über ihre Daten sowie Daten- und Telekommunikationsnetze haben wollen.

An diesem Thema sollte man unbedingt dran bleiben. Wir leben in Zeiten, wo der stationäre Rechner mit eigenem Speicher, der zur Not auch noch autonom und selbständig, getrennt von Internet und updates grundsätzlich funktioniert und ebensolche autonom funktionierenden Server, immer mehr abgelöst werden bzw. bereits zum großen Teil Geschichte sind. Die Emanzipation von den internationalen "Clouds", die Herrschaft über die eigenen Daten wird die neue Freiheitsbewegung werden und damit ist eine piefige DS-GVO gerade nicht gemeint.

In IT-Kreisen gilt seit langem der Spruch, dass Daten das neue Öl seien - Die Herrschaft über die eigenen Daten ist mithin das Element der Freiheit und Autarkie im 21. Jhdt.

China hat, wenn die Meldung stimmt, einen machtvollen Schritt in diese Richtung gemacht. Es wird spannend …

Pferdefuss

9. Dezember 2019 21:31

Das nenne ich eine uralte Tradition zu dem Ur-Sprung zurückzuführen: Die bösen Geister vertreiben, austreiben.

zeitschnur

9. Dezember 2019 21:46

Kann mit der Frage nichts anfangen - Initiation bedeutete grundsätzlich, dass die Kindheit per definitionem beendet war und ab jetzt die Verantwortung eines Erwachsenen übernommen werden musste.

Diese Knopfdruckriten finde ich eher nicht romantisch. Sie waren es vielleicht in der kurzen Phase ihres Niedergangs, als sie nicht mehr den Druck ausüben konnten, aber immer noch als Folklore vollzogen wurden (Konfirmation, Firmung, Bar Mizwah). Die islamische Beschneidung ist bis heute eine gewalttätige Traumatisierung der Jungen. Wie gesagt. Ich finde es nicht romantisch. Mutprobe hin oder her. Das Leben fordert noch genug Mutprobe ganz informell!

Diese Initiation ist immer ein gewaltsamer Stoß in ein System hinein. Gefragt wurde ein junger Mensch da nichts, Zeit zur Entwicklung ließ man ihm nicht, sie wurde rechtzeitig per initiationem abgeschnitten, damit er nicht womöglich auf eigenen Gedanken käme. Dieselbe schaurige Struktur liegt den Kinderehen zugrunde, bei denen Mädchen vor der Geschlechtsreife bereits vergewaltigt werden: nur ja nicht zu sich kommen, nur ja nicht Distanz einnehmen, ab in das System, bevor sie anfängt klarer zu denken.
Damit die Heranwahsenden es schlucken, umgarnte man sie mit Popanz - die Jungen mit irgendwelchem Abenteuerblödsinn, den sie auch außerhalb solcher Riten genauso gut und freier erleben hätten können, die Mädchen mit Schmuck, tollen Hochzeitsklamotten und drei Tagen im Mittelpunkt, um anschließend durchs Leben getrieben zu werden. Auch die Muckefuckriten der NS und der Sozialisten ("Jugendweihe") waren mit enormen Zwängen verbunden, sich fortan vollverantwortlich systemkonform zu verhalten. Braucht man das wirklich?

Ich finde, man sollte junge Leute einfach in Ruhe lassen und gerade diese Zeit frei lassen, damit sie sich frei entwickeln können. Abenteuer erleben sie selber, wenn man sie nicht anderweitig verschult und verplant, wie es heute geschieht.
Ich wurde zB in Ruhe gelassen und bin dafür heute mehr als dankbar.

Franz Bettinger

9. Dezember 2019 22:06

@Thomas Martini schreibt: "Das ist typisch SiN: Die Leser fragen, wie im 3. Jahrtausend eine Initiation aussehen könnte, und dann die Beschreibung einer solchen löschen. Blöder geht's nicht.“

Solche Respektlosigkeiten sind leider typisch für den schnell Verletzten in seinem emotional und weltanschaulich engen Laufställchen. - Thomas, Du wirst an deiner mangelnden Empathie (jetzt rede ich schon wie ein Grüner, Mist!) noch scheitern; nicht nur auf SiN, mein Lieber. Man muss eine ganze Tüte Sympathie und Wohlwollens-Kredite für dich parat haben, um das immer durchzuhalten. Ich fürchte, solche Einwände gehen dir am A... vorbei. Schade, denn ich weiß, dass du viel zu sagen hast, und ich würde es gerne weiterhin hören. Mensch, krieg die Kurve!

Im Übrigen ist die Aufforderung zu einem Kommentar kein Freifahrtschein für jede Absonderung. (Ich weiß nicht, was du geschrieben hast, sende es mir doch mal zu; dann reden wir drüber.) E. Kositza hat souverän geantwortet: "Gern geschehen. Ich werde weiterhin stets dafür sorgen, dass sich hier niemand mit intimen Anekdoten entblößt." Dafür sollte man E.K. dankbar sein. (War ich auch schon in der Vergangenheit.)

Franz Bettinger

9. Dezember 2019 22:29

@Eike und @RMH: Eigentlich ist es schade, denn niemand garantiert, dass Russland und China nicht das Gleiche tun werden wie die USA: die Freiheit des www einschränken und Propaganda und fake news streuen. Die Freiheit im Netz - das war ein wunderbarer Gedanke. Ob der Traum ausgeträumt ist?

marco

9. Dezember 2019 22:48

Also man schaue doch nur mal welche dieser Uralten Initiationsrieten die Zeiten überdauert haben! Es sind fast sämtliche vorchristliche, heidnische Rituale. Manche freilich (um zu überdauern) christlich verbrämt. Und das hat seinen Grund! Das Christentum hat es mittlerweile soweit gebracht sich selbst abzuschaffen. Es wird von den überwiegenden Teil seiner Representanten nur noch als caritativer Verein betrachtet. Tradition gilt in der Kirche (wie in der Geselschaft) schon als Frevel. Gucken wir uns unsere Geselschaft heutzutage an! 2000 Jahre haben zu dem geführt was heute ist! "Macht euch die Erde Untertan!". Zum Schluß wird der Mensch selbst zum Gott erklärt. Demgegenüber ist in uns Menschen immernoch das alte Feuer des Lebens, die unbändige Kraft der Natur. All die Technik, all der Fortschritt, die Verführungen und Ablenkungen haben es nicht geschafft dieses ganz auszulöschen. Das auch gerade junge Leute dieses (wieder) ausleben ist kein Zufall. Es werden Ventiele gesucht, aus dieser Konsumwelt auszubrechen, Zu rebellieren. Wo keine Tradition mehr fassbar ist läuft diese Naturkraft natürlich aus dem Ruder. Aber es ist mit Sicherheit nicht die Kommunion, Konfirmation, die Bibelstunde, die der Jugend eine angemessene Initiation bietet. Ich will hier nicht gegen die Kirche reden. Sie hat sich wiegesagt selbst "abgewickelt".

Nemesis

9. Dezember 2019 23:15

@zeitschnur
"Kann mit der Frage nichts anfangen - Initiation bedeutete grundsätzlich, dass die Kindheit per definitionem beendet war und ab jetzt die Verantwortung eines Erwachsenen übernommen werden musste...Diese Initiation ist immer ein gewaltsamer Stoß in ein System hinein. Gefragt wurde ein junger Mensch da nichts, Zeit zur Entwicklung ließ man ihm nicht, sie wurde rechtzeitig per initiationem abgeschnitten, damit er nicht womöglich auf eigenen Gedanken käme."

Es stellt sich aber doch die Frage, weshalb die Intitiationsriten überall auftauch(t)en. Sie gab und gibt es genauso bei den indigenen Völkern: Indianer Nord-, Mittel- u. Südamerikas,
bei den Aborigines, den Völkern des Pazifiks - überall.

Aus meiner Sicht weist das - möglicherweise liege ich auch falsch - auf etwas Tieferliegendes hin. Und offensichtlich waren sehr viele Völker, möglicherweise sogar alle -und zwar unabhängig voneinander - zu der Erkenntnis gekommen, daß diese Riten notwendig sind (oder sein können).

Ein Beispiel:
Ich habe vor etlichen Jahren ein Buch gelesen (ich weiß den Titel nicht mehr), indem die Initiationsriten der Jungen eines Indianerstammes beschrieben wurden. Teil dieses Ritus war es z.B., daß die Jungen ab einem gewissen Alter für eine längere Zeit keinen direkten Kontakt mehr mit Ihrer Mutter aufnehmen durften (auch keine direkten Blicke mehr). Sie durften dies nur indirekt über Dritte (Schwester, Onkel, Tante etc.)
Man kann nun sagen: gewaltsamer Stoß etc.
Andererseits war bekannt, daß die Männer dieses Stammes einen sehr freien und guten Umgang mit Ihren Frauen hatten.

Was ist nun dieser Ritus?
Gewalttätig? Beendigung der Kindheit auf Knopfdruck?
Oder Wahrnehmung möglicher bestimmter Notwendigkeiten und deren Umsetzung?

Man kann natürlich auch immer auf mehreren Seiten vom Pferd fallen. Und daß diese Riten auch mißbraucht werden können, liegt auf der Hand. Sind sie deswegen gänzlich unnötig?
Und wenn es sie nicht mehr gibt, sind sie deswegen weg?

In Jugend- u. Drogengangs existieren Riten nach wie vor.
Allerdings ganz sicher auf der anderen Seite vom Pferd gefallen.

Die Frage ist also:
Wie umgehen mit etwas, was (eigentlich jedenfalls nach herrschender Lehrmeinung ) weg sein sollte.
Und es -vielleicht- doch nicht ist?

Ratwolf

9. Dezember 2019 23:15

Wiedermal köstlich und lesenswert.

quarz

10. Dezember 2019 08:32

@Heinrich

"Ein Wochenende mit Zelt im Wald ist gut dafür, genügt aber nicht. Für jahrelange Wanderschaft oder Novizen-Dasein haben die wenigsten Menschen heutzutage Zeit."

Ich bin kein einschlägiger Experte, aber nach meinem laienhaften Urteil verliert ein aus dem umfassenderen Lebenskontext losgelöster, kurzer Initiationsritus seine Bedeutung und seine Wirkung. Diese Riten wurden ja nie als Zaubermaßnahmen praktiziert, die einen Jungen mal schnell in einen Mann verwandeln, sondern Jugendliche haben lange Zeit auf sie hingelebt und ihr Leben in stetiger Erwartung dieser Schwelle gelebt, sie vielleicht im Spiel schon antizipiert. Nach solchem mehrjährigem "Advent" war der Ritus dann nur noch der - freilich entsprechend zelebrierte - Abschluss einer Entwicklung. Ohne diesen Vorlauf ist ein Initiationsritus wie ein Zieleinlauf ohne die Mühen der Marathonstrecke, wie eine Akkord-Auflösung ohne vorangegangene Dissonanz.

Wer sein Leben also zuvor gelebt hat, ohne es an dieser Perspektive auszurichten, dem kann der Initiationsritus vermutlich nicht mehr sein als ein Partygag. Eher noch können umgekehrt - wie von zeitschnur angedeutet - die Mühen der Entwicklung auch ohne abschließendes Showfinale ihr Ziel erreichen.

Allerdings glaube ich nicht, dass dies gänzlich ungeleitet gelingt. Ein Gutteil der Entwicklungsideologie der letzten hundert Jahre war ja dem Gedanken verschrieben, man müsse dem suchenden Heranwachsenden nur alle Steine aus dem Weg räumen und ihn ansonsten "in Ruhe lassen", dann werde ihn sein innerer Kompass schon ad astra führen, ganz ohne Umweg über die aspera. Aber anstatt als Autobahn zum Glück hat sich das als Weg in die Dekadenz erwiesen und in die Hilflosigkeit.

Ich plädiere daher für die Mühen der Ebene, für ein langfristiges Anti-Dekadenz-Training, dem dann auch gerne ein feierlicher Höhepunkt folgen kann.

Noch ein Hesse

10. Dezember 2019 09:28

Sehr spannende Frage. Nein, @Zeitschnur, keine funktionierende Kultur der Weltgeschichte hat Jugendliche einfach "in Ruhe gelassen", sie wurden initiiert, weil sie als Erwachsene gebraucht wurden. Natürlich ist es für einige ich würde sagen: wenige - ein Gewinn, dass sie bei uns heute komplett in Ruhe gelassen werden und ihnen große Freiheit geboten wird, für die meisten (und für die Gesellschaft) ist es allerdings ein großer Verlust, dass sie nie bewusst - und fühlbar: ja, die meisten Initiationsriten tun weh - in die Erwachsenenrolle hineinkommen.
Die entscheidenden Fragen für uns heute sind m. E. allerdings: welche Kultur? Und damit: welche Erwachsenenrolle? Es gibt bei uns ja praktisch keine Gemeinschaften mehr, die eng genug wären, um Rollen definieren und Initiation einfordern und tragen zu können. Solange es damit aber keinen Rahmen und kein Ziel für die Initiation gibt, stellt sich die Frage nach dem "Wie" erst gar nicht ...

limes

10. Dezember 2019 09:50

Viele hervorragende Kommentare haben das Thema der Initiation von vielen Seiten beleuchtet. Dabei kam das Thema »Abitur« gar nicht zur Sprache, das viel treffender »Reifeprüfung« oder »Matura« genannt wurde.

Wurde: Denn das heutige »Abitur für alle« als gymnasialer Abschluss ist folgerichtig bei den meisten Lehranstalten nur mit gewöhnlichen Lebensabschnittspartys verbunden, die sich für die Geschöpfe der Spaßgesellschaft nahtlos einreihen in all die Partys davor und danach.

Unser Nachwuchs absolvierte ein Jesuitengymnasium. Heute, nachdem Bergoglio mich das Fürchten lehrte, sehe ich die Jesuiten weltanschaulich ganz anders als früher. Dabei versteht es dieser besondere Männerorden zweifelsohne vortrefflich, Menschen – besonders junge – zu leiten. Partys und Besäufnisse der Abiturienten finden unter jesuitischer Führung ihren Abschluss in einem fulminanten Gottesdienst, in dem buchstäblich kein Auge trocken bleibt.

in Wurstgewittern

10. Dezember 2019 11:03

Norddeutsche Ruinen:
Das Anzünden des gegnerischen Osterfeuers: Wenige Tage vor Abbrennen des Osterfeuers, wenn es sich auch wegen der Masse an zusammengefahrenen Sträuchern lohnte, versuchte die Dorfjugend das Osterfeuer des Feinddorfes vorzeitig abzubrennen. Jedes Feuer war nachts bewacht und wer beim Zündeln erwischt wurde, mußte mit der Tracht Prügel seines Lebens rechnen und konnte sich darüber nicht einmal beschweren. In die Wache wurden bei uns bereits 10-jährige eingebunden. Bei den Überfällen gab es gelegentlich Todesopfer, weil die Wachen sich ihre Wachstube in das Osterfeuer gebaut hatten und dann schlafend verbrannt sind.

Die Hasselscheibe (ich glaube, so heißt die; aus meiner Erinnerung):
Im Münsterland praktiziert. Dort trat Dorfjugend gegen Dorfjugend an, um die Hasselscheibe, eine schwere, diskusähnliche Holzscheibe zu werfen. Die männliche Jugend stellte sich dafür auf dem Sportplatz in zwei Mannschaften gegenüber auf. Es war das Ziel des Spieles, durch Werfen der Hasselscheibe den Gegner zu verletzen. Wurde die Scheibe gefangen, durfte die andere Mannschaft werfen, bis die Scheibe wieder gefangen wurde. Eine nicht gefangene Scheibe mußte dem Gegner zurückgebracht werden, was eine Demütigung darstellte. Gebrochene Arme und blutende Köpfe waren nicht selten.

Eine echte Konfirmation:
Weil es bei uns auf dem Dorf keine christliche Gemeinschaft gibt, die nächste ernstzunehmende Gemeinde 60 Kilometer entfernt in einer Großstadt ist und der Dorfpastor ein schwuler Gutmensch ist, hatte mein jüngster Sohn die Wahl:
Keine Konfirmation, stattdessen eine vergleichbare Feier, Konfirmation beim schwulen Pastor oder Konfirmation zuhause. Er hat letzteres gewählt. Das bedeutete zwei Jahre Bibel lesen, Sonntags in verschiedenste Gemeinden (katholisch, Baptisten, Neuapostolisch, Landeskirche, Pfingstler...), Besuche der Zeugen Jehovas und anderer Christen zum Zwecke der Unterrichtung, dann eine abschließende Wissensüberprüfung durch zwei freikirchliche Christen aus einer Brudergemeinde. Diese Prüfung dauerte zwei Stunden. Danach gab es Kaffee, denn wenn man konfirmiert ist, darf man Kaffee trinken.

Man könnte nun noch die Luftgewehrkriege, das Chiliwettessen, das Brennesselfechten, und das Strafpinkeln gegen den Weidezaundraht dazurechnen, jedoch sind das meistens Aktionen, die in Kleingruppen und spontan stattfinden, ein richtiger Initiationsritus ist das nicht, eher einleitendes und vorbereitendes Beiwerk. Zum Helden werden kann man durch das Bestehen dieser kleinen Prüfungen durchaus.

zeitschnur

10. Dezember 2019 11:35

Wir sind auf einem Bescheuertheitsniveau, auf dem man warten darf, wie alle Volksbelustigungen, bei denen Leute irgendwie hintereinanderherlaufen, wegen Hetzjagd-Gefahr verboten werden:

+ Das Tuifltratzen
+ Fangerlesspielen
+ Räuber und Gendarm
+ Wettlaufen
+ Marathonläufe
+ Skilanglauf
+ Nordic Walking
+ Fußball (ach du Sch ... auch das also in Wirklichkeit ein rechtsextremer Sport... wir sind echt unterwandert)
+ Prozessionen der katholischen Kirche einschl. Einzug an hohen Feiertagen in die Kirche
+ Demonstrationen (auch das langsame Hintereinanderherlaufen ist extrem verdächtig und rechtradikal!)
+ Rolltreppen (auch das: sehr gefährlich - wehret den Anfängen)
+ Jakobsweg wird geschlossen
+ Mensch Ärgere dich nicht (auch das spielerische Hetzjagen muss radikal verboten werden!)
+ in Zukunft müssen alle Eingangs- und Ausgangstüren für beide Richtungen geöffnet werden, weil die Hetzjagdgefahr im Detail zu suchen ist
+ Pferderennen als Hetzjagden der Upper Class müssen ohne gleiche Laufrichtung durchgeführt werden. Jedes Pferd trägt ab jetzt einen Zeit-Strecken-Messer bei sich und darf wild übers Gelände rennen, bis einer ein Fähnchen hochhebt: wer dann am meisten Strecke zurückgelegt hat, ist der Sieger: das ist progressiv!
+ Gänseküken dürfen der Mama nicht mehr nachlaufen
+ Jeder, der irgendwo aufgrund freier Entscheidung in dieselbe Richtung geht wie ein anderer, macht sich zum Staatsfeind Nr 1
+ Und noch was: Autowaschstraßen - passé
+ Anstehen bei Metzger: forget it (Hintereinanderstehen, Stau, als Ultimum der Hetzjagd: gaaaanz heiß, vorsicht!)
+ Autobahnen: werden geschlossen
+ Geisterfahrer: bekommen das Bundesverdienstkreuz
+ Last but not least arbeitet die NASA dran (zusammen mit ihren Kumpanen ESA, russ. und chin. Welträum"behörde"), die Wanderungen der Sternbilder und Wandelsterne für immer zu stören: die Zusammenrottungen (Zitat Seibert) der Himmelskörper müssen ein für allemal unterbunden werden

... und so fiel uns eines Tages der Himmel endgültig auf den Kopf. Asterix und Obelix hatten doch recht: le ciel est tombé sur les têtes. Er (der Himmel) saß immer noch am längeren Hebel und ließ sich einfach fallen: wenn die Menschheit es will, bitte.
Es sind wirklich apokalyptische Zeiten.

Phil

10. Dezember 2019 11:43

Mich persönlich stößt alles ab, was nach Gruppenzwang riecht.

Man liest manchmal von Riten in der Bundeswehr, die viel mit Gewalt und Erniedrigung zu tun haben – dies ist ebenfalls abstoßend und hat nichts mit Männlichkeit zu tun. Pseudo-Männlichkeit und Effeminisierung sind nur zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Lotta Vorbecks Vorschlag geht in die richtige Richtung. In der heutigen traurigen Zeit, wo manch Jugendlicher im Wald Wlan sucht, ist "Zurück zur Natur" ein guter Ansatz.

zeitschnur

10. Dezember 2019 12:14

@ Gebürtiger Hesse

War von mir etwas unglücklich ausgedrückt: ich meinte nicht, dass man überhaupt und total "in Ruhe gelassen wird", sondern bzgl eines Initiationsritus.

Initiationen sind eigentlich typisch Merkmal von Stammesgesellschaften. Ob deshalb "jede funktionierende Kultur" sie aufweist, kann man in Frage stellen.
Sobald Kulturen etwas komplexer sind, gibt es auch nicht mehr diese Initiationsriten in dieser absoluten Schwellenbedeutung.
Häufig kennt man stattdessen dann eine Art "Lebensstadienmodelle", die aber nicht mit harten Schwellen versehen sind: es bleibt letztendlich offen, wer wann in welches Stadium eintritt, wenngleich ungefähre Alterszeiträume natürlich bestehen.
Und es MUSS da auch nicht jeder jedes Stadium durchlaufen.

Ich verstehe diese Diskussion nach wie vor nicht. Unsere Kultur kennt schon seit Jahrhunderten, wenn nicht sogar mindestens 1000 Jahren keine echten Initiationen mehr. Die religiöse "Initiation" lag an sich nicht wirklich vor. Die Firmung war eine Bestätigung der schon bei der Geburt erfolgten Taufe, und letztere war die eigentliche Initiation. man erkennt auch sehr schön an der Vorverlegung (und Trennung) der Erstkommunion (von der Firmung) durch Pius X. vor gut 100 Jahren, dass es hier nicht ums Erwachsenwerden, sondern ums rechtzeitige Beeinflussen ging angesichts anderer Zeitbedingungen. Im strengen ethnologischen Sinn geschah hier keine Initiation. Die kirchliche Praxis hatte von vornherein das Initiationsmodell der Stammesgesellschaft aufgehoben. das war notwendig, weil der Christ Bürger des Reiches Gottes ist und das ist an kein Alter gebunden. Die Erziehung darauf hin konnte nie mehr den schweren Ernst der Stammesriten zurückholen und wollte es auch nicht.

Und wichtig: unsere Kultur hat damit mindestens 1000 Jahre lang "funktioniert" und sich entwickelt, hat große Leistungen hervorgebracht, was man von Stammesgesellschaften nicht so sagen kann. Das Zurückholen solcher Jugendweihen durch die atheistischen Systeme des 20. Jh ging der Tendenz nach über die bloße Ersetzung der Firmung hinaus - es bedeutete auch einen Rückfall in längst überwundene Kulturphasen.
Ein Indiz für den heutigen Ersatz für solche Riten ist die planmäßig forcierte und durch massiven Druck auf die Jugend erzeugte, verfrühte Sexualität: Man drängt die Kinder vor dem 20. Lebensjahr, möglichst immer näher am 10. Lebensjahr in sinnlosen Sex, weil "man das braucht" und beweisen muss, dass man "jetzt schon mal hat", mit wem auch immer. Wenn wir schon von Initiationen reden, dann müsste dieses ungute Thema mit besprochen werden, denn wir haben einen versteckten Ritus. Und an ihm sieht man, wie verheerend solche Riten ihrer Natur nach sind. Faktisch drängt solcher Ritus den Jugendlichen in eine Erwachsenheit, die keine ist.

Ich verstehe aber, dass in einer niedergehenden Kultur, in der nichts mehr sicher ist und vieles sich als jahrzehnte- und teilweise sogar jahrhundertealte Lüge, v.a. Wissenschaftslüge entpuppt, manche die mühsam überwundenen Probleme der älteren Zeiten zurücksehnen nach dem Beispiele der "Fleischtöpfe Ägyptens".

Ich möchte erneut darauf hinweisen, dass die echte, alte christliche abendländische Kultur ganz stark von einer Exodus-Mentalität geprägt ist, und sie hält von Initiationen schon im Ansatz nichts!

Laurenz

10. Dezember 2019 12:15

@Thomas Martini & nom de guerre ...
Ihre Beiträge sind eine bodenlose Frechheit. Ihre linke vaterlandslose Haltung können Sie für Sich behalten. Sie wissen Beide weder wer Sie sind, noch wo Sie herkommen. Ihren christlich-orientalischen Mummenschanz können Sie privat handhaben, wie Sie wünschen und vor einem an Heliosis leidenden hebräischen Wüsten-Prediger auf Knie rumrutschen. Aber machen Sie das doch zuhause.

Daß, was Herr Wessels beschrieb, sind Teile des Alemannischen Brauchtums, wie die Faßnet (Fastennacht). Das ist etwas, was wir tatsächlich selbst sind. Es existiert kein einziger kirchlicher Feiertag, der nicht heidnischen Ursprungs ist und um-gewidmet wurde. Bei den Wochentagen und dem Osterhasen hat die Umwidmung halt nicht funktioniert.
Ihr antiker Bolschewismus widert mich an.

Es lebe Die Freiheit!

Wilhelmsmax

10. Dezember 2019 13:47

Wer Initiationsrieten sucht darf nicht im Christentum stöbern, das ja bekanntlich dafür steht, alle bis zur Christianisierung bestehenden Rieten der Kelten / Germanen bewusst ausgemerzt oder ins eigene Weltbild integriert und uminterpretiert zu haben. Wer also wirklich und wahrhaft Initiationsrieten sucht, der kann sich jederzeit am Kulturschatz unserer germanischen Vorfahren bedienen - da steht zu jeder Lebensphase genug Material zur Verfügung. Unsere Germanischen Vorfahren waren philosophisch und gesellschaftlich weiterentwickelt als wir heute - und warum? Weil wir den Bremsklotz der christlichen Religion weiterhin mit uns herumschleppen...

nom de guerre

10. Dezember 2019 13:48

@ Laurenz

Es ist immer wieder erstaunlich, was Sie in anderer Leute Kommentare hineinzulesen in der Lage sind; ohne näher auf Ihre Anwürfe eingehen zu wollen: Sie sind auf dem falschen Dampfer. Wieso @ Martini eine vaterlandslose Haltung usw. aufweisen soll, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Was Ihren Ton angeht... was soll's, ich hab keine Lust, mich darüber aufzuregen.

Laurenz

10. Dezember 2019 15:06

@nom de guerre ... vielleicht lesen Sie mal Ihren eigenen Kommentar. Wie Sie selbst Ihren eigenen Beitrag interpretieren, interessiert niemanden. Es steht dort, was geschrieben steht, oder sollen wir jetzt alle Schriftgelehrte des episch heiligen
nom-de-guerre-Buchs werden?
Vielleicht fangen Sie mal mit dem Lesen Ihres ersten Satzes an?
Zitat- Ohne jeden einzelnen dieser Bräuche zu kennen – manche sind vielleicht auch heute noch wertvoll –, sehe ich so etwas eher skeptisch. - Zitatende.
Ich erwarte nicht, daß Sie einen Krampus kennen, aber irgendeinen identitären Brauch vielleicht? Irgendeinen?
Die christliche Weihnachtsgeschichte, das Fremdartige, keine Tradition unseres Volkes, sondern die eines fremden -, kenne Sie doch ganz gewiß.
Verstehen Sie jetzt selbst, was Sie geschrieben haben? Ihre Skepsis wäre ganz woanders angebracht.

eike

10. Dezember 2019 15:17

@Franz Bettinger
" niemand garantiert, dass Russland und China nicht das Gleiche tun werden wie die USA"

Das Problem sind nicht die USA per se, sondern die ethnische Minderheit, die dort, wie im gesamten Westen, die Medien, inkl. der "sozialen" (Google/Facebook/Youtube,...) kontrolliert. Diese hat Putin weit weniger im Griff als westliche Politiker.

Im übrigen ist Ihr Traum vom propagandafreien Netz schon arg romantisch. Das beste, das wir erwarten können, ist, daß die Propagana nicht immer aus der gleichen Richtung kommt, wie bei unseren derzeitigen 'Mainstream'-Medien.

nom de guerre

10. Dezember 2019 18:54

@ Laurenz

Wenn Sie meinen Kommentar ganz gelesen haben, wissen Sie, dass ich mich – in erster Linie, vielleicht hätte ich das betonen sollen – darauf bezog, dass heute für solche Bräuche (s. insbesondere die wohlwollenden Ausführungen von @ Utz zu den Klausen im Allgäu) m.E. der geeignete Bezugsrahmen und die notwendige soziale Kontrolle fehlen. In einem Dorf vor hundert Jahren wusste man auch bei maskierten Figuren, wer darunter steckt, und bei nächtlichem Treiben, dessen Teilnehmer vielleicht über die Stränge geschlagen hatten, hatte man eine ungefähre Vorstellung, wer zu so etwas neigte, und konnte den Betreffenden/seine Familie zur Rede stellen. Außerdem war die Jugend in soziale und ökonomische Bezüge vor Ort eingebunden und davon abhängig, es sich nicht mit ihren ebenfalls ortsgebundenen Mitmenschen zu verderben. Das Fehlen dieses sozialen Rahmens führt leider oft zu Auswüchsen, wie ich sie oben geschildert habe, oder auch zu Missverständnissen, etwa bei Zugezogenen. Daher meine Skepsis. Skepsis bedeutet übrigens nicht Verbietenwollen.

Etwas anderes sind die heidnischen Wurzeln der alten Bräuche, die Sie und andere hier im Forum betonen: Die bestreite ich doch gar nicht. Natürlich hat alles, was, um bei meinem obigen Beispiel zu bleiben, z.T. noch in der Generation meiner Eltern auf dem Dorf im Zusammenhang mit der Konfirmation geschah, eine heidnische Grundlage, nur kannte deren Bedeutung niemand mehr. Was die Leute feierten, war die christliche Initiation, bei der man als evangelischer Christ das Taufversprechen der Eltern erneuert, und daraufhin z.B. Pate werden und in der Kirchengemeinde aktiv sein kann. Alles andere, etwa das Schmücken der Häuser der Konfirmandinnen mit Birkenzweigen, war Beiwerk, das zwar dazugehörte und sicher auch gemeinschaftsstabilisierend wirkte, dessen Sinn aber verloren gegangen war; um diesen zu entschlüsseln (es waren vermutlich nicht zufällig Birken), lohnt sich bspw. die Lektüre von Mircea Eliade, Marija Gimbutas und anderen Autoren, die sich in verschiedene Richtungen mit dem Heidentum auseinandergesetzt haben. Nach und nach fielen diese Dinge mit dem Auseinanderbrechen der dörflichen Strukturen jedoch weg, bis in meiner Kindheit/Jugend Mitte der 90er nur noch die Konfirmation mit vielen Geschenken und abends die besoffenen Kevins, Marks und Benjamins übrig waren. Und letzteres muss nicht sein.

Sie haben offenbar einige Sympathie für das europäische Heidentum – es mag Sie erstaunen, aber die habe ich auch (für das Christentum eher weniger, im Gegensatz zu Ihnen habe ich aber meinen Frieden damit gemacht). Nur fehlt gerade den alten Bräuchen, in denen man die heidnischen Wurzeln noch erkennen kann, die spirituelle Anbindung, zumal wie gesagt die Bedeutung nicht mehr bekannt ist. Das einfache Volk allein kann nicht (Hoch-)Kulturträger sein, es kann Bräuche zwar ausüben, aber um ihnen eine über die bloße Mutprobe oder den Revierkampf unter Jungmännern (s. den Kommentar von @ In Wurstgewittern, von dem ich allerdings nicht weiß, wie ernst er gemeint ist) hinausgehende Bedeutung zu verleihen, bräuchte es Priester oder sonstige Eingeweihte, die in Europa jedoch im Zuge der Christianisierung verschwunden sind. Genau dieser weiterreichende Aspekt ist allerdings entscheidend bei einer Initiation, zumindest wenn es darum geht, etwas zu finden, das dazu beitragen kann, junge Europäer aus dieser Lethargie, diesem Gott-ist-tot-Zustand (das können Sie in diesem Kontext auch ersetzen durch "Es gibt keine Götter mehr") herauszuführen, der wohl hinter all unseren Problemen steht.

Wenn Sie, um diesen viel zu langen Kommentar zum Abschluss zu bringen, das alte Heidentum wiederbeleben wollen, und zwar wirklich wiederbeleben, nicht als Privatsache ohne Gemeinschaftsbezug: Meinen Segen haben Sie, nur sehe ich nicht, wie Sie das erreichen möchten.

Nemesis

10. Dezember 2019 19:55

@zeitschnur
"Initiationen sind eigentlich typisch Merkmal von Stammes-gesellschaften."

Sie behaupten, daß es im Christentum keine Initiationsriten gäbe?

"Die religiöse "Initiation" lag an sich nicht wirklich vor. Die Firmung war eine Bestätigung der schon bei der Geburt erfolgten Taufe, und letztere war die eigentliche Initiation."

Na wunderbar.
Da wird jemand initiert, der überhaupt noch nicht weiß, was mit ihm da geschieht. Herzlichen Glückwunsch zu so einer "Initiation".
Und dann auf Stammeskulturen herabblicken?

"Die kirchliche Praxis hatte von vornherein das Initiationsmodell der Stammesgesellschaft aufgehoben. das war notwendig, weil der Christ Bürger des Reiches Gottes ist und das ist an kein Alter gebunden. Die Erziehung darauf hin konnte nie mehr den schweren Ernst der Stammesriten zurückholen und wollte es auch nicht.

Und nur weil die kirchliche Praxis das gemacht hat, war es ... gut?

"Und wichtig: unsere Kultur hat damit mindestens 1000 Jahre lang "funktioniert" und sich entwickelt, hat große Leistungen hervorgebracht, was man von Stammesgesellschaften nicht so sagen kann."

Was verstehen Sie denn unter großer Leistung?
Um Wissenschaft kann es sich bei Ihnen ja offensichtlich nicht handeln. Die lehnen Sie ja vehement ab. Baustile?

"Das Zurückholen solcher Jugendweihen durch die atheistischen Systeme des 20. Jh ging der Tendenz nach über die bloße Ersetzung der Firmung hinaus - es bedeutete auch einen Rückfall in längst überwundene Kulturphasen."

Da ging es nicht um einen Rückfall in "längst überwundene Kulturphasen".
Da ging (und geht) es um etwas völlig Anderes.

"...Wenn wir schon von Initiationen reden, dann müsste dieses ungute Thema mit besprochen werden, denn wir haben einen versteckten Ritus. Und an ihm sieht man, wie verheerend solche Riten ihrer Natur nach sind. Faktisch drängt solcher Ritus den Jugendlichen in eine Erwachsenheit, die keine ist."

Dann liegt das Problem aber ganz offensichtlich nicht am Ritus.
Dann liegt es an einer Erwachsenheit, die keine ist.
Daraus rückzufolgern, wie verheerend Riten prinzipiell seien, vertauscht Ursache und Wirkung.

"Ich möchte erneut darauf hinweisen, dass die echte, alte christliche abendländische Kultur ganz stark von einer Exodus-Mentalität geprägt ist, und sie hält von Initiationen schon im Ansatz nichts!"

Was war denn Moses brennender Dornbusch anderes als eine Initiation?
Und es finden sich zig Stellen, die genau das - und nichts anderes - sind: Initiationen.

zeitschnur

10. Dezember 2019 21:39

@ Nemesis

Ja, ich behaupte, dass es im Christentum keine echten "klassischen" Initiationsriten gibt. Über das Für und Wider der Kindstaufe gibt es eine jahrhundertelate Debatte innerhalb des Christnetums. Ob sie gut ist, habe ich nicht behauptet und nicht diskutiert. Es ging darum, dass die Firmung im "Initiationsalter" keine echte Initiation ist, sondern nur eine Bestätigung des nun Religionsmündigen zu dem, worein er bereits initiiert war, wenn das Wort "Initiation" für die Taufe überhaupt passt.

Die christliche Taufe bedeutet eine Umkehr aus dem "kosmos" dieses "aoin" in das Königtum Gottes. Das hat mit Initiationsriten, die ins Erwachsensein führen sollen, überhaupt nichts zu tun. Es ist eine symbolische Auferweckung aus dem Todeszustand des Äons.

Ich finde daher Ihre weiteren Ausführungen zu grob, zu pauschal, sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Dem Autor oben ging es um die urtümliche Initiation der Stammesgesellschaften. Sie bedeuten das Überschreiten der Schwelle ins Erwachsensein. Bei der Taufe ist es ein Übertritt über eine spirituelle Schwelle, egal in welchem Alter - ich zB bin erst als Erwachsene getauft und gefirmt worden.

Moses am brennenden Dornbusch ist klassisch eine Berufung. Initiation ist nicht dasselbe wie eine Berufung. Denn letztere ist eine besondere, einmalige und außergewöhnliche, außerhalb jeder Norm stattfindende Autorisierung für eine singuläre Aufgabe - ähnlich Mariae Verkündigung, Pauli Damaskuserlebnis, alle Prophetenberufungen der großen AT-Propheten etc.

Maiordomus

10. Dezember 2019 22:38

Erstkommunion und Firmung werden heute hauptsächlich, leider, wegen der damit zu erwartenden Geschenke, von Jugendlichen als noch erfreulich auf sich genommen. Von einem unauslöschlichen Merkmal gemäss Katechismus kann keine Rede sein, mindestens nicht vom subjektiven Empfinden. Wer sagt sich schon: Das bin ich dem Herrgott und mir als Getauftem schuldig.

Bin nachgerade froh, wurde einer meiner Enkel von der Übung abgemeldet. Über die Kindstaufe hat sich indes Zwingli auf reformatischer Grundlage hochdifferenziert und einleuchtend geäussert, nicht nur mit dem Bibelwort "Lasset die Kinder zu mir gekommen", zumal wegen dem stark gemeinschaftsbezogenen Charakter der im Prinzip republikanischen schweizerischen Reformation. Zur Gesamtgemeinschaft gehören Mündige und Unmündige, letztere nicht zuletzt als Gesegnete.

Caroline Sommerfeld

11. Dezember 2019 08:24

Hier gehen doch eine Menge Aspekte durcheinander. Ich würde folgende Unterscheidung vorschlagen:
1. Physisch-archaische Initiationsriten, mit Einbettung in kollektive Transzendenzerfahrung
2.Physisch-archaische Initiationsriten ohne erhalten gebliebene kollektive Transzendenzerfahrung
3.Symbolische Initiationsriten mit Einbettung in kollektive Transzendenzerfahrung
4.Symbolische Initiationsriten ohne erhalten gebliebene (oder je vorhanden gewesene) Transzendenzerfahrung

Zu 1. gehören erste Jagd, überhaupt Waffenverleihung, körperliche Versehrungen als Markierung des Erwachsenenstatus durch Tätowierung, Beschneidung, sozial markierte Defloration etc.
Zu 2. gehören Besaufen oder Drogenrausch, "das erste Mal", "Initiation" von Neulingen im Militär oder in Studentenverbindungen usw. durch physische Demütigung
Zu 3. gehören Firmung, Konfirmation, Bar-Mitzwah, Aufnahme von Novizen in Ordensgemeinschaften
Zu 4. gehören Abitur, Tanzstunde, Führerschein, Verlassen des Elternhauses, erster Liebespartner

Sekundäre Inszenierungen von kollektiver Transzendenzerfahrung bleiben "ersatz" (im Sinne des Fremdworts im Französischen): Survivalwochenende, feministische Menarche-Feiern, "Jugendweihe" usw.

Ich glaube, es kommt darauf an, die folkloristischen oder tradtionalen Überreste mit Würde zu begehen, und sich völlig klar darüber zu sein, daß der Transzendenzbezug gebrochen ist, sowie, von primitiven physischen Initiationsriten Abstand zu halten, auch wenn "Männlichkeit" keinen sonstigen "safe space" mehr zu haben scheint.

Laurenz

11. Dezember 2019 08:25

@nom de guerre

.... schon wieder befinden Sie Sich im Feld linker Rhetorik, echt eklig.

Welche soziale Kontrolle sprechen Sie den heutigen Brauchtums-Wahrern ab? Als Bayer würde ich fragen "Sin's noa recht g'scheit?"

Das heidnische Halloween hat seinen Weg über die Staaten in kommerzialisierter Form zu uns zurück gefunden. Und welche soziale Kontrolle sehen Sie da? Welche soziale Kontrolle sehen Sie beim Sankt-Christoph-Straßen-Tag, wenn homosexuelle Mitbürger sich quasi gegenseitig nackt am Hundehalsband durch die Öffentlichkeit führen.
Sie nicht alle deutschen Homosexuellen Schuld an solchen eskalierenden Zuständen?
Meinen Sie nicht auch, die deutschen extrovertierten Homosexuellen könnten sich dafür ein Waldstück mieten oder erwerben?

Und Sie, nom de guerre, haben mich nicht verstanden, ich bin nicht auf heidnischer Missions-Tour. Diesen Imperialismus überlasse ich den antiken Bolschewisten des EKD.

Wenn Sie mich fragen, was ich mir wünsche, dann ist es Traditions- und Brauchtums-Bewußtsein, welches lokal divers, zeigt, wer man ist, egal ob man in Kostüm/Tracht tanzt, oder wie ich, lieber ab und an ein paar alte Lieder singt.

Hiermit berührt stellt sich irgendwann selbst die Frage, ob man mit einem Massen-hysterisch, primitiven Hirten- und Wüstenräuber-Kult gut bedient ist oder nicht, oder die Frage, welcher doch das Individuum bewahrende komplexen Weltanschauung sich unsere Vorfahren bedienten.
Der Zwang zum Kollektivismus, auch zum geistigen, ist immer sozialistisch totalitär.

Meine katholische Frau Mutter heuerte neulich einen lokalen evangelischen Pfarrer für die Beerdigung meines ehemals evangelischen Herrn Vaters an, weil dieser Pfarrer, in aller lokalen Munde, Beerdigungen würdevoller abhält als sein katholischer Kollege, der nichts für Abtrünnige über hat. Weil ich mich persönlich bei der hier im Konservatorium studierenden koreanischen Violinistin, welche auf der Beerdigung meines Vaters spielte, für Ihr leidenschaftliches Spiel bedanken wollte, nahm ich eine Einladung zu einem kleinen evangelischen Advents-Gottesdienst an. Besagter Pfarrer wählte teils ältere Kirchen-Lieder aus, die Anklänge an die Gregorianik hören ließen. Da machte es mir Spaß, das Gesangsbuch zur Hand zu nehmen, um alles eine Oktave tiefer mitzusingen. Blöd war es nur dann, wenn man für die nächste Strophe die Seite umschlagen mußte und die Noten nicht mehr sah.
Sie sehen, ein wahrer Heide sieht das nicht so eng.
Bei "Tochter Zion, freue dich" sang ich dann nicht mit, das war mir dann doch zu totalitär links, denn

Es lebe die Freiheit!

Nemesis

11. Dezember 2019 08:37

@zeitschnur
"Initiation ist nicht dasselbe wie eine Berufung."

Das ist eine Frage der Interpretation der Begrifflichkeiten.
Denn eine Initiation ist - nach meiner Interpretation - ebenfalls eine außergewöhnliche Berufung in die entprechende Gemeinschaft für eine Aufgabe. Und sie ist - vom Individuum her gedacht - ganz sicher ebenfalls singulär. Die Autorisierung dazu erfolgt in einem Intitiationsritus - der ja eben genau deshalb außerhalb der Norm stattfindet.
Deshalb auch: InitiationsRITUS.

Wie gesagt:
Ich bin nicht per se für Initiationsriten, genauso wenig wie ich per se dagegen bin. Denn alles was wir tun, kann mißbraucht werden.
Auch das, was wir nicht tun.

Es ist und bleibt: eine merkwürdige, eine komplexe und
eben auch sehr widersprüchliche Welt in der wir leben.
Das macht sie aber auch wie ich finde - trotz Allem - interessant.
Und neben allem Häßlichen gibt es eben auch Schönheit.

Und wie könnte man das Eine fassen, wenn es das Andere nicht gäbe?
Ich denke, man sollte es nur nicht in (unnötigem) Zorn oder in Verbitterung tun.

"Ich finde daher Ihre weiteren Ausführungen zu grob, zu pauschal, sie vergleichen Äpfel mit Birnen. Dem Autor oben ging es um die urtümliche Initiation der Stammesgesellschaften. Sie bedeuten das Überschreiten der Schwelle ins Erwachsensein. Bei der Taufe ist es ein Übertritt über eine spirituelle Schwelle, egal in welchem Alter - ich zB bin erst als Erwachsene getauft und gefirmt worden."

Ich glaube, da unterschätzen Sie möglicherweise die Spiritualität von Stammesgesellschaften.

Yep, meine Ausführungen waren etwas direkt.
Ist Direkt das neue Grobsein?
;))

zeitschnur

11. Dezember 2019 09:47

@ Nemesis

So kann man es natürlich auch machen: wenn man es lange genug biegt, ist auch ein Schwert ein Taschenmesser.

Ihre Begriffe gehen bedenklich durcheinander - das ist sachlich gemeint. es obliegt nicht Ihrer subjektiven Meinung, was "singulär bedeutet, was "außergewöhnlich" bedeutet etc.

Solche Argumentationen agieren psychologisch und verwischen alle Präzisierungen. So geht das mE nicht.

Dem Autor oben geht es doch offenbar nicht um Berufungen (denn die kann man weder planen noch "wollen" noch "für alle" konzipieren!). Es geht ihm um das Gewöhnliche für alle (Männer), das eben nicht Einzigartige und um etwas Planbares.

Ihre restlichen Spekulationen darüber, was ich unterschätze - hey: dazu habe ich kein Wort gesagt. Bitte bleiben Sie stets bei dem, was ich geschrieben habe, wenn Sie mich kritisieren. Ich habe keine Lust, mich mit Zuschreibungen zu befassen, die mit mir nichts zu tun haben. Seien Sie so direkt wie möglich, aber bitte auch präzise, fair, nicht so emotionalisiert und nicht "sprungbereit" ablehnend.

nom de guerre

11. Dezember 2019 10:05

@ Laurenz

"... schon wieder befinden Sie Sich im Feld linker Rhetorik, echt eklig."

Bei Ihnen steht offenbar nicht das Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung, sondern ein unstillbares Bedürfnis, andere Foristen zu bepöbeln, im Vordergrund. Darauf habe ich jetzt keine Lust mehr, also vergessen Sie es einfach.

zeitschnur

11. Dezember 2019 10:06

@ Caroline Sommerfeld

Gut, dass Sie eine Präzisierung vorgelegt haben! Danke - das ist schon mal zielführend und wichtig.

Dass ich sie nicht unbedingt genauso teile geht aus meinen Ausführungen schon hervor, eines aber erscheint mir an ihnen sehr richtig:
Man kann Initiationsriten nicht einfach so erfinden, wenn überhaupt kein gemeinschaftliches oder spirituelles Gerüst vorhanden ist.

Hinzu kommen weitere Überlegungen:
Offenbar waren die archaischen Initiationen zu schwach, um zu überleben. Sie hielten dem Ansturm neuerer Entwicklungen und Einführungen durch "Sieger" nicht stand. Man muss den Dingen redlich ins Auge sehen: dann waren sie auch nicht so großartig. Es wirkt auf mich infantil, wenn Rechte heute diese alten Riten, von denen wir ohnehin nichts wissen, die nirgends glaubwürdig belegt sind, in keiner originalen Quelle dargestellt werden, uns nur als Gerücht überkommen sind, als Projektionsfläche für ihre Unzufriedenheit missbrauchen und damit irgendwelche Großartigkeiten verbinden und Stabilisatoren ihrer angekratzten Persönlichkeiten postulieren, die es so wahrscheinlich nie gegeben hat. Wir sehen doch , dass diese Riten, so sie denn anderswo noch existieren, den Menschen schwerste körperliche und seelische Wunden zufügen (Beschneidung, auch für Frauen (!), Verstümmelungen, seelischer Terror, sexueller Missbrauch, geistige Tabusetzungen und ein Leben in Angst vor dem Numinosen).

Ich möchte allen, die das nicht beachtet haben oder wissen, zitieren, dass der hl. Paulus diese rituellen Normen als "infirma et egena elementa" (Gal 4,9) bezeichnet. Er beklagt sich darüber, dass die Galater zurückgefallen sind in die "erbärmlichen und nutzlosen Elementarmächte".
Paulus sieht diese erbärmlichen Riten als Signum der Sklaverei des Menschen in dieses Äon hinein an.

Für mich gibt es daher nur zwei Initiationstypen:

1. Initiationen in (immer) erbärmliche Kollektive des Äons und damit die Sklaverei und Bindung

2. Initiation der Taufe, die all die Bindungen in einem symbolischen, schmerzlosen und reinigend Akt löst.

Erwachsen wird der Mensch ohne alle Riten. Ein Freier nur durch einen geistigen Akt, der lebenslang andauert.
Die persönliche geistige Reife ist nicht durch Normen zu erzielen und kann auch nicht nach Normen vonstatten gehen. Die Neigung, sich in Kollektiven zu verschanzen, oft auch geschlechtsspezifischen, verbiegt und reduziert die Potenzen des Einzelwesens und kontrolliert ihre aktualen Entfaltungen.
Das sollte man sich nicht auch noch herbeiwünschen, wo es doch larviert ohnehin mehr als je stattfindet.

Lotta Vorbeck

11. Dezember 2019 15:53

Der Überlieferung nach war es Franziskus, der die den Germanen heilige Dona-Eiche fällte ...

... demnach ist [@Laurenz] unser tradiertes Brauchtum eben kein christliches Brauchtum.

Laurenz

11. Dezember 2019 17:05

@nom de guerre ... Sie täuschen Sich. Meist sind mir Ihre Kommentare sympathisch. Aber das ist kein Kompliment, es ist die Wahrheit meiner Wahrnehmung. Ebenso beschreibe ich Ihre schlecht gelungenen Kommentare, nehme ebenso Kritik hin, wenn ich sie denn verdient habe. Und wie sollte ich Ihre mißlungenen Beiträge denn sonst benennen, machen Sie mir einen Vorschlag. Wir alle sind leider, ausnahmslos, christlich, also links sozialisiert. Inwieweit man sich davon emanzipiert, hängt von jedem persönlich selbst ab. Nehmen Sie doch meine Kritik als Unterstützung auf dem Weg zur Freiheit an und geben Sie nicht Ihrem beleidigten Ego nach.

nom de guerre

11. Dezember 2019 19:28

@ Laurenz

Mein Gott, wenn Sie christlich meinen, dann schreiben Sie doch bitte christlich und nicht links – identisch sind die beiden Begriffe wohl kaum.

Kritisieren können Sie mich im Übrigen, soviel Sie wollen; wenn es berechtigt ist, bin ich durchaus bereit, das anzunehmen. Aber "echt eklig" und das hier: "Ihre Beiträge sind eine bodenlose Frechheit. Ihre linke vaterlandslose Haltung können Sie für Sich behalten. Sie wissen Beide weder wer Sie sind, noch wo Sie herkommen. Ihren christlich-orientalischen Mummenschanz können Sie privat handhaben, wie Sie wünschen und vor einem an Heliosis leidenden hebräischen Wüsten-Prediger auf Knie rumrutschen. Aber machen Sie das doch zuhause." sind keine Kritik, sondern Pöbeleien. Wenn Sie den Unterschied nicht kennen, kann ich nichts dafür.

@ Lotta Vorbeck

Donar-Eiche … Franziskus: Sie meinen wahrscheinlich Bonifatius. Der fällte bei Fritzlar die dortige Donareiche und baute aus ihrem Holz ein Kreuz und eine Kapelle. Bischof Voderholzer von Regensburg nennt das „Ein wunderbares Bild für die Einpflanzung der Neuheit des Evangeliums in Kontinuität und Diskontinuität mit dem Bisherigen!“ (http://www.kath.net/news/69615) So kann man es natürlich auch deuten, wenn man einem das „Schaut, ich haue euer Heiligtum einfach um, und eure Götter greifen nicht ein!“ zu simpel ist.

Nemesis

11. Dezember 2019 19:56

@zeitschnur
"So kann man es natürlich auch machen: wenn man es lange genug biegt, ist auch ein Schwert ein Taschenmesser."
Ihre Begriffe gehen bedenklich durcheinander - das ist sachlich gemeint. es obliegt nicht Ihrer subjektiven Meinung, was "singulär bedeutet, was "außergewöhnlich" bedeutet etc."

Ich biege nichts und bedenklich durcheinander geht, so leid es mir tut, - aber ich muß es schreiben - eher Ihr (heraus)Gelesenes mit dem, was ich wirklich schrieb. Ich kann mich nicht erinnern, daß ich schrieb, was nach meiner subjektiven Meinung nach singulär bedeudet.
Ich schrieb:
"Und sie ist - vom Individuum her gedacht - ganz sicher ebenfalls singulär."
Dort ist der Begriff nicht "subjektiv umgedeudet". Er steht genau dafür, wofür er umgangssprachlich steht: Einzigartig.
Meine Interpretation bezog sich auf den Begriff der Initiation.
Und dankenswerterweise hat Frau Sommerfeld verschiedene Interpretationen des Begriffs der Initiation eingeführt.
Interpretationen der Initiation.
Sie verstehen?

"Solche Argumentationen agieren psychologisch und verwischen alle Präzisierungen. So geht das mE nicht."

Weder streite ich ab, das ich teilweise psychologisch argumentiere, noch verberge ich es. Ich sehe da auch gar keinen Grund dazu.
Nur:
Ihr Standpunkt, Sie seien diejenige, die streng nichtpsychologisch argumentiere ist - Achtung, ich argumentiere jetzt psychologisch- Selbsttäuschung.
Das läßt sich auch ganz leicht zeigen:
Denn für jeden, der nicht Ihrem, dem christlichen Glauben angehört, können Ihre diesbezüglichen Aussagen (und der größte Teil Ihrer Aussagen bezieht sich nun mal darauf) nur auf eine einzige Weise interpretiert werden: als einen rein psycholgischer Konstrukt Ihrerseits. Denn Sie können die Existenz (oder Nichtexistenz) Gottes nicht beweisen.
Ergo: Für jemanden der nicht glaubt, sind diesbezügliche Aussagen Ihrerseits rein psycholgische determinierte Argumentationen.
Das kann gar nicht anders sein.
Aus Ihrer Sicht ist diese Annahme natürlich absurd, denn für Sie ist die Annahme der Existenz Gottes real und absolut.
Infolgedessen sind für Sie Ihre Schlußfolgerungen natürlich nicht rein psychologisch determiniert, beziehen sie sich doch auf eine
Entität und auf eine Wirklichkeit, die für Sie existent ist.
Für Sie.

"Ihre restlichen Spekulationen darüber, was ich unterschätze - hey: dazu habe ich kein Wort gesagt. ... Seien Sie so direkt wie möglich, aber bitte auch präzise, fair, nicht so emotionalisiert und nicht "sprungbereit" ablehnend."

Ich denke schon, daß ich nicht unfair war.
Ich habe nicht geschrieben, daß Sie die Spiritualität in den Stammesgesellschaften unterschätzen.
Ich habe geschrieben, daß Sie sie möglicherweise unterschätzen.

Kleiner, aber feiner Unterschied....

Lotta Vorbeck

12. Dezember 2019 00:59

@nom de guerre - 11. Dezember 2019 - 07:28 PM

Ja, richtig: Franziskus sprach mit den Tieren.

Als Kinder zeichneten wir einen Mann in Mönchskutte mit Heiligenschein, mit einer Axt einen Baum bearbeitend ... Bonifatius fällte die Donar-Eiche.

Kleine Fossilien, wie sie im örtlichen Steinbruch zu Tausenden herumlagen, nannten sich Bonifatiuspfennige.

https://www.steine-und-minerale.de/atlas.php?f=4&l=B&name=Bonifatiuspfennig

Laurenz

12. Dezember 2019 03:57

@nom de guerre ..... wir haben das auf SiN mittlerweile doch längst geklärt. Keiner der Mitforisten konnte bisher meine kausale Argumentations-Kette des antiken Marxismus-Jesuismus durchbrechen. Karl Marx & Co. schrieben im Werte-Kontext ziemlich genau bei Augustinus ab, die Marxisten ersetzten Gott mit dem Generalsekretär und verlegten das Paradies ins diesseits und die Erfinder beider Religionen waren Juden/Hebräer.
Die Ur-Christen-Freaks, wie @zeitschnur, bestätigen das doch. Deren Idealbild existiert noch im sozialistischen Kibbuz. Also ist Marxismus Christentum 2.0, im Grunde ein ziemlich billiges Update.
Und das, was Sie als Pöbeleien ansehen, sind meine Emotionen, denn Sie, nom de guerre, beleidigen in all Ihren hiesigen Beiträgen meine vaterländischen Gefühle mit linker globalistischer Rhetorik.

Kositza: Jetzt mal bitte halblang. Grad von einem Mann erwarte ich, daß er seine "Emotionen" in den Griff kriegt. Den Rest stelle ich nicht frei. Ihr Ton ist nicht mit dem von bspw. Zeitschnur u. nomdeguerre zu vergleichen.

Götz Kubitschek

12. Dezember 2019 07:45

so, badeschluß. war ja wieder wasserrugby.
dank an alle!

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