Syrien – Notizen einer politischen Reise (1)

Unser Autor John Hoewer bereiste mit einer Gruppe von AfD-Bundestagsabgeordneten um Frank Pasemann Syrien. Hier sind seine Notizen.

Ende Novem­ber 2019Als der klei­ne Kon­voi die Grenz­sta­ti­on erreicht, ist es plötz­lich stock­dun­kel. Die Son­ne – ver­schwun­den hin­ter den Ber­gen des Liba­non-Gebir­ges, das sich majes­tä­tisch zwi­schen der Haupt­stadt Bei­rut und dem Grenz­ort Mas­naa erhebt. Unser Wagen parkt am Stra­ßen­rand. Ein unauf­fäl­li­ger Klein­bus, etwas über­füllt. Nicht alle Sit­ze haben eine Rücken­leh­ne. „Alman!“ frot­zeln wir einem Dele­ga­ti­ons­teil­neh­mer lachend ent­ge­gen, der nach Anschnall­gur­ten fragt.

Glaub­te man der offi­ziö­sen Medi­en­welt, liegt er nun direkt vor uns, der Bür­ger­krieg. Faß­bom­ben, Artil­le­rie­ha­gel, Dik­ta­tur, Mord und Fol­ter. Am Grenz­über­gang erin­nert nichts an einen Krieg. Wenig Sicher­heits­per­so­nal ist zu sehen, die mili­tä­ri­schen Struk­tu­ren wur­den hier mitt­ler­wei­le auf das not­wen­di­ge Mini­mum redu­ziert. Auf der lin­ken Spur staut sich der Ver­kehr. Es ist Fei­er­abend­zeit. Auf­fäl­lig sind zahl­rei­che stark bela­de­ne PKW, auf deren Dächern sich Kof­fer und Matrat­zen sta­peln, als kämen sie direkt aus einem neun­zi­ger Jah­re Gast­ar­bei­ter-Sketch. Offen­bar sind es Syrer, die mit Sack und Pack zurück in ihre Hei­mat zurück­keh­ren. Sol­da­ten sieht man kaum. Dafür herrscht eine fast beru­hi­gen­de büro­kra­ti­sche Pro­fa­ni­tät, die eine gewis­se Rest­an­span­nung nahe­zu voll­stän­dig ver­flie­gen läßt.

Auch an die mas­si­ven Pro­tes­te im Liba­non erin­nert an die­sem Mon­tag­nach­mit­tag kaum etwas. Nur ein­mal pas­sie­ren wir die Res­te eini­ger ver­brann­ter Müll­ton­nen, die wohl noch in der Nacht als Bar­ri­ka­den in Brand gesetzt wor­den waren. Die Ereig­nis­se im Liba­non waren nur eine von unzäh­li­gen Unab­wäg­bar­kei­ten, die der Rei­se ihren ori­en­ta­li­schen Charme ver­lie­hen. Ein poli­ti­scher GAU, wäre die Dele­ga­ti­on im Bei­ru­ter Stau ste­cken geblie­ben, weil gewalt­tä­ti­ge Demons­tra­tio­nen das öffent­li­che Leben und die Tran­sit­rou­ten lahm­ge­legt hätten.

Am Abend vor dem Abflug: ein letz­tes Tele­fo­nat mit der syri­schen Bot­schaft, deren freund­li­cher Mit­ar­bei­ter einen pro­blem­lo­sen Trans­fer ver­si­cher­te. Tat­sa­che. Bereits am Gate erfolgt die herz­li­che Abho­lung durch Mit­ar­bei­ter der syri­schen Bot­schaft in Beirut.

Die Fahrt zur Gren­ze ver­läuft ost­wärts, ent­lang slu­m­ähn­li­cher Gegen­den eben­so wie an luxu­riö­sen Häu­sern, vor­bei an teu­ren Bou­ti­quen und wil­den Werk­stät­ten. Ein bun­tes Rie­sen­rad ragt über einen klei­nen ver­las­se­nen Frei­zeit­park hin­aus und ros­tet vor sich her. Die Gren­zen zwi­schen nor­ma­ler Metro­po­le und fave­la­ähn­li­chem Not­stands­ge­biet sind flie­ßend. Strom­ka­bel ver­lau­fen am Ran­de der liba­ne­si­schen Haupt­stadt meist über­ir­disch. Wüs­ter Kabel­sa­lat zieht sich von Haus zu Haus, von Block zu Block und quer über die wel­li­ge Fahr­bahn. Fast wie rie­si­ge Vogel­nes­ter prä­gen sie die Land­schaft. Abgas­wol­ken lie­gen über der Stadt, über­haupt ist die Luft merk­lich schlecht. Eilig haben wir es eigent­lich nicht, aber der Fah­rer gibt kon­se­quent Vollgas.

Vor­aus ein zivi­ler Poli­zei­wa­gen. Die Beam­ten pres­sen unse­re klei­ne Kolon­ne regel­recht durch den bru­ta­len Stau. Sire­ne, Schimp­fen durch den Laut­spre­cher, rufen und win­ken durch die geöff­ne­ten Fens­ter gibt den ande­ren Ver­kehrs­teil­neh­mer zu ver­ste­hen, daß sie anhal­ten oder Platz machen sol­len. Auch unser Fah­rer lässt per Fern­be­die­nung Sire­nen­ge­räu­sche über selbst­ein­ge­bau­te Außen­laut­spre­cher ertö­nen. Im Radio spielt es abwech­selnd west­li­che Main­stream­hits und ara­bi­sche Volksmusik.

Nach­dem wir uns aus dem Wür­ge­griff des Bei­ru­ter Berufs­ver­kehr befreit haben, rasen wir zu geräusch­haf­ten ara­bi­schen Klän­gen in den Son­nen­un­ter­gang der Levan­te. Die ober­ton­rei­chen Spalt­klän­ge las­sen die Fahr­ge­schwin­dig­keit gefühlt ver­dop­peln. 130 Km/h zeigt der Tacho, als wir uns nach rund andert­halb Stun­den der Gren­ze nähern.

Am Ran­de der Auto­bahn erstre­cken sich wil­de Flücht­lings­sied­lun­gen. Man­che woh­nen in behelfs­mä­ßi­gen Behau­sun­gen, ande­re haben als Dach nur Plas­tik­tü­ten, wäh­rend nur weni­ge Meter neben­an neue Häu­ser für den Speck­gür­tel ent­ste­hen. Gegen­sät­ze prä­gen die ers­ten Ein­drü­cke die­ser uns Deut­schen völ­lig frem­den Welt, deren Bevöl­ke­rungs­über­schuß den­noch mitt­ler­wei­le in jede Bus­fahrt in der bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Pro­vinz über­ge­grif­fen hat.

Der Fah­rer schießt über die halb­fer­ti­ge Auto­bahn. Nur eine Fahrt­rich­tung ist geöff­net. Alle fah­ren auf den drei befahr­ba­ren Spu­ren ein­fach anein­an­der vor­bei. Absper­run­gen gibt es genau so wenig wie Fahr­bahn­mar­kie­run­gen. Wes­sen Ziel kurz vor der Gren­ze an die­ser Auto­bahn liegt, der fährt ein­fach in die Aus­fahrt der Gegen­rich­tung, mit­ten hin­durch durch den Gegen­ver­kehr. Welch furcht­lo­ses Volk, das bei die­ser Ver­kehrs­si­tua­ti­on die Auto­bahn den­noch zu Fuß über­quert. An und neben der Fahr­bahn spie­len Kin­der, die inter­es­siert den vor­bei­ra­sen­den Autos hin­ter­her­gu­cken. Unse­ren Fah­rer inter­es­siert all das wenig. Bei Höchst­ge­schwin­dig­keit ist er ver­tieft in sein Han­dy, in nicht enden wol­len­des Ver­sen­den und Abhö­ren von Sprach­nach­rich­ten bei Whats­App und in Gesprä­che über das Funkgerät.

Die ein­set­zen­de Dun­kel­heit fühlt sich an, als lege sie sich fes­ter über die­ses Land, als über das uns­ri­ge in Deutsch­land. Nach weni­gen Minu­ten bringt ein stäm­mi­ger Wacht­meis­ter den Sta­pel Rei­se­päs­se zurück. Auf sei­nem Uni­formär­mel prangt der Zedern­baum. Im Schritt­tem­po pas­sie­ren wir den Check­point, an dem Sol­da­ten läs­sig die Papie­re der rein- und raus­fah­ren­den Fahr­zeug­insas­sen kontrollieren.

Hin­ter den Wach­häus­chen prä­gen Han­dy­lä­den, Restau­rants, Duty-Free-Geschäf­te und Tank­stel­len das Bild. Es sind moder­ne Tank­stel­len, die aus­se­hen, als könn­ten sie so auch an einer deut­schen Auto­bahn ste­hen. In glei­ßen­dem Neon­licht erhell­te Tank­stel­len­shops inklu­si­ve, in denen die Son­nen­bril­len, Zeit­schrif­ten und Kaf­fee­be­cher eben­so ordent­lich in den Rega­len feil­ge­bo­ten wer­den, wie am Rast­hof Peppenhoven-West.

An einem gro­ßen Stein­bo­gen hän­gen die ers­ten Bil­der des Prä­si­den­ten Bas­har al-Assad. Vor einem Ver­wal­tungs­ge­bäu­de der Behör­den ste­hen bereits zahl­rei­che wich­tig aus­se­hen­de Per­so­nen vor dunk­len Limou­si­nen, die uns offen­bar zu erwar­ten schei­nen. Hin­ter den tadel­lo­sen Gebäu­den in lan­des­ty­pi­schem Archi­tek­tur­stil ist bereits die Stra­ße erkenn­bar, die sich bedroh­lich mit­ten hin­ein in die Hügel fräst. Der unbe­leuch­te­te High­way nach Damas­kus, der mit­ten hin­ein führt in das Land, aus dem die deut­schen Behör­den jeden Bun­des­bür­ger zur sofor­ti­gen Aus­rei­se auf­for­dern. In der Regie­rungs­pro­pa­gan­da ist die­ses Land ein Biest; es zu berei­sen – eine Provokation.

Es ist dies ein Skan­dal, mit dem man sich auch nach innen nicht nur Freun­de macht. Mona­te­lan­ge Vor­be­rei­tung, Behör­den­gän­ge, Büro­kra­tie, sta­pel­wei­se Antrags­pa­pie­re, Frak­ti­ons­ge­zer­re, Stra­te­gie­fin­dung, Koor­di­nie­rung, Fein­pla­nung. Ein hal­bes Jahr inten­si­ver Orga­ni­sa­ti­on unter größt­mög­li­cher Geheim­hal­tung zieht nun scharf.

Das Biest, es liegt direkt vor uns in der Dun­kel­heit, die sich hin­ter der letz­ten Leucht­re­kla­me über die ber­gi­ge Wüs­te legt. Ein Beam­ter in schwar­zem Anzug und Kra­wat­te öff­net die Sei­ten­tür unse­res Fahr­zeugs, reicht die Hand hin­ein und lächelt freund­lich: Wel­co­me. Wel­co­me to Syria!

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Kommentare (12)

Lotta Vorbeck

4. Februar 2020 11:17

"Es ist dies ein Skandal, mit dem man sich auch nach innen nicht nur Freunde macht." - notiert John Hoewer

Offenbar ist's ein unverzeihliches Sakrileg, den BRD-Gartenzaun zu übersteigen, um den eigenen Blick mal auf die Dinge zu richten, von denen der Gärtner fortwährend erzählt.

"uE", das Kürzel für "unerlaubte Entfernung" stellte einst einen Militärstraftatsbestand dar.

Maiordomus

4. Februar 2020 12:23

"Welcome to Syria" - dies zeigt, dass man letztlich wohl nur so zu recherchieren vermag wie Chinareisende, die des Mandarin und anderer dortiger Sprachen nicht mächtig sind. Und auch nichts gegen "Highway nach Damaskus", man kann auch Deutschland auf der Autobahn kennenlernen. Auf diese Weise kommt man aber hauptsächlich zu den Resultaten, die dem entsprechen, was man schon vorher gewusst hat und was man, vielleicht mit ein paar Differenzierungen, bestätigt sehen möchte.

Laurenz

4. Februar 2020 13:07

Beirut, vor dem Bürgerkrieg das "Paris des Nahen Ostens", wer kommt heute noch auf die Idee, da Urlaub zu machen, oder im Anti-Libanon Kreuzfahrer-Burgen zu besichtigen oder Drusische Kultur zu erfahren?

Damaskus, alte Kulturhauptstadt, Namensgeber für Damast-Webe- und Schmiedekunst. Man wird nicht behaupten können, daß der Tourismus dort buhmt.

Sewastopol, Europa, seit vielen Jahren fliegt keine wöchentliche Maschine der Lufthansa mehr nach Sinferopol, um deutsche Rentner-Ausflüge nach Jalta (Krimskoye), Zaren - oder Khanspalast, oder in die geschichtsträchtige Metropole mit Kriegshafen am Schwarzen Meer zu organisieren.

Die Reise der Pasemann-Gruppe nach Damaskus ist deswegen so wichtig, weil sie deutlichst aufzeigt, wie sich deutsche Außenpolitik im aktuellen Zeitgeist oder vielleicht auch schon immer (seit 70 Jahren) gestaltet.
Liegt es tatsächlich im Interesse der Deutschen Nation, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen?
Angesichts unserer Geschichte, zweifelhaft.

Liegt es tatsächlich im Interesse der Deutschen Nation, andere Staaten mit Embargos und Sanktionen zu belegen?
Angesichts unserer Export-Industrie und unserer Abhängigkeit von externen Rohstoffen, zweifelhaft.

Liegt es tatsächlich im Interesse der Deutschen Nation, andere Staaten, nach us amerikanischer Manier, willkürlich mit dem Prädikat "Schurken-Staat" zu belegen?
Angesichts dessen, daß Deutschland selbst politische Dissidenten inhaftiert, bleibt jegliche Bewertung anderer Staaten zweifelhaft bigott.

Wenn wir die Syrische Administration unter Präsident Assad mit unseren saudi-arabischen Freunden vergleichen, brauchen wir das Recht syrischer Frauen, Auto zu fahren, nicht als Erfolg feiern. Wir müssen auch nicht Herrn Assad auffordern, das Aufhängen schwuler Männer an Baukranen zu unterlassen, ebensowenig das Abschlagen von Köpfen oder Händen zu vermeiden. Aber besucht unsere Reinkarnation von Heinrich Himmler Damaskus? Nein, aber Saudi-Arabien. Hier ein Artikel unserer Nazi-Jäger-Avantgarde vom Tagesspiegel aus dem letzten Jahr. https://www.tagesspiegel.de/politik/nach-entfuehrungsfall-kaschoggi-ist-heiko-maas-zu-weich-gegenueber-saudi-arabien/23161986.html

Das mindeste, was wir vom Tagesspiegel bezüglich des Handschlags unseres Außenminister-Darstellers mit dem Halsabschneider-Prinzen erwarten dürften, wäre, daß der Tagesspiegel das Willy-Brandt- und Konrad-Adenauer-Haus verbal abfackelt.
Oder wollen die Leser des Tagesspiegel genau das lesen, was sie vorgesetzt bekamen?

Wessen Interessen vertritt die Bundesregierung und das Außenministerium tatsächlich?

Andreas Walter

4. Februar 2020 15:08

Die Medien leben eben von der Sensation und alles was Regierungen sagen und schreiben ist Politik und Diplomatie.

Darum hat auch niemand im "jüdisch christlichen Westen" ein Problem mit der Familie Saud oder mit İlham Əliyev, sehr wohl aber mit Bashar al-Asad.

RMH

4. Februar 2020 21:46

Wie hieß das Buch gleich noch mal, welches ich als Jugendlicher schon gelesen habe?

Ohne Auftrag in … ?
...
Ohne Auftrag in Damaskus!
:)

Franz Bettinger

5. Februar 2020 09:36

Schöne Erzählung! - Erinnert mich an eine Radtour 1980 durch Irland und Nord-Irland, wo auch alles ganz anders (lockerer, ungefährlicher) war als es in der Zeitung stand. Die eigenen Anschauung ist doch eigentlich unschlagbar!

zeitschnur

5. Februar 2020 11:35

Manche Formulierungen hier im Artikel verstehe ich nicht oder ist das verunglückt:

"...rasen wir zu geräuschhaften arabischen Klängen in den Sonnenuntergang der Levante. Die obertonreichen Spaltklänge lassen die Fahrgeschwindigkeit gefühlt verdoppeln..."

Was sind "geräuschhafte arabische Klänge"?
Und wie kann etwas, das man als "Spaltklang" bezeichnet, "obertonreich" sein?
Pardon, dass ich es genau wissen will, aber das interessiert mich als Musikerin.

quarz

5. Februar 2020 13:34

Dass man Syrer unmöglich in ihr Land zurückschicken kann, gehört zu den Dogmen der Merkelschen Staatsräson. Daran wird kein empirischer Befund der Welt etwas ändern. Wie die Lage ist, wird man im Kanzleramt immer besser wissen als vor Ort. Kennt man ja von den "Hetzjagden" her.

heinrichbrueck

5. Februar 2020 14:25

@ Laurenz
„Wessen Interessen vertritt die Bundesregierung und das Außenministerium tatsächlich?“

Es sind wohl keine 200 Firmen weltweit im Einsatz, deren Verschachtelungen die Weltökonomie steuern. Das Führungsmanagement dieser Konzernmasse kontrolliert die Ressourcen; sowas wie Bundeskanzler sind deren Filialleiter einzelner Wirtschaftsstandorte. Die gekaufte Medienmacht besorgt die Propaganda und gibt die Wegbeschreibung vor.
Ihre Nazivergleiche sind total daneben, in ideologischer, historischer, politischer und ökonomischer Hinsicht nicht mehr aktuell. Solche unzeitgemäße Betrachtungen, auch von älteren DDRlern zu hören, verschleiern reale Führungsmöglichkeiten und zeigen politisches Desinteresse.

Maiordomus

5. Februar 2020 22:21

@Zeitschnur. Sie sehen, die Zitate bestätigen es, dass es sich um Wahrnehmungsschrott handelt, nicht um Äusserungen von Spezialisten, die uns in Sachen Syrien über die touristische Horizonterweiterung hinaus weiterbringen könnten. Des Arabischen nicht Mächtige, die aber was von Deutschland verstehen, sollten sich mit dem befassen, was jetzt für ihr eigenes Land wichtig wird. Es wäre also insofern zum Beispiel besser, die Lage um Thüringen zu analysieren. Hier sehen wohl selbst Debattierer mit etwas holzschnittartigem Weltbild und undiplomatischer Ausdrucksweise immer noch längst so gut durch, erst noch unentgeltlich, wie der Professor vom Zwangsgebührensender, der als Experte für die richtige Gesinnung bei der Thüringer Wahl von einer "Posse" zu sprechen geruhte.. Interessanterweise wurde auch in der Schweiz die überraschende Abwahl Christoph Blochers aus der Landesregierung, vor 13 Jahren, von Enttäuschten als "Posse" bezeichnet, war es aber nicht. Die Abwahl war keineswegs nur eine theoretische Möglichkeit.

Wie auch immer, ohne taktisches Geschick kann man bei so knappen Mehrheitsverhältnissen nicht arbeiten. Meines Erachtens gab es in Erfurt aber keine Vorkommnisse wie bei der Nichtwahl Barzels beim Misstrauensvotum gegen Willy Brandt: Das Wahlverhalten der AfD ist garantiert von niemandem gekauft worden, das war wirklich professionelle parlamentarische Arbeit, taktisch und strategisch. Es musste wenigstens einmal bewiesen werden, dass man mit der eigenen Stimmkraft etwas bewirkt, und zwar nicht nur indirekt. Das ist nun mal geleistet, es sei denn die Bundesparteien blocken den Versuch ab. Es wäre aber ein Irrtum zu glauben, Björn Höcke, als strategiefähiger Politiker mit taktischem Geschick nun bestätigt, habe sich damit auch als gesamtdeutscher Parteiführer empfohlen.

Laurenz

5. Februar 2020 23:53

@heinrichbrueck ... ich lese regelmäßig die Zahlen, wie viele Lobbyisten einen Abgeordneten bearbeiten.
Ihre Kritik an Nazi-Vergleichen mag berechtigt sein, aber es ist doch nur ein Symptom, weil man sonst nichts auf der Pfanne hat.

zeitschnur

6. Februar 2020 10:48

@ Maiordomus

Thüringen ist ein Lotstein, der in einen tiefen Seelengrund abgestiegen ist... Kennen Sie den Witz von "Sellem", der es schaffte, bei welchem Gesprächsgegenstand auch immer, nach einem Satz zur Sache auf sein Lieblingsthema, die Erforschung der Pantoffeltierchen zu kommen?
Spaß beiseite - ja: Wahrnehmungssschrott.
Und: was wollte uns der Dichter damit sagen?
Fazit: Undicht. Lasst uns über das Wetter (inzwischen "macht" die Stadt in der ich wohne, das "Klima": "Wir machen Klima") oder Machbares und Erreichbares reden, Thüringen oder so.

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