Am 3. August 1968 brach der portugiesische Ministerpräsident Oliveira Salazar mit einem Liegestuhl zusammen und schlug dabei mit dem Kopf hart auf dem Boden auf. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt die Ärzte noch der Überzeugung waren, seine Gesundheit wiederherstellen zu können, endete damit eine vierzigjährige Herrschaft.
Vier Wochen nach dem Sturz kam es zu Komplikationen, und ein Blutgerinsel im Gehirn mußte entfernt werden. Daher rief Staatspräsident Américo Tomás am 17. September die restlichen 14 Mitglieder des Staatsrats in seinen Palast. Wenn man dem Spiegel glauben darf, beriet das höchste politische Gremium Portugals exakt 105 Minuten, »wie das politische Vakuum nach Salazar zu füllen sei«. Die auf Salazar zugeschnittene Verfassung des Landes sah keinen direkten Stellvertreter vor, und Salazar hatte es, darin vielen autoritären Herrschern ähnlich, versäumt, einen Nachfolger aufzubauen.
Der Staatsrat schlug schließlich eines seiner Mitglieder, den Dekan der juristischen Fakultät Lissabon, Marcelo Caetano, als Nachfolger Salazars vor. Caetano war kein unbeschriebenes Blatt, sondern ein alter Vertrauter von Salazar, den er beim Aufbau des korporativen »Neuen Staates« unter anderem als Führer der in den dreißiger Jahren gegründeten Staatsjugend und später als Minister für die Kolonien unterstützt hatte.
Der Spiegel malte die Zukunft düster: »Will er Portugal zu einem wirklich neuen Staat umbauen, scheint ein Konflikt mit Portugals dreifaltiger Macht unausweichlich: mit Militär, Kirche und Hochfinanz. Am Sterbelager des Diktators stehen sie bereit zum Kampf um die Macht.« Doch Caetano wollte den Staat nur behutsam umbauen und führte sonst die Politik seines Vorgängers fort.
Der Neue Staat existierte noch sechs Jahre, bevor ihn dann ein Putsch linker Militärs mit Unterstützung der Kirche, die sogenannte Nelkenrevolution von 1974, endgültig beseitigte.