Das war in der zentralchinesischen Stadt Wuhan, und Mitte Januar betrat er die Weltbühne. In nur 6 Wochen hatte er sich in rasender Geschwindigkeit von Wuhan aus im Rest Chinas und im Ausland verbreitet. Verantwortlich dafür ist zu einem nicht unwesentlichen Teil die Politik der kommunistischen Partei Chinas, die nach Meldung der ersten Krankheitsfälle nicht sofort Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche ergriff, sondern statt dessen repressiv gegen den inzwischen an der Seuche gestorbenen Augenarzt Li Wenliang vorging, der Kollegen als erster vor dem unbekannten Virus warnte.
Wie die Sowjets in Tschernobyl glaubten auch die chinesischen Kommunisten anfangs, das Problem durch Aussitzen und Vertuschen zu ‘lösen’. Doch der mit dieser Strategie verbundene Zeitverlust führte wie in Tschernobyl zur Verschlimmerung der Lage und letztlich zum totalen Kontrollverlust.
Als die Chinesen Mitte Januar erstmals der Weltöffentlichkeit von dem neuen Virus berichteten und Krankenzahlen im zweistelligen Bereich vorlegten, hatten sie bereits die Kontrolle über die Seuche verloren: Am 18. Januar waren offiziell mehr als 100 Personen infiziert, am 25. Januar mehr als Tausend, am 31. Januar mehr als 10 000, und am 13. Februar wurde die Marke von 50 000 erreicht.
Dies sind nur die offiziellen Zahlen, an deren Richtigkeit von Anfang an großer Zweifel bestand, insbesondere jedoch seit China am 23. Januar die 11 Millionen-Stadt Wuhan unter vollständige Quarantäne stellte und kurze Zeit später auch andere Städte hermetisch abgeriegelt wurden. Gegenwärtig befinden sich mehr als eine halbe Milliarde Menschen unter Quarantäne in China. Ginge es ‘nur’ um 80 000 infizierte Chinesen und einige Tausend Tote, würde die chinesische Regierung bei 1,1 Milliarden Menschen niemals zu solch drastischen Maßnahmen greifen.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass Zahlen von mehr als 3 Millionen Infizierten und Hunderttausenden von Toten, wie sie vom oppositionellen chinesischen Oligarchen Guo Wengui verbreitet werden, näher an der Realität sind als die offiziellen. Doch letztlich kennt keiner die genauen Zahlen. Die mehrfachen Änderungen zur statistischen Erfassung von Fällen durch die chinesische Regierung tun ein übriges, um weiter Verwirrung zu stiften. Die seit ein paar Tagen offiziell abnehmenden Zahlen von Neuinfektionen in China erscheinen auf jeden Fall wenig realitätsnah, denn zugleich kündigte die chinesische Regierung den Bau von neuen Feldlazaretten in Wuhan an – mit 30 000 Betten.
Der Weltgesundheitsorganisation WHO fällt die unrühmliche Rolle zu, die wenig durchsichtige Informationspolitik der Chinesen zu stützen. Nicht nur, daß sie unkritisch die offiziellen chinesischen Zahlen verbreitet; sie redet auch das Ausmaß der Katastrophe klein und verhindert auf internationaler Ebene elementare Schutzmaßnahmen. So warnt sie nach wie vor davor, alle Flug- und Reiseverbindungen mit China und anderen Krisenstaaten zu kappen, obwohl sich der Virus durch Reisebewegungen in die Welt verbreitet. Die WHO spielt damit eigentlich die Rolle einer Welthandelsorganisation, nicht aber die einer Weltgesundheitsorganisation (und beweißt wieder einmal die völlige Überflüssigkeit internationaler Organisationen).
Um die Aggressivität des Virus zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die anderen Staaten, in denen der Coronavirus entdeckt wurde. Den Goldstandard bei der Erforschung von Ansteckungsketten und dem Bericht von Fällen setzt laut WHO Singapur. In jedem Falle versuchen alle diese Staaten, die Ansteckungsquelle ausfindig zu machen und von dort ausgehend die Übertragung des Virus durch gezielte Quarantänemassnahmen zu durchbrechen.
Die aktuelle Entwicklung in Japan und vor allem in Südkorea, Italien und dem Iran zeigt jedoch auch die Grenzen des Möglichen auf. Alle Staaten scheinen zu sekundären Infektionsherden geworden zu sein, in denen der Virus wie in China außer Kontrolle gerät. Im Falle Japans scheint eine Überforderung von Regierung und medizinischem Personal für diese Entwicklung mitverantwortlich zu sein.
Der Umgang mit dem unter Quarantäne stehenden Kreuzfahrtschiff Princess Diamond vor Yokohama zeigt dies deutlich : So sah man in Filmen medizinisches Personal in Schutzanzügen und mit Mundschutz aber ohne Augenschutz Infizierte vom Schiff abtransportieren. Auf dem Schiff selbst führte die erzwungene Quarantäne, die laut des japanischen Virologen Kentaro Iwata dort nicht eingehalten wurde, zu einer explosionsartigen Verbreitung des Virus (mittlerweile rund 700 Infizierten und 3 Toten). Dennoch ließ die japanische Regierung die ersten Passagiere, bei denen bisher kein Coronavirus nachgewiesen wurde, am 19. Februar ohne weitere Quarantänemaßnahmen von Bord des Schiffes gehen. Dieser leichtfertige Umgang mit dem Virus macht sowohl seine innerjapanische als auch seine weltweite, unkontrollierte Verbreitung noch wahrscheinlicher.
Beunruhigend ist die Entwicklung im Iran, der offiziell bis zum 19. Februar keine Coronavirus-Fälle hatte, obwohl das Land aufgrund des westlichen Embargos nach wie vor in sehr regem wirtschaftlichen Austausch mit China steht. Auf die Meldung der ersten beiden Fälle in Qom am 19. folgte wenige Stunden später die Meldung vom Tod beider Patienten. Keiner der beiden hatte zuvor die Stadt verlassen oder zu Chinesen Kontakt gehabt. Das bedeutet also, daß es im Iran unentdeckte sekundäre Infektionsherde gibt.
Inoffizielle iranische Quellen auf Twitter sprechen von mehr als 2000 Infizierten im ganzen Land, doch solche Zahlen sind wie in China schwer zu beweisen oder zu widerlegen, denn wie im chinesischen Fall verbreiten sowohl die Regierung als auch die interne Opposition Propaganda. Sollte der Coronavirus im Iran tatsächlich weitverbreitet sein (wofür die Entdeckung von aus dem Iran einreisenden Coronavirus-Kranken in Kanada, dem Libanon und den iranischen Anreinerstaaten spricht), dürfte er sich bereits über den ganzen Nahen Osten verbreitet haben.
Mit Italien hat Europa nun offiziell einen Infektionsherd, der außer Kontrolle zu geraten scheint. Innerhalb eines Wochenendes kletterten die Zahlen von einem chinesischen Ehepaar und einem genesenen Wuhan-Heimkehrer auf mehr als 200 Infizierte und 4 Tote. 10 norditalienische Kommunen stehen unter Quarantäne. Doch das Besorgniserregendste ist, daß die Italiener die Infektionsquelle nicht finden: Die Kranken hatten keinen direkten Kontakt mit China, und die als Bindeglied in Frage kommenden bekannten Chinesen und ein Chinareisenden haben keine Antikörper, waren also noch nie mit dem Virus in Kontakt.
Letztlich bedeutet dies wahrscheinlich, dass der Virus durch Transitreisende oder Touristen ohne Symptome unbemerkt nach Italien eingeschleppt und nur durch Zufall entdeckt wurde, weil ein 38jähriger mit lebensbedrohenden Atemprobleme ins Krankenhaus von Codogno kam. Die bisherigen Toten sind alte Menschen, die entweder seit ein, zwei Wochen wegen gewöhnlicher Lungenentzündung im Krankenhaus behandelt wurden oder sich dort den Virus als Krankenhauskeim zuzogen, ohne daß man ihre Krankheit als Coronavirus diagnostiziert hätte.
Es liegt deshalb der Schluß nahe, daß der Virus bereits seit einiger Zeit in Italien im Umlauf ist, aber aufgrund des fehlenden Chinabezugs oder wegen milder Symptome nicht erkannt wurde. Die Lage in den anderen europäischen Staaten ist wahrscheinlich ähnlich: Es gibt dort bisher nur sehr vereinzelte Fälle von kranken Touristen oder Chinaheimkehrern, weil man bei anderen Kranken nicht nach dem Coronavirus sucht. Er wird irgendwann, wie in Italien, zufällig an der Oberfläche auftauchen und dann eine große Anzahl Infizierter ans Tageslicht bringen.
Zur Krankheit selbst ist nur sehr wenig bekannt. Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich fünf Tage, kann nach offiziellen Angaben jedoch bis zu 14 Tagen dauern. Seit einiger Zeit weisen chinesische Ärzte zudem darauf hin, dass die symptomlose, aber hochansteckende Inkubationszeit sogar bis zu 24 Tagen betragen kann. Die staatlichen Autoritäten weltweit machen bisher allerdings keine Anstrengungen, diese neuen Erkenntnisse in den nationalen Quarantänerichtlinien zu berücksichtigen.
Der Virus wird hauptsächlich als Tröpfcheninfektion übertragen, kann aber auf festen Oberflächen bis zu 10 Tagen überleben. Ob er auch durch die Luft übertragbar ist, ist bisher nicht abschließend geklärt. Die Erfahrungen von der Princess Diamond und aus einem Appartmentgebäude in Hongkong weisen darauf hin, daß der Virus zumindest durch Klimaanlagen und Lüftungen verbreitet werden kann. Auch die Übertragungsmöglichkeit über den Stuhl und Urin wird immer offensichtlicher.
Eine Eindämmung der Seuche ist bei so vielen Infektionswegen quasi unmöglich. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Kranken häufig aufgrund fehlender oder nur ganz leichter Symptome lange Zeit nicht identifizierbar sind. Die Tests sind sehr wenig zuverlässig. Bei manchen Kranken, auch bei dem Augenarzt Li, der als erster Alarm schlug, fielen mehrfach Tests negativ aus, bis schließlich doch einer positiv ausfiel.
Wenn ein Infizierter Symptome entwickelt, verläuft die erste Krankheitswoche häufig mild, doch um den 8. Tag herum kann sich der Zustand des Patienten plötzlich verschlechtern. Gegenwärtig geht man davon aus, dass rund 20% der Infizierten starke Atembeschwerden entwickeln. Es wäre also theoretisch jetzt noch Zeit, die Krankenhäuser auf diesen möglichen kommenden Bedarf einzurichten.
Der chinesische Lungenfacharzt Zhong Nanshan weist aufgrund von Autopsieergebnissen darauf hin, daß beim Coronavirus keine Lungenfibrose entsteht wie bei SARS, sondern die Lungen starke Entzündungen und vermehrte Schleimbildung aufweisen. Der Verlauf der Krankheit ist grundsätzlich sehr langwierig. In den meisten Fällen dauert es mindestens drei Wochen, bis ein Patient nicht mehr ansteckend ist.
Auf die Frage,wieviele Personen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt, gibt es im Moment keine Antwort mehr. Es scheint nur sicher zu sein, dass der anfangs angegebene R0=2–3 viel zu niedrig ist. Die Genesung vom Coronavirus bedeutet laut chinesischer Ärzte nicht, daß der Patient danach immun gegen die Krankheit ist. Im Gegenteil, ein Arzt aus Wuhan, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben will, ließ taiwannews über eine in Grossbritannien lebende Verwandte die Nachricht zukommen, dass es
sehr wahrscheinlich ist, ein zweites Mal infiziert zu werden. Einige Menschen erholen sich nach der Ersterkrankung dank ihres eigenen Immunsystems, aber die Medikamente, die sie benutzen, verletzen ihr Herzgewebe. Wenn sie zum zweiten Mal erkranken, helfen ihre Antikörper nicht, sondern verschlimmern die Lage. Sie erleiden einen plötzlichen Herztod.
Das Problem solcher Aussagen ist wieder, dass sie anonym erfolgen, und es somit nicht klar ist, ob dies die wissenschaftliche Beobachtung eines Arztes oder Propaganda ist, selbst wenn Videos von plötzlich zusammenbrechenden Menscchen im Internet diese Aussage zu unterstreichen scheinen. (Filme mit zusammenbrechender Menschen in U‑Bahnen müssen nicht zwangsläufig mit dem Coronoavirus in Verbindung stehen.)
Das vermehrte Auftreten des Coronavirus ausserhalb Chinas wird es in den nächsten Wochen ermöglichen, sich ein realistischeres Bild von der Krankheit und ihrer Schwere zu machen. Das gilt auch für die Sterberate, den CFR. Gegenwärtig wird sie von offiziellen chinesischen Zahlen ausgehend mit 2 % angegeben, doch ob dies richtig ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Zwischen dem Infektionsmoment und dem Tod können 4–5 Wochen vergehen! Es ist also falsch, die Zahl der heutigen Toten ins Verhältnis zur Zahl der heutigen Infizierten zu setzen. Da der Tod meistens eine Woche nach der Hospitalisierung eintritt, kann man höchstens versuchen, die Krankenhauszahlen von vor einer Woche ins Verhältnis zur aktuellen Totenzahl zu setzen.
Marc_Aurel
Es gibt ja nur 2 Möglichkeiten:
a) Die Gefahr durch den Virus wird überschätzt
b) Die Gefahr wird unterschätzt
Auf Variante a) muss man nicht eingehen und im Falle von Variante b) bleibt einem aufgrund der unsicheren Informationslage eigentlich auch nicht viel mehr übrig als zu warten, bis die ersten Menschen um einen herum umfallen, um dann vielleicht mit samt Familie noch schnell das Weite zu suchen, am besten dort, wo es sehr kalt ist, denn dort breiten sich Infektionskrankheiten bekanntermaßen meist eher schlecht aus, vorausgesetzt natürlich man wird hier noch raus und da rein gelassen.
Eine einigermaßen wirkungsvolle Abwehr staatlicherseits, wenn sie denn überhaupt möglich ist, kann man wahrscheinlich von der Bananenrepublik BRD ohnehin nicht erwarten - also im Ernstfall lieber Eigeninitiative ergreifen.