Keine Fehler machen!

PDF der Druckfassung aus Sezession 86/Oktober 2018

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Es gibt im Deut­schen Bun­des­tag nur eine Par­tei, die unse­rem poli­ti­schen Sys­tem die Gret­chen­fra­ge stellt: Wie hältst Du es mit der Demo­kra­tie? Die sechs ande­ren Par­tei­en ver­su­chen zu ver­hin­dern, daß die­se Fra­ge unüber­hör­bar gestellt wer­den kann, und mehr: Es wäre ihnen immer noch am liebs­ten, wenn es den Fra­ge­stel­ler, den Infra­ge­stel­ler, gar nicht gäbe. Aber es gibt ihn.

Die AfD hat vor kur­zem in einer von Infra­test Dimap ver­an­stal­te­ten Umfra­ge bun­des­weit 18 Pro­zent erreicht und die SPD als zweit­stärks­te Kraft abge­löst. In den öst­li­chen Bun­des­län­dern kur­siert sowie­so der andeu­ten­de und im Moment der Erkennt­nis ver­blüf­fend wirk­lich­keits­na­he Spruch, daß es eine ehe­ma­li­ge und eine neue Volks­par­tei gebe.

Es nimmt also nicht Wun­der, daß es vor allem die Ver­tre­ter der ehe­ma­li­gen Volks­par­tei sind, die in ihren Gehirn­ta­schen gra­ben, um nach der vor­letz­ten die letz­te und dann die aller­letz­te Patro­ne her­aus­zu­klau­ben und sie auf den Geg­ner abzufeuern.

Man muß sol­che Leu­te machen las­sen, ein­fach machen las­sen, denn alles das trägt dazu bei, daß der Ruf nach einer Alter­na­ti­ve, nach grund­le­gen­den Ver­än­de­run­gen immer lau­ter wird, immer mehr Wäh­ler erreicht und bei immer mehr Wäh­lern jene über Jahr­zehn­te ange­züch­te­te Hem­mung besei­tigt, die sie noch in der Wahl­ka­bi­ne dar­an hin­dert, das Kreuz an der rich­ti­gen Stel­le zu setzen.

Es geht nun seit zwei Wochen die Angst vor dem Ver­fas­sungs­schutz um in der AfD. Zwei Lan­des­ver­bän­de der Par­tei­ju­gend wer­den beob­ach­tet, und in Rich­tung des Thü­rin­ger Lan­des­ver­ban­des ließ der dor­ti­ge Chef des Amtes für Ver­fas­sungs­schutz ver­lau­ten, man prü­fe die Beobachtung.

Weil eine Beob­ach­tung, die gera­de erst beginnt, noch kein Ergeb­nis ist, kann die Prü­fung einer Beob­ach­tung erst recht kei­nes sein. Bei­de Ankün­di­gun­gen aber – Beob­ach­tung eben­so wie die Prü­fung einer sol­chen – klin­gen in den Ohren derer, die sich von der Mög­lich­keit einer Mah­nung vom Kau­fe abhal­ten las­sen, so, als läge das Ergeb­nis bereits vor.

Die Ankün­di­gung einer Beob­ach­tung ist also im bes­ten Fal­le das erzie­he­ri­sche Mit­tel einer neu­tra­len Behör­de, im Nor­mal­fall jedoch die poli­ti­sche Waf­fe der herr­schen­den Klas­se. In Bre­men und Nie­der­sach­sen ist die SPD, in Thü­rin­gen DIE LINKE am Ruder.

Vor der­ma­ßen rui­nier­ten Maß­stä­ben ist jeder im pas­sen­den Moment Ver­fas­sungs­feind, und mit der AfD trifft es nun die ein­zi­ge im Bun­des­tag ver­tre­te­ne Par­tei, die Demo­kra­tie ein­ge­for­dert und her­ge­stellt, denn sie sorgt für ech­te Gegenöffentlichkeit.

Aber eine poli­ti­sche Waf­fe ist eine Waf­fe, und man muß den Ein­satz des Ver­fas­sungs­schut­zes gegen die ein­zi­ge Par­tei, die die Ver­fas­sung schüt­zen will, sehr ernst neh­men. Daher lau­tet der Rat an die AfD: kei­ne Feh­ler machen!

Das Schwert muß in der Hand des Geg­ners stumpf wer­den, und stumpf wird es nur, wenn er es fol­gen­los zum Ein­satz gebracht hat, offen­sicht­lich fol­gen­los, für jeden offen­sicht­lich fol­gen­los. Drei Ratschläge:

1. Die Par­tei muß ernst neh­men, was in ihr als Schlag­wort gilt: daß wir unter einer »Herr­schaft des Unrechts« zu leben haben. In den fal­schen Hän­den gehört auch der Ver­fas­sungs­schutz zu den Herr­schafts­in­stru­men­ten des Unrechts, und die AfD darf nun, also im ent­schei­den­den Moment, nicht ver­ges­sen, daß sie ange­tre­ten ist, die­ser Herr­schaft ein Ende zu berei­ten und das Recht wie­der ins Recht zu setzen.

2. Die soge­nann­ten »Libe­ra­len« in der Par­tei müs­sen sich von dem Gedan­ken ver­ab­schie­den, daß es im Kampf um die poli­ti­sche Macht eine AfD in einem Zustand gäbe, der für die herr­schen­de Klas­se und ihre Zivil­ge­sell­schaft akzep­ta­bel wäre. Mit oder ohne Höcke, mit oder ohne Vogel­schiß: knapp 20 Pro­zent (und im Osten Mehr­heits­wer­te) sind in jeder Form inak­zep­ta­bel für die­je­ni­gen, die es sich im erbeu­te­ten Staat gemüt­lich gemacht haben. Zur Erin­ne­rung: Der Geg­ner befin­det sich außer­halb der Par­tei. Außerhalb!

3. Die Par­tei muß in den nächs­ten Wochen weni­ger nach außen, mehr nach innen arbei­ten: Gewählt wird sie sowie­so – es gibt ja kei­ne Alter­na­ti­ve. Schlimm wäre jedoch, wenn sich nun die ängst­li­che­ren par­tei­in­ter­nen Tei­le von der Andro­hung in Panik ver­set­zen lie­ßen und um ihre Repu­ta­ti­on fürch­te­ten. An die­ser Stel­le ist jeder beru­hi­gen­de Satz, ist jeder Kurz­ur­laub im Erz­ge­bir­ge oder im Süden Sach­sen-Anhalts Gold wert. 20 Pro­zent kriegt der Geg­ner nicht mehr klein, es sei denn, es gelingt ihm, sie aufzuspalten.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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