Patrice C. McMahon: Das NGO-Spiel

Patrice C. McMahon: Das NGO-­Spiel. Zur ambivalenten Rolle von Hilfsorganisationen in Postkonfliktländern, Hamburg: Hamburger Edition 2019. 312 S., 35 €

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

Wür­de man in Deutsch­land demo­sko­pisch ermit­teln, wie hoch die Zustim­mung für Maß­nah­men der Frie­dens­kon­so­li­die­rung ist, wäre das Ergeb­nis ver­mut­lich über­wäl­ti­gend. Denn in einer post­he­roi­schen Gesell­schaft genie­ßen jene hohes Anse­hen, die sich schein­bar selbst­los dafür ein­set­zen, benach­tei­lig­ten Men­schen zu hel­fen, und nicht mehr jene, die in einem Krieg ihr Leben – viel­leicht sogar noch aus patrio­ti­schen Moti­ven – riskieren.

Die­ses Stim­mungs­bild sagt frei­lich nichts über den Erfolg gut­ge­mein­ter Initia­ti­ven von Nicht­re­gie­rungs­or­ga­ni­sa­tio­nen (NGOs) aus. Ist es wirk­lich der rich­ti­ge Weg, afgha­ni­schen Frau­en Fahr­rä­der zu schen­ken, damit sie sich von den Tali­ban fern­hal­ten? Die ame­ri­ka­ni­sche Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin Patri­ce McMa­hon hat dies für den Zeit­raum seit Ende des Kal­ten Krie­ges unter­sucht und kommt zu einem Befund, der den wenigs­ten gefal­len dürf­te. Inter­na­tio­na­le NGOs kri­ti­siert sie wegen über­mä­ßi­ger finan­zi­el­ler Inter­es­sen und eines fehl­ge­lei­te­ten Altruismus.

Loka­len NGOs von Ein­hei­mi­schen wirft sie vor, sich ihre Zie­le von ihren Geld­ge­bern dik­tie­ren zu las­sen und so die Bedürf­nis­se des eige­nen Vol­kes aus den Augen zu ver­lie­ren. Und dem Wes­ten mit den USA an der Spit­ze weist sie das Schei­tern der ver­folg­ten, inter­ven­tio­nis­ti­schen Außen­po­li­tik mit mensch­li­chem Ant­litz nach. Ins­be­son­de­re sei es bei­na­he unmög­lich, mit NGOs der »inter­na­tio­na­len Gemein­schaft« die Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung zu len­ken. Die Ein­hei­mi­schen wür­den dies als »bevor­mun­dend, unpas­send und von Unge­duld geprägt« wahrnehmen.

Als eben­so kom­pli­ziert hät­te sich die Aus­söh­nung zwi­schen ver­schie­de­nen Eth­ni­en erwie­sen, so daß sich die meis­ten Pro­jek­te als Zeit­ver­schwen­dung her­aus­stell­ten. Obwohl ihr Buch stel­len­wei­se sehr lang­at­mig ist und McMa­hon sich mit Details ver­zet­telt, gelingt es ihr den­noch, die dürf­ti­ge Bilanz der NGOs in einen grö­ße­ren, zeit­his­to­ri­schen Kon­text ein­zu­bet­ten. Der Wes­ten setz­te auf die­se Orga­ni­sa­tio­nen, als er bereits an impe­ria­ler Über­deh­nung (impe­ri­al overst­retch) litt und aus die­sem Grund Ver­ant­wor­tung abge­ben woll­te. Inzwi­schen dürf­te sich aber zumin­dest bei den poli­ti­schen und mili­tä­ri­schen Eli­ten die Über­zeu­gung durch­ge­setzt haben, daß mit den Beschäf­ti­gungs­the­ra­pien der NGOs kein Blu­men­topf zu gewin­nen ist.

McMa­hon begrün­det die­se Ver­mu­tung mit dem feh­len­den Ehr­geiz des Wes­tens, in Liby­en eine Zivil­ge­sell­schaft auf­zu­bau­en. Eine libe­ra­le Demo­kra­tie läßt sich anschei­nend weder mit Droh­nen­krie­gen noch Stuhl­krei­sen instal­lie­ren. Es liegt somit nahe, dem Wes­ten zu emp­feh­len, sich auf sich selbst zu konzentrieren. 

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Das NGO-­Spiel von Patri­ce C. McMa­hon kann man hier bestel­len.

Felix Menzel

Felix Menzel ist Chefredakteur des Schülerblogs blauenarzisse.de.

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