Wo es Gewinner gibt, können die Verlierer nicht weit sein. Diese Überzeugung hält sich hartnäkkig und sie ist folgenreich. Denn wer die Wirtschaft als Nullsummenspiel begreift, befürwortet meistens gravierende Umverteilungen oder strickt an einem Schuld-Narrativ, damit die Profiteure durch Wiedergutmachung den angeblich Benachteiligten helfen. Aus diesem Grund ist man etwa in den USA auf die Idee gekommen, durch »positive Diskriminierung« den Schwarzen einen Startvorteil zu verschaffen.
Daß diese Gleichstellungspolitik sogar kontraproduktiv war, hat der dunkelhäutige Ökonom Thomas Sowell exzellent mit empirischen Daten untermauert. Ähnliches ist Siegfried Kohlhammer in bezug auf Afrika gelungen. Er widerlegt die Legende, wonach der Westen die Dritte Welt ausbeute, mit Fakten, die niemand leugnen kann. Multinationale Konzerne würden nachweislich höhere Löhne zahlen und in puncto Umweltschutz höhere Standards einhalten als einheimische Unternehmen. Ihnen die Schuld an der afrikanischen Unterentwicklung zuzuschreiben, sei deshalb realitätsfremd, betont Kohlhammer. Seine Studie erschien erstmals vor rund 25 Jahren.
Der Flüchtlingshelfer Rupert Neudeck (Cap Anamur) lobte sie damals als »großen Wurf«, da sie zeige, daß mit noch mehr Geld für Afrika »nichts mehr zu erreichen« sei. Trotzdem wird auch im Jahr 2019 weiterhin munter Entwicklungshilfe gezahlt, da angeblich nur so die Fluchtursachen der illegalen Massenmigration eingedämmt werden könnten. Kohlhammer wendet dagegen ein, daß nur »freier Markt und freier Handel, funktionierende Institutionen, Rechtsstaat, Sozialstaat, Wissen(-schaft), Technologie, Arbeitsteilung, Globalisierung« wachsenden Wohlstand hervorbringen könnten.
Da die EU der »größte und offenste Markt für afrikanische Exporte« sei, müßten in erster Linie die afrikanischen Regierungen ihre Versäumnisse aufarbeiten. Diese Forderung ist natürlich richtig und Kohlhammer kann zeigen, daß die wissenschaftliche Debatte des letzten Vierteljahrhunderts im Wesentlichen seine Position stärkte. Doch es gibt einen toten Winkel bei dieser Betrachtung: Ein nigerianischer Autokonzern wird Volkswagen oder BMW auf dem Weltmarkt technologisch niemals einholen können. Die Globalisierung scheidet daher als Allheilmittel aus. Der Nationalökonom Friedrich List (1789 – 1846) empfahl in solchen Situationen eine protektionistische Strategie. Junge Industrien bräuchten in ihrem frühen Entwicklungsstadium Schutz, um nicht von etablierten Weltmarktführern im Keim erstickt zu werden. Die asiatischen Tigerstaaten hörten auf List. Für Afrika bietet sich das ebenfalls an.
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Auf Kosten der Dritten Welt? von Siegfried Kohlhammer kann man hier bestellen.