Gunnar Heinsohn: Wettkampf um die Klugen. Kompetenz, Bildung und die Wohlfahrt der Nationen, Zürich: Orell Füssli 2019. 232 S., 12 €
Gunnar Heinsohn, der sich seit Jahrzehnten mit Fragen der Bevölkerungspolitik befaßt, nimmt nun die globale Wirtschafts- und Technikentwicklung in den Blick. Bei der Betrachtung des weltweiten Trends werde, so Heinsohn, der Faktor Bildung / Kompetenzen meist falsch betrachtet. Ausgegangen werde davon, daß Bildung /Kompetenz allein eine Frage von finanziellen Voraussetzungen und entsprechenden Programmen sei.
Heinsohn widerspricht klar. Als Maßstab dienen ihm eindeutige Ergebnisse wie die mittels TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study) ermittelten Zahlen oder die Anzahl registrierter Patente. Betrachtet man das gegenwärtige »Weltsystem«, so ergibt sich eine Dreiteilung, wobei Ostasien eindeutig vorn liegt. Hier werden die höchsten TIMSSWerte gemessen, 30 bis 50 Prozent der Kinder erreichen das Ergebnis »advanced«. In den »Europäiden Gebieten« (neben Europa Rußland, USA, Kanada, Israel und Australien) kommen noch zwei bis 20 Prozent auf diesen Wert, im Rest der Welt sind es null bis zwei Prozent.
Heinsohn operiert vor allem mit dem Wert der »Cognitive Ability« (CA). Diese »mißt mit ihrer Konzentration auf Mathematik und Naturwissenschaften objektiver als jedes andere Verfahren, was für geistige Hochleistungen unverzichtbar ist«. CA sei erkennbar unterschiedlich ausgeprägt; ein Fakt, der im Sinne eines illusorischen Gleichheitsideals nicht akzeptiert werde, was verheerende Folgen für wirtschaftliches und politisches Agieren habe. Heinsohn beläßt es bei der Feststellung der Unterschiede.
Mit Aussagen über deren Ursachen hält er sich zurück, er räumt lediglich ein, CA sei »keine ewig festliegende Größe«, und ein Gen, »das geistige Fähigkeiten vorab fixiert«, könne niemand benennen. Unter den Beispielen, die Heinsohn für die Bedeutung der CA anführt, gehört der Vergleich von Ghana und Südkorea. Letzteres Anfang der 1950er Jahre kriegszerstört, ersteres kolonial unabhängig geworden und als »Musterland für westliche Entwicklungshilfe vorgesehen«, starteten zur gleichen Zeit als »Ökonomiezwillinge« – und drifteten dann bekanntermaßen bezüglich ihrer Entwicklung erheblich auseinander. Ein anderer Vergleich: 2018 brachten es 400 Millionen Araber auf 922 Patente, das nicht einmal zehn Millionen Einwohner umfassende Israel auf 1899 Patente. Groß im Kommen sei China.
Derzeit behindernde Faktoren wie rückläufige Bevölkerung oder Einschränkungen beim freien Wirtschaften würden den Aufstieg nicht aufhalten. CA sei derzeit weltweit rar. Da sie nicht beliebig »erzeugbar« sei, müsse der eigene Mangel durch Abwerbung aus anderen Ländern ausgeglichen werden. Genannt wird die Zahl von 40 Millionen Hochqualifizierten, die im Jahr 2020 fehlten. Über die Zukunft entscheide der Erfolg im »Wettkampf um die Klugen«, verbunden mit dem Fernhalten von wenig oder gar nicht Qualifizierten, welche nicht nur das Niveau senken, sondern auch versorgt werden müssen.
Heinsohns Ausblick gipfelt in einer zweigeteilten Welt. Russland, die USA und China könnten mit kleineren Staaten eine eingehegte »Kompetenzwelt«, bilden, die sich von den übrigen Territorien abschirme. Hier befände sich ein Drittel bzw. im Laufe der Zeit ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Auf der Karte, die Heinsohn beigegeben hat, gehört Deutschland noch zum Bereich der »Kompetenzwelt«. Ob das bereits Anlaß zu Optimismus geben sollte, sei dahingestellt.
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