Zur Sache: Am 8. Mai verkündete einer der minder wichtigen ZEIT-Journalisten, daß der von Erik Lehnert und mir geleitete Verein für Staatspolitik e.V. (der als Arbeitsplattformen das Institut für Staatspolitik, IfS, und die Zeitschrift Sezession trägt) seine Gemeinnützigkeit verloren habe und daß es uns nicht mehr möglich sei, Spendenquittungen auszustellen.
Beide Aussagen sind falsch. Unser Verein hatte zwar seine Gemeinnützigkeit für eine gewisse Zeit verloren. Diesen Vorgang haben wir aber nicht politisch eingeordnet, sondern im Rahmen einer Überprüfung sehr vieler ebenfalls gemeinnütziger Vereine interpretiert: Auch liberale oder linke Institutionen verloren aufgrund von Satzungsüberprüfungen das Recht, steuerabzugsfähige Quittungen auszustellen.
Bei uns monierte das Finanzamt einen marginalen Formfehler. Unsere Steuerkanzlei und unsere Anwälte besserten nach, reichten aber zugleich Beschwerde gegen diese harte Interpretation ein: Was in der alten Fassung fehlte, war ein Zusatz, der etwas verdeutlichte, was sich ohnehin von selbst verstand.
Um es an einem Beispiel zu veranschaulichen: “Er machte sich auf den Weg und kam pünktlich” oder “Er machte sich rechtzeitig auf den Weg und kam pünktlich”. Beanstandet wurde sozusagen, daß wir das Wort “rechtzeitig” nicht in den Satz eingefügt hatten.
Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt ist nun in seinem Urteil vom 21. April unserer Argumentation gefolgt und hat die Entscheidung des Finanzamts aufgehoben, und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2020. Für uns bedeutete das: Wir konnten hunderte Spendenquittungen rückwirkend ausstellen und haben unseren Förderern außerdem in einem Rundschreiben diese frohe Botschaft mitgeteilt. Den ein oder anderen Unterstützer (um nicht zu sagen ziemlich viele) hat das veranlaßt, kräftig nachzuwürzen.
Nichts, aber auch gar nichts hat dieser Gemeinnützigkeitsstreit mit der Äußerung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu tun, man beobachte unsere Arbeit nun, weil man Anhaltspunkte für den Verdacht habe, wir seien dabei, die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage zu stellen. Ein Verdacht vor Anhaltspunkte ist ja nicht besonders viel, vor allem dann nicht, wenn er von einer offensichtlich von der extremistischen Mitte gekaperten Behörde geäußert wird. Auch etliche linke Vereine und Gruppierungen werden zu Unrecht vom VS beobachtet oder eingestuft.
Glücklicherweise gibt es weiterhin genügend Vereine oder Projekte, die trotz solcher Voreinstufungen ihre Arbeit gemeinnützig betreiben können. Auf diese Weise bleibt das Meinungsspektrum noch immer breiter, findet die Konsensstörung noch immer so statt, wie wir und andere das wollen und nicht so, wie es Herrn Haldenwang oder dem ZEIT-Reporter in den Kram paßte.
Letzterer wird nun die Unterlassung unterzeichnen und ein Sümmchen an unseren Rechtsanwalt überweisen müssen. Entschuldigen wird er sich natürlich nicht. Aber vielleicht wird ihm doch heiß hinter den Ohren, wenn er sich vergegenwärtigt, daß er jahrelang für ein fettes Monatsgehalt am wohl dümmsten Buch recherchiert hat, das je über uns geschrieben wurde. Was macht so einer, wenn er mal seine Leistung bilanzieren soll? Die dummen Netzwerk-Bildchen vorzeigen, mit denen in seinem Büchlein ganze Doppelseiten vollgemalt sind, ohne daß irgendetwas “aufgedeckt” wäre?
Egal. solche Leute sind nicht das Problem. Problematisch ist, daß es Leute in AfD und Umfeld gibt, die plötzlich, also selektiv, ernst nehmen, was Haldenwang oder Reporter XY belegfrei dahererzählen. Plötzlich wird intern die berühmte, weil verlogene Trennungsformel laut, die stets nur Konkurrenzverhältnisse verschleiern soll: Man müsse nun Verantwortung zeigen und “Schaden von der gemeinsamen Sache” abwenden.
Fürs Protokoll: Der größte Schaden liegt dann vor, wenn man das, was die Gegner behaupten, ernst nimmt, weil es einem gerade in den Kram paßt. Alternatives Verhalten wäre: reden lassen, beobachten lassen, schlampern lassen. Und ein Bierchen öffnen.
P.S. 1: Wer unser Institut nun spontan unterstützen will (wir kaufen davon kein Bierchen!) kann dies hier tun. Betreff bitte: “Es ist ZEIT”.
P.S. 2: Das Gespräch zum Getränk – die Krisentrinker – kann man sich mal anhören. Manchmal beobachten wir uns, als seien wir Käfer, die über eine Landstraße zu krabbeln versuchen (“befahrene” Landstraße, würde das Finanzamt jetzt monieren): Den Mittelstreifen haben wir erreicht. Mal schauen, ob wir’s nach drüben schaffen.
H. M. Richter
Eine Ergänzung: Nach den ersten diesbezüglichen Hinweisen habe ich mir mehrfach den betreffenden ZEIT-Komentarstrang angeschaut. Wurde in diesem darauf hingewiesen, daß es sich bei der Grundaussage des Artikels um eine schwerwiegende Falschmeldung handelt, so wurde ein solcher Kommentar beispielsweise gelöscht mit der Bemerkung: "Entfernt. Bitte belegen Sie Ihre Aussage mit entsprechenden Quellen."
Wurde anschließend an anderer Stelle eine Quellenangabe nachgereicht, so wurde dieser Kommentar dann wiederum gelöscht mit der Begründung: "Entfernt. Bitte verzichten Sie auf die Publikation rechtsradikaler Quellen."
Soviel zum Thema: Niemand hat die Absicht, einen Meinungskorridor zu errichten.