Muck, Stasi, Blondi, Wolf: Tiere im Nationalsozialismus

Daß sämtliche Buch- und Zeitschriftentitel mit Bezug zum Nationalsozialismus sich verkaufen wie „geschnitten Brot“, ist ein alter Hut.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Er ist es seit Jahr­zehn­ten – er paßt noch heu­te. Was bedeu­tet es, wenn sich selbst der auf­ge­klär­tes­te Zeit­ge­nos­se dem „Fas­zi­no­sum NS“ kaum ent­zie­hen kann? Eine wich­ti­ge Fra­ge, eine pein­li­che Ant­wort: Unse­re Lands­leu­te sind wie fixiert auf die Frau­en, Dro­gen, Mode, Musik, Medi­zin etc., die zu die­sen Zei­ten en vogue waren.

Jan Mohn­haupt (*1983), der Autor einer jüngst erschie­ne­nen Stu­die über Tie­re im Natio­nal­so­zia­lis­mus, trägt einen berüch­tig­ten Namen. Über sei­ne wis­sen­schaft­li­che Kar­rie­re (Stu­di­en­ab­schluß?) ist wenig bekannt. Er reüs­siert als „frei­er Journalist“.

Sein neu­es Werk wur­de in den Leit­feuil­le­tons der Repu­blik weit­hin bespro­chen und aus­schließ­lich hoch­ge­lobt. In der Tat ist es über wei­te Stre­cken gut les­bar und gespickt mit inter­es­san­ten Fund­stü­cken. Es ist ers­tens der jour­na­lis­ti­sche Zugriff („Die­se Sze­ne hat nicht tat­säch­lich statt­ge­fun­den, aber sie könn­te sich so oder so ähn­lich zuge­tra­gen haben“) und zwei­tens das Anek­do­ti­sche, das die­sen „Wir-bli­cken-mit-gebo­te­nem-Spott-auf- die-Hitlerei“-Schmöker so erquick­lich macht.

Hin­zu kom­men die for­mi­da­blen, oft hin­ter­sin­ni­gen Kapi­tel­über­schrif­ten: „Das gro­ße Fett­rüs­ten“ heißt es, wo es um die Schwei­ne­wirt­schaft, „Ent­lar­vung“, wo es um Sei­den­rau­pen geht. Oder (logisch, jetzt Görings Auf­tritt!): „Die Enden der Hir­sche“- was haben wir gelacht!

Frei­lich sol­len wir Leser jenes Lachen lachen, das in der Keh­le ver­stummt. Die­se deut­lich abge­zir­kel­te Absicht nun ver­stimmt – als wür­den wir nicht längst frie­ren, als benö­tig­ten wir Grau­sam­keits­nach­schub wie ein Abhän­gi­ger die Dro­ge. Jan Mohn­haupt bringt neben Alt­be­kann­tem (Hit­ler war stren­ger und mis­sio­na­ri­scher  Vege­ta­ri­er; die Brü­he, die Albert Speer neben ihm löf­fel­te, nann­te er abfäl­lig „Lei­chen­tee“; er erwog, auch sei­ne Hun­de vege­ta­risch zu ernäh­ren)  eine Viel­zahl an Soll­te-man-Wis­sen her­vor, das man eben­so­gut in einem Bou­le­vard­ma­ga­zin abge­druckt fin­den könnte.

Das hat zwei­fel­los Unter­hal­tungs­wert: Wir sehen Hit­ler abge­bil­det, wie er Eva Brauns win­zi­ge Scotch-Ter­ri­er „Negus“ und „Sta­si“ (A.H.: „Hand­fe­ger“) strei­chelt, obwohl er sich doch „offi­zi­ell gern mit Schä­fer­hun­den ablich­ten“ ließ. Verrückt!

Die pho­to­gen- pro­mi­nen­te Hun­de­da­me Hit­lers war übri­gens bereits „Blon­di, die Drit­te“. Die Rüden, die Hit­ler hielt, hie­ßen Foxl, Muck und Wolf. Hit­ler moch­te kei­ne Boxer. Der Deut­sche Schä­fer­hund wur­de erst 1899 „erfun­den“. Zwölf Jah­re spä­ter gab es bereits 13.000 „rein­ras­si­ge“ Tie­re – und zu Beginn der Drei­ßi­ger­jah­re umfaß­te das Zucht­buch über 400. 000 Deut­sche Schä­fer­hun­de. Zum Dienst allein im ers­ten Kriegs­jahr sei­en – so recher­chiert Mohn­haupt – rund 200. 000 Hun­de aus deut­schen Haus­hal­ten ein­ge­zo­gen wor­den: neben dem Schä­fer­hund vor allem Aire­da­le-Ter­ri­er, Dober­mann, Rott­wei­ler und Rie­sen­schnau­zer. Boxer auch. Man lernt hier einiges.

Außer­dem: Bis 1940 leb­ten ins­ge­samt, der Rei­he nach, gan­ze sie­ben Junglö­wen bei den Görings! Anhand des­sen könn­te man gut über Sta­tus und Emblem reflek­tie­ren. Mohn­haupt wählt den bil­li­gen Weg: Ein­mal hat­te Göring sei­nen „Mucki“ in einem Bade­zim­mer unter­ge­bracht. Wäh­rend er nun „stun­den­lang sei­ner [Jagd-] Lei­den­schaft frönt, pin­kelt der Löwe der­weil das Bade­zim­mer voll.“ Ha! Die NS-Zeit als Slapstick!

Fun­fact, denn als sol­ches ist es sub­ku­tan dekla­riert: Ent­ge­gen dem inter­na­tio­na­len Trend setz­te das Reich nicht auf das mage­re, son­dern auf das fet­te Schwein. Man (Richard Wal­ter Dar­ré, Reichs­er­näh­rungs­mi­nis­ter bis 1942) woll­te auch fett­mä­ßig mög­lichst aut­ark wer­den. Dar­ré wird hier poin­tiert in Erin­ne­rung geru­fen. Der visio­nä­re „Agrar­ro­man­ti­ker“ (Neu­adel aus Blut und Boden, 1930; Das Schwein als Kri­te­ri­um für nor­di­sche Völ­ker und Semi­ten, 1927) hat­te vehe­ment auf die Selbst­ver­sor­gung des deut­schen Volks gesetzt.

Laut Mohn­haupt hiel­ten 1937 die 18 Mil­lio­nen Haus­hal­te im Deut­schen Reich etwa fünf Mil­lio­nen Pri­vat­schwei­ne. In jenem Jahr sei­en 34 Mil­lio­nen Schwei­ne geschlach­tet wor­den, was immer­hin zwei Drit­tel des deut­schen Bedarfs gedeckt habe. Flan­kie­rend hat­te es eine Akti­on der „Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Volks­wohl­fahrt“ gege­ben. Unter dem Mot­to „Kampf dem Ver­derb“ wur­den Haus­hal­te – ganz modisch eigent­lich! – auf­ge­for­dert, Essens­res­te dem Ernäh­rungs­hilfs­werk zur Ver­fü­gung zu stel­len. „Eines der Pla­ka­te zeigt eine Haus­frau, die gera­de Essens­res­te in die Müll­ton­ne gibt und dabei von einem schwe­ben­den Schwein auf­ge­hal­ten wird.“ In Süt­ter­lin­schrift wur­de dem Ver­brau­cher (heu­te wür­de man ihn “Pro­sumen­ten” hei­ßen) bedeu­tet, daß Putz­mit­tel, Apfel­sin­nen- und Bana­nen­scha­len den Schwei­nen nicht gut bekom­men. Dar­ré schei­ter­te mit sei­nen guten Ideen, er wur­de jeden­falls ausgebootet.

Ein gro­ßes Kapi­tel wid­met Mohn­haupt den Kat­zen. Gemäß einem eini­ger­ma­ßen berühm­ten Dik­tum des NS-Schrift­stel­lers Will Ves­per gal­ten sie als „die Juden unter den Tie­ren“. Ande­re Natio­nal­so­zia­lis­ten wie der Ras­se­hy­gie­ni­ker und ers­te Prä­si­dent des Deut­schen Fuß­ball-Bun­des, Fer­di­nand Huep­pe, lieb­ten hin­ge­gen die Kat­ze und tadel­ten, daß die­ses Tier in „kei­nem Kul­tur­lan­de so nie­der­träch­tig miß­han­delt“ wer­de wie in Deutsch­land. Auch Alfred „Tier­va­ter“ Brehm sprach sich pro Kat­ze aus: „Je höher ein Volk ist, je bestimm­ter es sich seß­haft gemacht hat, um so ver­brei­te­ter ist die Katze.“

Mohn­haupt aber fixiert sich auf den angeb­lich nazies­ken Kat­zen­haß und schil­dert über vie­le Sei­ten eine „herz­ze­rei­ßen­de“, trä­nen­rei­che, in Wahr­heit und Rela­ti­on aber fast beschä­men­de Geschich­te über Vik­tor Klem­pe­rer und des­sen Frau, die das fami­li­en­ei­ge­ne  hoch­ge­lieb­te Kätz­chen letzt­lich lie­ber töten lie­ßen als es einem NS-Tier­heim zu über­las­sen und  fol­gert: „An der Kat­ze zeigt sich, wie will­kür­lich die ver­meint­lich sys­te­ma­ti­sche NS-Ideo­lo­gie von ihren Ver­fech­tern aus­ge­legt wurde.“

Unwill­kür­lich stellt sich hier die Fra­ge, was genau „Zynis­mus“ aus­macht. Hat man eigent­lich je den deut­schen Bun­des­tag nach Kat­zen­freun­den befragt? Das Kapi­tel über die NS-Kat­zen endet übri­gens mit insi­nu­ier­tem Schre­cken: Kei­ne zwan­zig Jah­re nach dem Ende des Welt­kriegs sei wie­der ein neu­er Pan­zer vom Band gerollt: „Leo­pard heißt er.“, zit­tert Mohn­haupt als bedeu­tungs­schwe­res Schluß­wort die­ses Kapi­tels herbei.

Mohn­haupt will nicht zei­gen, daß das Ver­hält­nis vom NS zum Tier ambi­va­lent war. Das hät­te auch wenig Neu­ig­keits­wert und könn­te nicht als Allein­stel­lungs­merk­mal für genau die­ses Regime gel­ten.  Er will brand­mar­ken, wie „lach­haft“ wider­sprüch­lich die Hal­tung gegen­über dem Tier gewe­sen sei. Er scheut sich dabei nicht, in den Schau­er­mär­chen­fun­dus zu greifen.

Direkt neben dem KZ Buchen­wald habe es einen klei­nen Zoo gege­ben, mit Volie­ren, Affen­kä­fi­gen und Bären­zwin­ger. Das ist viel­fach belegt. Mohn­haupt greift nun ein unbe­leg­tes Anek­do­ten­wis­sen von Eugen Kogon (der sein Buch spä­ter bereu­te) auf, wonach den Bären hin und wie­der zur Freu­de der Wäch­ter Häft­lin­ge zum Fraß vor­ge­wor­fen sei­en. Kogon sprach damals auch von einem Nas­horn im Buchen­wald­zoo; Mohn­haupt rückt dies aller­dings ins Reich der Legen­den. Den mor­bi­den Bären­schmaus aller­dings nicht. Frag­los erhö­hen unge­prüf­te Fund­stel­len wie die­se den Gru­sel­fak­tor: auf­klä­rend wir­ken sie nicht.

Auch das hier ver­han­del­te Schäch­tungs­ver­bot zeigt, wie sehr „Bloß­stel­lung“ als erkennt­nis­lei­ten­de Auf­ga­be begrif­fen wird. Per Gesetz wur­de 1933 erlas­sen, daß warm­blü­ti­ge Tie­re beim Schlach­ten vor Beginn der Blut­ent­zie­hung zu betäu­ben sei­en. Laut Mohn­haupt führ­te nicht der tier­schüt­ze­ri­sche Impuls die Feder, son­dern der per­fi­de „Hin­ter­ge­dan­ke“: den Juden das ritu­el­le Schäch­ten zu versagen.

Was sie auch mach­ten, die Nazis, damals – sie mach­ten es falsch. Ähn­li­ches gilt für die Trans­port­vor­schrif­ten der Reichs­bahn für Schlacht­vieh. Vor lan­gen Wegen müs­sen die Tie­re aus­rei­chend getränkt und gefüt­tert wer­den. Ihnen muß genug Platz gestat­tet sein, um sich hin­zu­le­gen. Aber auch wie­der falsch: Denn in den­sel­ben Wag­gons sei­en spä­ter Men­schen gen Osten trans­por­tiert worden.

Schräg ist auch das umfang­rei­che Kapi­tel über die ange­streb­te Sei­den­rau­pen­zucht, über Nütz­lin­ge und Schäd­lin­ge. Man­gels Quel­len­la­ge erfin­det Mohn­haupt hier einen Kna­ben namens Hans, der total eupho­risch in der Sei­den­rau­pen­ver­sor­gung auf­geht. Dane­ben muß das erfun­de­ne Kind, das auf einen mög­lichst lan­gen Krieg hofft, um sich noch bewei­sen zu kön­nen, ein Buch titels Die Kar­tof­fel­kä­fer­fi­bel kom­plett aus­wen­dig ler­nen und in der Schu­le auf­sa­gen. Ein wahr­haft empa­thi­scher Kunst­griff, eine ech­te Masche! „Weil Hans unbe­dingt dazu­ge­hö­ren woll­te, hat er die Zäh­ne zusa­men­ge­bis­sen“, küchen­psy­cho­lo­gi­siert Mohn­haupt und fügt als Fuß­no­te einen Ver­weis auf Jost Her­mands Kriegs­zeit­er­in­ne­run­gen ein.

Somit: Die Inten­ti­on befin­det sich hier bereits in Schief­la­ge. Ärger noch wird es im Detail: Der zitier­te und eini­ger­ma­ßen bekann­te His­to­ri­ker heißt Joa­chim, nicht wie hier „Ulrich“ Rad­kau. Die „Natur­kun­den“ des Ver­lags Matthes & Seitz sind kei­ne Zeit­schrift, son­dern eine Buch­rei­he. Der gefrä­ßi­ge Durch­schnitts­deut­sche ver­zehrt heute/Jahr nicht 50 kg Fleisch, son­dern ziem­lich genau 34 kg. Mohn­haupt hat vie­le sei­ner Quel­len unge­nau gele­sen. Hier leben (2019) auch nicht „rund 27 Mil­lio­nen“ Schwei­ne, son­dern (Quel­le: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt) eine gute Mil­li­on weniger.

Mohn­haupt klagt außer­dem, daß trotz allen NS- „Wolfs­kults“ der „leib­haf­ti­ge Wolf“ nach 1933 „hier­zu­lan­de kaum eine Über­le­bens­chan­ce“ gehabt hät­te. Er habe zwar zum „nicht­jagd­ba­ren Haar­wild“ gezählt, doch habe er in Wahr­heit dem „frei­en Tier­fang“ via BGB unter­le­gen und damit „kei­nen beson­de­ren Schutz­sta­tus“ genos­sen, wie Mohn­haupt auftrumpft.

Das ist Geset­zes­klau­be­rei, die über­dies in der lee­ren Luft statt­fin­det: Der letz­te „deut­sche“ Wolf wur­de im 20. Jahr­hun­dert offi­zi­ell 1904 in der Lau­sitz erlegt. Zudem nahm der „freie Tier­fang“ Arten aus, die unter das Natur­schutz­ge­setz fie­len. Der Wolf zähl­te dar­un­ter. Nur in der spä­te­ren DDR war bis 1984 der Wolf zum Abschuß freigegeben.

Einer­lei. Wen küm­mert das Detail. Hit­ler und NS gehen halt immer.

– – –

Jan Mohn­haupt: Tie­re im Natio­nal­so­zia­lis­mus, Mün­chen: Han­ser 2020, 255 S., 22 €.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (18)

quarz

11. Juni 2020 12:00

Wird eigentlich in dem Buch (abgesehen vom Schächtungsverbot) das Reichstierschutzgesetz thematisiert, das auch von der NS-Sympathie gänzlich unverdächtigen Sachverständigen zur großen Scham aller Tierschutzbewegten als "Meilenstein in der Geschichte des Tierschutzes" angesehen wird?

Diese Peinlichkeit fordert ja immer wieder, wie eine schwierige Felswand den Kletterer, die auf Entfernung allzu heller Flecken spezialisierten Special Forces des Publizismus dazu heraus, hinter den schwerlich als schlecht zu diskreditierenden Auswirkungen die übelsten Motive aufzuspüren.

Hier z.B.:

https://www.spiegel.de/geschichte/nazis-und-tierschutz-a-947808.html

Lotta Vorbeck

11. Juni 2020 12:47

Das Kapitel über die NS-Katzen endet übrigens mit insinuiertem Schrecken: Keine zwanzig Jahre nach dem Ende des Weltkriegs sei wieder ein neuer Panzer vom Band gerollt: „Leopard heißt er.“, zittert Mohnhaupt als bedeutungsschweres Schlußwort dieses Kapitels herbei.

---

Sekundärquellen ist zu entnehmen, die ingenieurtechnische Vorarbeit für die "keine 20 Jahre nach Ende des WK2 vom Band gerollte", aus Panzerstahl gefertigte, mit einem 1.500-PS-Diesel-Aggregat motorisierte Raubkatze sei vor der Epoche BRD geleistet worden.

Dieser Umstand störte seinerzeit offenbar weder die Fa. Krauss-Maffei noch das Rüstungsgüterbeschaffungsamt der BRD.

Der_Juergen

11. Juni 2020 13:26

Ausgezeichneter Artikel. Nicht, weil eine Null namens Mohnhaupt diese Aufmerksamkeit verdient hätte, sondern weil an einem Beispiel prägnant gezeigt wird, wie sich allerlei Versager und Nichtskönner am NS fett mästen.

Björn Höcke wurde vor einigen Monaten in einem "Weltwoche"-Interview gefragt, ob er bereit sei, Hitler als das absolute Böse zu bezeichnen. Er lehnte es mit einer gewundenen Erklärung ab. Einfacher wäre z. B. folgende Antwort gewesen: Unter Hitler verbot Deutschland das Fallenstellen und das Abschiessen von Adlern. Da das "absolute Böse" nichts Gutes vollbringen kann, muss das tierquälerische Fallenstellen und das Abschiessen von Adlern folglich etwas Gutes sein, nicht wahr? - Hätte Höcke gefragt, ob der Bau der Autobahn auch etwas Böses gewesen sei, hätte sein Interviewpartner sicherlich gekontert, die Autobahnen hätten bloss der Kriegsvorbereitung gedient (da die meisten von ihnen in Nord-Süd-Richtung verliefen, ist hieraus zu folgern, dass Hitler einen Krieg der Süddeutschen gegen die Norddeutschen plante).

Wie @Zeitschnur auf dem letzten Strang kommentierte, leben wir in der wahnsinnigsten Periode der Geschichte. Die Beweise hierfür mehren sich fast täglich. 

Wahrheitssucher

11. Juni 2020 15:17

„Unsere Landsleute sind wie fixiert auf die Frauen, Drogen, Mode, Musik, Medizin etc., die zu diesen Zeiten en vogue waren.“

Eine mehr als interessante These, die doch allerdings etwas konkreter hätte belegt werden müssen...

Und wenn sie denn stimmte, wäre auch die Ursachenforschung interessant!

Laurenz

11. Juni 2020 16:42

Ist klar, der Tod im Schlachthof war den Nazi-Schweinen verdient, und den Partei-Schweinen der KPDSU oder der SED natürlich nicht. 

Ratwolf

11. Juni 2020 17:38

Erstaunlicherweise steht bei mir kein einziges Buch über Adolf und seine Anhänger.

Weder Glorreiches, noch Wissenschaftliches, noch das Übliche aus der linksdrehenden Geschichtsschreibung.

Der Grund: Wenn man erst einmal so einen Irren mit viel Geld aus In- und Ausland aufgebaut hat, dann braucht man sich über die folgenden Jahre und die im Buch beschriebenen Zustände nicht zu wundern.

Vielleicht ist das Buch von Mohnhaupt ein erster Kandidat für meinen Schrank, weil schon der Titel sich gut macht.

Hartwig aus LG8

11. Juni 2020 18:26

Halten sie Vegetarier für Brüder im Geiste Adolf Hitlers?

Warum nicht solch eine Frage stellen? Sie ist nicht niveauloser, als so manch dummes Geschwätz, mit dem man konfrontiert wird bzw. dass man in den Massenmedien antrifft.

Frage am Rande: Frau Kositza, Sie als DLF-Hörerin, können Sie ebenfalls einen rapiden Verfall in den letzten Monaten feststellen, so dass man diesen Sender als mittlerweile unhörbar bezeichnen kann?

 
Kositza: Sie klingen - apropos DLF - grad so wie ein 2015-Erweckter, der Sie doch meines Wissens nicht sind! Nein, ich als Dauerhörerin stelle keinen rapiden Verfall während der letzten Monate fest. Das geht doch schon ein gutes Weilchen länger. Und was AH als Vegetarier angeht, empfehle ich Ihnen, Klonovskys diesbezüglichen Tagebucheintrag vom 10. Juni zu lesen. Wir alle haben ein bißchen H. in uns.

Maiordomus

11. Juni 2020 19:30

Mich interessiert  Mohnhaupt nicht. Unter Texten zum Thema "Tier" aus jener Zeit mit Quellenwert gehört Görings wohlformulierte Rede über die Vivisektion vom 28. August 1933. Sprachmächtige Begründung, warum das Tier nicht einfach eine "Sache" ist. Ich vergesse indes nicht, im Zusammenhang mit Forschungen über den Schweizer und späteren Reichsgesundheitsführer Leonardo Conti, dass in der NS-Medizin die quasi  "Vivisektion" von Menschen unverfroren gehandhabt wurde, wobei Betroffene z.B. als Sträflinge mit Hafterleichterung usw. für Mitmachen geködert werden konnten.

Unter den "Errungenschaften" des Nationalsozialismus hat die Schweiz noch bis zu meiner Schulzeit die während des Krieges zur Einigung des Abendlandes verkündete Abschaffung der älteren Frakturschrift nicht mitgemacht, zumindest nicht in Schullesebüchern und f'ür den Erstleseunterricht, was übrigens heute noch sinnvoll wäre, damit nämlich Schüler auch ältere Bücher überhaupt lesen können. Auch der 1. Mai ist in der Schweiz glücklicherweise noch nicht in allen Kantonen Feiertag.

Andreas Walter

11. Juni 2020 20:09

@quarz

Wenn Sie unbedingt etwas von Spiegel Geschichte verknüpfen wollen, dann doch bitte das hier (natürlich auch nicht alles wahr, was auch dort steht, aber ein dankbarer Startpunkt, bevor man zu den Ritchie Boys und der unten verknüpften Diplomarbeit fortschreitet):

https://www.spiegel.de/geschichte/hans-habe-und-die-deutsche-nachkriegspresse-nazis-werden-bestraft-a-1cc72132-0873-4ced-a67a-cd18489683ba

Dann verstehen nämlich auch @nom de guerre und @Gracchus bald, wie es zu besagter Gleichschaltung kommen konnte, die wir bis heute erleben und beobachten können, und wem wir das zu verdanken haben:

http://othes.univie.ac.at/5945/1/2009-06-05_9603112.pdf

https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/2967/1/welschunt.pdf

Die Begriffe Demokratie und Demokraten, aber auch Freiheit und Redefreiheit, haben eben auch nicht überall auf der Welt und für alle Menschen die gleiche Bedeutung, was auch bei der Abteilung der VSA für Propaganda, Aufklärung und psychologische Kriegsführung mir ganz besonders deutlich auffällt. Doch was dem einen eben recht war (und immer noch ist), war (und ist immer noch) dem anderen billig, und billig ist bekanntlich (meistens) Dreck.

 

 

brueckenbauer

11. Juni 2020 20:25

"Mohnhaupt greift nun ein unbelegtes Anekdotenwissen von Eugen Kogon (der sein Buch später bereute) auf, wonach den Bären hin und wieder zur Freude der Wächter Häftlinge zum Fraß vorgeworfen seien. "

Da hätte ich nun allerdings gern Genaueres erfahren:Was hat Kogon wann bereut?

Kositza: Kogon sagte später, nein, dieses Buch würde er heute nicht mehr schreiben. Wenn es Ihnen wichtig ist, bitte kurz melden, dann suche ich Ihnen das Datum raus.

Idise

11. Juni 2020 20:27

Es wird mir wohl immer ein Rätsel bleiben, warum sich diese 3-Groschen-Romane für teures Geld verkaufen. Liegt es an der Lust zur Selbsterhöhung, welche diese Schund"literatur" in allgemein feixender Schadenfreude, auch noch eine mitgegeben zu haben, bietet - und sei es nur durch die Zustimmung durch den Kauf -, daß man quasi sein eigenes Gutmenschentum zur Schau stellt und glaubt sich nun genug kollektiv distanziert und empört zu haben? Welch "Heldenmut" im Angesicht dessen, daß wirklich kritische Hinterfragung der NS-Zeit einfach nur noch zur gesellschaftlichen Ächtung führt.

Als ob Wahrheit durch Mehrheitsbeschluß zu finden und fixieren wäre. Doch einer alten Weisheit hat all dieses kollektive Geschrei nichts entgegenzusetzen:

Wenn die Wahrheit den Raum betritt, dann wird es ganz still.

Kositza: Das nun ist mir zu ressentimentgeladen. Dieses Buch bedient an vielen Stellen einen gewissen Komplex. Es ist aber kein Groschenroman - im Ernst nicht.

GuntherManz

11. Juni 2020 20:39

So weit ich mich erinnere ist das Reichsjagdgesetz von H.Göring. Das Gesetz war ein Meilenstein und fast unverändert bis in die 70er Jahre unverändert als Bundesjagdgesetz im Dienst.

Ich nehme das vorweg: Es ist natürlich nicht von Göring, denn das darf es ja nicht sein wenn es gut war. Jedoch, ein z.B. Steuergesetz ist ja auch nicht von Hr. Scholz selbst.

RMH

11. Juni 2020 22:20

Zur Schließung der sog. "Fettlücke" wurde im dritten Reich die Walfangflotte ausgebaut - und Walfang geht ja gleich gar nicht, ergo: Die Nazis waren doch böse. Da fällt mir aber ein Stein vom Herzen und ich kann beruhigt weiter schlafen ...

PS: @Lotta,

der Leopard I hatte noch keine 1500 PS ... 

Maiordomus

11. Juni 2020 22:42

@Kositza. "Wir alle haben ein bisschen H. in uns." Dazu veröffentlichte vor  etwa 70 Jahren (der sonst als Erneuerer der Physiognomik bekannt gewordene) Max Picard den damaligen, aus meiner Sicht zwar enttäuschenden Bestseller "H. (ausgeschrieben) in uns selbst". Enttäuschend, weil das Anthropologische und das Deutsche irgendwie nicht ganz sauber vermengt werden, so wie der Titel nicht hält, was er zu versprechen scheint. Im Gegensatz zu erfolgreichen Büchern zum Thema H. aus der Feder eines Juden ist Picards Studie still und leise entsorgt worden, auch weil dieselbe, bei allen Verlegenheiten, in einem altmodischen idealistischen Moralismus einherkam und nicht dem sich durchsetzenden "antifaschistischen" Zungenschlag der Umerziehung gehorchte. Potentiell sogar eher versöhnlich. Letzteres ist das Positive, was ich von dem leider nicht gelungenen Buch in Erinnerung habe. Las es zu meiner Studentenzeit. Die Fragestellung "in uns selbst" gibt aber, wie Kositza soeben gezeigt hat, noch heute zu denken.

Gustav Grambauer

11. Juni 2020 22:59

Das "gute" Reichsjagdgesetz von Göring - wofür sollte es denn ein "Meilenstein" sein?

Eine meiner vielen Radtouren in den 90er Jahren von Berlin aus führte mich mal in die Schorfheide, wo ich an das Lagerfeuer des Revierförsters eingeladen wurde, wenige Schritte von Carinhall. Er hat mir erzählt, daß Göring zunächst die gesamte Schorfheide menschenleer räumen lassen und zum Naturreservat, d. h. zu einem gigantomanischen Wildlife-Kitsch-Disneyland um seine zusammengeraubten Kunstschätze und seine Modelleisenbahnanlage herum umwidmen wollte, später den gesamten Landstrich bis zum Anschluß an sein bestehendes Projekt in Bialowiza in Weißrußland.

www.youtube.com/watch?v=76Qb-EOy6Nk

www.spiegel.de/einestages/hermann-goering-und-das-heckrind-reservat-in-bialowieza-a-1170491.html

Zuletzt hatte ich ad Heino Bosselmann von Großwildjagd-Reservaten und Luxusresorts zum Privatvergnügen der "Elite" geschrieben - während für mich Armut und Käfighaltung in einer totalüberwachten Smart City und für meine Mutter das schnellstmögliche Verrecken vorgesehen ist. Darum ging es bereits bei den Nazis, und gerade bei denen. Kein Platz mehr für Millionen und Abermillionenn Menschen, dafür für Auerochsen zum Abknallen!

- G. G.

Gustav Grambauer

11. Juni 2020 23:00

Schlöndorff, den ich eigentlich nicht ausstehen kann, hat Göring in seinem Kinofilm "Der Unhold" (1996) insofern sehr gut als Banausen porträtiert, der sich in den Gefilden eines von Müller-Stahl gespielten Kreuzritter-Nachfahren und Kaliber an Geist breitfläzt, welcher sich in seinem Wald den Abschuß des von Göring vorgemerkten Hirsches nicht nehmen läßt und später zur Rasur "Der Mond ist aufgegangen" (von KS Peter Schreier gesungen) auf dem Grammophon auflegen wird, während unten schon die Gestapo auf ihn als 20.-Juli-Verschwörer zum Abholen wartet.

- G. G.

herbstlicht

11. Juni 2020 23:19

Zu NS und Jagd: Ulrich Scherping, Uns blieb das Waidwerk, München 1958.  Scherping wird der Runde nicht allgemein bekannt sein, weshalb ich aus dem Buch zitiere:

»Es war fraglos einer der trefflichsten und treffsichersten Vorwürfe, die mir in meinem Entnazifizierungsverfahren auf Grund der damals üblichen Denunziationen vorgehalten wurde, daß ich die Gewaltherrschaft des Nationalzozialismus unterstützt hätte, indem ich ein Gesetz schuf, das im Ausland allgemeine Billigung gefunden hat.<

Es geht um das Reichsjagdgesetz, welches wesentlich von Scherping entworfen wurde; Göring sorgte mit seinem Gewicht für die Einführung.  Das Reichsjagdgesetz wurde kaum verändert als Bundesjagdgesetz weitergeführt; ist noch heute Grundlage des deutschen Jagdrechts.  In den Dreißigern war es bahnbrechend.

Scherping ist eigentlich unpolitisch; er hinterließ uns ehrliche Bilder versunkener Zeiten.  Beginnend im Kaiserreich,  Ostelbien,  polnische Wilderer in Schlesien,  NS-Bonzen im Staatsrevier, wie man sich wieder aufrappelte nach der Sintflut.

»habe zwar zum "nichtjagdbaren Haarwild" gezählt«  --- du meine Güte: "nichtjagdbares Wild", "schwarzer Schimmel" --- "jagdbar" ist ein juristischer Begriff und hat nichts mit "darf erlegt werden" zu tun.

 

H. M. Richter

12. Juni 2020 07:33

Nun kann die Kenntnis o.g. Hundenamen –  wie z.B. Stasi(!) oder Wolf –  recht hilfreich sein. Biergartengast *** erzählte neulich, wie er sich auf Föhr an einem naßkalten Abend einen Tee empfehlen ließ. Höchst verwundert entgegnete er, als dies erfolgt war, es sei doch erstaunlich, daß hier ein Tee noch einen solchen Namen trüge und Hitlers Schäferhund die Ehre erweise. Wieso, fragte die Kellnerin vollkommen irritiert. „Na, Führers Wölfchen“! Er hatte sich gründlich verhört. Der Tee heißt „Föhrer Wölkchen“ …

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