Ähnlich wie die Dampfmaschine steht die technologische Fortentwicklung der Eisenverhüttung symbolisch für das expansive Industriesystem, das für die bürgerlichen Gesellschaften West- und Mitteleuropas spätestens seit dem 19. Jahrhundert konstituierend ist und mittlerweile in seinen Grundzügen den gesamten Globus umspannt.
Zwischen den Hochöfen und rauchenden Schlöten breitete sich bei den Zeitgenossen eine Imagination des stetigen Progresses und grenzenloser Machbarkeit aus, der in der sozialen und ökonomischen Theorie tonangebend wurde. Das Himmelreich war nicht mehr einzig auf das Jenseits begrenzt, sondern galt nun als ein technologisch und planerisch umsetzbares Projekt für das Diesseits – die Utopie wurde zur schimärischen Norm proklamiert.
Risse in dieser Illusion brachen erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf, als sich zeigte, daß das für endlos perzipierte »Wachstum« möglicherweise natürlichen Grenzen unterliegt und die progressivemanzipative Entfesselung in einen unauflösbaren, selbstverzehrenden Konflikt mit seiner belebten Umwelt trat. Speziell seine – von manchen Vertretern der sozialwissenschaftlichen Modernisierungstheorie nachdrücklich gewünschte – Expansion auf die globale Ebene verschärft die Krise zunehmend.
Dabei hatte schon die Verarbeitung des Eisenerzes vor der Nutzbarmachung der Kohle qua ihres enormen Holzverbrauchs indiziert, daß irgendwo jenseits technologischer Kniffe die regulierende, restringierende Begrenzung lauert. Indessen ermöglichte der Schritt von der solarenergetischen Ressource Holz zur fossilenergetischen Kohle eine schnellere und weitreichendere Ausbeutung des nichterneuerbaren Rohstoffs Eisen.
Diese gipfelte in einer weltweiten Eisenproduktion, die den gigantische Verbrauch an Beständen durch die industrielle Zivilisation verdeutlicht: Erreichte sie 1950 mit 250 Mio. Tonnen ihren vorläufigen Höhepunkt, so hat sie diese Spitze laut »United States Geological Survey« im Jahr 2015 mit rund 2,3 Mrd. Tonnen meilenweit übertroffen.
Ein Ende der Materialüberschwemmung zeichnet sich jedoch ab: Nach aktuellen Projektionen wird die Eisenproduktion um das Jahr 2100 zum Erliegen kommen. Doch es endet nicht beim Eisen – Indium, Gallium, Aluminium, Kupfer; der automatisierte, systemische Leviathan frißt sich durch den Boden, während er die Umwelt mit den Ausscheidungen seines Systemstoffwechsels überschwemmt.
Traditionell war es der Konservatismus, der sich der allumfassenden Technisierung und Industrialisierung unserer Lebenswelten entgegenstemmte – ausgeprägte Heimatverbundenheit und ein umfassender Sinn für Einhegung sind Alleinstellungsmerkmale der Rechten, die einer ökologischen Grundhaltung zuträglich sind.
Derweil läßt sich der Verlust ebenjener naturbezogenen Grundhaltung im selben Maß beobachten, wie der Neoliberalismus in den bundesrepublikanischen Konservatismus einsickerte – eine Bindung an den verzehrenden Leviathan führt zwangsweise zum Ablegen ökologischer Standpunkte, insofern als sie in deutlicher Diskrepanz zu wachstumsfixierten Ökonomiekonzepten und liberalen Emanzipationsprogrammen stehen.
Diese ideologische Selbstvergessenheit bezahlte man mit dem nachhaltigen Abbruch ökologischer Traditionslinien im deutschen Konservatismus – ein Mißstand, dem eine Formulierung des »ökologischen Minimums« aus neurechter Sicht Abhilfe schaffen soll.
1. Der entscheidende Aspekt des konservativen ökologischen Minimums, der alle folgenden Standpunkte bedingt und unterfüttert, liegt in der dezidierten Ablehnung des expansiven Industriesystems und damit in letzter Konsequenz in der Zurückweisung der ökonomischen und emanzipativen Verheißungen des Liberalismus.
Daß eine dauerhafte Steigerung der Produktion und des Konsums zur Mehrung des »Glücks« der Bevölkerung beitrage, entpuppte sich über die letzten Jahrzehnte als folgenschwerer Irrglaube. Durch Wachstum um jeden Preis greift das Industriesystem in gewaltiger Art und Weise in seine natürlich Umwelt ein, deren Transformation auf die Gesellschaft als Ganzes negativ rückkoppelt.
Dabei hat die fortschreitende Arbeitsteilung der liberalen, bürgerlichen Gesellschaften – anders als intendiert – uns nicht »glücklicher« werden lassen, sondern radikal von uns selbst entfremdet. In diesem Kontext ist es essentiell zu erkennen, daß das ökonomische System nicht als isolierte Sphäre betrachtet werden kann, sondern interdependent mit der sozialen Ordnung verwoben ist.
Aus diesem Grund reicht es nicht, ausschließlich reformierende Modifikationen an der Ökonomie vorzunehmen, vielmehr muß das komplette progressistisch-emanzipatorische Projekt – das heißt sowohl in Wirtschaft als auch Gesellschaft – konsequent in Frage gestellt und aufgekündigt werden.
Konservative Ökologie bedeutet die Markierung der Grenze, die Einhegung des Mängelwesens »Mensch« in seine Schranken und damit ein Ende des zügellosen Wachstums.
2. Stabile sozioökonomische Ordnungen stellen sich nicht durch eine »unsichtbare Hand« ein, wie es liberale Theorien postulieren, sondern bedürfen der institutionellen Steuerung. Normen, Verbote und Zwänge, die sich in sozialen Institutionen manifestieren, sind fundamentale Grundpfeiler gesellschaftlicher Strukturen, durch welche das Kollektive gegenüber dem Individuellen seine Geltung beansprucht.
Speziell in Bezug auf die Ökologie kommt die sogenannte »Tragik der Allmende« zum Tragen. Läßt man das Individuum von der Leine und definiert keine restriktiven Verfügungsrechte über ein kollektives Gut, wird es seinen individuellen Nutzen stetig zu maximieren suchen, während die daraus resultierende Übernutzung und die Kosten zuvorderst von der Gemeinschaft getragen werden müssen (siehe zum Beispiel die Überfischung der Meere oder die Eutrophierung von Böden).
Aus der Perspektive des Individuums spricht man in diesem Kontext vom »Trittbrettfahren«, also der Nutzung eines Gemeingutes ohne Beteiligung an den Kosten. Aus der Position der neoklassischen Ökonomie, die das primäre Ziel in der Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse über einen optimalen Konsum ausmacht und in der reinen Aggregation der individuellen Handlungen das Einpendeln eines Idealzustands vermutet, wird kein nachhaltiger Zustand entstehen, unter dem sich ein ökologisches Gleichgewicht etablieren könnte.
Demzufolge verkörpert die konservative Ökologie die Antithese zum liberalen »Laisser-faire« – in ihr äußert sich die Überzeugung, daß es der Autorität und Herrschaft bedarf, um das Chaos zu ordnen und stabile, einer funktionierenden Gemeinschaft dienliche Verhältnisse herzustellen.
3. Als einzige politische Strömung der Gegenwart, die sich den emanzipatorischen Ideologemen der Aufklärung verwehrt, obliegt es dem Konservatismus, die Phase »nachhaltiger Entwicklung« einzuläuten, die nach dem Historiker und Universalgelehrten Rolf Peter Sieferle auf ein metabolisches Niveau führen wird, das unter dem liegt, was heute in den Industrieländern verbreitet ist.
Sieferle erachtete diesen Schritt in seinem Werk Epochenwechsel (1993, Neuausgabe 2017) als unumgänglich, da »eine Kombination von wachsender Bevölkerung, wachsendem ProKopf-Verbrauch von Ressourcen, wachsenden Umweltschäden und knapper werdenden Rohstoffen und Energieträgern die Potentiale technischer Innovationen überfordern wird«.
Ein Aspekt dieser Phase wäre eine konservativ-ökologisch orientierte Bevölkerungspolitik, die sich von der Idealisierung einer Bevölkerungsstruktur in der Form eines Tannenbaums (viele Junge, wenig Alte) verabschiedet. Diese Struktur kennzeichnet präindustrielle Agrargesellschaften mit einer hohen Kindersterblichkeit und führte, auf unser Gesellschaftssystem übertragen, zu einer katastrophalen Bevölkerungsexplosion – die aktuell niedrige Geburtenrate ist prinzipiell begrüßenswert, insofern als sie der Vermassung und damit einem wesentlichen Faktor des Systemischen entgegenwirkt, der wiederum das liberale Produktionsregime stützt.
Außerdem liegt der derzeitige Bevölkerungsstand von 7,7 Mrd. weit über dem, was unter Einhaltung »nachhaltiger« Prinzipien tragbar wäre. Sowohl in Asien als auch in Europa hat also schon ein Prozeß eingesetzt, der die Bewältigung der sich zuspitzenden Umweltkrise vereinfacht.
Aber selbst wenn der bisherige technologische Standard schwindet, hat das konservative Anliegen nicht in einer Konstanthaltung unserer hohen Bevölkerungsdichte und der völligen Zersiedelung, sondern in einer auf langen Zeitraum angelegten Regression auf allen Ebenen zu liegen: Schrumpfung der Industrie, Einhegung des Konsums, Abnahme der Bevölkerung etc. Es geht nicht darum, die Vernutzungsmaschinerie am Laufen zu halten, sondern ihr sukzessive die Energie zu entziehen (siehe 1.).
4. In Anbetracht dieser Positionierungen stellt sich die Frage nach der Konzeption des Energiesystems. In seiner aktuellen Organisationsstruktur fungiert es als obligatorische Lebensader des expansiven Industriesystems – aller aufwendigen Wendeversuche zum Trotz ist es im Kern ein zentralisiertes, auf fossilen Ressourcen basierendes System geblieben, insofern als die für das Industriesystem unabdingbare Versorgungssicherheit respektive die Grundlast noch immer über die alten Energieträger abgesichert wird.
Erneuerbare Energien geraten unter diesen Bedingungen zu kosmetischem Stückwerk, das in seiner verbauten und benötigten Größenordnung selbst außerhalb jeglicher »nachhaltigen Entwicklung« liegt. Solange die soziökonomische Ordnung in ihren entfesselten Bahnen verläuft, wird sich an diesen Gegebenheiten weiterhin nichts ändern, ist jedes gegenläufige Vorhaben zum Scheitern verurteilt.
Geht man jedoch zu der anberaumten und ab einem gewissen Zeitpunkt notwendigen Regression über, öffnet sich der Korridor für eine Organisation des Energieregimes nach ökologischen Maßstäben, welche den Faktor »Versorgungssicherheit« in den Hintergrund treten läßt. Da es uns daran gelegen sein sollte, das System langsam zurückzubauen, um eine soziale Verträglichkeit des Prozesses zu gewährleisten, der nicht von heute auf morgen die Vorzeichen umstellt, empfiehlt es sich, das derzeitige Konkurrenzchaos zwischen konventionellen und erneuerbaren Energien in ein koordiniertes Mischsystem aus fossilen und erneuerbaren Erzeugern zu überführen, die ergänzende Funktionen übernehmen.
Wenn der allgemeine Energiekonsum der industriellen Gesellschaften nachläßt, ergeben sich neue Versorgungsszenarien, die an die Pfadabhängigkeiten bestehender Technologiestrukturen nicht in der gleichen Weise gebunden sind wie der um das Überleben ringende Liberalismus. In bezug auf das Energiesystem erübrigte sich bei einem abnehmenden, auf ein Minimum reduzierten Elektrizitätsbedarf zum Beispiel die Notwendigkeit der Suedlink-Stromtrasse, um den an der Küste erzeugten Windstrom in den Süden zu transportieren – die Energieversorgung ließe sich kleinteiliger respektive regionaler organisieren und wäre nur noch in geringem bis gar keinem Maße von zentralisierten Großstrukturen abhängig.
5. »Verortung« stellt einen wesentlichen Baustein einer konservativen Ökologie dar. Zum einen bereitet sie die Grundsubstanz, um eine ökologische Lebensweise im Einklang mit seiner Umwelt zu führen, zum anderen entscheidet sie darüber, wie stark der »ökologische Fußabdruck« eines Menschen ausfällt. Zu ersterem Aspekt: Divergierende Regionalkulturen bilden über die Jahrhunderte ein auf ihr spezifisches, sie umgebendes Ökosystem angepaßte Praktiken der Bewirtschaftung/Bejagung aus.
Dies spiegelt sich ferner im lokalen Brauchtum und Festen wider. Ein tiefgreifendes Verständnis für die einen umgebende Flora und Fauna und die eigene Einbettung in derselbigen kann nur erfolgen, wenn man über einen längeren Zeitraum an einer Stelle verortet bleibt, also sich innerhalb bestimmter Ökosysteme aufhält. Diese Beziehung ist zweifelsohne nicht immer »harmonisch«, nichtsdestotrotz legt die Verwurzelung an einen bestimmten Ort das Fundament einer »nachhaltigen« Lebensart.
Auf die Moderne übertragen wäre ein solche ökologische Kultureigenart der ausgeprägte Hang der Deutschen zur Mülltrennung und das allgemein etablierte Verständnis dafür, daß für den eigenen Konsum ein hoher Preis entrichtet werden muß – also eine konsumferne, post-materialistische Grundhaltung. Der zweite Aspekt ist demgegenüber relativ selbsterklärend: Unterschiedliche Kulturen üben eine unterschiedliche Belastung auf das lokale bis überregionale Ökosystem aus.
Angesichts der beiden explizierten Aspekte wird evident, warum die Massenmigration in diesem Zusammenhang ein schwerwiegender Negativfaktor ist: Einerseits fehlt den Migranten jeglicher Bezug zur regionalen Umwelt, andererseits wird ihr »Fußabdruck« qua Ortswechsel außerordentlich angehoben, insofern als ihr Ressourcenverbrauch in einer europäischen Industrienation um etliches höher liegt als in ihren Herkunftsstaaten.
In diesem Zusammenhang kommt erschwerend hinzu, daß die Migranten vor allem an einer materiellen Aufwertung ihres Lebensstandards interessiert sind – der »Reichtum« der liberalen Gesellschaften hat sie angelockt, sie werden sich deswegen kaum in Enthaltung üben. Bei einer eindringlicheren Betrachtung des Faktors »Verortung« wird das darin enthaltene Element der Ungleichheit unter ökologischen Gesichtspunkten offensichtlich.
Konservative Ökologie bedeutet Wahrnehmung von Ungleichheiten als ökologische Einflußgrößen und daran angegliedert die Erkenntnis, daß nur aus Stetigkeit ökologische Verantwortung erwächst.
Die hier dargelegten fünf Aspekte einer konservativen Ökologie sind als konstruktiver, zukunftsorientierter Ansatz für eine Wiederaufnahme der verlorengegangen ökologischen Tradition der Rechten zu verstehen. In ihnen kommen die wesentlichen konservativen Grundprinzipien zum Ausdruck, die das tragende Gerüst einer neuen Ökologie von rechts darstellen. Zugleich beinhalten sie die dezidierte Abgrenzung zum politischen Gegner und zeigen seine ideologisch bedingte ökologische Impotenz auf, die ihn zum Scheitern verurteilen.
Bis Ende der 1970er Jahre lag die Ökologie fest in rechter Hand – Ernst Rudorffs Begriffsprägung des »Heimatschutzes« im Jahr 1897, Paul Schultze-Naumburgs Kulturarbeiten (1900), Friedrich Georg Jüngers Perfektion der Technik (1946) und die letzte lautstarke ökologische Wortmeldung von rechts durch Herbert Gruhls Ein Planet wird geplündert: Die Schreckensbilanz unserer Politik (1975) legen Zeugnis über die ausgeprägte konservative Denktradition zu ökologischen Fragen ab.
Doch in einem Moment der Unachtsamkeit, der gepaart mit politischer Bedeutungslosigkeit und weltanschaulicher Zerstreuung an nachhallender Wucht gewann, ging unser ureigenes Thema verloren. Derweil liegt der drängendste Handlungsbedarf, um die Rückgewinnung einer konservativen Ökologie in Gang zu setzen, in der Beseitigung der Zerstreuung und demzufolge im Ablegen neoliberaler, ökonomischer Verirrungen.
Um eine bekannte Sentenz in den ökologischen Kontext einzupassen: Unser Ziel ist nicht die Aufrechterhaltung des Prozesses ausufernder Vernutzung, sondern sein Abbruch, um der Moderne den Boden unter den Füßen wegzuziehen.
Den Konservativen sollte bewußt werden, daß auch für die Umwelt Armin Mohlers Schreckensprognose der Wahl in bezug auf Liberalismus und Sozialismus zwischen »Mafia oder Gulag« ausgesprochene Gültigkeit zukommt.