Clans – auch ein politisches Minimum

PDF der Druckfassung aus Sezession 92/Oktober 2019

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Im Febru­ar 2019 ver­kün­de­te der Tages­spie­gel, daß Ber­lin »end­lich« gegen kri­mi­nel­le Clans vor­ge­hen wür­de: »Jahr­zehn­te lang hat­ten Poli­zis­ten, aber auch Sozi­al­ar­bei­ter, Leh­rer, Haus­ver­wal­ter eher im klei­nen Kreis dar­über gespro­chen, daß sich Män­ner aus den immer sel­ben ara­bi­schen Fami­li­en an kei­ne Regel zu hal­ten schei­nen. Daß sie das Sozi­al­we­sen, den Rechts­staat, die offe­ne Gesell­schaft ver­spot­ten – deren Vor­zü­ge aber nut­zen. Aus Angst vor Ras­sis­mus­vor­wür­fen sahen trotz­dem vie­le weg.« (tagesspiegel.de vom 4. Febru­ar 2019)

Wenn es ein schla­gen­des Bei­spiel dafür gibt, daß Immi­gra­ti­on ohne Assi­mi­la­ti­on zur Bil­dung von »Par­al­lel­ge­sell­schaf­ten« führt, dann ist das wohl die Exis­tenz der ara­bi­schen Clan­kri­mi­na­li­tät mit den Schwer­punk­ten Ber­lin, Bre­men, Nord­rhein-West­fa­len und Nie­der­sach­sen. Das wären nicht weni­ger als vier Bun­des­län­der, die im Griff eines gefürch­te­ten Phä­no­mens sind, das durch eine heu­te ziem­lich ver­ges­se­ne »Flücht­lings­wel­le« im Zuge des liba­ne­si­schen Bür­ger­kriegs (1975 – 1990) erzeugt wurde.

Die haupt­säch­lich aus Süd­ost­ana­to­li­en stam­men­den Groß­fa­mi­li­en, Ange­hö­ri­ge der ara­bi­schen Min­der­heit in der Tür­kei, gelang­ten Ende der acht­zi­ger Jah­re über den Liba­non nach Deutsch­land, wo sie mit Dro­gen­han­del, Rot­licht­busi­ness, Spiel­au­to­ma­ten, Schutz­geld­erpres­sung und Raub­über­fäl­len reüs­sier­ten. Inves­tiert wird der Gewinn in Immo­bi­li­en und Gas­tro­no­mie, nicht zuletzt zum Zweck der Geldwäsche.

Erheb­li­che Sum­men kas­sie­ren die Clans auch aus der Sozi­al­hil­fe. »Ein erfolg­rei­ches Geschäfts­mo­dell«, kom­men­tier­te dies die Repor­ta­ge Die Clans – Ara­bi­sche Groß­fa­mi­li­en in Deutsch­land (rbb 2018) unter der Regie von Olaf Sun­dermey­er, der ansons­ten haupt­säch­lich damit beschäf­tigt ist, vor der Gefahr »von rechts« zu war­nen. Inzwi­schen leben gan­ze Dör­fer in der alten Hei­mat von dem Geld, das ihre aus­ge­wan­der­ten Söh­ne in Deutsch­land »erwirt­schaf­ten«.

Abgren­zung nach außen und Zusam­men­halt nach innen haben den Clans eine inne­re Stär­ke ver­lie­hen, an der sich der Staat die Zäh­ne aus­beißt. Wie man es aus Hol­ly­wood­fil­men über die italo­ame­ri­ka­ni­sche Mafia kennt, wird die­ser Zusam­men­halt vor allem über die Bluts­ban­de gewähr­leis­tet, wobei die von patri­ar­cha­li­schen »Paten« regier­te Sip­pe über der eth­ni­schen Iden­ti­tät ran­giert, wenn sie auch eng mit ihr ver­bun­den ist.

Wer dem Schwert­adel eines Clans ange­hört, der sich im Kiez per Gewalt­an­dro­hung »Respekt« ver­schafft hat, kann es sich leis­ten, im Hoheits­ge­biet wie ein Prinz auf­zu­tre­ten – frei­lich sei­nem Platz in der Hier­ar­chie der Fami­lie ent­spre­chend. In Sun­dermey­ers Repor­ta­ge wird die­se Rol­le von dem Rap­per Kha­led Miri gespielt, einem Ange­hö­ri­gen des Miri-Clans, der sich im Hemd der deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft fil­men ließ.

Auch Rap-Musik, die die kri­mi­nel­len Akti­vi­tä­ten ver­herr­licht, ist eine Ein­nah­me­quel­le, denn »aus­nahms­los« jeder Rap­per habe, so Kha­led, sei­nen »Rücken«. Hin­läng­lich bekannt sind etwa die engen Kon­tak­te Bushi­dos zum Abou-Cha­ker-Clan, der eine Zeit­lang über das gesam­te Ver­mö­gen des mil­lio­nen­schwe­ren Star­rap­pers ver­füg­te. In einem Inter­view mit der Frank­fur­ter Rund­schau ver­glich er den Clan mit »einem Staat«: »Da gibt es auch eine Gewaltenteilung.

Die Bul­len machen als Exe­ku­ti­ve die Drecks­ar­beit, ande­re machen die Geset­ze. Natür­lich habe ich Kum­pels, die mir sagen: ›Du faßt nie­man­den an, wir machen das.‹« Wäh­rend die bun­des­deut­sche »offe­ne« Gesell­schaft den Clans als man­gel­haft geschütz­tes Jagd­re­vier erscheint, das nur dazu da ist, um sich Beu­te­gut wie »Reich­tum und Aner­ken­nung« abzu­ho­len, wird die eige­ne Gesell­schaft streng abgeschirmt.

In den Wor­ten Kha­led Miris: »Natür­lich ist unse­re Welt geschlos­sen, wir las­sen nicht jeden x‑beliebigen in unse­re Welt. Wir wol­len nicht! Punkt.« Wenn aller­dings ein­mal »ein Hassan P. oder Hassan M.« in Kon­flikt mit dem Gesetz kommt, dann wer­den nicht nur alle Mög­lich­kei­ten des Rechts­staa­tes aus­ge­schöpft (was wie­der­um als Zei­chen von Schwä­che die­ses Rechts­staats inter­pre­tiert wird), son­dern, wenn nötig, auch Zeu­gen, Rich­ter und Anwäl­te bedroht und eingeschüchtert.

»Das ist Demo­kra­tie«, sagt Kha­leb. »So läuft hier die Demo­kra­tie. Ob’s den Men­schen paßt oder nicht. Das ist euer Land, eure Geset­ze.« Inner­halb der Clan­welt herrscht eine Par­al­lel­jus­tiz mit eige­ner Recht­spre­chung. Die soge­nann­ten Frie­dens­rich­ter prä­sen­tie­ren sich ger­ne als nütz­li­che Mit­glie­der der Gesell­schaft, denn sie hel­fen schließ­lich dort, wo der Rechts­staat an den Regeln der Clans scheitert.

Sie beteu­ern, daß nur sie imstan­de sei­en, die Gewalt der Ban­den­krie­ge zumin­dest zu »hegen«. Die Clans bele­gen auch treff­lich Renaud Camus’ The­se, daß die orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät eine wesent­li­che Kraft ist, um den »gro­ßen Aus­tausch« und die eth­ni­sche Land­nah­me vor­an­zu­trei­ben. Die Ber­li­ner Son­nen­al­lee, in der noch vor 30 Jah­ren ein eth­nisch homo­ge­ner, sozia­lis­ti­scher Über­wa­chungs­staat geherrscht hat, ist heu­te durch und durch »Clan­welt«. Dort lebe man »in der Welt sei­ner Eltern«, dort kön­ne man »rich­tig gut Ara­bisch« ler­nen, »jeden Dia­lekt«, beteu­er­te Kha­leb Miri in der rbb-Reportage.

Man kann hier ein Mus­ter­bei­spiel für Armin Moh­lers The­se sehen, daß der libe­ra­le Staat ein Vaku­um erzeugt, das mafiö­se Struk­tu­ren begüns­tigt, die ihn erset­zen und teil­wei­se sei­ne Funk­tio­nen über­neh­men. Die Clan­welt bedeu­tet kei­ne Anar­chie, son­dern eine Form der außer­staat­li­chen Ord­nung. Das Clan-Pro­blem, das die Grund­pro­ble­me des Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus extrem zuspitzt, offen­bart auch die Schwä­che des libe­ra­len Staa­tes gegen­über tri­ba­lis­ti­schen Struk­tu­ren, in denen Blut dicker ist als Paragraphen.

Dies spie­gelt sich in der Dyna­mik der all­täg­li­chen Kon­flik­te zwi­schen Deut­schen und Migran­ten in den Pro­blem­zo­nen wie­der. »Söh­ne und Kiez­macht«, frei nach Gun­nar Hein­sohn: Ein Deut­scher hat nor­ma­ler­wei­se kei­nen »Rücken« durch Brü­der, Cou­sins und mäch­ti­ge Fami­li­en­ober­häup­ter. Er hat allen­falls den Staat hin­ter sich, der theo­re­tisch immer noch auf »deut­schen« Ord­nungs- und Rechts­prin­zi­pi­en beruht, ihn prak­tisch aber zuneh­mend im Stich läßt.

Die­se Kon­stel­la­tio­nen wer­den auch in zwei Fern­seh­se­ri­en, die sich um Ber­li­ner Clan-Kri­mi­na­li­tät dre­hen, auf unter­schied­li­che Wei­se reflek­tiert. Die für ihre Authen­ti­zi­tät gerühm­te Serie 4 Blocks des Bezahl­sen­ders »TNT Serie« dreht sich haupt­säch­lich um den fik­ti­ven Clan-Boss Ali »Toni« Hama­dy, gespielt von dem in Bei­rut gebo­re­nen Kida Kho­dr Rama­dan, der den Regis­seur Mar­vin Kren per­sön­lich mit ech­ten Clan­häupt­lin­gen bekannt machte.

Das Zitat »In Ber­lin spricht man jetzt Ara­bisch« wur­de inzwi­schen zum geflü­gel­ten Wort, und dem­entspre­chend ist auch der Seri­en­vor­spann zwei­spra­chig gehal­ten. Unter poli­zei­li­chen Ermitt­lern soll die Serie ver­haßt sein, »weil sie das Gangs­ter­tum glo­ri­fi­zie­re und jun­ge Män­ner im Kiez ani­mie­re, den Film­fi­gu­ren nach­zu­ei­fern.« (Die Zeit vom 11. Okto­ber 2018) Das ist frei­lich ein Pro­blem, das so alt ist wie das Gen­re selbst.

Der Vor­wurf der Glo­ri­fi­zie­rung trifft aller­dings auf 4 Blocks durch­aus zu, vor allem, was die cha­ris­ma­ti­sche, mora­lisch ambi­va­len­te Haupt­fi­gur betrifft, deren Auf­stieg und Fall von Vival­di-Klän­gen beglei­tet wird. Die Serie macht deut­lich, daß es in der Clan­welt kei­ne mul­ti­kul­tu­rel­le Far­ben­blind­heit gibt und genau unter­schie­den wird, wer Ara­ber, Kur­de, Tür­ke oder Deut­scher ist.

Die eth­ni­sche Her­kunft gilt als star­ker Indi­ka­tor, wer wel­cher Front ange­hört und wem Ver­trau­en und Loya­li­tät gebührt. Toni hat nur Ver­ach­tung für das »Drecks-Mul­ti-Kul­ti« und die gen­trif­zie­ren­den »Hips­ter«, die aber immer­hin Geld in den Bezirk brin­gen. Die Ver­tre­ter des Staa­tes und der Ord­nungs­mäch­te sind durch­weg mit eth­ni­schen Deut­schen besetzt, wie auch die lega­le, regu­lä­re Gesell­schaft »deutsch« kon­no­tiert wird.

Ein Hand­lungs­strang dreht sich um Tonis Bemü­hun­gen, aus der orga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät aus­zu­stei­gen, end­lich die Staats­bür­ger­schaft zu erlan­gen und mit­hin voll­wer­tig »deutsch« zu wer­den. »Ich ver­sprech dir, wenn die Päs­se da sind, wer­de ich der deut­sches­te Deut­sche«, sagt er sei­ner Frau. »Ich werd Unter­neh­mer, Immo­bi­li­en­mak­ler, ich werd sogar der Bür­ger­meis­ter von Neukölln.«

Wäh­rend die ara­bi­schen und tür­ki­schen Gangs­ter über­aus über­zeu­gend wir­ken, so haben etli­che der deut­schen Cha­rak­te­re einen eher künst­li­chen Bei­geschmack. Unglaub­wür­dig wirkt, wie Toni sei­nen lang ver­schol­le­nen Alman-Bru­der aus den wil­den Jugend­zei­ten im Stra­ßen­ghet­to nahe­zu ohne zu zögern in die »Fami­lie« auf­nimmt und ihm ein fata­les Ver­trau­en schenkt.

Vin­ce ist natür­lich ein ver­deck­ter Ermitt­ler, der den Clan zu Fall brin­gen soll. Obwohl sei­ne »street cre­di­bi­li­ty« stän­dig betont wird, bleibt er allein durch sei­ne Her­kunft und Optik ein Fremd­kör­per in der Clan­welt. Rein phy­sisch wirkt er weit­aus weni­ger impo­sant und bedroh­lich als die hyper­mas­ku­li­nen ara­bi­schen Gangs­ter. Deut­sche Pen­dants zum ara­bi­schen Tri­ba­lis­mus tau­chen nur am Ran­de in kari­kier­ter Form auf.

In einer Fol­ge ent­führt Tonis miß­traui­scher Bru­der Abbas Vin­ce auf eine Kon­troll­fahrt ins Hin­ter­land der Kar­tof­feln, nach Frank­furt / Oder, wo der ver­meint­li­che frü­he­re Geschäfts­part­ner des Under­co­ver-Cops mit dem Ossi­na­men »Ron­ny« in einem Gar­ten­häus­chen lebt, über dem eine schwarz-rot-gol­de­ne Fah­ne weht.

Der taucht auch prompt mit nack­tem Ober­kör­per und gezück­ter Pump­gun auf, beschimpft Abbas als »Tür­ke« und »Kana­ke«, wor­auf die­sen der Blut­rausch über­kommt: »Ich schlag dir dei­ne deut­sche Fres­se ein, du Bas­tard­kind!« (In Wahr­heit han­delt es sich bei »Ron­ny« um einen Poli­zis­ten, der Vin­ce ein Ali­bi geben soll.)

Hin und wie­der auf­tau­chen­de deut­sche Unter­welt­ler wir­ken eher wie skur­ri­le Ein­zel­gän­ger. Einer der här­tes­ten Gegen­spie­ler Tonis, der Chef einer mul­ti­eth­ni­schen Motor­rad­gang, ist zwar ein hünen­haf­ter Deut­scher, aber auch ein dro­gen­süch­ti­ger, per­ver­ser Sadist ohne Sym­pa­thie­wer­te. Die von Net­flix pro­du­zier­te Serie Dogs of Ber­lin (seit 2018) wech­selt die Per­spek­ti­ve und läßt zwei Poli­zis­ten, einen Tür­ken und einen Deut­schen, gegen einen liba­ne­si­schen Clan­chef antre­ten, der mit sei­nem scharf­li­nig getrimm­ten Bart Tony Hama­dy aufs Haar gleicht, aller­dings ein­deu­tig als Schur­ke ohne Grau­tö­ne gezeich­net wird.

Auch Dogs of Ber­lin zeigt die eth­ni­sche Kom­po­nen­te des orga­ni­sier­ten Ver­bre­chens und behan­delt expli­zi­ter als 4 Blocks poli­tisch auf­ge­la­de­ne The­men, die um »Inte­gra­ti­on« und natio­na­le Iden­ti­tät krei­sen. Im Zen­trum der ers­ten Staf­fel steht die Auf­klä­rung des Mor­des an einem tür­kisch­stäm­mi­gen Spie­ler der deut­schen Fuß­ball­na­tio­nal­mann­schaft, der kurz vor einem Län­der­spiel gegen die Tür­kei tot auf­ge­fun­den wird.

Nach gen­re­üb­li­chen Mus­tern müs­sen sich die bei­den unglei­chen Bul­len erst zusam­men­rau­fen. Der Deut­sche Kurt ist ein ehe­ma­li­ger Neo­na­zi, der krum­me Geschäf­te betreibt und dem jeg­li­che natio­na­len Iden­ti­fi­ka­tio­nen fremd gewor­den sind; so hält er bei dem Län­der­spiel zu den Tür­ken, weil er auf ihren Sieg gewet­tet hat.

Der Dro­gen­fahn­der Erol hält auf­grund sei­ner Her­kunft eben­falls zu den Tür­ken, obwohl er ein assi­mi­lier­ter »Deutsch­tür­ke« ist, der als Homo­se­xu­el­ler dar­um kämpft, das isla­misch-fun­da­men­ta­lis­ti­sche Erbe sei­nes Vaters abzu­strei­fen, ähn­lich wie Kurt sei­ne Nazi-Ver­gan­gen­heit. Erol betrach­tet es als sei­ne per­sön­li­che Mis­si­on, den Tarik-Amir-Clan zu ver­nich­ten, den er als Ver­kör­pe­rung aller Übel sieht, die den jun­gen Migran­ten eine Zukunft jen­seits von Ver­bre­chen, Rap und Fuß­ball verbauen.

Kurts Bru­der Ulf und sei­ne Mut­ter, die bei jeder Gele­gen­heit «bio­lo­gis­ti­sche« Tira­den anstimmt, sind nach wie vor in der brau­nen Sze­ne von Mar­zahn enga­giert. Die­se wie­der­um nutzt das Län­der­spiel als Ven­til für ihre natio­na­lis­ti­schen Pas­sio­nen, lei­det aller­dings unter dem Dilem­ma, eine weit­ge­hend mul­ti­eth­ni­sche Mann­schaft beju­beln zu müssen.

Dogs of Ber­lin insze­niert die­se »Nazis« gemäß den übli­chen Kli­schees als ver­krampf­te, häß­li­che Aso­zia­le in Skin­head­mon­tur und prä­sen­tiert sie bewußt als jam­mer­vol­les deut­sches Gegen­stück zu den eth­no­zen­tri­schen ara­bi­schen Gangs, mit denen sie sich schließ­lich eine epi­sche Prü­gel­schlacht lie­fern. Im Gegen­satz zu den Ara­bern bemü­hen sich die Autoren aller­dings pein­lichst, die »Nazis«in einem aus­schließ­lich absto­ßen­den Licht erschei­nen zu lassen.

Ande­rer­seits zeigt die Serie auch, daß es mit der angeb­li­chen Sym­me­trie der bei­den Grup­pen nicht weit her ist. Die »Nazis« sind dosen­bier­sau­fen­de Frust-Ossis und Plat­ten­bau­be­woh­ner, die nicht eigent­lich kri­mi­nell sind, wäh­rend die Clans teu­re Schlit­ten fah­ren, Wei­ne trin­ken, die tau­send Euro kos­ten, mit Rap- und Fuß­ball­stars abhän­gen und in gro­ßen Luxus­woh­nun­gen hau­sen, die am Ende mit Maschi­nen­ge­weh­ren gegen die Pan­zer­wa­gen der Poli­zei ver­tei­digt wer­den, als hand­le es um einen Häu­ser­kampf im liba­ne­si­schen Bürgerkrieg.

Dogs of Ber­lin bie­tet schließ­lich eine »zen­tris­ti­sche« Lösung an. Als Mör­der des tür­ki­schen Fuß­bal­lers erweist sich ein ost­deut­scher Pen­sio­när mit Block­wart­ment­a­li­tät, der es nicht ertra­gen konn­te, daß der Hund des Ermor­de­ten auf sei­nen Rasen »gekackt« hat. Ein spie­ßi­ger Men­schen­feind und »ana­ler Cha­rak­ter«, der gene­rell unter dem Ver­lust der staat­li­chen Ord­nung zu lei­den scheint:

Ick hab mich immer an die Regeln gehal­ten. Selbst damals im Cha­os, als kee­ner mehr wuß­te wat. Ick hab noch nie­mals in meen Leben ein Gesetz gebro­chen. Immer schön brav mei­ne Steu­ern bezahlt. Und die Wich­ser, die kom­men hier­her, die kacken auf unse­re Regeln, die kacken auf unse­ren Rasen.

Kurt und Erol beschlie­ßen nach lan­gem inne­ren Rin­gen, den Mör­der lau­fen zu las­sen, um den Ver­dacht auf den Tarik-Amir-Clan zu len­ken und mas­si­ve Raz­zi­en bewil­ligt zu bekom­men. Im Besitz »aller Pri­vi­le­gi­en, die das Gesetz zuläßt« kön­ne man »die­se kor­rup­te Stadt« end­lich »vom orga­ni­sier­ten Ver­bre­chen« befrei­en und mit ein- und dem­sel­ben Besen die »Nazi­schwei­ne«, den Tarek­Clan, die Kovac-Gang und»die kor­rup­ten Dreck­sä­cke vom Fuß­ball­bund« auskehren.

Mora­lisch gese­hen wäre dies, als wür­de man in die zwan­zi­ger Jah­re zeit­rei­sen und »Hit­ler töten«. Der Deut­sche und der Tür­ke, die sich ihrer jewei­li­gen belas­ten­den Bluts­ban­de mit den gif­ti­gen Tra­di­tio­nen Islam und Natio­nal­so­zia­lis­mus ent­le­digt haben, stär­ken am Ende mit einer qua­si »illi­be­ra­len« Lüge die geschwäch­te Staats­ge­walt, um die libe­ra­le, eth­nisch gemisch­te bun­des­deut­sche Zivil­ge­sell­schaft zu säu­bern und zu restaurieren.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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