Egon Flaig: Was nottut. Plädoyer für einen aufgeklärten Konservatismus, Lüdinghausen / Berlin: Manuscriptum 2019. 173 S., 19.90 €
Pointierte Lehrsätze finden sich in Egon Flaigs Plädoyer für einen aufgeklärten Konservatismus in großer Zahl. Nehmen wir diesen: »Denn Worte sind Fensterscheiben des Intellekts; wenn sie verschmutzen, wird es dunkel im Hause des Geistes«, oder diesen: »Nach dem Gemeinwohl zu fragen heißt, den Begriff des Bürgers zu prüfen«. Thesenartige Zuspitzungen bilden Eckpunkte in zwölf, auch einzeln lesbaren Essays.
Aufgezeigt werden fatale Entwicklungen vor allem der jüngeren Vergangenheit, verbunden mit dem Aufruf zum Einhalt. Flaigs Ideal ist die säkulare Republik. Demokratie, Identität, Gemeinsinn, Staatsvolk, Bürger, Freiheit, Wahrheit, Öffentlichkeit, Werte, Abgrenzung oder kulturelles Erbe sind zentrale Begriffe, um die seine einzelnen Abhandlungen immer wieder kreisen. Grundsätzliches steht neben aktuellen Bezügen. Flaig unterstreicht die Notwendigkeit von Opferbereitschaft als Voraussetzung für Demokratien. Das – unsägliche – Kunstwerk »Der Bevölkerung« am Sitz des Bundestages dient ihm als illustrativer Hintergrund, um auf den fundamentalen Unterschied zwischen Bevölkerung und Staatsvolk hinzuweisen. Bei allem Schaden, den die »Kritische Theorie« in puncto Demokratie angerichtet hat, weist er darauf hin, daß selbst Jürgen Habermas schrieb, politische Integration schließe »fundamentalistische Einwandererkulturen« aus.
Alles Existierende habe Grenzen, die »globalistische Ideologie« wirke staatzerstörerisch, was auch offen kommuniziert werde, etwa wenn ein ehemaliger EU-Kommissionspräsident ausführte, man solle »den einzelnen Nationalstaaten die Einwanderungspolitik aus den Händen nehmen«, ein Höhepunkt in dieser Hinsicht war dann der »UN-Migrationspakt« vom Dezember 2018. Hart ins Gericht geht Flaig mit der Aussage des Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der 2015 Kritikern der Grenzöffnungspolitik beschieden hatte, sie könnten ja das Land verlassen, wenn sie nicht einverstanden seien. Die »öffentliche Meinung« sei heute mitnichten die Meinung der Mehrheit. Die Massenmedien seien geradezu zum »Widersacher der Meinungsfreiheit« geworden.
Mehrfach wird Hannah Arendt zitiert: »Vom Standpunkt der Politik gesehen ist die Wahrheit despotisch.« So lange es Kulturen gebe, so Flaig, gebe es kulturelle Unvereinbarkeiten, Feindschaft sei eine fundamentale Tatsache des Politischen. Beklagt wird die beherrschende »gutmenschliche Leitmoral«, nicht selten mit Tendenz zum Fanatismus, verbunden mit der moralischen Disqualifizierung von Gegenargumenten. Hermann Lübbe habe darauf hingewiesen, dass in totalitären Systemen moralisierende Argumente eine »ungleich größere Rolle« spielten als in liberalen. Daß sich die Geisteswissenschaften bereitwillig in den Dienst der Politik nehmen lassen, wird an Beispielen wie der Resolution des deutschen Historikerverbandes von 2018 gezeigt. Dort heißt es unter anderem, Migration sei eine historische Konstante, die die beteiligten Gesellschaften insgesamt bereichert habe.
Den zwölf Essays vorangestellt ist ein Manifest. In zweiunddreißig Positionen wird aufgelistet, was es heiße, »heute« konservativ zu sein. Bei einigen der Stichworte, etwa Elite, Freiheit und Gerechtigkeit entsteht der Eindruck, Flaig versuche den Konservatismus von »Vorurteilsballast« zu befreien und ihn ein Stück weit in die »Mitte« zu schieben – was im Licht der nachfolgenden Ausführungen unnötig scheint.
Was nottut. Plädoyer für einen aufgeklärten Konservatismus von Egon Flaig kann man hier bestellen.