Savatie Baștovoi: Anti-Parenting. Die Wiederentdeckung der Elternschaft

von Sophia Gatzmaga

Sava­tie Baș­to­voi: Anti-Paren­ting. Die Wie­der­ent­de­ckung der Eltern­schaft, Wacht­en­donk: Hagia Sophia 2019. 220 S., 18.50 €

Es ist noch nicht alles von allen gesagt wor­den, jeden­falls nicht in der buch­stäb­lich ewi­gen Fra­ge nach der rech­ten Erzie­hung. Daher kom­men die zu einem hand­li­chen Buch geron­ne­nen Über­le­gun­gen und Rat­schlä­ge des ortho­do­xen Pries­ter­mön­ches Sava­tie Baş­to­voi höchst gele­gen. Ergänzt er doch die Kri­tik rea­li­täts­ge­stähl­ter Fach­leu­te wie Micha­el Win­ter­hoff an der herr­schen­den Päd­ago­gik­mo­de, wie sie Fami­li­en der­zeit in Gestalt des soge­nann­ten Paren­ting ent­ge­gen­tritt, um min­des­tens zwei Dimensionen.
Ein­mal um die ver­ti­ka­le, denn als Pries­ter­mönch blickt P. Sava­tie vom Stand­punkt der christ­li­chen Ortho­do­xie auf das Absur­di­tä­ten­ka­bi­nett der modisch »bewuß­ten« Eltern­schaft, und fer­ner um jene tie­fe Erdung wie sie einem Förs­ter­sohn in den kar­pa­ti­schen Aus­läu­fern der ehe­ma­li­gen Sowjet­uni­on in beson­de­rer Wei­se zuteil wird. Die Ver­wer­fun­gen des Sys­tem­wech­sels, die P. Sava­tie als Jahr­gang 1976 durch­lebt hat, haben jene an sich schon gro­ße Lebens­nä­he nur ver­stärkt. Und nicht zuletzt erwei­tert die aka­de­misch aus­ge­bil­de­te künst­le­ri­sche Bega­bung ihres Autors die Per­spek­ti­ven­pa­let­te des »Anti-Paren­ting« Leitfadens.
So bie­tet P. Sava­ties Buch wider den päd­ago­gi­schen Zeit­geist und sein impli­zi­tes Men­schen­bild eine Fül­le hier­zu­lan­de sel­ten gewor­de­ner Nuan­cen. Die Stra­te­gie ist so ein­fach wie wir­kungs­voll – indem P. Sava­tie die Halt­lo­sig­keit, ja Destruk­ti­vi­tät des post­mo­der­nen Men­schen­bil­des vor­führt, wider­legt er damit auch des­sen Erzie­hungs­pa­ro­len. Dem Schre­ckens­bild der main­ge­stream­ten Päd­ago­gik und ihrer kreuz­un­glück­li­chen Ergeb­nis­se hält er die ungleich viel­schich­ti­ge­re, kohä­ren­te­re und vor allem rea­lis­ti­sche­re Sicht des alt­ehr­wür­di­gen Chris­ten­tums auf Mensch und Welt ent­ge­gen und dies, als Künst­ler, der er auch ist, in einer oft bild­haf­ten, ja anmu­ti­gen Sprache. 

Ein lei­ser Zwei­fel mag frei­lich selbst im geneig­tes­ten Leser auf­stei­gen. Las­sen sich denn die schlich­ten wie guten Hin­wei­se des »Anti-Paren­ting« in unse­rer durch­ra­tio­na­li­sier­ten Welt mit ihren Legio­nen erwerbs­tä­ti­ger Müt­ter, ver­schul­de­ter Fami­li­en­vä­ter, zer­bro­che­ner Fami­li­en usw. über­haupt in die Tat umset­zen? Wie­viel liegt doch nicht aus ver­dreh­ter Absicht oder Unkennt­nis im päd­ago­gisch argen, son­dern nur aus der nack­ten Not Gehetz­ter? Sol­chen mög­li­chen Ein­wän­den begeg­net P. Sava­tie, selbst Schei­dungs­kind einer erwerbs­tä­ti­gen Mut­ter, mit der Fra­ge nach Ziel und Zweck von Erziehung.
Als Ange­hö­ri­ger eines viel­ge­prüf­ten Bal­kan­vol­kes weiß er näm­lich, daß eine effi­zi­en­te Erzie­hung dar­an zu mes­sen ist, ob sie ein Kind stark und wider­stands­fä­hig gegen das im Leben unver­meid­li­che Lei­den und Böse macht, ob es ihr also gelingt, einen Men­schen in die Lage zu ver­set­zen, Nie­der­la­gen zwar zu erlei­den, aber eben nicht an ihnen zu zer­bre­chen. Wenn man nicht einem irri­gen Men­schen­bild wie etwa dem der »bewuß­ten Eltern­schaft« hul­digt, ist es jedem über­all und zu allen Zei­ten mög­lich, sich von wid­ri­gen äuße­ren Lebens­um­stän­den nicht unter­jo­chen zu las­sen. Zehn Erzäh­lun­gen aus P. Sava­ties Kind­heit, die die gut les­ba­re deut­sche Über­set­zung sei­ner Gedan­ken zu einem gelun­ge­nen Anti-Paren­ting abschlie­ßen, illus­trie­ren dies eindrucksvoll. 

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