Düzen Tekkal: # GermanDream. Wie wir ein besseres Deutschland schaffen

Düzen Tekkal: # GermanDream. Wie wir ein besseres Deutschland schaffen, Berlin / München: Berlin Verlag 2020. 224 S., 18 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Die Fra­ge, wer eigent­lich als »Deut­sche / r« gel­ten dür­fe, steht uns längst bis hier. Wir haben sie unge­zähl­te Male durch­de­kli­niert. Düzen Tek­kal macht sich nun für »eine neue Art Ver­fas­sungs­pa­trio­tis­mus« stark. Der Ver­lag nennt es einen »enga­gier­ten Auf­ruf«. Das ist stark unter­trie­ben. Frau Tek­kal (*1978) brennt. Sie, die Kriegs­re­por­te­rin (sie war mit­ten­drin, als der IS im Nord¬irak Atta­cke blies) und ehe­ma­li­ge RTL-Jour­na­lis­tin ist kur­di­sche Jesi­din. Wer sie je für ihre Leu­te dort reden hör­te, ahnt, daß es für die­se Frau – gebo­ren als eines von elf Kin­dern einer Analpha­be­tin – kei­ne hal­ben Sachen geben dürfte.
Und doch: So sehr sie für die Sache der Jesi­den kämpft, so sehr bean­sprucht sie auch, als Deut­sche die Bot­schaft von einem »Ger­man Dream« wei­ter­tra­gen zu dür­fen. Tek­kal hält es für ein uner­meß­li­ches Pri­vi­leg, in Deutsch­land leben zu dür­fen. Sie, die anno 1989 anläß­lich des Mau­er­falls Trä­nen der Freu­de mit­ge­weint hat­te, mis­sio­niert mit die­ser Ein­stel­lung und mit­hil­fe ihrer teils pro­mi­nen­ten, teils durch­schnitts­bür­ger­li­chen »Wer­te­bot­schaf­tern« deut­sche Schu­len. »Ich füh­le mich für Deutsch­lands Geschich­te mit­ver­ant­wort­lich, wie es im Übri­gen alle tun soll­ten, die in die­sem Land leben.« Die leb­haf­te Autorin ist »genervt davon, wie sich man­che Migran­ten kol­lek­tiv die Opfer­rol­le zuschrei­ben« und wie, nament­lich, Leu­te wie Hen­g­ameh Yagoo­bi­fe­rah »Abgren­zung per­p­etu­ie­ren«: Mit einem »Man­tra wie ›Kein Mensch ist ille­gal‹ mag man viel­leicht das eige­ne schlech­te Gewis­sen beru­hi­gen und sich selbst als per­fek­ter Gesin­nungs­ethi­ker insze­nie­ren können.«
Tek­kal wur­de und wird dafür kri­ti­siert, sich wie eine »Iden­ti­tä­re«[!] zu gerie­ren; ihr »#Ger­man­Dream« sei ein elen­der »Dank­bar­keits­hash­tag«. Sie selbst wehrt sich furi­os. Im Zwei­fel wür­de sie sich immer für Deutsch­land ent­schei­den, sagt sie. »Ich ken­ne Leu­te, die sagen: ›Ich schul­de die­sem Land gar nichts!‹ Eini­ge von ihnen wären viel­leicht gar nicht mehr am Leben, hät­ten sie die Flucht nach Deutsch­land nicht gewagt und hier Auf­nah­me und Soli­da­ri­tät gefun­den. Dank­bar­keit kann man nicht ver­ord­nen, Lie­be erst recht nicht. Man muss es schon füh­len.« Als Stu­den­tin hat­te Frau Tek­kal sich noch für die Jusos enga­giert, aber dann »ganz bewußt mit dem links­li­be­ra­len Spek­trum gebro­chen.« Sowohl »Mulit­kul­ti-Kuschel­kurs« als auch die ver­lo­ge­ne »Tole­ranz« gin­gen ihr gegen den Strich. Wie­der­holt beklagt sie die »kogni­ti­ve Dis­so­nanz« des lin­ken Spektrums.
Wie sehr Tek­kal in der Mit­te der soge­nann­ten Gesell­schaft ange­kom­men ist, zeigt sich auch dadurch, daß in die­sem Buch unter ande­ren Cem Özd­emir und Wolf­gang Schäub­le affir­ma­tiv inter­viewt wer­den – sogar dies sind übri­gens recht inter­es­san­te Bei­trä­ge. Im Gan­zen haben wir hier ein Sam­mel­su­ri­um an (zurecht) stol­zer Selbst­dar­stel­lung (sym­pa­thisch: Tek­kal bringt noch heu­te zu »offi­zi­el­len« Ter­mi­nen ihre Sipp­schaft mit), vehe­men­ter Deutsch­land­lie­be und tie­fer jesi­di­scher Soli­da­ri­tät. Ich selbst als Rezen­sen­tin bin übri­gens nicht über das #Ger­man­Dream-Pro­jekt auf Düzen Tek­kal auf­merk­sam gewor­den, son­dern durch ihr lei­den­schaft­lich vor­ge­tra­ge­nes Enga­ge­ment für die gequäl­ten Jesi­din­nen. Sie legt über­zeu­gend dar, war­um uns gera­de das Schick­sal der vom radi­ka­len Islam gequäl­ten Frau­en inter­es­sie­ren soll­te. Natür­lich gehört Men­schen wie Tek­kal unser Herz. So, und nur so, könn­te eine »Bekennt­nis­na­ti­on« funktionieren.

# Ger­man­Dream. Wie wir ein bes­se­res Deutsch­land schaf­fen
von Düzen Tek­kal kann man hier bestel­len.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)