Nicht nur Kalbitz musste gehen
Immer mal wieder habe ich in dieser Kolumne versucht, auch jene zu würdigen, die aus verschiedenen Gründen nicht auf die Art und Weise in den Vordergrund treten, wie es etwa ein Björn Höcke, oder ein Martin Sellner tut.
Ab und an, besonders wenn es dabei um solide Macher im Hintergrund ging, habe ich auch an Frank Pasemann gedacht. Obgleich nicht kamerascheu, so strahlt der große, schlanke 60-jährige Bundestagsabgeordnete doch zuviel Contenance, zuviel herrische Kälte aus, als dass er jemals eine politische Rampensau hätte werden können. Vielleicht ist ihm das jetzt zum Verhängnis geworden.
Im Windschatten der Causa Kalbitz musste nun auch Pasemann nach einer Entscheidung des Landesschiedsgerichtes in Sachsen-Anhalt seinen Hut nehmen. Inwiefern das Verfahren rechtlich abgeschlossen ist, ist noch unklar, schon jetzt war allerdings jemand so fleißig, zwei kleine Worte in Pasemanns Wikipedia-Biographie zu ändern: Nun steht dort „Frank Pasemann ist ein deutscher Politiker (parteilos, früher AfD).“
Ich bin nicht wirklich mit Pasemann bekannt, aber irgendwie habe ich es trotzdem geschafft, auf ebendieser seiner Wikipedia-Seite als einer jener politischer Haftmagneten aufzutauchen, welche man den guten Leuten anbappt, um sie durch das versammelte Gewicht der kleinen Vorwürfe zu verlangsamen und schließlich zu Fall zu bringen.
Dort heißt es Pasemann sei maßgeblich dafür verantwortlich gewesen, dass ich gemeinsam mit einer anderen Aktivistin auf einer AfD-Demo in Magdeburg auftreten durfte. Woher diese Information stammt, weiß ich nicht. Die Einladung in die Landeshauptstadt kam damals jedenfalls nicht von ihm.
Wofür Pasemann verantwortlich gezeichnet hat, das war einer der (für unser Milieu) denkwürdigeren Machtmarker, den die AfD im Bundestag gesetzt hat: Die Veranstaltung eines kritischen Vortrags über die Förderung linksextremer Strukturen durch den Bund unter Beteiligung maßgeblicher Akteure unseres Lagers in den Räumlichkeiten des Bundestages.
Die Schlagzeile von der „Neuen Rechten im Bundestag“ ließ bei den roten Gesinnungsschnüfflern sämtliche Alarmglocken schrillen, und das nicht zu Unrecht: Pasemann hatte einen Nachmittag lang gezeigt, dass sich durch eine Zusammenarbeit von außerparlamentarischer und parlamentarischer Opposition nicht nur das Fenster des Sagbaren, sondern auch der Rahmen des Machbaren verschieben lässt.
Dass die Räume der Macht jenen offenstehen, die sich trauen, nach der Klinke zu greifen, zeigte auch eine andere staatsmännische Mission, der sich Pasemann verschrieben hatte: Gemeinsam mit anderen Abgeordneten reiste er nach Syrien, um für eine Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zur Assad-Regierung und eine gemeinsame Anstrengung bei der Schaffung von Heimkehrperspektiven für syrische Flüchtling zu werben.
Eigentlich gibt es an Frank Pasemann so gar nichts, was irgendwie links ist. Und doch hat der 60-jährige in seinen drei Jahren als Bundesabgeordneter eindrücklich gezeigt, was möglich wäre, wenn eine selbstbewusste AfD sich der Vorfeldstrategien des politischen Gegners bedienen würde.
Sie wäre in der Lage das zu tun, was sich alle von den teilweise hervorragenden blauen Wahlergebnissen der vergangenen Jahre erhofft hatten: Ohne zu zögern auf jeder neuen Treppenstufe der politischen Macht sofort in die Breite zu wuchern und um sich herum ein Geflecht wachsen zu lassen, das stark genug ist, die Form zu halten, falls das Gebälk im Inneren mal morsch werden sollte.
Nun hat man Pasemann also auch geschasst, und wenn man sich die wachsende Reihe der Geächteten ansieht, kommt man nicht umhin zu bemerken, dass hier ein dritter Weg der Parteienpolitik einen Rückschlag erleidet.
Nämlich jener, der weder auf den volkstribunenanfälligen Basisdemokratiefetisch, noch auf eine Handvoll abgeklärter Berufspolitiker setzt, sondern auf ein stabiles Wurzelwerk, das die weltanschaulichen, subkulturellen und strategischen Kreativstoffe aus dem außerparlamentarischen Mosaik aufnimmt, formiert und in die Abgeordnetenhäuser, Landtage und den Bundestag trägt
Bleibt nur zu hoffen, dass sich bewahrheitet, was ich in einer Kurznachricht über Pasemann las: Gute Männer brauchen keine Partei.
Franz Bettinger
"Gute Männer brauchen keine Partei.“ Ha, großartiger Satz! Cetero censeo, Meuthen et altera sunt chassendam - und mit ihnen die Unvereinbarkeits-Liste. Was für eine angserfüllte Kindergarten-Mentalität sich darin widerspiegelt!