David Engels: Was tun? Leben mit dem Niedergang Europas

Bedürfte es einer Personifikation eines genealogischen Europäers, wäre sie in Gestalt von David Engels gefunden.

Benedikt Kaiser

Benedikt Kaiser ist Politikwissenschaftler und arbeitet als Verlagslektor.

Der Alt­his­to­ri­ker (Jg. 1979) stammt aus der deutsch­spra­chi­gen Gemein­schaft in Wal­lo­ni­en / Bel­gi­en, denkt und schreibt Fran­zö­sisch, glaubt römisch-katho­lisch, lebt und arbei­tet in Polen und ist, selbst­ver­ständ­lich, poly­glott. Stär­ker noch als ein Euro­pä­er emp­fin­det sich der Gelehr­te alter Schu­le als bewuß­ter »Abend­län­der«, und für die letz­ten authen­ti­schen Ver­tre­ter die­ser rar gewor­de­nen Spe­zi­es hat er – zunächst fran­zö­sisch als Que fai­re?, dann in vie­len wei­te­ren Spra­chen – eine Art Mani­fest des stoi­schen wie selbst­be­wuß­ten Über­le­bens im all­um­fas­sen­den Nie­der­gang vorgelegt.

Was tun? trifft offen­sicht­lich einen Nerv: Nach weni­gen Wochen muß­te der klei­ne, for­mi­da­ble Reno­va­men Ver­lag aus der Dübe­ner Hei­de eine zwei­te Auf­la­ge des biblio­phil gestal­te­ten Bänd­chens vorlegen.

Die Grund­the­se des in gro­ßen Bögen und Zeit­fens­tern den­ken­den Autors ist dabei, daß die euro­päi­sche bzw. abend­län­di­sche See­le längst im Schei­den begrif­fen ist. Ereig­nis­se wie der Brand der Kathe­dra­le von Not­re-Dame stell­ten nur die Destruk­tio­nen eines Kör­pers – einer mate­ri­el­len Gestalt, die innen längst leer und aus­ge­brannt ist – dar. Die Selb­st­ab­schaf­fung Euro­pas sei ein­ge­lei­tet, der Pro­zeß wohl irreparabel.

Aber trotz die­ser geschichts­de­ter­mi­nis­ti­schen Sicht­wei­se, die sich rechts der Mit­te in den Jah­ren des andau­ern­den Abstiegs ver­brei­tet hat, möch­te der Autor sei­nen Lesern Hal­te­punk­te und Cha­rak­ter­schu­lun­gen an die Hand geben. Ent­we­der, so for­mu­liert er bestimmt, »über­las­sen wir uns der Ver­zweif­lung und beschleu­ni­gen hier­durch noch das Unaus­weich­li­che, oder aber wir tun alles in unse­rer Macht Ste­hen­de«, fährt Engels fort, sei­ne Opti­on dar­zu­le­gen, »um unse­rem Dasein einen Sinn zu ver­lei­hen und unse­re Ehre und Wür­de so lan­ge wie mög­lich zu wahren«.

Engels’ dar­an anschlie­ßen­de Über­le­gun­gen über kul­tu­rel­le Ide­al­bil­der und per­sön­li­che Lebens­füh­rung sind, soviel kann auf­ge­löst wer­den, zwei­fel­los an ein intel­lek­tu­el­les Publi­kum mit christ­li­cher (Christ wer­den und blei­ben sieht Engels als ers­te Pflicht) und gesamt­eu­ro­päi­scher (euro­pä­isch zu den­ken sei heu­te grund­le­gend) Rück­bin­dung gerich­tet. »Suchen­de« bzw. »Neu­po­li­ti­sier­te« wer­den mit der ver­ab­reich­ten Dosis Kul­tur­pes­si­mis­mus und mit anspie­lungs­rei­chen Vol­ten auf lite­ra­risch-poli­ti­sche Inbe­grif­fe – von Domi­ni­que Ven­ner bis Jele­na Tschu­di­no­wa – nicht ohne wei­te­res zurechtkommen.

Für alle ande­ren gilt, daß man zunächst den bit­te­ren Hap­pen schlu­cken muß, wonach wir den »spek­ta­ku­lä­ren Zusam­men­stoß« nicht ver­hin­dern kön­nen, der unse­re west­eu­ro­päi­sche Zivi­li­sa­ti­on hin­weg­fe­gen wird und der sich aus einem dif­fi­zi­len Geflecht aus sozia­len, natio­na­len, iden­ti­tä­ren, kul­tu­rel­len und reli­giö­sen Fra­gen nährt. Was dann aber tun?

Engels trägt bereits bekann­te und neue Gedan­ken zusam­men und kom­pi­liert die­se zu einem Bre­vier des Stand­hal­tens. Gegen jeden Haß und Wider­stand durch­zu­hal­ten, anstän­dig und wider­stän­dig, rea­lis­tisch und doch hof­fend, bil­det eine der Argu­men­ta­ti­ons­ket­ten ab. Eine ande­re ist es, sei­ne per­sön­li­che Lebens- und Netz­werk­ge­stal­tung an die Erfor­der­nis­se einer in Auf­lö­sung befind­li­chen Gesell­schaft anzu­pas­sen, und das heißt: Das All­tags­le­ben sol­le jen­seits der Groß­städ­te statt­fin­den, in eng­ma­schi­gen per­sön­li­chen Ver­trau­ens­räu­men, mit Selbst­ver­sor­gungs­aspek­ten und nach­hal­ti­gen, nach­bar­schaft­li­chen Wirtschaftskreisläufen.

Neben die­ser grund­le­gen­den, gemein­schafts­be­zo­ge­nen Sicht beleuch­tet Engels auch die per­sön­li­che Ebe­ne und skiz­ziert viel­fäl­ti­ge kon­kre­te Rat­schlä­ge zur indi­vi­du­el­len Lebens­füh­rung. Das alles, so liest man bei Engels her­aus, sei trotz Annah­me der Unab­wend­bar­keit des Nie­der­gangs nicht als Flucht, son­dern als eine Art Anlauf zu begrei­fen. Denn die ein­ge­for­der­te »Selbst­ent­fal­tung« und anvi­sier­te Neu­or­ga­ni­sa­ti­on des ­Lebens sei die Grund­vor­aus­set­zung dafür, daß auf den Trüm­mern des ­Alten etwas Neu­es ent­ste­hen könnte.

Engels läßt im Resü­mee indes kei­nen Zwei­fel dar­an, daß die Hoff­nung nur mehr aus dem Osten kom­me – ex ori­en­te lux. In die­sem Sin­ne erscheint die »Emi­gra­ti­on nach Ost­mit­tel­eu­ro­pa, die­ser letz­ten Bas­ti­on des tra­di­tio­nel­len Abend­lan­des«, als die tat­säch­li­che »Engels-Opti­on«. Ob dies aber wirk­lich als ernst­zu­neh­men­de Alter­na­ti­ve für sei­ne Leser in Fra­ge kommt, wer­den womög­lich erst kom­men­de Ver­wer­fun­gen des gro­ßen Klad­de­ra­datsch beant­wor­ten können.

Was tun? Leben mit dem Nie­der­gang Euro­pas von David Engels kann man hier bestel­len.

Benedikt Kaiser

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Kommentare (25)

quarz

28. Oktober 2020 08:23

Zwei Gedanken dazu:

1. Engels ruft zu Recht in Erinnerung, dass im hierarchischen Stufenbau der kulturellen Identitäten die abendländisch-europäische einen wichtigen Platz hat, dem viele - wohl aufgrund ihres berechtigten Zorns gegen die Institution EU - seinen Rang zugunsten einer verengten, rein nationalen Identität absprechen. Letzterer wiederum begegnet Engels manchmal mit unangebrachter Geringschätzung.

2. Der Aufruf zur Sammlung und Selbsterziehung (und ich möchte ergänzen: zur fruchtbaren Vernetzung mit Gleichgesinnten) hat auch für jene uneingeschränkte Bedeutung, die den Kampf ums Eigene - anders als der Autor - noch nicht als verloren ansehen. Gerade für Widerstandskämpfer, die nicht nur ehrenhaft fallen wollen, sondern auch einen Erfolg für möglich halten, ist ein gesunder Personenkern und eine intakte Gemeinschaft eine wichtige Kraftquelle und Operationsbasis.

MARCEL

28. Oktober 2020 08:58

Engels Schrift ist für einen geordneten Rückzug gedacht, gleichsam als "geistige Wehrpflicht" (frei nach Ulrich Horstmann) einer Avantgarde in umgekehrter Richtung. Hierzu zähle ich auch die Berufung von Sezession u.a. Ein Rückzug kann eine komplizierte, notwendige und nicht zu vernachlässigende Operation sein (was Hitler nie begriffen hat).

Die Gründer des Buren-Homelands Orania betonten, wer als Volk wieder wachsen wolle, der müsse sich zuerst absondern. Die Reservate mögen (müssen) zuerst geistiger Natur sein, das weitere wird folgen.

Den nachrückenden, neuen "Barbaren" hinterlassen wir eine verbrannte Erde, etwa in Form von geistigen Tellerminen (z.B. besonders "giftiger Bücher" frei nach Cioran). Eine unterlegene Kultur kann sich dann im Nachgang als siegreich erweisen, auch wenn ihre einstigen Träger das nicht mehr erleben werden...

Natürlich gibt es Gegenbeispiele: Von der indianischen Kultur in den USA ist heute nichts mehr zu spüren.

Es scheint so zu sein, dass besondere Völker immer in ihrer irdischen Existenz bedroht sind: Deutsche (oder generell Europäer) Japaner, Juden, Serben, Armenier, Tutsi.

Der Gehenkte

28. Oktober 2020 09:41

Das Problem mit Engels' Buch ist, daß es auf Individualentscheidungen orientiert, von denen die meisten obsolet werden, ja regelrecht paradox und gefährlich, würden sie die Massen ergreifen. Daher gehört das Buch in die Kategorie "Lebenshilfe" und ist metapolitisch eher bedeutungslos. Es kann freilich dem Einzelnen eine Hilfe sein.

Sandstein

28. Oktober 2020 09:57

Der Verrat am Christentum ist irreparabel, dass der Osten noch weitgehend gläubig ist und seine Riten und Traditionen bewahren konnte und gleichzeitig keine Umvolkung erlebt dürfte kein Zufall sein. Aber bei uns schwafeln ja die größten Nihilisten und Atheisten gern vom Abendland - kurioser gehts nicht. 

@ Marcel ..so ziemlich jedes Volk ist zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Geschichte in seiner Existenz bedroht. Übrigens sind die Hutu keine Ethnie, aber das nur am Rande. Also Ihre Liste mit „besonderen“ Völkern ließe sich beliebig erweitern. 

Der_Juergen

28. Oktober 2020 10:16

Danke für diese Rezension. Ich habe David Engels Buch unmittelbar nach Erscheinen gelesen und war nicht enttäuscht. Die Diagnose ist treffend, aber bezüglich der Therapie kann Engels auch nicht mehr empfehlen als Rückzug ins geistige Reduit und Vernetzung mit Gleichgesinnten. Doch seit er dies schrieb, hat sich die Lage dramatisch gewandelt. Die abscheulichste Figur der deutschen Geschichte hat eben bekanntgegeben, dass sie Deutschland in ein gigantisches Freiluft-Gefängnis verwandeln und die deutsche Wirtschaft restlos an die Wand fahren wird. Klar, die Fallzahlen steigen ja ständig. In China gibt es keine Fallzahlen mehr, weil längst nicht mehr getestet wird. Die Wirtschaft des Landes wird dieses Jahr um fast 10% wachsen, alles ist offen, im Oktober waren ca. 600 Millionen Chinesen auf Inlandreisen, und niemand stirbt an Corona. - Wie kann man noch mit @Marcel hoffen, dass unsere Bücher uns überleben und kommenden Generationen als Orientierungspunkte dienen werden? Gehen die Pläne des Systems auf, wird es diese Bücher bald nicht mehr geben, weder in gedruckter noch in elektronischer Form, und es wird nicht der geringste häretische Gedanke mehr öffentlich verbreitet werden können. Nein, der Waldgang taugt unter diesen Umständen nichts. Hoffnung machen da einzig die heftigen Proteste in Italien und Tschechien, die sich rasch ausweiten können.

Herr K aus O

28. Oktober 2020 10:18

Der “große Kladderadatsch” . Sie sagen es. Ab 4.11 live hier vor Ort. Polen hat zumindest atemberaubend schöne Strände und die einzigen Frauen mit Kopftuch dort sind Ordensschwestern. Die Leute müssen arbeiten gehen, um zu leben. Und das klappt auch. Wenig Elend dort. Und: Dieses Land ist nicht auf einem anderen Kontinent oder existierte vor 50 Jahren einmal, nein, es ist unser Nachbar. Verrückt. Es gibt nicht nur noch große Einkommensunterschiede, nein: Sie können mit dem einen Bein in einem Land stehen, wo Millionen von Zuwanderern ohne Gegenleistung Zugang zu Sozialsystemen bekommen und mit dem anderen Bein in einem Land stehen, wo “es” noch so ist, wie es hier früher mal war. Polen ist eine Zeitreise in eine längst vergessene Normalität.

Der_Juergen

28. Oktober 2020 10:25

@Der Jürgen

Nur aus dem Osten könne die Rettung kommen, meint Engels. Er hat mit seiner Übersiedlung nach Polen selbst die Konsequenzen daraus gezogen. Ja, Polen hält an christlichen Traditionen fest und duldet keine afro-islamische Masseneinwanderung, aber zugleich stellt es als treuer US-Vasall der Nato sein Territorium für den Aufmarsch gegen Russland zur Verfügung, feiert die lächerliche Sprechpuppe Tichanowskaja als legitime Vertreterin Weissrusslands und macht den Corona-Schwindel mit. Letzteres tut auch Russland unter Putin. Entweder ist dieser ein Mann der Neuen Weltordnung, und sein Streit mit dem Westen entspricht dem zwischen zwei Mafiabanden, oder er ist nur noch eine hilflose Marionette der Oligarchen und Globalisten a la Sobjanin, der die Menschen in Moskau mit Corona-Terror quält. Da kann man nur auf eine nationale Revolution in Russland hoffen, die das verfaulte Putin-Regime mitsamt seinen Hintermännern wegfegen wird. In der Tat gärt es im russischen Volk; erstaunlicherweise können die nationalen Kanäle bisher praktisch unbehindert darüber berichten. 

Elvis Pressluft

28. Oktober 2020 10:29

Engels‘ Diagnose ist unbestreitbar – fast schon trivial – zutreffend, die empfohlene Überlebensstrategie m.E. ebenso deutlich verfehlt. Standhalten, so lange und so gut es geht; darüberhinaus hat hier kürzlich M. Sellner viel vom Nötigen gesagt. Wer (im Gegensatz zu mir) die Zukunft eigener Kinder im Blick haben muß, wird u.U. andere Überlegungen anzustellen haben, die nicht zu präjudizieren sind. Auch dann gilt: Migration in Richtung Osten ist mit Problemen behaftet, die nicht jeder zu reflektieren scheint. Ich selbst würde nicht die Rolle eines vorbehaltlich Geduldeten einnehmen wollen, gleich gar nicht auf annektiertem deutschem Boden.

Während wir sprechen, akzeleriert die Akzelerationsthematik in der BRD stündlich, fast minütlich. Unverletzlichkeit der Wohnung? – Sekundär (man sieht schon die Kontrollen in den Behausungen Neuköllner „Großfamilien“ …). Die Herrscherin bekundet Sympathie für die Vorstellung, die Gesamtbevölkerung – wohl abzüglich der inoffiziellen Einwohner – zwangsweise auf das Virus zu testen. Womöglich wird der Bogen gerade eben doch überspannt.

Hartwig aus LG8

28. Oktober 2020 11:35

Habe D. Engels Publikationen auf renovatio.org gelesen. Das Buch kenne ich (noch) nicht.

Ich möchte den bisherigen Kommentaren hinzufügen, dass die subversive Komponente eines Rückzuges im Ökonomischen besteht. B. Kaiser deutet es im drittletzten Absatz an, und es ist dick zu unterstreichen. Es muss über Möglichkeiten nachgedacht werden, wie man sich aus dem systemstützenden Hamsterrad zurückzieht und sein ökonomisches Potential ins Eigene umlenkt. Kein leichtes Unterfangen! Dennoch: Ich kann nicht erkennen, dass wir den Barbaren "verbrannte Erde" (@Marcel) hinterlassen. Der "Konservative" gehört nach wie vor zu den verlässlichen Stützen des Systems; da kann er sich noch so sehr geistig abwenden.

 

Lotta Vorbeck

28. Oktober 2020 11:45

@Benedikt Kaiser

"Engels läßt im Resümee indes keinen Zweifel daran, daß die Hoffnung nur mehr aus dem Osten komme – ex oriente lux. In diesem Sinne erscheint die »Emigration nach Ostmitteleuropa, dieser letzten Bastion des traditionellen Abendlandes«, als die tatsächliche »Engels-Option«. Ob dies aber wirklich als ernstzunehmende Alternative für seine Leser in Frage kommt, werden womöglich erst kommende Verwerfungen des großen Kladderadatsch beantworten können."

---

"Emigration nach Ostmitteleuropa" verkleinert den geographischen Raum der verbleibenden, dem Abendland zurechenbaren Landmasse.

Auf einem gänzlich anderen Blatt steht geschrieben, wie dazu erforderliche Visum- und Aufenthaltserlaubnisvoraussetzungen erfüllbar sind.

Auch in "Ostmitteleuropa" mag sich niemand zusätzliche Probleme aufladen. Während und nach dem großen Kladderadatsch, wenn zugleich die BRD-Kuh ausgemolken sein wird, dürfte "Ostmitteleuropa" nicht lange zögern seine Grenzen in Richtung Norden, Westen und Süden massiv zu befestigen und geschlossen zu halten.

Loki

28. Oktober 2020 14:17

Es scheint mir fraglich, inwieweit Engels eine Lektüre darstellt, welche brauchbare Lösungsansätze aufzeigt oder konstruktive Wege findet. Die Stadtflucht oder der Umzug aufs Land, stellt nicht für jeden Patrioten eine Alternative dar und bedeutet ja auch die Aufgabe der Städte. Wohin dies "ausweichen "führt, kann man eindrücklich an den Städten der alten Bundesländer beobachten. Die Landnahme fremder Kulturen wird so noch befeuert. Das die Nachfrage am Buch hoch war, ist ein Hinweis auf die Erwartungshaltung der Leser etwas brauchbares, etwas nutzbares an die Hand zu bekommen. Dies geschieht nicht. Es ist wohl nur ein weiteres an Rückzug, Aufgabe und Resignation. Diese Haltung wird jedoch keine Veränderung der Situation herbeiführen, ganz im Gegenteil. Dabei ist die gegenwärtige Lage bei genauer Betrachtung gar nicht so hoffnungslos, ganz im Gegenteil. Der Druck ist groß und wird täglich größer.

 Es fehlt nur noch ein Ventil, der " Zettel eines Günther Schabowski" war ein solches.

 

heinrichbrueck

28. Oktober 2020 15:33

Von welchem „spektakulären Zusammenstoß“ ist eigentlich die Rede, der nicht zu verhindern sei, wenn die „Selbstabschaffung“ Europas schon vorher eingeleitet wurde? Der abendländische Geist scheint seine Defizite nicht überleben zu können. Und schon wieder diese christliche Machtlosigkeit in der großen Politik, stets Spielball der Geschichte, immer verschwurbelt und ohne konzeptuellen Klartext. Sind dann auch noch die Polen, seine Exilwahl, die neuen Geistestitanen Europas, wird es vollkommen absurd. Eine gewisse Zeitspanne zu überleben, daran ist nichts auszusetzen, gehen Lebenshilfen und Bewußtseinserweiterungen in diese Richtung. Aber die Macht zu haben, Europa in die gewünschte Demographie zu steuern, ist bestimmt eine Nummer größer.

Das Christentum ist ein Problem, wenn in der Politik geglaubt wird. Die Leute müssen anfangen zu denken. Mir sind die Kriterien schleierhaft, wie Bewertungen des Niedergangs stattfinden können, ohne eine feindliche Logik ins Spiel zu bringen. Selbstabschaffung klingt nach historisch falscher Glaubensdoktrin. Dann wird eine Kathedrale erhöht, dagegen im Bombenkrieg ganze Landstriche niedergebrannt werden dürfen. Das konservative Informationsumfeld schafft keinen Neuanfang, solange die europäischen Trennungen nicht überwunden sind. Europas humanitäre Amokläufe sind moralischer Natur, kleiden sich in politische Maßnahmen, werden aber nicht von Europäern gesteuert.

Lumi

28. Oktober 2020 16:42

"anständig und widerständig"

Anständig sicherlich, widerständig naja, und bodenständig bestimmt nicht.

Ist ja schön, wenn das für ihn gut klappt, aber ich sach ma, der Drang nach Osten ist nicht jedem sein Ding.

Die Heimat zählt manchen auch noch was.

Freiluftklapse BRD. Das ist daraus geworden.

Gotlandfahrer

28. Oktober 2020 17:30

1/3

Danke für die Vorstellung des Buches.  Sehr kluger guter Mann, dem ich hohe Verkaufszahlen wünsche.  Mich hält die Rezension aber ab, weil gefühlt: Im Westen nichts Neues.  Und auf unsere postmoderne Ostsiedlung wird dort nicht gewartet, genauso wenig, wie wir darauf warten sollten, dass irgendein Slawe oder Mongole auf den Tisch haut und Berlin befreit.

Ist es nicht immer dasselbe Spiel?  Wer KANN, der versucht sich zu optimieren, d.h. nur so viel im Zuge fortlaufender Aneignung anderen durch Autonomieverzicht entgegenzukommen, wie die damit verbundenen Nachteile die andernfalls anfallenden Abwehrkosten nicht übersteigen.  Echte Globalisten sind „Könnende“, die Somewheres immer weniger entgegenkommen müssen.  Sie können sich zunehmend autonom optimieren, während die Abwehrkosten der Somewheres, bei schrumpfenden Autonomiegewinnen, ins Unmögliche steigen.  Das hat zunächst nichts mit dem Sterben der westlichen Kultur zu tun, im Gegenteil, das Ausmaß des heute Möglichen ist ja gerade Ergebnis der kulturellen Besonderheiten des Westens.  Man könnte sagen: Sowohl McDonalds in Kalkutta wie auch das Brennen unserer Kirchen sind Folgen des eigenen Programms, das – in irgendeiner Form – auf gottlose und damit menschenverachtende Vernunftgläubigkeit hinauslaufen musste („Untermenschen“ und „Anti-Rassismus“ sind ja zwei Seiten derselben rationalen Medaille). 

...

Gotlandfahrer

28. Oktober 2020 17:31

2/3

Zum Abfackeln von Kathedralen nutzen wir Herbeigerufene, weil uns so ein konkreter Akt der Gewalt im Stand unserer Entfaltung nicht mehr entspricht.  Vielleicht betreibt der Westen nicht Selbstmord, sondern bringt sich nur auf den nächsten Level.  Es gibt da diesen Film Elysium (https://www.youtube.com/watch?v=CHnSlAUlawc) der das gut visualisiert:  Der Palast und die Hütten.  Das ist das ewige Gestell. Dampfbügeleisen, Aircondition und Blingbling, das haben alte weiße Männer erfunden, dafür durften sie dann erst ihre Frauen wählen und sich heute von ihnen beschimpfen lassen.  Aber jetzt kann das von den Chinesen viel billiger gemacht werden (nur das Beschimpfen nicht).  Welches Interesse hatte aber jemals der Palast an den Hütten, außer als einer durch Techniker, Verwalter und Häscher zu bewirtschaftenden Ressource? 

Es wird immer einen Palast geben. Wenn wir, in den westlichen Hütten, wieder mehr Autonomie wollen, müssen wir die Abwehrkosten des Palastes steigern.  Die erste zu klärende Frage hierfür: Wo ist der Palast? Das Kanzleramt ist es nicht, das ist nur Teil seiner Außenmauer.  Ein „Gate“, in dem die Palastwache sitzt.  Vermutung:  Der Palast ist weder Ort und noch Tafelrunde.  Er ist das Gewebe höchster Ordnung im System aus Potenziallinien.  Aber das macht nichts.  Denn entscheidend ist eine zweite Frage:

Gotlandfahrer

28. Oktober 2020 17:32

3/3

Wie steigert man dessen Kosten?  Durch Repressionsaufwand des Palastes nicht, im Gegenteil, das senkt sie unterm Strich mittels Massen-Disziplinierung.  Vermutlich eher durch Erschütterung des Vertrauens des Palastes in seine Palastwache.  Die muss er austauschen und ihr mehr Aufmerksamkeit widmen, wenn die Hüttenmenschen vor ihr nicht mehr kuschen.  Deswegen, vermute ich, tut ein Timm Kellner mehr für das Angstnehmen vor der Palastwache und für das Steigern der Abwehrkosten des Palastes, als ein noch so großgebildetes Buch, das sich die Zerknirschten empört von Hütte zu Hütte weiterreichen.  Der lacht sie alle aus und macht Mut es auch zu tun.

Bin unter acht geblieben, Versprechen gehalten…

Monika

28. Oktober 2020 18:13

Es hat mich überrascht, dass Benedikt Kaiser David Engels Buch „Was tun“ doch eher wohlwollend besprochen hat und nur eine vorsichtige Kritik übt ( am Kulturpessimismus und an christlicher Rückbindung). Nun wäre es spannend gewesen, wenn umgekehrt David Engels Kaisers Buch „Solidarischer Patriotismus“ besprochen hätte. Ich sehe Engels Buch nicht wie der Gehenkte als „Lebenshilfe“ und „metapolitisch bedeutungslos“, sondern durchaus als Ergänzung. Engels sagt, dass die Frage „Was tun?“ nicht nur im Sinne eines politischen Projekts zu stellen sei, das in einigen Jahrzehnten Umsetzung findet, sondern er fragt, wie man angesichts des Niedergangs das Überleben der eigenen Familie und Werte sichern kann.“ Also in einem größeren philosophischen und theologischen Zusammenhang. Vielleicht ist die rein metapolitische neurechte Sicht zu kurz gegriffen? Selbst Dr. Thor v. Waldstein , der Rezensent von Kaisers Buch, kritisiert an dessen Buch die Übergewichtung wirtschaftlicher Kriterien. Waldstein: „Der Mensch ist ...nicht allein ein kalkulierendes Wesen, sondern daneben noch viel mehr und anderes.“ 

Nath

28. Oktober 2020 19:06

"(Christ werden und bleiben sieht Engels als erste Pflicht)"

Pflicht? Nach welchen moralischen Kriterien? Gibt es vielleicht so etwas wie einen kategorischen Imperativ: "Erkenne die absolute Autorität des Konzils von Nicäa an."? Dies ist nicht möglich, da jeder apriorische Imperativ rein formaler Natur ist und material unbestimmbar bleibt. Auch wird man sich im Jahre 2020 kaum auf das Minenfeld begeben wollen, unwiderlegbare Beweisgründe für solch einen Imperativ vorzulegen. Also bleibt als Begründung jener "ersten Pflicht" doch nur wieder das Sich-Berufen auf den Machtspruch einer absoluten kirchlichen Autorität übrig: WEIL WIR ES SAGEN! Es ist der berühmt-berüchtigte Zirkelschluss im Beweis. Schon Augustinus hat das katholische "Betriebsgeheimnis" freimütig ausgesprochen: "Ich würde all die göttlichen Wahrheiten der Schrift nicht glauben, wenn nicht die heilige Mutter Kirche sie verbürgen würde." Und wer bürgt für letztere selbst? Natürlich derjenige, der sie als seine apostolische Nachfolgerin eingesetzt hat. - Quod erat demonstrandum. Was für ein historischer Treppenwitz, über den allerdings nur diejenigen lachen können, die jenseits von gut und böse stehen. Bei alledem würde es einen nicht wundern, wenn der Katholik Engels in den "Ost-Enklaven" auch die Religionsfreiheit zu suspendieren und hinter Vatikanum II zurückzugehen geneigt wäre. Mögen die Götter zukünftige deutsche Ostsiedler vor solch einem klerikalen Jakobinertum bewahren.

Volksdeutscher

28. Oktober 2020 20:50

Ohne das Buch gelesen zu haben und nur an obiger Buchvorstellung Benedikt Kaisers orientiert kann ich nur sagen: ich werde das gewiß nicht lesen. Ich habe gestrichen voll mit diesen verzagten, melancholischen, lethargischen Zukunftsprognosen, genug mit dieser von Männern kultivierten weiblichen Passivität, mal in diese, mal in jene Emigration zu flüchten, genug mit solchen Thesen, die einen nur niederziehen und jede Hoffnung und Zuversicht zuzuschütten drohen. Genug damit!

Hartwig aus LG8

28. Oktober 2020 21:08

Exil. Arche. Rückzug. Ein "Schnellroda"?

Auch Linke sind auf Suche ...

https://www.youtube.com/watch?v=IN6Z9amkP98

 

limes

28. Oktober 2020 22:26

»Christ werden und bleiben sieht Engels als erste Pflicht …« Jeder weiß also, sollte wissen, was Christ sein bedeutet?

Spirituell weiß ich das nicht, da mir der darauf prägende familiäre Hintergrund fehlt. Geschichtlich gehe ich von wichtigen Einflüssen des Christentums aus, die das Abendland geformt und geschützt haben. Die heutigen Amtskirchen sehe ich nicht in dieser Tradition.

Was die christliche Ideologie angeht, so schreckt mich deren Propagierung von Wehrlosigkeit ab und die fehlende Bindung an die Natur.

Und was die Beurteilung der Lage unserer Nation angeht, so verharre ich in trotzigem Optimismus und – ja, das geht ohne Jesus! - in Gottvertrauen.

Eo

29. Oktober 2020 00:16

1/2

 

Muß Loki in zentralen Punkten
zustimmen, denn die eigentlichen Probleme werden sozusagen als gott- bzw. allagegeben hingenommen und als unabänderlich kaninchenmäßig beäugt.

Und mir kommt es mehr so vor,
als sei dieser 'Beutebelgier' allzu sehr von der  belgischen Geschichte und Grundhaltung beeinflußt, die salopp gesagt darin besteht, die Großen machen zu lassen und eben zu kuschen, also gute Miene zum bösen Spiel machen und dafür mit Leidenschaft Pralinen herstellen und kompensativ reichlich von diesen naschen ...

Naja, während ihre niederländische Vettern
die spanische Fremdherrschaft nach langen Kämpfen bei hohem Blutzoll abschütteln konnten, blieben die Belgier brav und ließen sich bereitwillig beherrschen. Doch so sind sie immerhin die Hauptstadt von EU-Europa geworden, konkret die abgehobene Herrschaftszentrale eines idiologischen Projekts, das die Völker zur reinen Verfügungsmasse degradiert und diese dabei zunehmend heimat- und identitätslos macht.

 

Eo

29. Oktober 2020 00:16

2/2

Nun, es gäbe durchaus Möglichkeiten,
den Niedergang Europas und der weißen Völker aufzuhalten. Aber dafür müßte natürlich in wesentlichen Punkten umgedacht werden, etwa in Richtung einer Neuordnung der Welt nach Kulturräumen, die sich gegenseitig respektieren und jeweils die Sphäre der anderen achten und in Ruhe lassen.

Und außerdem müßte der Akzent
auf den total vernachlässigten Schmufak, den schmutzigen Faktor in der Weltgeschichte gelegt werden ...

 

Maiordomus

29. Oktober 2020 09:08

@limes. Fehlende Bindung an die Natur? Natürlich fehlt hier wieder einmal, was auch bei Theologen durchaus vorkommt, Grundwissen, z.B. über Bernhard von Clairvaux Predigten über die Wälder, die Bäume und die Gesteine, sowie den Gedanken der nach Erlösung harrenden Kreatur gemäss Paulus und dem absolut bedeutendsten Gedicht einer deutschen Dichterin, Droste-Hülshoff, "Die ächzende Kreatur", selbstverständlich haben Sie auch das Tierbuch von Albertus Magnus nicht gelesen und können über seine durchaus nicht teuflische Einschätzung der Fledermaus nicht mitdiskutieren, auch nicht über die Gleichsetzung von Creatura mit Natura; bin auch gespannt, was Sie über die Bergmystik in der Bibel und die entsprechenden Sacri Monti in Italien bereits studiert und ev. sogar vor Ort besucht haben. Und haben Sie auch schon sagen wir mal von Novalis, Baader, Brentano, Schelling, zuletzt ein durchaus christlicher Religionsphilosoph gehört oder gar die Werke von Teilhard de Chardin gelesen? 

Zu bedauern bleibt, dass z.B. Ratzinger, der in vielem enttäuschte, etwa die Droste hätte zur Kirchenlehrerin erheben können und endlich Meister Eckhart rehabilitieren. 

Götz Kubitschek

29. Oktober 2020 09:29

manchmal sind teile des kommentariats komisch drauf. badeschluß.

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