Monika Maron (3) – Lesen mit dem Stock im Hintern

Vor mir aufgebaut steht das Gesamtwerk Christoph Ransmayrs. Es erscheint bei S.Fischer. Von Maron besitze ich im Vergleich dazu kaum etwas.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Von Chris­toph Rans­mayr alles, wirk­lich alles, und alles ist gründ­lichst, mehr­fach, zig­fach gele­sen, der letz­te Schnip­sel noch. Als Kositza und ich vor einem Jahr eine Idee Bene­dikt Kai­sers auf­grif­fen und unse­ren Autoren und uns selbst die Fra­ge nach lebens­prä­gen­der Lek­tü­re stell­ten, stand auf mei­ner Fün­fer­lis­te ganz oben sofort der Name Rans­mayr. Bloß wel­ches Werk – das wür­de noch zu ent­schei­den sein.

Ich ent­schied mich dann für Die letz­te Welt und schrieb den Bei­trag über die­ses Durch­bruchs­werk Rans­mayrs in andert­halb Stun­den her­un­ter, weil sei­ne Lebens­stim­mung und Welt­erschlie­ßungs­hal­tung mir ins Blut über­ge­gan­gen ist wie sonst kaum eine Lektüre.

Nach­zu­le­sen ist die­ser Text in einem der schöns­ten Bücher, die wir je mach­ten: Das Buch im Haus neben­an ist – an Brad­bu­rys Roman Fah­ren­heit 451 ent­lang­ge­baut – ein groß­ar­ti­ger Beleg für die breit­ge­fä­cher­te Lek­tü­re unse­rer Denk-Sze­ne, die sich eben nicht auf einen Kanon oder einen schma­len Kor­ri­dor fest­le­gen lie­ße. Im Gegen­teil: Es ist so, wie ein gestan­de­ner Rech­ter die Welt sowie­so sieht – viel­ge­stal­tig, leben­dig, schwer zu bän­di­gen, vol­ler Wege, von denen kei­ner weiß, war­um sie, von irgend­wo­her kom­mend, auf­ein­an­der­tref­fen und eine Wei­le parallellaufen.

War­um ist Rans­mayr, was er für mich, den Leser Götz Kubit­schek, ist, und war­um ist er das kei­nes­wegs für Ellen Kositza, wo wir doch bei­de auf der­sel­ben Spur durchs Leben gehen? Kei­ne Ahnung. Bloß eines weiß ich: Daß Rans­mayr nichts dafür kann. Er hat sei­ne Manu­skrip­te mit jedem neu­en Buch wie­der aus der Hand gege­ben, hat getan, was er in Die letz­te Welt am Bei­spiel Ovids und sei­ner Ver­se fest­schrieb: Kei­nem bleibt sei­ne Gestalt – also auch dem Satz, dem Buch, dem Werk nicht. Denn der Leser greift danach.

Was für eine Zugriffs­frei­heit! Was für eine Aus­wei­tung des Raums! Bloß auf eines muß man ach­ten: Von sol­chen wie Richard Käm­mer­lings und Siv Bublitz muß man sich fern­hal­ten, wenn’s um die­se inne­ren Räu­me geht: Die­se Maron-Hin­aus­be­för­de­rer und Säu­be­rungs­er­klä­rer, die­se Typen, die den mora­li­schen Leber­ha­ken zu schla­gen wis­sen – die wol­len der unsicht­ba­ren und uner­find­li­chen Berüh­rung durch genau die­ses Buch oder die­sen Autoren­ton nicht begeis­tert zuse­hen, son­dern wol­len bestim­men, bei wem und wie und wodurch das nicht gesche­hen darf. Sie haben eine so genaue Ahnung davon, daß sie bes­ser zu wis­sen ver­mei­nen als wir selbst, wie wir lesen und wir wir lesen soll­ten. Denn was kann alles furcht­ba­res pas­sie­ren, wenn man Autoren frei­en Lauf läßt und sie nicht ver­ant­wort­lich dafür macht, wer ihre Bücher liest und vertreibt!

Wie ist das jetzt mit Rans­mayr? Sein Werk erscheint seit 1995 im Ver­lag S.Fischer in Frankfurt/Main, ohne Aus­nah­me, und was davor erschie­nen war, ist bei Fischer neu auf­ge­legt wor­den. Ich kann gan­ze Pas­sa­gen in Stim­mung und Wort nach­er­zäh­len, und Kositza schenk­te mir erst vor Mona­ten die von Rans­mayr ein­ge­spro­che­nen Schre­cken des Eises und der Fins­ter­nis als Hör­buch, weil ich sei­ne Stim­me mag, die ganz lang­sa­me und wäh­rend der Rede den Gedan­ken noch ein­mal prü­fen­de, viel­leicht sogar erst zu Ende ent­wi­ckeln­de Art des Erzählens.

Das kön­nen sich die Käm­mer­lingse die­ser Welt nicht vor­stel­len, oder viel­leicht wol­len sie es sich bloß nicht vor­stel­len: daß man so viel liest, daß man tota­le Lek­tü­re treibt. Die­se Leu­te den­ken wirk­lich, man hat einen Schuh­kar­ton auf dem Schreib­tisch ste­hen, dar­in Schmitt, Jün­ger, Geh­len, Moh­ler, sonst nichts und sonst auch nicht viel im Kopf.

Wir hat­ten ja lei­der über die letz­ten sechs Jah­re eine gan­ze Men­ge blin­der Blöd­män­ner in unse­rer Biblio­thek sit­zen, die so ganz offen taten, dann aber nur die Edda ste­hen sahen, und eine Rie­fen­stahl-Bio­gra­phie, und die sich nicht schäm­ten, hin­ter­her in ihren Berich­ten unse­re gefüll­ten Rega­le dar­auf zu reduzieren.

Die­se Sor­te Blöd­män­ner wird ein paar Din­ge nicht mehr kapie­ren: Ers­tens sind wir so frei, wie sie es gern wären. Wir lesen, was wir wol­len, schrei­ben dar­über, wenn wir wol­len, den­ken dar­über nach, wie wir wol­len und las­sen uns von nie­man­dem vor­schrei­ben, an wel­cher Stel­le es bes­ser wäre, so zu den­ken wie alle ande­ren. Unser Ver­hält­nis zur Frei­heit ist fundamental.

Nie­mals wür­den wir ein geis­ti­ges Ein­ge­sperrt­sein von der Art akzep­tie­ren, wie wir es bei unse­ren Streif­zü­gen ins intel­lek­tu­el­le Deutsch­land unse­rer Tage wahr­neh­men müs­sen. Das sind Besu­che wie in Sana­to­ri­en, wie in Inten­siv­sta­tio­nen: asep­tisch, irgend­wie ste­ril, so halt, daß man gleich wie­der raus will, wenn man men­tal unan­ge­krän­kelt ist, raus, auf­at­men und ein Bier öffnen.

Die­se Frei­heit, die­se men­ta­le Unan­ge­grif­fen­heit und die­ser Miß­mut beim Anblick ste­ri­ler Gehir­ne hängt (ich ver­mu­te, Susan­ne Dagen könn­te das unter­schrei­ben) zu einem nicht gerin­gen Teil damit zusam­men, daß wir unser eige­nes Brot essen und des­halb unser je eige­nes Lied sin­gen kön­nen. Kositza und ich sind selb­stän­dig, seit wir uns ken­nen, und pfei­fen auf die Noten, die uns irgend­ei­ner hin­hält, der denkt, er dür­fe das.

Kul­tur, Buch­kul­tur – das sind schüt­zens­wer­te Berei­che, Gemein­schafts­auf­ga­ben, und ich war immer ein strik­ter Befür­wor­ter von Schutz­räu­men, die den Klei­nen vor der über­mäch­ti­gen Kon­kur­renz mit den Gro­ßen abschirm­te. Die Buch­preis­bin­dung ist ein sol­cher Schutz­raum, sie ver­bie­tet ama­zon und ande­ren Gigan­ten, Best­sel­ler zu Dum­ping­prei­sen anzu­bie­ten und dadurch dem klei­nen Buch­händ­ler um die Ecke den letz­ten rest vom Umsatz abzusaugen.

Nie­mals hät­te ich für mög­lich gehal­ten, daß es mit mir ein­mal soweit kom­men wür­de, wie es jetzt gekom­men ist. Ich bin doch auch ein Bücher­mensch und ein Buch­hand­lungs­krabb­ler und fin­de es immer noch toll, eine Buch­hand­lung zu betre­ten oder auf der Buch­mes­se sau­ber aus­ge­ar­bei­te­te Ver­lags­stän­de zu besu­chen. Aber den­noch nun ein Kurs­wech­sel: Ich plä­die­re für eine zehn­jäh­ri­ge Aus­set­zung der Buch­preis­bin­dung und des staat­li­chen Zuschuß- und För­der­sys­tems in den Lite­ra­tur­be­trieb hin­ein. Wer nach die­sen zehn Jah­ren noch auf­recht steht, kann mei­net­hal­ben wie­der geför­dert werden.

Der gan­ze Rest ist dann zum Glück vor die Hun­de gegan­gen, die­se klei­nen und grö­ße­ren Ver­sa­ger­ver­la­ge, die nichts an den Mann brin­gen müs­sen, weil in jedem ihrer Bücher vor­ne­drin so ein Zusatz steht wie “geför­dert von”, “mit freund­li­cher Unter­stüt­zung von”, “Über­set­zungs­zu­schuß” undsoweiterundsofort.

Der gan­ze Lite­ra­tur­be­trieb ist voll­ge­stopft mit Leu­ten, die in typi­scher Geis­tes­wis­sen­schaft­ler­ma­nier um beruf­li­che Bedeu­tung rin­gen und aus­ge­rech­net aufs Ver­le­ger­sein ver­fie­len, obwohl sie weder Phan­ta­sie noch Mut noch Selbst­si­cher­heit oder wenigs­tens irgend­ei­ne ver­le­ge­ri­sche Idee jen­seits von För­der­töp­fen mit­brin­gen. Kraft­lo­se Leu­te, inner­lich her­um­sit­zend, froh über jeden, der im lang­wei­ligs­ten aller Ober­stüb­chen vor­bei­kommt und sich blöd dazu­setzt. Eines aber haben sie drauf: den ange­sag­ten Slang, also die­ses The­men- und Schlag­wort­ge­misch, das einen auf die gute Sei­te der Moral spült, auch wenn man nichts anzu­bie­ten hat als das fünf­hun­derts­te Buch zur sel­ben Rand‑, Opfer‑, Tätergruppe.

– – –

Kositza hat gera­de quer­ge­le­sen und sagt, ich sol­le jetzt auf­hö­ren, mich mit die­sem Quark zu beschäf­ti­gen. Gebe es einen “Fall Käm­mer­lings” (der arme Kerl, Kositza nann­te noch ein paar ande­re Namen, aber die krie­ge ich nicht mehr zusam­men), habe es je einen “Fall Käm­mer­lings” gege­ben? Habe je jemand ein Buch über das wahn­sin­nig span­nen­de Den­ken die­ser Feuil­le­ton­clowns geschrie­ben? Na eben. Außer­dem: Das The­ma sei Maron, jeder war­te jetzt auf Marons nächs­tes Buch, war­te dar­auf, was Suhr­kamp mit Tell­kamp anstel­le, und ich müs­se jetzt den Bogen kriegen.

Also gut, der Bogen: Ich bin der Über­zeu­gung, daß “das Feuil­le­ton”, daß der Lite­ra­tur­be­trieb eine sche­ma­ti­sche, eine das Leben, Den­ken, Mei­nen völ­lig miß­ver­ste­hen­de Wahr­neh­mungs­wei­se aus­ge­bil­det hat. Man kann dort nicht ver­ste­hen, daß Moni­ka Maron auf ihre alten Tage hin so schreibt wie sie jetzt eben schreibt, daß Susan­ne Dagen plötz­lich Bücher ver­legt, die in ande­ren Ver­la­gen so nicht erschei­nen wür­den und daß wir hier lesen und den­ken und mei­nen, ver­le­gen und ver­trei­ben, wie wir wollen.

Die­ses Miß­ver­ständ­nis ist so grund­le­gend und sei­ne Auf­lö­sung wäre so ver­stö­rend, daß es ver­mut­lich bes­ser ist, es bleibt alles beim alten. Es ist gut, wenn S.Fischer Maron nicht zurück­holt, und zwar für bei­de Sei­ten. Kla­re Ver­hält­nis­se, Abna­be­lung: Hier die Leben­di­gen, dort die Hygie­ni­ker, hier der Mut, dort die Anste­ckungs­angst und die geis­ti­ge Mas­ke. Ich will nicht tau­schen. “Wer mutig ist, den bestra­fen die Feig­lin­ge”, schrieb Harald Mar­ten­stein zum Fall Maron. Recht hat er.

Reden will ich mit dem Betrieb sowie­so nicht mehr. Das trägt näm­lich nichts aus. Von dort los­kom­men wird einer bloß, indem er sich abkehrt und sei­ne ein­ge­sperr­te Wahr­ne­hungs­wei­se befreit.

Und damit krie­ge ich den Bogen: Bei Hoff­mann und Cam­pe ist jüngst der neue Roman von Mat­thi­as Poli­ti­cky erschie­nen, Das kann uns kei­ner neh­men. Es ist eine gan­ze Wei­le her, daß ich so gern und ver­sun­ken las. Es geht näm­lich um einen Bücher­mensch, einen Autor, dem das Leben eine tie­fe Wun­de geschla­gen hat. Nun muß er die Sache am Kili­man­dscha­ro abschlie­ßen. Dort trifft er auf den Tschar­li, den es eben­falls hart gebeu­telt hat.

Der Tschar­li ist einer, den man zuhau­se, in Deutsch­land, für einen Rech­ten hiel­te, für einen unge­ho­bel­ten Pegi­da-Ver­ste­her, einen Sexis­ten oder Wut­bür­ger, einen von Ges­tern. Aber er kommt in Afri­ka super zurecht, viel bes­ser als der mit allen Sen­si­bi­li­sie­rungs­vo­ka­beln voll­ge­stopf­te Schrift­stel­ler. Dem gehen so lang­sam die Lich­ter auf, was man so alles ver­paßt, wenn man sich das Leben und das Den­ken von unbe­ru­fe­nen Wäch­tern madig machen und ent­zau­bern läßt. Schlüsselszene:

An der Bar in Stone Town auf San­si­bar legt der Tschar­li dem Ich-Erzäh­ler “ganz vor­sich­tig” sei­ne Hand auf den Unter­arm: “Denkst’ drü­ber nach, wia ma des als Roman ver­bratn könnt?” Ach, ant­wor­tet der Autor, “seit ein paar Jah­ren sei’s schwie­rig gewor­den mit dem Schrei­ben. So vie­le Wör­ter, die man nicht mehr ver­wen­den dür­fe, so vie­le The­men, die einen ver­rückt machen wür­den beim Schrei­ben oder ver­bies­tert… ‘Die sind bei uns nicht so locker drauf wie du!’ ”

In der Tat, die sind hier gar nicht locker drauf, viel­mehr ver­klemmt bis zur Selbst­be­stra­fung. Wenn die Ver­klemm­ten ihren Stock im Hin­tern bloß nicht immer an alle wei­ter­rei­chen woll­ten! Lesen wir also mal den Poli­ti­cky, das ist der­ma­ßen ful­mi­nant, daß er es bis zur nächs­ten Maron brin­gen könnte!

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (33)

Dietrichs Bern

27. Oktober 2020 13:38

Lieber Götz Kubitschek,

nun, ohne die Blödmänner hätte ich mir vermutlich nie Finis Germania bestellt (und manch anderes, u. a. gerade wirklich eines der "schönsten Bücher" die ihr da hinbekommen habt, werde noch einiges davon noch nachlesen).

Und warum ? Weil ich mir von niemandem diktieren lassen will, was ich zu lesen habe.

Bin ich jetzt rechts? Viel wichtiger ist doch, dass die Blödmänner sich so lustvoll gerne ins Knie schießen und Wirkungen erzielen, die sie selbst nicht verstehen. Das ist doch auch eine gute Nachricht.

Ein gebuertiger Hesse

27. Oktober 2020 13:44

"Es ist so, wie ein gestandener Rechter die Welt sowieso sieht - vielgestaltig, lebendig, schwer zu bändigen, voller Wege, von denen keiner weiß, warum sie, von irgendwoher kommend, aufeinandertreffen und eine Weile parallellaufen."

Wahre, toraufschließende Worte - runter wie Öl. Um sowas in sich aufzunehmen (sodaß es einen auf die eigenen Füße stellt), kommen die gescheiten Leute nach Schnellroda, klicken auf SiN.

Gotlandfahrer

27. Oktober 2020 14:42

Fuck all the perfect people

https://www.youtube.com/watch?v=dt9GBafFzjE

Freiburger Stimme

27. Oktober 2020 14:43

Einer der kraftvollsten Texte, die ich in den letzten Zeiten von Kubitschek gelesen habe. Er drückt das aus, was viele von uns in diesen ver-rückten Tagen denken und fühlen.

Eo

27. Oktober 2020 15:49

Die Angepaßten
werden die Angepißten sein --
dann nämlich, wenn der Wind sich dreht.

Seneca

27. Oktober 2020 16:40

Auf zahlreiche weitere „Marons“, lieber GK. Jede Woche sollten Sie einen oder eine „fressen“. Nur so zur unbändig freien Bücherlust. Chapeau! 

Nemo Obligatur

27. Oktober 2020 16:47

@ Freiburger Stimme

"Einer der kraftvollsten Texte, die ich in den letzten Zeiten von Kubitschek gelesen habe. ..."

Geht mir ähnlich. Dachte dabei an das Ernst-Jünger-Zitat (ich glaube, es war aus seiner Rede zum 100. Geburtstag): "Im Wesentlichen habe ich mein Leben als Leser verbracht." Nun kann Lesen nicht die einzige nennenswerte Tätigkeit im Leben eines klugen Menschen sein. Aber ein Buch ist in guten Zeiten Ansporn und Inspiration, in schwierigen Zeiten eine Zuflucht. Vielleicht ist es ja genau das, was die Bratenriecher in den Verlagen und Feuilletons so umtreibt.

Fuechsle

27. Oktober 2020 17:24

Großartig! Ein Text, geistreich und voll Saft und Kraft! Ich schreibe das nicht aus Lobhudelei, (im Schwäbischen ist sowieso "et gschompfa gnug globt!)  sondern weil ich zuletzt ein wenig das Gefühl hatte, daß sich unter uns   - durchaus verständlich -  eine gewisse melancholische Stimmung breitgemacht hat.  Um so mehr freut mich diese Ansage an die mit Subventionen gemästeten, verknöcherten Marionetten des Literaturbetriebs! Glück auf! 

 

RMH

27. Oktober 2020 17:54

Losgelöst vom Text von G.K.:

Grundsätzlich sollte man schon einmal darauf hinweisen, dass Verlage keine Horte der komplett freien Künste sind, sondern Tendenzbetriebe, bei denen die Autoren entsprechend auch eingebunden sind und eben oft nur deshalb bei dem konkreten Verlag sind, weil sie einst auf der entsprechende Linie des Vertrages waren. Es ist jetzt müßig darüber zu diskutieren, wer jetzt die Linie geändert hat, Verlag oder Autor.

Insofern kann ein Verlag schon sagen, mit dir und deiner Meinung nicht mehr, zumal, wenn du offenbar auch noch bei anderen Verlagen herum turnst (kommt bei letzterem Punkt aber auch darauf an, wie viel Exklusivität man sich vertraglich gesichert hat).

Im Fall Maron wird das sachliche "Mit Dir zukünftig nicht mehr" (warum auch immer) aber in dieser typisch Deutschland-im.21 Jhdt.-Art pseudo-moralisch aufgeladen, mit Abschreckungswirkung versehen, als Statement verkauft etc. und - das ist das beste daran - an dem "Skandal" dann letztlich auch noch verdient, weil jetzt sicher mehr M.M. Bücher verkauft werden, als bisher.

Saubere, sachliche Schnitte, bei der beide Parteien fair auseinandergehen, sehen also anders aus. Heuchelei und Empörung beherrschen stattdessen die Szenerie.

Skeptiker

27. Oktober 2020 18:21

@RMH

Ich sehe es ähnlich. Für mich ist es ein künstlich aufgeblähtes Getöse! Ich schätze Monika Maron und auch Judith Hermann als Autorinnen sehr. Ein Verlag steht für ein bestimmtest Programm. Das ist beim Fischer Verlag nicht anders als bei Antaios. Ich finde es geradezu positiv, dass ein Verlag Bücher und Äußerungen eines Autors dahingehend prüft, ob sie zueinander passen. Das unterscheidet Verlage u.a. von Social Media, auf deren Plattformen ungeprüft jeglicher Unsinn verbreitet werden. Fischer Verlag und Autorin haben sich in eine unterschiedliche Richtung weiterentwickelt, sodass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr sinnvoll erschien. 

frdnkndr

27. Oktober 2020 18:32

@Dietrichs Bern

'nun, ohne die Blödmänner hätte... ' auch ich sicher nicht so umstandslos hierher und damit,  wenn auch nicht gleich eine geistige Heimat, so doch zumindest etwas dieser Nahestehendes gefunden - die aktuelle Textreihe von G. K. und hier insbesondere der obenstehende dritte Teil belegt dies erneut und klarer als je zuvor. 

Dietrichs Bern

27. Oktober 2020 19:11

@RMH: Man kann aber doch nicht die Banalität - Verleger und Autor entzweien sich (worüber  auch immer) und gehen deshalb getrennte Wege - als eben banal und normal beschreiben und die obwaltenden Umstände ignorieren.

Welche "Linie" des Verlages sollte denn hier wodurch genau verletzt worden sein?

Warum werden diese Trennungen einseitig als öffentliche Herabsetzungen inszeniert, folgen immer dem "öffentlichen Druck" - mit dem in diesem Lande ausschließlich die machtvollen Akteure von links und ihre Auxilien gemeint sind?

Wieso sollte Empörung (wenigstens die) nicht angebracht sein, wenn auf der einen Seite jede Bemerkung skandalisiert wird - und "Folgen hat,  während auf der anderen das Urteil "das Menschsein verwirkt zu haben" gefeiert wird?

RMH

27. Oktober 2020 20:54

@Dietrich Bern,

bitte nicht falsch verstehen:

Ich habe versucht, einen Normalzustand zu beschreiben, wie er früher einmal war. Verlag = Tendenzbetrieb = kein Raum völlig freier Kunst, sondern Kunst im weiten Sinne des Verlages, zumindest wenn es ein Verlag ist, dem es nicht komplett egal ist, mit was Geld verdient wird. Dass es zum Auseinanderfallen von Verlag und Autor kommen kann, sollte eigentlich ein möglicher und normaler Vorgang sein.

Und jetzt haben Sie wieder Recht: Warum wird sowas mit solchen Anlässen begründet?

Warum wird der Rauswurf mit Schuldzuweisungen inszeniert, obwohl man rein rechtlich und tatsächlich ja noch zusammen arbeitet (1 Buch soll ja noch erscheinen - liest sich nach: Vertrag läuft einfach aus und wird eben nicht verlängert = kein echter Rauswurf), zusammen Geld verdient, welches offenbar dann doch nicht so stinkt.

Für mich ist sowas reine Heuchelei mit dem Ziel, irgendwie eine Ausstrahlungswirkung zu erzeugen (bestrafe einen, erziehe hundert? Bin mir hier nicht schlüssig ...).

Zudem: So viele unabhängige Verlage mit unterschiedlichen Tendenzen gibt es ja nun auch wieder nicht in diesem Land, so dass eine gewisse Wirkung möglich ist.

Mboko Lumumbe

27. Oktober 2020 21:08

Satter Text voller Kraft und Stärke - so muss das!

"Diese Sorte Blödmänner wird ein paar Dinge nicht mehr kapieren: Erstens sind wir so frei, wie sie es gern wären. Wir lesen, was wir wollen, schreiben darüber, wenn wir wollen, denken darüber nach, wie wir wollen und lassen uns von niemandem vorschreiben, an welcher Stelle es besser wäre, so zu denken wie alle anderen. Unser Verhältnis zur Freiheit ist fundamental."

Dieses Wir steht für viel mehr als die Summe seiner Einzelteile, so wie ich mehr bin als die Summe meiner Zellen.

Lotta Vorbeck

27. Oktober 2020 21:43

@Götz Kubitschek: "Wir hatten ja leider über die letzten sechs Jahre eine ganze Menge blinder Blödmänner in unserer Bibliothek sitzen, die so ganz offen taten, dann aber nur die Edda stehen sahen, und eine Riefenstahl-Biographie, und die sich nicht schämten, hinterher in ihren Berichten unsere gefüllten Regale darauf zu reduzieren."

---

Es begann, vor vielen Jahren mit 3sat ... die "blinden Blödmänner" leisteten (unbeabsichtigt) ganze Arbeit, halfen (ungewollt) mit, den Acker zu düngen. Der Verlag mit der Schlange als Firmensymbol und dessen Vertrieb steht, auch ohne das Versandhaus des Jeff Bezos im Rücken.

Und Maron? 

Vielleicht markiert die Causa Maron für die späte Merkel-BRD das, was in der TäTäRä im November 1988 mit dem "SPUTNIK"-Verbot begann ...

 

 

Der_Juergen

27. Oktober 2020 21:47

Ich teile Kubitscheks Bewunderung für die beiden ersten Romane von Christoph Ransmayr, die durch ihr kraftvolle Sprache bestechen. (Die späteren habe ich dann nicht gelesen, da ich damals einfach keine Zeit für Literatur mehr hatte, kann dies aber immer noch nachholen.) Auf "Die letzte Welt" war ich durch eine enthusiastische Rezension im "Spiegel" aufmerksam geworden, verfasst von einem jungen Schnösel, dessen Name mir nicht mehr erinnerlich ist und der sonst vorwiegend durch seine Hetze gegen die Kriegsgeneration auffiel. Mit dieser Buchbesprechung hat er aber den Nagel auf den Kopf getroffen; Ransmayr, schrieb er, habe sich mit "Die letzte Welt" einen Logenplatz in der deutschen Literatur gesichert. 

Simplicius Teutsch

27. Oktober 2020 22:11

Frage: War es nicht @Elvis Pressluft, der vor einiger Zeit an anderer Stelle den Foristen @Skeptiker sinngemäß als Agenten der Gegenseite, der hier im Kommentariat immer wieder Nebelkerzen wirft, bezeichnet hat?

Ich halte das Geschwafel von @Skeptiker für eine FRECHHEIT in diesem Blog, wenn er uns erzählen will: „Für mich ist es ein künstlich aufgeblähtes Getöse! Ich schätze Monika Maron und auch Judith Hermann als Autorinnen sehr...“

Ein „künstlich aufgeblähtes Getöse“ also. Und @RMH, der ach so Objektive und Abwägende, liefert die bräsige Vorlage, um die eliminatorische Energie, die dahinter steckt, herunterzureden als ganz normalen Verlags-Vorgang, - was aber in Wirklichkeit einem existenzvernichtenden >Kauft nicht bei Nazis-Etikett< entspricht (Thor Kunkel in der JF/44 vom 23.10.2020).

Zur Erinnerung, der freiheitlich-demokratische S. Fischer Verlag hat die kalte Trennung mit Fußtritt in die rechte A-Backe von seiner langjährigen, erfolgreichen 79jährigen Autorin damit begründet, dass auch der Verleger Götz Kubitschek ein Buch von Monika Maron vertreibt. Vertreibt! - Sieht man außerdem nicht, dass das viel größere Kaliber diskriminierend und vernichtend auf G. K. und antaios zielt?

@Götz Kubitschek, Monika Maron (2): „... Es steckt dahinter tatsächlich ein Wahn, etwas Wahnhaftes, eine eliminatorische Energie, von der wir aus der Geschichte wissen und die sich stets moralisch und ins beste Gewissen zu kleiden wußte.“

Gracchus

28. Oktober 2020 00:08

Natürlich finde ich, das ist ein starkes Stück, das sich S. Fischer da geleistet hat, und ich verstehe anders als der Skeptiker oder RMH nicht, wieso ein Verlag irgendeine politische Linie vorgeben sollte. Zählen ästhetische Kriterien gar nicht mehr? Siv Bublitz habe ich bei einem Seminar mal referieren gehört, ich glaube über Marketing, ich habe sofort abgeschaltet, und würde Siv Bublitz Hanna Müller heißen, würde ich mich gar nicht mehr daran erinnern. Jedenfalls kommt mir das wie Marketing-Moral vor. 

Trotzdem: Meine Empörung hält sich in Grenzen. Entweder weil ich schon zu abgestumpft bin oder weil ich keine Lust habe, in den Empörungs-Modus zu schalten. Maron wird bestimmt einen neuen Verlag. Auf lange Sicht schadet es eher S. Fischer. Große Verlagshäuser zeichnen sich dadurch aus, ganz unterschiedliche Geister unter einem Dach zu vereinen.

Gracchus

28. Oktober 2020 01:09

Zu blöd, was man so hört, zu blöd, um's zu kommentieren. Ist es Ironie, Parodie, Sarkasmus, dass Kubitschek nun die totale Lektüre ausruft - statt den totalen Krieg, wie man's ja aufgrund der denunziatorischen Zuschreibungen ("völkisch", "rassistisch") erwarten sollte? Mir will aber auch weder in Herz noch Kopf, weshalb man sich solche geistigen Scheuklappen anlegen lassen sollte. 

Von Monika Maron habe ich noch kein Buch gelesen, und ich habe es auch nicht vor. Für mich klingt das literarisch wenig aufregend. Wer anderer Meinung ist, bitte melden! Es kann sich da bei mir um ein Voruteil handeln. Ich fände es aber viel interessanter, darüber zu diskutieren. Was macht Ransmayr zu einem großen, herausragenden Autor? 

 

 

Gracchus

28. Oktober 2020 01:17

Für Kositza: Ransmayr ist vom Sternzeichen "Fische" (sogar in "Wels" geboren). Meine These: Die meisten guten Autoren findet man beim Sternzeichen "Fische" (z. B. Ransmayr, Hermann Lenz), "Krebs" (Proust, Kafka) und "Skorpion" (Dostojewski, Musil). 

RMH

28. Oktober 2020 07:21

@S. T.,

jetzt schieben Sie mir aber einiges unter - ich habe auf einen Normalzustand hingewiesen, der hier gerade nicht eingehalten wurde (siehe letzter Beitrag, siehe meine Beiträge zu den anderen Maron-Artikeln). Jede Zeitung hat einen Inhaber (A.H.), dass gilt gerade auch für Verlage. Und wer diese Tatsache nicht sehen will, der ist freiwillig blind. Den juristischen Fachbegriff "Tendenzträger oder -betrieb" mögen manche nicht kennen. Er ist aber sehr alter Teil der Rechtsordnung, insofern ist auch der Begriff von "freien Medien" (für die dann auch noch irgendwelche Kongresse abgehalten werden) falsch, da kein Medium frei oder gar beliebig ist. Es gibt staatsnahe und staatsferne Medien, aber alle haben Inhaber. Und damit 

RMH

28. Oktober 2020 07:21

@Gracchus

"wieso ein Verlag irgendeine politische Linie vorgeben sollte. Zählen ästhetische Kriterien gar nicht mehr?"

Ein Verlag MUSS oder SOLLTE gar nichts, er DARF aber und das ist das Entscheidende, was auch gut so ist. Nehmen Sie bspw. den Kopp-Verlag. Da ist eine klare Linie erkennbar, bei dem ästhetische Kriterien jedoch NULL zählen.

Nehmen Sie den Antaios Verlag, auch hier ist eine Linie zu erkennen, aber ästhetische Kriterien zählen eine große Rolle, da die Inhaber eben selber bekennende Literaturfans und keine reinen Geschäftemacher (wie Kopp) sind. Und es ist auch gut, das Inhaber von Verlagen etwas zu melden haben, Autoren lektorieren, sich ein Verlagsprogramm geben etc.

Und noch ein Punkt zu S. Fischer: Es hat noch nie genügt, Recht zu haben. Selbst im Recht kann man menschlich und politisch dennoch unter aller S... sein. Wünsche dem Verlag noch gute Geschäfte am Maron "Skandal", der keiner wäre, wenn man es nicht politisch durch den Fingerzeig auf Dagen/Antaios/Kubitschek aufgeladen hätte.

Monika

28. Oktober 2020 10:44

Der neue Roman von Monika Maron ist doch bereits geschrieben: 🤪😜

Die aparte Verlegerin eines renommierten Verlages, die Vierteljüdin Liv Bubis, ist angeödet von ihrer  aseptischen, verklemmten Dauerbeziehung zu Artur, einem veganen, frühpensionierten Geschichtslehrer und animal triste.  Auf der Suche nach literarischen Talenten begegnet sie auf der Frankfurter Buchmesse dem kernigen, mutigen Kleinverleger Ranz Götzmayr. Sie verliebt  sich Hals über Kopf in den völkischen Schöngeist. Dieser zeigt ihr auf einer Lesereise „Deutsche Orte“, bedeutende „Stätten, an denen die Deutschen zu einer Schicksalsgemeinschaft geformt wurden.“ Am Kyffhäuser kommt es zur schicksalhaften Begegnung mit dem sensiblen, blauäugigen Freund Ranz‘, genannt Bernd. Livs bisheriges Geistesleben gerät ins Wanken.  Zuviel sei hier aber nicht verraten. Erschienen ist das neue Buch Marons im Loki Verlag. 

Waldgaenger aus Schwaben

28. Oktober 2020 10:47

Texte laufen Gefahr durch zuviel Überarbeiten glatt poliert und damit langweilig zu werden. Dieser Gefahr ist dieser ausdrucksstarke Text, in dem die Emotionen des Autos sichtbar bleiben, entronnen. Rechtschreibfehler wie  "Wahrnehungsweise" können hier fast schon als Stilmittel durchgehen.

1/2

Waldgaenger aus Schwaben

28. Oktober 2020 10:48

2/2

Zum Inhalt:

in einem achgut Artikel wurde Trump als kreativer Zerstörer des Kartells aus Medien, Politik und Großindustrie gewürdigt, dem leider zwei massive Fehler unterlaufen sind: Sein Versagen in der Corona-Pandemie (selbst wenn seine Politik richtig sein sollte, verkaufen konnte er sie nicht) und der Verzicht auf Zerschlagung der (digitalen) Medienkonzerne. Vermutlich hat er sich letzteres für die zweite Amtszeit vorgenommen.

Mit Zerschlagung meine ich gewiss nicht die Verstaatlichung oder Zensur. Am Bespiel des S.Fischer-Verlags: der gehört zur Holzbrinck-Gruppe, die wiederum nur ein Drittel des Umsatzes aus dem Verlagsgeschäft erzielt, der Rest sind Wissenschaft und Bildung (Lehr- und Schulbücher!) . Zum Geschäftsbereich gehören Sachbuch, Zeitung (die Zeit!) und Belletristik. Die Vermutung, dass Belletristik und Zeitung aus den anderen Bereichen querfinanziert werden ist nahe liegend.

Und hier bin ich radikaler als G.K.:

Der Konzern gehört zerschlagen: Belletristik und Zeitung sollen sich als jeweils eigenständige wirtschaftliche Einheiten selbst finanzieren. Dann würden sie es sich nicht leisten können, Erfolgsautoren den Stuhl vor die Türe zu stellen und ein Heer unproduktiver Geisteswissenschaftler durchzufüttern.

Lumi

28. Oktober 2020 12:52

Vor 30 Jahren gab es einen Literaturstreit, von dem ich ein paar Jahre später erfuhr. Ein geistiges Blätterrauschen, ein Aufruhr im Feuilleton. Es ging erst nur um die Literatur der DDR, aber dann auch um jene der BRD. Ein Nachtreten gegen die Kultur der DDR und ihre Sympathisanten durch Besserwessis und ihre Mohren. Dabei schrieb ein Ulrich Greiner in der ZEIT diesen Artikel:

Die deutsche Gesinnungsästhetik - 2.11.1990

https://www.zeit.de/1990/45/die-deutsche-gesinnungsaesthetik

Das Wort verstand ich damals nicht. Zwar hielt ich mich für ästhetisch durchaus sensibel, wußte aber nicht genau, was unter einer Gesinnung zu verstehen sei. Mir war auch nicht bewußt, daß ich bereits eine hatte, geformt durch Schule und Massenmedien. Vielmehr wähnte ich mich frei von jeglicher Gesinnung, da ja das Wort keinen allzu guten Klang hatte.

Etliche Jahre später kollabierte die anerzogene Gesinnung, indem ich erkannte, daß sie fundamental auf Lügen beruhte - auf BRD Grundlügen. Erst durch ihren Kollaps offenbarte sich mir die bis dahin unreflektierte Gesinnung. Fast wie ein Erwachen aus der Matrix.

Da fiel mir auch das nie richtig verstandene Wort von der Gesinnungsästhetik wieder ein. Glasklar stand es im Raum und erklärte mir kaltweiß strahlend die eigenartig langweilige und dröge BRD Kulturwelt.

Gesinnungsästhetik war nicht nur bis zum Mauerfall quasi pandemisch. Sie ist es bis heute, nach dem, was ich mitkriege, politkorrekt wuchernd, jedes Jahr ärger und kränker.

Monika

28. Oktober 2020 13:04

Im Ernst 😑 

Von Monika Maron habe ich seinerzeit nur „Flugasche“ gelesen. Und dies als eher politischen Text mit seiner Kritik an der Umweltpolitik der DDR ( besser: Nichtumweltpolitik). Monika Maron als erste Grüne der DDR sozusagen. Ihr Buch „Animal triste“ fand ich dann eher triste und ich habe die folgenden Bücher nicht mehr gelesen. Von großen Verlagen erwarte ich eigentlich keine dissidente Literatur. Dafür gibt es kleine, feine Verlage. Die Reihe EXIL finde ich schon wieder interessant. Eine exilierte  Maron würde ich lesen. Nur selten wird dissidente Literatur zum großen Verkaufserfolg. Und doch stoßen auch große Verlage auf kleine Schätze, der Fischer Verlag brachte 1979 den ersten Lyrikband von Wolfgang Hilbig „Abwesenheit“ raus. Wer weiß, ob man von diesem Autor sonst je was gehört hätte.

http://www.planetlyrik.de/wolfgang-hilbig-abwesenheit/2010/12/

limes

28. Oktober 2020 13:58

@ Skeptiker findet es »geradezu positiv, dass ein Verlag Bücher und Äußerungen eines Autors dahingehend prüft, ob sie zueinander passen. Das unterscheidet Verlage u.a. von Social Media, auf deren Plattformen ungeprüft jeglicher Unsinn verbreitet werden.«

Diese Gegenüberstellung berücksichtigt nicht Verflechtungen von Verlagen, auf die @ Waldgänger hinweist, und auch nicht orchestrierten Einsatz von SM. Undurchsichtige Verflechtungen von Politik und Medien aber sind die schlimmsten Feinde der Demokratie!

Der unabhängige Publizist Roland Tichy (»Tichys Einblick«, kurz TE) schrieb beispielsweise 2019 über »Zeitungen, auf die die SPD heimlich und indirekt Einfluß nimmt« und sah sich umgehend genötigt, den Beitrag zu löschen: »TE verfügt nicht über die Ressourcen, um mit diesem machtvollen Gegner presserechtliche Auseinandersetzungen zu führen.« Tichys Fazit: »Pressefreiheit ist die Freiheit sehr reicher Organisationen und Personen.«

Auch bei den SM kann man Einflussnahme beobachten. »Influencer« wie »Rezo« entfalten ihre Wirksamkeit in einem verflochtenen System, das für Otto Normalrezipient ein Buch mit sieben Siegeln ist. Glauben Sie, dass politische Vlogs »ungeprüft« von Verlagen gepusht werden?

Simplicius Teutsch

28. Oktober 2020 20:29

@RMH

Ich habe überhaupt kein Problem mit der Tatsache, dass Publikationsorgane, wie Zeitschriften, Buchverlage bzw. deren Redaktionen, eine ideologische oder sonstige sachliche bzw. kulturelle Richtung vertreten und bevorzugen. Auch Tageszeitungen billige ich ihre Redaktionslinie zu. So wie ich grundsätzlich nichts gegen Parteizeitungen habe, außer dass sie vielleicht langweilig sind.

Aber der Fall Monika Maron zeigt mir – diese Vernichtungsabsicht muss man doch als Rechter geradezu spüren! - weit über eine „normale“ verlegerische Redaktionslinie hinausgehend in aller offenen Krassheit die „eliminatorische Energie“ der linken Zivilgesellschaft. Da ist der linke Hygienewahn am Werk; wozu diesmal auch der Fischer Verlag seinen Beitrag leistet.

Da wird ein lächerlicher Anlass (Vertrieb eines Buches bei antaios) hergenommen, um öffentliches Mobbing gegen M. Maron und gegen antaios zu betreiben. Es ist eine zivilgesellschaftliche Säuberung, bei der es darum geht, Gesinnungsabweichler, Leute des rechten Spektrums, zu benennen, zu stigmatisieren und auszuschalten.

Oder bin ich jetzt ein Verschwörungstheoretiker?

 

Gracchus

28. Oktober 2020 22:50

@RMH

Der S. Fischer-Verlag kann tun, was er will. Ich empöre mich ja nicht. Aber S. Fischer ist auch kein Nischen-Verlag oder Agit-Prop-Verlag, sondern hält sich ein gewisses intellektuelles Niveau zugute, das mit der jetzigen Begründung gnadenlos unterboten wird. Auch wenn nun Ingo ("Scheisshausliteratur", Peter Handke) Schulze Siv Bublitz sekundiert. Und im Bereich "Belletristik" sollten nun mal primär ästhetische Gründe zählen, ob man ein Buch bringt, wenn man einen Anspruch wie S. Fischer hat (natürlich zählen realiter auch monetäre - aber mit den Bestsellern werden dann schwere Brocken quersubventioniert). 

Nun scheinen die ästhetischen Gründe, Maron zu verlegen, überschaubar, wie auch @Monika bestätigt. Der erwähnte Wolfgang Hilbig ist wiederum ein ganz anderes Kaliber. Just der, erinnere ich mich, hat einem seiner Werke als Motto ein Davila-Zitat vorangestellt. Skandal! 

Waldgaenger aus Schwaben

29. Oktober 2020 08:32

Die Standard Oil Company hatte eine marktbeherrschende Stellung im Ölgeschäft. Sie wurde 1890 per Gesetz in 34 Einzelfirmen zerlegt. Der Bedarf an Erdöl stieg mit Beginn der Automobilisierung rapide an.

Eine ähnliche Zerschlagung der Big Five ( Google (Alphabet), Amazon, Facebook, Apple und Microsoft) ist schon lange überfällig. Diese haben u.a.  eine marktbeherrschende Stellung in der Berichterstattung, die maßgeblich der Meinungsbildung dient.

Möge Trump gewinnen und es angehen!

 

links ist wo der daumen rechts ist

4. November 2020 02:59

Bergsteiger und Waldgänger - Helden? 1

 

Noch knapp vor Torschluß und zu später Stunde (manche Nächte durchwacht man, wenn nebenan ein Familienangehöriger der Pflegestufe 3 liegt) ein paar Gedanken zu Ransmayr, ehe wir alle wieder gezwungenermaßen in die Schlacht gegen den "Islamismus" ziehen müssen...

Als Ransmayr und Reinhold Messner vor geraumer Zeit im Heeresgeschichtlichen Museum eine gemeinsame Lesung hatten, mußte ich die ganze Zeit daran denken, an wen mich diese Konstellation erinnerte. Dann war es klar: Ernst Jünger und Luis Trenker auf einem Podium. Über Trenkers Intellektualität kann man die Nase rümpfen (selbstverliebt sind beide Bergsteiger), aber zwischen der Doppelbödigkeit von "Morbus Kitahara" und "Marmorklippen" gäbe es mehr als eine Parallele.                                                                  Und Waldgänger und Bergsteiger haben auch nicht wenig gemeinsam.                                Dazu die relative Abgehobenheit Ransmayrs, der seine Karriere fast generalstabsmäßig plante und umsetzte.

 

links ist wo der daumen rechts ist

4. November 2020 03:01

Bergsteiger und Waldgänger - Helden? 2

 

Zudem erzählt Ransmayr als einer der letzten Schriftsteller von Rang Heldenepen, mögen sie auch das ganze Spektrum der Gebrochenheit von Ovid in seiner Verbannung bis zu Reinhold Messner in seinem Schmerz über den Tod seines Bruders durchlaufen.
Am gelungensten hat er das für mich in seinem Romanerstling vermocht.
Frauenliteratur scheint es jedenfalls nicht zu sein.

Zu all dem gäbe es noch viel zu sagen, aber die durch die maledetto Zeichenbeschränkung erzwungene Zerteilung der Texte ...