Sie sucht laut Eigenerklärung neue stabile Beziehungen in Europa und zeigt sich dabei auf ganz neuen Pfaden: Man trifft auf sie bei der CDU in Berlin.
»Conte wird fallen, aber das Centrodestra ist noch nicht bereit«, meint der Mann, der für Matteo Salvinis LEGA an einer möglichen Regierungskoalition arbeitet: Giancarlo Giorgetti. LEGA-Vize und im Kabinett Conte I Staatsekretär des Ministerrats.
Wie nun mehrere italienische Tageszeitungen, darunter die renommierte La Repubblica, berichten, traf sich Giorgetti im Herbst mit Vertretern der CDU in Berlin. Bereits seit einiger Zeit arbeitet Giorgetti an einer Aussöhnung mit der Europäischen Volkspartei (EVP), in der die Union aus CDU und CSU, als letzte große christdemokratische Kraft in Europa, nach wie vor führend ist.
Ausgerechnet dort, im Herzen des EU-Establishments, möchte sich die LEGA als stabile und vertrauenswürdige Kraft präsentieren. Als Wegmarke auf diesem Pfad der Annäherung ist italienischen Medien zufolge ein Arbeitspapier in Entstehung, das sich mit Ideen eines Neustarts der durch die Coronakrise gebeutelten europäischen Wirtschaft befaßt.
Es gehe um den Umgang mit Schulden sowie um den vereinfachten Zugang für kleine und mittlere Unternehmen zu Unterstützungsgeldern. Diese kleinen und mittleren Unternehmen sind nicht nur das Rückgrat der italienischen Wirtschaft, sondern zuletzt auch in Sachen Wahlpräferenz eine wichtige Stütze der LEGA.
In Berlin traf sich Giorgetti nach Medienberichten mit mehreren Vertretern der CDU, unter anderem mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Marian Wendt aus Sachsen, Vorsitzender des Petitionsausschusses und Mitglied der Deutsch-Italienischen Parlamentariergruppe.
Für CDU und CSU sei es wichtig, daß »die Lega die Absicht zeigt, tatsächlich eine Partei der Mitte zu werden, daß sie aufhört mit der populistischen und antieuropäischen Rhetorik der vergangenen Jahre, insbesondere hinsichtlich der Zuwanderung«, äußert sich Wendt gegenüber Repubblica.
Auf verschlossene Türen stoßen Giorgetti und die LEGA also keineswegs. Die LEGA sei eine Partei, die in einigen Regionen Italiens seit Jahrzehnten erfolgreich regiere, so Wendt weiter väterlich, wenngleich es bis zu einem Wechsel der LEGA in die Fraktion der Europäischen Volkspartei, so Wendt nur ein wenig tadelnd, noch »ein weiter Weg« sei.
Nominell wählt Italien erst 2023 eine neue Abgeordnetenkammer. An ein Durchhalten der jetzigen Regierungskoalition, die laut Giorgetti nur durch eine »günstige Sternenkonstellation« noch stehe, glaubt auf der Halbinsel indes niemand ernsthaft.
Giancarlo Giorgetti ist ein mächtiger Strippenzieher. Ein über die Parteigrenzen hinweg geschätzter Politikprofi, der seit über einem Vierteljahrhundert im Parlament sitzt. Giorgetti weiß, welche Hindernisse einer rechten Regierung drohen, insbesondere auch auf europäischer Ebene.
»Wenn man Regieren will, dann bedarf es eines Systems starker und stabiler internationaler Beziehungen. Und die befinden sich im Entstehen.« Mit diesen Worten wurde Giorgetti bereits 2019 in der 93. Sezession (vergriffen!) zitiert. Galt solch eine Wende vielerorts noch als völlig abwegig, immerhin dementierte Salvini persönlich dieses Manöver erst im September 2020, so arbeitet Giorgetti nun doch daran, sich diese stabilen Beziehungen zu schaffen, um der LEGA als zukünftig führender Regierungspartei den Rücken gegen Angriffe aus Brüssel und Straßburg freizuhalten.
Ein gewagtes Vorgehen, das in den eigenen Reihen und rechts der italienischen »Mitte« nicht überall gut ankommt. In einer etwaigen Mitte-Rechts-Regierung befände sich eine moderatere LEGA dann zwischen der generisch eher christdemokratischen Forza Italia einerseits und der klassischen Rechtspartei der Fratelli d’Italia andererseits wieder (die ihrerseits gewisse Eskapaden hinter sich hat, was die Zugehörigkeit zu anderen Parteien betrifft).
Die dezidiert rechten »Brüder Italiens« um die ehemalige Jugendministerin Giorgia Meloni, bei den letzten großen Wahlen im März 2018 mit 4 Prozent noch Kleinpartei, stehen in Umfragen mittlerweile bei 17 Prozent, Tendenz steigend, während für die LEGA derzeit noch rund 24 Prozent prognostiziert werden, Tendenz fallend.
Einerlei, ob Giancarlo Giorgettis waghalsige Wende in die Mitte und in Richtung Angela Merkels EVP aufgeht: In Italien weiß man, daß rechts der Mitte Millionen Stimmen zu holen sind – und auch von anderen geholt werden, wenn man sie selbst nicht mitnimmt. Giorgetti sieht jedoch auch hinsichtlich seines derzeitigen Parteichefs Änderungsbedarf. Salvini habe seinen außerordentlichen politischen Erfolg auf Fundamenten gebaut, die außerhalb der Palazzi, den Regierungspalästen, liegen, nämlich auf der Straße und in den sozialen Medien.
Dies treibe ihn jedoch dazu, den politischen Vorgängen und Manövern, wie sie in eben jenen Palazzi eingefädelt werden, nicht zu trauen. Um Italien zu regieren, brauche es jedoch »Bündnisse und Glaubwürdigkeit«.
»Es reicht eben nicht, bloß eine große Wählerzustimmung zu haben. Den hatte die PCI [die Kommunistische Partei Italiens, Anm. d. Verf.] auch, aber niemals hat man die auch nur in die Nähe des Regierens gelassen«, äußerte sich Giorgetti, der Machtstratege, gegenüber der Tageszeitung Corriere della Sera. Ob Giorgetti seine Parteifreunde und zukünftige Koalitionspartner darauf einzuschwören weiß, steht offen.
Mit Widersprüchen kennt man sich jedenfalls auch bei der LEGA bestens aus. Nicht selten muß sie sich in Italien selbst von linker Seite »antiitalienische« Politik vorhalten lassen, denn in Brüssel und Straßburg sitzt die LEGA (noch) am Tisch der »Herren des Nein« (Signori del no), den europäischen Rechtspopulisten der Fraktion Identität und Demokratie (ID), aus deren Reihen immer wieder mit schrillen Ausfällen in Richtung der Südeuropäer hantiert wird, insbesondere hinsichtlich Währungs- und Schuldenfragen.
Aber, so stellt auch der Kommentator der Repubblica richtigerweise fest: Am Tisch der nordeuropäischen Neinsager zu sitzen, das ist das eine. An den Tisch der wirklichen Entscheider des einstmals befehdeten EU-Apparats, der EVP, zu wechseln: Das ist etwas ganz anderes.
Die Rechtsparteien stehen also einmal mehr am Scheideweg – zweifelsohne nicht nur in Deutschland.
Gustav Grambauer
Es kommt ja in diesen Tagen im Zusammenhang mit DOMINION heraus, daß die CDU offenbar über Jahrzehnte ihre Siege über massiven Wahlbetrug eingefahren hat. Warum hat diese Kabale die CDU und nicht z. B. die SPD so enorm favorisiert?
Meine Antwort: Grund dafür dürfte ein einziger Buchstabe sein. Es gibt ja das Renkink der wertvollsten Marken, analog dazu ist die Marke CDU unbezahlbar - wegen des heute unwiederbringlichen "C", auf seine Art so kostbar wie der biblische Apfel von Apple. Mit der in diesem "C" liegenden Verhöhnung dürfte diese Partei erst ganz am Anfang ihrer Kometenbahn stehen, an die sich noch ganz andere dranhängen werden.
- G. G.