In den sechziger Jahren war er maßgeblich in der Friedensbewegung aktiv und arbeitete als Redakteur für eine anarchistische Zeitung.
Er war als Biobauer tätig und kandidierte zunächst für »De Groenen«, dann für »GroenLinks«. Eins seiner Bücher, Einleitung ins provozierende Denken, wurde mehrmals auch in deutscher Sprache aufgelegt.
2008 zog sich van Dujin aus dem Politikgeschäft zurück, um als Therapeut zu arbeiten. Aus Gründen, die nicht vollends deutlich werden, hat er sich nun unter erheblichem Rechercheaufwand (559 Fußnoten!) auf die Spuren der wohl bekanntesten niederländischen Nationalsozialisten Julia Op ten Noort (geb. 1919 in Amsterdam, gest. 1994 in Fulda) begeben. Gewidmet ist das Buch »allen Freund*innen Julias, die dachten, sie gut zu kennen, aber die Gefahr, daß auch ein Mensch mit einem vielleicht guten Charakter zum Instrument einer giftigen Ideologie werden kann, nicht erkannten.« Eine Widmung an bereits Verstorbene, vermutlich.
Van Dujin macht keinen Hehl aus seiner Faszination für jene Frau, die sich mit Mitte dreißig nach langer Leidenschaft für die »Lehre vom germanischen Blut« ein Kind zeugen ließ, dessen Vater gerüchteweise Heinrich Himmler war. In holpriges Deutsch übersetzt liest sich das so: »Julia war aufreizend, anziehend und kreativ. Sie suchte fieberhaft nach dem höchsten Standard menschlichen Zusammenlebens. Als junge Frau verband sie sich mit Haut und Haaren mit zwei unerhörten Projekten der Nazis: der Vernichtung der einen und der Erschaffung einer neuen, vermeintlich überlegenen Menschenrasse.«
Mit einer beispiellosen Akribie (bis hin zur Berechnung ihrer mutmaßlich »fruchtbaren Tage«) untersucht der Autor jede Wegmarke im Leben dieser dunkelhaarigen, großen, blauäugigen Adeligen, die Anfang der dreißiger Jahre als tiefgläubige Christin für die evangelikale »Oxford-Gruppe« (später: »Moralische Aufrüstung«; in Utrecht trafen sich 1937 100 000 Glaubensstreiter unter diesem Banner) Missionstätigkeiten unternahm. 1934 lernte sie bei einer solchen Bekehrungstour in Breslau (Roel van Dujin: »Oberschlesien«) Himmler kennen: »Der esoterische SS-Chef wurde nicht zum Christen und die Evangelistin ließ sich zu einer germanischen Rassistin bekehren.« 1938 folgte die Baroness dem Impuls der Reichsfrauenführerin Gertrud Scholtz-Klink, eine niederländische Organisation nach dem Vorbild der NS-Frauenschaft zu gründen, ohne dann allerdings selbst den Vorsitz dieser »Nationaal Socialistische Vrouwen Organisatie« einzunehmen, die bis 1941 auf 6500 Mitglieder anwachsen sollte. Die verzwickte Geschichte rund um Zeugung und Geburt des Sohnes Heinrich im Februar 1944 im Lebensbornheim Steinhöring / Oberbayern (Julia an ihren Bruder: »… nach Heinrich I, dessen Blut er trägt, und nach dem lebenden Vorbild des Reichsführers«) wäre Stoff für die Gala oder die Bunte – zumal auch dieses Buch mit einer Fülle an Photographien auftrumpfen kann.
Eine Vaterschaft Himmlers hält übrigens van Dujin nach realistischer Auswertung aller Indizien für äußerst unwahrscheinlich. Streng genommen war »Julia« nicht einmal »Himmlers Muse«. Nach dem Krieg wurde Julia Op ten Noort wegen Kollaboration zu zweieinhalb Jahren verurteilt, von denen sie 15 Monate absaß. Nach dem Krieg leben Mutter und Sohn in Deutschland. Die Nationalsozialistin bekehrt sich 1972 zum Hinduismus, 1980 zum Buddhismus. Ihren Sohn wird sie um 14 Jahre überleben.
Roel van Duijn: Himmlers holländische Muse. Die zwei Leben der Baroness Julia Op ten Noort, Stuttgart: Schmetterling Verlag 2020. 340 S., 22.80 € – hier bestellen.