Manfred Paulus: Menschenhandel und Sexsklaverei

Eine Rezension von Franziska Kunc

Kri­mi­nal­haupt­kom­mi­sar a. D. Man­fred Pau­lus schöpft aus sei­ner jahr­zehn­te­lan­gen Tätig­keit im Ermitt­lungs­be­reich Men­schen­han­del und Rot­licht­kri­mi­na­li­tät. Sein Buch liest sich über Stre­cken wie ein Kri­mi, erzeugt aber auf­grund sei­ner Authen­ti­zi­tät ech­te Betroffenheit.
Es ist eine unor­tho­do­xe Arbeit: Pau­lus ist deut­lich ein Mann der Pra­xis. Zita­te (und es gibt sei­ten­lan­ge Repor­ta­ge­ein­schü­be aus frem­den Federn) wer­den nicht kennt­lich gemacht, es gibt nur einen gro­ben »Quel­len­ver­weis« am Ende. Pau­lus gen­dert sei­ne Prot­ago­nis­ten nur gele­gent­lich, was ähn­lich sym­pa­thisch ist wie sei­ne Rede von »NRO« statt »NGO« (für Nichtregierungsorganisationen).
Pau­lus ist aus­ge­wie­se­ner Exper­te für weiß­rus­si­schen (sic) Men­schen­han­del (Weiß­rus­sin­nen gel­ten nicht nur als beson­ders »attrak­tiv«, sie sei­en auch geschicht­lich bedingt »genüg­sam, lei­dens­fä­hig und opfer­be­reit« und naiv gegen­über der west­li­chen Welt), aber er beschreibt eben­so ein­drück­lich die jewei­li­gen Gege­ben­hei­ten in Mol­dau, Bul­ga­ri­en, Rumä­ni­en, Alba­ni­en und Ser­bi­en. In der Ukrai­ne, wo Pro­sti­tu­ti­on wie fast über­all »eigent­lich« ver­bo­ten ist, schie­ßen seit eini­ger Zeit in Kiew, Donezk und Odes­sa Bor­del­le »wie Pil­ze aus dem Boden«. 90 Pro­zent der in Deutsch­land täti­gen Huren sind Ausländerinnen. 

Einen kur­zen Schwenk unter­nimmt Pau­lus nach Afri­ka: Er schil­dert, wie Frau­en dort mit­tel »Juja«, einem Voo­doo-Zau­ber, gefü­gig für die Arbeit in Euro­pa gemacht war­den. Die »Juja«-Hexen sind para­do­xer­wei­se meist ehe­ma­li­ge Pro­sti­tu­ier­te. Von der Geschich­te der Pro­sti­tu­ti­on und Zuhäl­te­rei über die kon­kre­ten Abläu­fe des Men­schen­han­dels (es geht hier nicht aus­schließ­lich um »sexu­el­le Dienst­leis­tun­gen«, son­dern auch um ande­re Zwangs­ar­beit) bis zu wirk­sa­mer Prä­ven­ti­ons­ar­beit und Inter­views mit selbst­er­nannt frei­wil­li­gen Pro­sti­tu­ier­ten ent­hält die­ses Buch alles, was man zur Fra­ge soge­nann­ter frei­wil­li­ger Pro­sti­tu­ti­on wis­sen muß – mehr rea­lis­tisch denn dezi­diert brandmarkend.

Man­fred Pau­lus: Men­schen­han­del und Sex­skla­ve­rei. Orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät im Rot­licht­mi­lieu, Wien: Pro­me­dia 2002. 200 S., 19.90 € – hier bestel­len.

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