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PDF der Druckfassung aus Sezession 94/Februar 2020

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

In den Pla­nungs­ge­sprä­chen zu die­sem The­men­heft ging es in der Redak­ti­on auch dar­um, ob es einen rech­ten Lese­ka­non gebe und, wenn ja, wie die­ser sich zusam­men­set­ze. Hin­ter sol­chen Fra­gen steckt die Über­zeu­gung von der for­men­den Kraft einer bestimm­ten, bewähr­ten Lektüre:
Man lernt von rechts her wahr­zu­neh­men und aus rech­ter Sicht zu urtei­len, indem man die Grund­la­gen die­ser Denk­rich­tung stu­diert. Des­halb hat das Insti­tut für Staats­po­li­tik mit dem zwei­ten Band des Staats­po­li­ti­schen Hand­buchs, den Schlüs­sel­wer­ken, einen sol­chen Kanon vor­ge­legt, vor genau zehn Jah­ren. Ein paar Titel wür­den wir mitt­ler­wei­le strei­chen, ein
paar neue Bücher auf­neh­men, aber ins­ge­samt dür­fen wir sagen: Das liegt vor, das ist eine Handreichung.

In die­sem Buch fin­den sich die »Haus­hei­li­gen«, also Arnold Geh­len, Mar­tin Heid­eg­ger, Ernst und Fried­rich Georg Jün­ger, Kon­rad Lorenz, Armin Moh­ler, Fried­rich Nietz­sche, Carl Schmitt, Oswald Speng­ler und Max Weber. Aus den Rei­hen der Kon­ser­va­ti­ven Revo­lu­tio­nä­re zusätz­lich: Hans Frey­er, Edgar Juli­us Jung und Arthur Moel­ler van den Bruck.

Dann die Rie­ge, die wir Sieb­zi­ger­jahr­gän­ge noch ken­nen­ler­nen konn­ten: Hans-Joa­chim Arndt, Hell­mut Diwald, Robert Hepp, Gerd-Klaus Kal­ten­brun­ner, Ernst Nol­te, Cas­par von Schrenck­Not­zing und Ber­nard Will­ms. Von den Rene­ga­ten: Hans-Diet­rich San­der, Rolf Peter Sie­fer­le und Gün­ter Maschke, und von denen, die noch rege publi­zie­ren: Alain de Benoist, Peter Slo­ter­di­jk, Jörg Fried­rich, Thi­lo Sar­ra­zin, Ste­fan Scheil und Karl­heinz Weiß­mann (und zu die­ser Grup­pe gehö­ren mitt­ler­wei­le auch eini­ge jün­ge­re Sezes­si­on-Autoren.) Was ist mit den Ein­zel­gän­gern? Gott­fried Benn, Emil Cioran, Juli­us Evo­la, Jean Ras­pail und Ernst von Salomon.
Und dann kom­men die weni­ger prä­sen­ten: Eli­sa­beth Noel­le-Neu­mann, Pana­jo­tis Kon­dy­lis, Odo Mar­quard, und­so­wei­ter, noch­mals fünf­zig Namen und Werke.

Die Chan­ce, von einem die­ser Bücher gepackt und nach rechts gedreht zu wer­den, ist gut. Man soll­te sich das als Ent­gif­tungs­vor­gang vor­stel­len, als Auf­räum­ar­beit, als geis­ti­gen Umzug, durch den man den Kon­for­mis­mus und das Gefa­sel unse­rer Zeit hin­ter sich läßt. Gut ist, wenn einem dabei Hin­wei­se von erfah­re­nen Lesern hal­be Regal­me­ter und gan­ze Autoren erspa­ren und das Aus­ge­sieb­te, das Bewähr­te nahelegen.

Jedoch: Als wir im Rah­men der Win­ter­aka­de­mie unse­res Insti­tuts zum The­ma »Lek­tü­ren« in einer der abend­li­chen Arbeitsgruppen
die Teil­neh­mer nach den ent­schei­den­den Lek­tü­ren frag­ten, kam eine Lis­te zusam­men, in der­sich kaum ein Werk der oben genann­ten Autoren fand. Das ist nicht schwer zu erklä­ren: Man nimmt sich ja erst dann den rech­ten Kanon vor, wenn man zu uns gefun­den hat. Aber wie die­ser ers­te Zugang zustandekommt?

Ein gro­ßes Geheim­nis! Jeden­falls gibt es Lek­tü­ren, die wie Türen her­über­füh­ren, und sie sind auf­ge­stellt wie die Zugän­ge in den Chro­ni­ken von Nar­nia: ein Wand­schrank kann eine Ein­gangs­tür sein, eine Gar­ten­pfor­te auch, aber bei­de sind für den
nächs­ten, der sie öff­net, schon wie­der bloß das, was sie eben vor allem sind – Wand­schrank und Gartenpforte.

Wir raten also unbe­dingt zur wil­den Lek­tü­re, zum Stö­bern, Anle­sen, zum Abge­le­ge­nen, zur eige­nen Ord­nung. In den Biblio­the­ken von Leh­nert, Kai­ser, v. Wald­stein, Till­schnei­der, in denen von Hinz, Weiß­mann, Licht­mesz, Höcke, Kal­bitz fin­det sich der­sel­be Kern­be­stand an Autoren und Wer­ken wie in der von Kositza und Kubit­schek. Aber dann fächert sich das in einer Wei­se auf, die nur noch aus der inne­ren Ord­nung und Lei­den­schaft des jewei­li­gen Lesers und Besit­zers erklär­bar ist. Man steht vor Rät­seln und ahnt die Persönlichkeit.

Der Schrift­stel­ler Jor­ge Luis Bor­ges erwähn­te in einem sei­ner Wer­ke »eine gewis­se chi­ne­si­sche Enzy­klo­pä­die«, in der auch das
Tier­reich vor­ge­stellt wor­den sei. Unter den Kate­go­rien, die Bor­ges nennt, fin­den sich unter ande­rem »a) Tie­re, die dem Kai­ser gehö­ren«, »b) ein­bal­sa­mier­te Tie­re«, »g) her­ren­lo­se Hun­de« oder m) auch sol­che »die den Was­ser­krug zerbrochen
haben«. So kom­men wir wei­ter! In Kositz­as und mei­ner Biblio­thek fin­den sich a) alle Schlüs­sel­wer­ke, b) Bücher, die mir Kositza im Auto vor­ge­le­sen hat, c) gel­be Bücher, d) auf Buch­mes­sen Gestoh­le­nes, e) Bücher, die Armin Moh­ler erwähnt hat, f) Kositz­as Bücher, g) Bücher, die Imp­fun­gen glei­chen, h) alles von Rans­mayr, i) und von Ham­sun, j) Zeugs, k) …

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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