Sonntagsheld (171) – Mund zu, Herz wird kalt!

Richtig atmen will gelernt sein

Rich­tig atmen will gelernt sein

Vor weni­gen Tagen erst habe ich ein Hör­buch des ame­ri­ka­ni­schen Jour­na­lis­ten James Nes­tor zu Ende gehört, nun hat die WELT ihn zum Inter­view gela­den. Grund genug, ein­mal kurz durch­zu­at­men in der Sturz­flut des Gedruckten.

Womit wir auch gleich beim The­ma wären: „Breath – Atem: Neu­es Wis­sen über die ver­ges­se­ne Kunst des Atems“, so lau­tet der nicht ganz schlag­zei­len­rei­fe Titel von Nes­tors aktu­el­lem Buch, das im Früh­jahr 2020 erschien.  Inner­halb kur­zer Zeit mau­ser­te sich die 336 Sei­ten lan­ge Erkun­dungs­rei­se in die Welt der Respi­ra­ti­on zu einem der meist­ver­kauf­ten Bücher des Jahres.

Beim Ver­sand­mo­no­po­lis­ten Ama­zon liegt die deutsch­spra­chi­ge Über­set­zung auf Platz 29 – und damit zwar vier Plät­ze hin­ter dem Bür­ger­li­chen Gesetz­buch, aber immer­hin soli­de acht vor „The Gre­at Reset – Der Gro­ße Umbruch“ von Klaus Schwab.

Nicht, daß Nes­tors Buch mit dem einen oder dem ande­ren Titel irgend­et­was zu tun hät­te. Es geht ihm weder um Para­gra­phen­rei­te­rei, noch um die Neue Welt­ord­nung, son­dern vor allem dar­um, daß die Men­schen den Mund zu machen, wenigs­tens dann, wenn sie nicht spre­chen. Das ist die Quint­essenz des­sen, was der Leser selbst bei ober­fläch­lichs­ter Lek­tü­re aus den Zei­len des Kali­for­niers zieht.

Die Gefah­ren des „mouth breathing“ – also der andau­ern­den Atem­luft­auf­nah­me über den Mund statt durch die Nase – sind es, mit denen sich Nes­tor über einen Groß­teil sei­nes Buchs hin­weg fun­diert und wis­sens­durs­tig aus­ein­an­der­setzt. Schie­fe Zäh­ne, ein flie­hen­des Kinn, eine unter­ent­wi­ckel­te Kie­fer­kon­tur, aber auch Asth­ma, Angst­zu­stän­de und Schlafpnoe gehö­ren zu den viel­sei­ti­gen gesund­heit­li­chen Pro­ble­men, die er dabei – nicht sel­ten aus Pati­en­ten­sicht – the­ma­ti­siert und untersucht.

Aller­dings han­delt es sich bei „Breath“ nicht nur um einen Haus­frau­en­rat­ge­ber gegen chro­ni­sche Kurz­at­mig­keit, son­dern um eine viel­fäl­ti­ge und unter­halt­sam geschrie­be­ne Betrach­tung des Gesamt­phä­no­mens Atem.

Die Beschäf­ti­gung mit die­sem wohl fun­da­men­tals­ten kör­per­li­chen Grund­be­dürf­nis führt Nes­tor von den Pari­ser Kata­kom­ben über die bra­si­lia­ni­sche Metro­po­le Sao Pao­lo bis an die Sei­te hip­pies­ker Selbst­fin­dungs­grup­pen. Sekun­diert wer­den sei­ne wis­sen­schaft­li­chen Recher­che­er­geb­nis­se zur erstaun­li­chen Macht des Atems dabei nicht nur von ame­ri­ka­ni­schen India­nern, son­dern auch von indi­schen Yogis und Tiefseetauchern.

Selbst bei der Hör­buch-Lek­tü­re (nennt man das so?) fällt auf: Obgleich es sich bei „Breath“ um ein Sach­buch han­delt, gelingt es Nes­tor einen sta­bi­len Span­nungs­bo­gen zu schla­gen. Die ein­zel­nen Kapi­tel fügen sich orga­nisch anein­an­der, ste­hen häu­fig in wech­sel­sei­ti­gem Bezug und wer­den ein­ge­rahmt durch die unter­halt­sa­me Schil­de­run­gen meh­re­rer Selbst­ex­pe­ri­men­te, die der Autor durch­ge­führt hat.

Mal ist es die Nase, die zuge­klebt wird, mal der Mund (näm­lich vor dem Schla­fen­ge­hen, kein Witz!); mal wird kon­trol­liert hyper­ven­ti­liert, mal wird beim Aus­dau­er­lauf die Luft ange­hal­ten. Immer aber geht es um die viel­sei­ti­gen Aus­wir­kun­gen, die eine bewuß­te Arbeit im Bereich der Atmung haben kann.

Wer also Inter­es­se hat, sport­li­che Höchst­leis­tun­gen durch Opti­mie­rung des Ver­hält­nis­ses von Sau­er­stoff und Koh­len­stoff­di­oxid im Kör­per zu erzie­len, auf den Spu­ren des Psy­chonau­ten Sta­nis­lav Grof in die Erleb­nis­tie­fen des Holo­tro­pen Atmens ein­zu­tau­chen, oder ein­fach nur sein Immun­sys­tem mit der Wim-Hof-Metho­de gegen das nächs­te Hor­ror­vi­rus wapp­nen möch­te, der fin­det “Breath” beim Buch­ver­sand sei­nes Vertrauens.

 

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Kommentare (2)

Volksdeutscher

24. Januar 2021 16:14

Breath - Atem ist das eine Wortpaar, mit dessen Hilfe man Assiazionen erstellen, miteinander verketten und dadurch Erkenntnisse erschließen kann. Mir fällt aber noch ein anderes Wortpaar ein, nämlich Breath - Brodem... Über die etymologische Verwandtschaft hinaus böte es andere, vielleicht hinterlistigere, gemeinere Assoziationen zu bestehenden Verordnung der Regierung. Denn das Tragen der Maske zwingt uns zwar einerseits zur Mundatmung, um größerer Menge Luft habhaft zu werden. Andererseits hat es aber auch seine Vorteile. Wo ich nebenberuflich jobbe, verkehrt ein sehr ungepflegtes Volk, das man auf den ersten Blick als Merkels Volk identifizieren kann. Gar nicht so lange her, als man noch keine Maske tragen mußte, brauchte man starke Nerven, es in der Nähe dieser Leute auszuhalten. Von wegen Atem! Sie hatten diesen unbeschreiblichen Brodem, der einen wahnsinnig machte und einem den Atem stocken ließ. Da sie nun auch die Maske tragen müssen,  kann unsereiner wieder - aufatmen!

Franz Bettinger

26. Januar 2021 09:50

Dem Schöpfer sei Dank, dass wir zum Atmen keinen Willen, keinen Verstand und kein Buch brauchen. Man braucht auch keine Sportmedizin, um automatisch (!) das Richtige zu tun, wenn man im Kayak vor einem Wasserfall steht, den es runter zu paddeln gilt. Man sitzt da, schaut auf die Abrisskante und während man den Punkt anvisiert, über den es mit Schwung hinweg zu paddeln gilt und sich konzentriert, macht man wie von selbst tiefe (sehr tiefe) Atemzüge (die das Blut von CO2 befreien), und das macht sogar ein Frosch.

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