Reine Politik, Lagedenken, 100 Hefte

Dort, wo die bündische Jugend (dieser straffe Nachfolger des Wandervogels) Begriffsfindung betrieb, stoßen wir auf eine starke Selbstverortungsvokabel:

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

»Jugend­reich«. Man beschrieb damit den Selbst­ver­such, den Zwän­gen der moder­nen, arbeits­tei­li­gen, durch­or­ga­ni­sier­ten und cle­ve­ren Mas­sen­ge­sell­schaft in einen anders auf­ge­spann­ten Raum zu ent­kom­men – und sei es nur für Tage oder Wochen.

Im »Jugend­reich« gal­ten ande­re Geset­ze, ande­re Unab­hän­gig­kei­ten, dort führ­te und folg­te ein ande­rer Typus, dort hat­ten der Moment und der Traum, der nutz­lo­se Dienst und der Gral, der gan­ze ehr­li­che Lebens­ernst und die Ableh­nung von Ver­kaufs­kon­zept und Beschwich­ti­gungs­men­ta­li­tät eine ins bür­ger­li­che Leben, ins Arbeits­le­ben kaum über­trag­ba­re Bedeu­tung. Eine der Schlüs­sel­pa­ro­len lau­te­te: »rein blei­ben und reif wer­den«. Sie ziel­te auf Ver­ant­wor­tungs­be­wußt­sein, Ein­satz­be­reit­schaft, inne­re und geis­ti­ge Sau­ber­keit und leben­di­ge, ehr­li­che Zuneigung.

Kri­tik an die­ser idea­lis­ti­schen Über­span­nung wur­de schon damals hef­tig geäu­ßert. Aus einer sol­chen Kunst­welt, einem aus­blen­den­den Ander­land, Tugen­den fürs Hier und Jetzt zu schöp­fen sei fahr­läs­sig und zie­he die bes­ten Kräf­te dort ab, wo sie am nötigs­ten sei­en: vom Raum der Real­po­li­tik, vom Mög­li­chen, vom Kom­pro­miß, von der Mehr­heits­su­che – vom, aufs Gan­ze gese­hen, nicht hin­rei­chend gro­ßen, aber doch wenigs­tens ansetz­ba­ren Hebel, den man unbe­dingt in die Hand bekom­men müs­se, wol­le man über­haupt etwas »mit­ge­stal­ten«.

Aber wer will das schon, mit­ge­stal­ten, wo die vor Kraft strot­zen­den Unhin­ter­geh­bar­kei­ten der moder­nen und post­mo­der­nen Ent­wick­lung samt ihren tech­ni­schen Ent­spre­chun­gen (Häpp­chen­geist, Echt­zeit, Iden­ti­täts­bas­te­lei, Trans­hu­ma­nis­mus) den »Auf­hal­ter«, den Brem­ser, den War­ner, den Träu­mer, den »Wan­de­rer zwi­schen bei­den Wel­ten« anlä­cheln – um ihm im nächs­ten Moment eine zu knal­len, daß er sich benom­men in die Ecke ver­zieht, aus der er sich (mit­ge­stal­tungs­fröh­lich) eben erst her­vor­ge­wagt hatte.

Wären wir von die­ser Sor­te, hät­ten wir unser Blatt nicht Sezes­si­on genannt, son­dern »Hal­lo« oder »Ein­wurf« oder, in einem Moment des Durch­blicks, »Bei­stell­tisch« oder »Durch­rei­che«.

Aber so war es eben nicht, vor acht­zehn Jah­ren, und daß es nicht so war, hat­te sei­nen Grund nicht nur, aber auch dar­in, daß wir dem bün­di­schen Gedan­ken an das Selbst­be­stim­mungs­recht im Jugend­reich eine Art Leit­li­ni­en­kom­pe­tenz ein­räum­ten – weit über die Jugend­pha­se hinaus.

Ins Ver­le­ge­ri­sche, in den meta­po­li­ti­schen Ansatz einer »Sezes­si­on« hin­ein über­tra­gen, lau­ten die Begrif­fe zwar anders, aber gemeint ist das­sel­be: »rei­ne Poli­tik« oder »Nach­ah­mungs­ver­bot« oder auch »gro­ße Los­lö­sung«. Den letz­ten präg­te Nietz­sche, sei­ne »gro­ße Los­lö­sung« ist eine Patin des Namens unse­rer Zeitschrift.

»Nach­ah­mungs­ver­bot« ist ein Ein­satz­grund­satz aus dem Gue­rill­amar­ke­ting: nie­mals das nach­zu­bau­en ver­su­chen, was bloß klappt, wenn man auf Wohl­wol­len, auf offe­ne Arme, auf För­der­töp­fe, auf die Strom­li­nie des Flus­ses trifft; bes­ser also stets davon aus­ge­hen, daß man an den ent­schei­den­den Stel­len alles auf ganz eige­ne Wei­se erle­di­gen muß: neu erfin­den, aus­pro­bie­ren, durchsetzen.

Und die »rei­ne Poli­tik«? Im Grun­de ist das der Gegen­be­griff zum »Lage­den­ken«, und hier wird es schwie­rig: »Lage­den­ken« (wir nann­ten zuletzt die Fest­schrift zum Zwan­zig­jäh­ri­gen unse­res Insti­tuts so !) ist einer der rech­ten, kon­ser­va­ti­ven Begrif­fe schlechthin.

In der Lage zu den­ken (und zu leben) bedeu­tet, von dem, was ist, nicht zu abs­tra­hie­ren und kei­nes­falls die Wirk­lich­keit und das Leben auf uto­pi­schem Abweg zu ver­ge­wal­ti­gen. (Eine knap­pe­re Beschrei­bung rech­ter Poli­tik gibt es nicht: das gedeih­li­che Leben vor den Ver­ge­wal­ti­gun­gen durch die Expe­ri­men­tier­freu­de ver­ant­wor­tungs­lo­ser Ent­wür­fe zu bewahren.)

»Rei­ne Poli­tik« und »Lage­den­ken« – der Kreu­zungs­punkt liegt dort, wo wir nicht mehr zurecht­kom­men wol­len. Denn natür­lich kann man immer irgend­wie zurecht­kom­men mit dem, was einem die Gesell­schafts­klemp­ner auf­ge­ben, auf­la­den, abver­lan­gen. »Rei­ne Poli­tik« bedeu­tet dann, trotz Ein­sicht in die Lage und in die Über­macht der ande­ren, trotz Kennt­nis der Strom­li­nie den Dreck nicht mehr mit­zu­ma­chen, nicht mehr mit­zu­schwim­men, mit­zu­ge­stal­ten, son­dern vom grund­sätz­lich Rich­ti­gen nicht zu lassen.

Wie so etwas aus­se­hen könn­te? Blät­tern Sie mal in hun­dert Heften.

– – –

(Oder zunächst mal das 100. Heft: hier bestellen.)

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (15)

anatol broder

18. Februar 2021 12:55

aus tristan von thomas mann, § 7:

spinell. sag mir, gnädige frau: deine familie ist wohl alt? es haben wohl schon viele generationen in dem grauen giebelhaus gelebt, gearbeitet und das zeitliche gesegnet?

klöterjahn. ja. warum fragst du übrigens?

spinell. weil es nicht selten geschieht, dass ein geschlecht mit praktischen, bürgerlichen und trockenen traditionen sich gegen das ende seiner tage noch einmal durch die kunst verklärt.

klöterjahn. ist dem so? ja, was meinen vater betrifft, so ist er sicherlich mehr ein künstler als mancher, der sich so nennt und vom ruhme lebt. ich spiele nur ein bisschen klavier. jetzt haben sie es mir ja verboten; aber damals, zu hause, spielte ich noch. mein vater und ich, wir spielten zusammen. ja, ich habe all die jahre in lieber erinnerung; besonders den garten, unseren garten, hinterm hause. er war jämmerlich verwildert und verwuchert und von zerbröckelten, bemoosten mauern eingeschlossen; aber gerade das gab ihm viel reiz. in der mitte war ein springbrunnen, mit einem dichten kranz von schwertlilien umgeben. im sommer verbrachte ich dort lange stunden mit meinen freundinnen. wir sassen alle auf kleinen feldsesseln rund um den springbrunnen herum …

spinell. wie schön.

Phil

18. Februar 2021 14:54

Ich finde, Ihnen ist das Vorwort zur Nr. 100 gelungen.

Der Sinnierer

18. Februar 2021 16:36

Die Loslösung von der Systembeeinflussung muß schon im Kindesalter beginnen, sonst enden wir in der bei jeder Generation wiederkehrenden Entwicklung einer beschleunigten Verhausschweinung/Pseudolinksausrichtung des Menschen. In der "68er Revolte" äußerte sich die seit 1945 betriebene "Amerikanisierung" (eher: Konsumorientierung) der Jugend und es kam - im Westen - zur Abkappung der religiösen und traditionellen Wurzeln mit Hinwendung zum seichten Konsummodell der USA. In den 90er Jahren folgte die nächste Verhausschweinung/Pseudolinksausrichtung/Amerikanisierung der nun adult gewordenen zweiten Nachkiegskohorte mit ersten Auslandskriegen der BRD, Grüne an der Macht, massenhafte Einbürgerung im Sinne des ius solis etc. Aktuell erleben wir die dritte Nachweltkriegsgeneration mit der "FFF"-Entwicklung, der Buntisierung Deutschlands, Stofftierbewurf von Migranten an Bahnhöfen und sogenannten Diversifizierung ("gender"), um nur einige Themen pars pro toto herauszulesen aus diesen Mentalitäts- und Generationsschüben. Die Jugend daher im ursprünglichen und natürlichen Sinne zu erziehen, sie zu impfen gegen diese kontrollierten Beeinflussungsmaßnahmen des Systems, ist ein hehres Ziel jedes Vaters und jeder Mutter, denn das Gegenteil einer Konsumdrohne ist der mündige, in der Natur und Tradition verwurzelte Bürger wie er hier bei der Sezession propagiert wird. Erwachsen geworden finden diese Kinder dann mit Ihrer Zeitschrift jene intellektuelle Fortführung dieser Loslösung, weshalb ich Dank sagen will!

Pferdefuss

18. Februar 2021 17:36

@ Phil

Im Original gelesen: Stimme Ihnen zu! Bin noch mitten im Heft! Eine Perle! Würdig der 100sten Ausgabe! An die Noch-nicht-Abonnenten: Kauft!

@ anatol broder

Die totale Kleinschreibung habe ich als Ihr persönliches Markenzeichen z K. genommen,  auch angesichts dessen, dass Koryphäen wie Stephan George, Berthold Brecht und Götz Kubitschek damit experimentierten und sich das 'Getwitter' mehr und mehr mit Egalität (egal!) des Kleingedruckten zu erkennen gibt.

Sich von höchster Stelle Deckung oder Verstärkung durch ein Zitat von Thomas Mann zu verschaffen, ist das noch eine Marotte oder schon Transhumanismus, Sprachmuffel, Duden-Reformation 2.0, Gender-Mensch*Innen-Ideologie (oder so) oder böswillige Zersetzung des Kulturguts 'Hochdeutsch'? 

P.S. Darf ich fragen, ob Deutsch Ihre Muttersprache und welche Sprache Ihre erste Fremdsprache ist?  

Gotlandfahrer

18. Februar 2021 18:04

1/2

Hochverehrter Hausherr,

wer, wenn nicht Sie, hätte es mehr verdient, einen Schwenk auf unbefristete, gemeinschaftliche Habilitierungsarbeiten im Saatgutarchiv zu verkünden.  Ja sogar für Emeritierungssignale oder eine Selbstversiegelung in Bahlsens Probierstube hätte ich uneingeschränktes Verständnis.  Und wer, wenn nicht Kommentartrolle wie zum Beispiel ich, hätte es mehr verdient, dies nur allein mit Danksagung für den bisher freigelegten Weg hinzunehmen und alles Weitere an der frischen Luft auch mal selbst auszufechten.  Hiermit könnte ich schließen. Aber eines noch, und ich meine dies als seufzend vorgetragenes Kompliment, nicht als Vorwurf: Haben Sie einen Tipp, wer die – nie geschlossene, aber so alsbald mal erhoffte - Lücke zwischen Ideal und dreckiger Wirklichkeit verdammt nochmal schließen könnte? Meine Wenigkeit hatte schon 2006, ein Jahr habe ich mir diese Person im Amt angeguckt, die Schnauze vom über zwanzigjährigen Mitgestalten voll und bin wegen des „absehbaren Weges in den Sozialismus“ aus der CDU ausgetreten, bin also selbst auch schuld und darf nichts erwarten.  Aber eine Zeitschrift für politische Modellbahnfreunde hilft jetzt auch nicht weiter.  Gibt es denn in diesem Volk verdammt nochmal nirgends jemanden, der die schmutzigen Fäden in diesem Zustand des „unrestricted Warfare“ praxistauglich zusammenführt? 

Gotlandfahrer

18. Februar 2021 18:04

2/2

Es gibt haufenweise sehr gute Reden von AfD-Abgeordneten, und enorm talentierte, fleißige und mutige Menschen in Partei, Umfeld, in der IB, bei Einprozent, den alternativen Medien usw unsf. Das alles erinnert mich aber an die verstreuten Haufendörfer in den germanischen Wäldern, während das durchorganisierte Rom gerade den Limes mitten durch unsere Hütten fräst.  Da wird sich empört, dass man entmonetarisiert wird.  OK, das ist blöd. Das ist so, als ob mir die gegnerische Armee die Vorräte wegnimmt. Ich rede nicht vom „starken Mann“, sondern eher von einer Verbinderplattform, einen Ort, wo die Befreiungsagenda gesetzt wird, wo die wesentlichen Hypothesen geprüft werden indem die richtigen Fragen an die richtigen Auskunftgeber gestellt werden, die Essenz wieder und wieder rausgehämmert wird ohne sich in Einzelaspekten des Tagesrauschens zu verlieren.  Jeder Kanalinhaber kämpft für sich, manche interviewen sich gegenseitig, andere weisen sich nach, nicht ganz sauber zu sein, aber es gibt niemanden, zu dem man hinmuss, wenn man als Liebhaber der grundgesetzlichen Ordnung ernstgenommen und zum Baustein im „Action“-Plan werden will. So einen deutschen Warroom (bitte jetzt niemand antworten, was es an Steve Bannon oder den VSA an sich auszusetzen gibt). Das Prinzip ist denke ich klar.

Wer, wenn nicht SIE, hätte das Zeug, die Trommel zu schlagen?

Maiordomus

18. Februar 2021 18:24

@Pferdefuss. "Bertolt Brecht" bitte sehr. Vor allem war die Kleinschreibung ein Postulat der Begründer der Germanistik, der Brüder Grimm. Würde mich aber aus kulturhistorischen Gründen und weil wir derzeit (u.a. wegen Gender und einer literarischen Nullepoche für eine Sprachrevolution schlecht disponiert sind:: beachten Sie die Lage des neuesten Dramas, des Romans und eigentlich auch der Lyrik) trotz noch durchaus noch guten Büchern  dann und wann, am besten vielleicht Sachbücher und Übersetzungen. Auch wenn Sprachwandel im Prinzip zu akzeptieren ist, erfolgt dieser derzeit unter einem derartigen vorherrschenden ideologischen Diktat, dass es unser Anliegen bleiben sollte, wenigstens die ganz grosse deutsche Literatur (George meinetwegen inbegriffen) unangetastet zu lassen. Grössere Eingriffe in den strukturbildenden Schrift-Duktus werden über alles mehr Schaden als Nutzen mit sich bringen; den Bruch mit noch wertvollen Traditionen, die über die Sprache das Denken mitbestimmen, beschleunigen. Für eine Übergangszeit werden Schlauberger sagen: Es ist freiwillig, wer beim Alten bleiben will, darf es; aber genau dies wird auf Dauer nicht aufgehen.

RMH

18. Februar 2021 22:34

Ich möchte mich an dieser Stelle auch sehr gerne für 100 Ausgaben der Sezession herzlich bedanken!

Heft 1 habe ich damals noch auf Empfehlung eines Freundes bekommen und dann habe ich sofort die Zeitschrift abonniert - und dabei wird es auch bleiben.

Heft 100 bringt viele Erinnerungen wieder.

Vor kurzem habe ich in einer Schublade Aufkleber im "Division" Stil gefunden mit Sarrazin-Konterfei. Die stammen doch auch von einer Antaios-Aktion, oder? 

Wie die Zeit vergeht ...

Maiordomus

19. Februar 2021 10:38

@Heft 100. "Rein bleiben und reif werden" war auch ohne "bündische Jugend" (ein Begriff, der mir Unbehagen bereitete) einst Motto meiner Erziehung in kath. Internat. Bei Nr. 100 waren für mich  Besprechungen von Kositza wegleitend, so. das Buch über Wassermann (dessen "Kaspar Hauser" ich vor 60 Jahren las) und natürlich des Wedekindsohnes Regnier, von dessen behandelten Autoren ich dank Jahrgang ebenfalls schon von jedem mindestens ein Buch gelesen. habe, aber kein Text so gut wie "Der Brand von Egliswil" von Wedekind. Der konnte sogar Heimatliteratur! Die mutmassliche Fehlbeurteilung Mosebach muss ich bei Ko. nun mal schlucken.

@Kaiser. Beim Porträt Fukuyama, bei methodischer Geschichtsanalyse Niveau Popper und Lübbe auf Stufe Proseminar wegen Denkschwäche ungenügend, wird immerhin kritisch dargestellt, womit, entschuldigen Sie den Studienrats-Jargon, Hausaufgabe respektabel abgeliefert wurde.

 Es gibt wohl europaweit kein einschlägiges polit-geistiges Magazin auf diesem Niveau. Wenn ich von politkonformen dt. Bekannten darauf angesprochen werde, bedaure ich, dass es aus Unionskreisen, weil an der Macht, leider nichts mit vergleichbaren geistigen Ansprüchen gebe. Guenon, Regnier, Schwab: Bestellt!

Maiordomus

19. Februar 2021 12:12

PS. Es geht beim vernichtenden Negativ-Urteil Fukuyama natürlich um dessen historizistische pseudohegelianische Geschichtsanalyse, nicht um den wirklich respektierten Artikel von Benedikt Kaiser. Zu den Grundlagen, ohne die man methodisch nun mal wirklich nicht im Bild ist: Karl Popper, Das Elend des Historizismus; Hermann Lübbe: Geschichtsbegriff und Geschichtsinteresse, 2. Auflage Basel 2012. Eines der bedeutendsten kritischen Bücher in der Geschichte der Philosophie. Seither kann man so wenig mehr zum Beispiel von "Gesetzmässigkeiten der Geschichte" sprechen wie von einem "Ende der Geschichte", welches zwar theoretisch vom allerletzten Menschen kurz vor Lichterlöschen zwar noch erzählt werden könnte, vielleicht für eine der Menschheit nachfolgende ähnlich intelligente Spezies. Lübbe kann auch als der gewichtigste Kritiker von Habermas u. Co. gelten sowie jeder Art von politischer Theologie, Ich nahm vor 49 Jahren an seinem einschlägigen Seminar über Carl Schmitt teil.

Maiordomus

19. Februar 2021 12:54

PS 2: Für Wedekind-Leserinnen u. Leser sowie Freunde: Die Meistererzähluing "Der Brand von Egliswil", autobiographisch mit Bezug zur Strafanstalt Lenzburg nahe von Wedekinds Jugendstätte Schloss Lenzburg (wo schon Barbarossa sich aufhielt): Der Text ist lesbar im Reclam-Grossband "Schöne Geschichten", 1998 von Peter von Matt (erstmals) herausgegeben. Neben Erzählungen von Robert Walser ("Schlacht bei Sempach"), Heinrich Federer ("Vater und Sohn im Examen"), Meinrad Inglin "(Die Furggel"), Albin Zollinger ("Russenpferde") wohl die schönste Schweizer Heimatnovelle überhaupt, wenn wir von Canettis in seine Autobiographie eingestreuten Geschichte "Die Haustochter" absehen, ein Text übrigens noch vor dem Frauenstimmrecht, ohne den aber die Schweizer Demokratie auch in Abgrenzung aller anderen Varianten nicht verstanden werden kann. Die Nachkommin der Sieger der Schlacht bei Näfels (gegen Habsburg) gab ihrer aus Oe eingewanderten Hausherrin, Canettis Mutter, den Tarif an! Wedekind: Dorfnovelle der allerhöchsten Kategorie, im 21. Jahrhundert bisher unerreicht!

 

anatol broder

19. Februar 2021 13:30

@ pferdefuss 

  1. der forscher
  2. Der Forscher
  3. Der wahre Forscher
  4. Der wahre Forschergeist
  5. Der wahre Forschendengeist
  6. Der total wahre Forschendengeist
  7. TWFG ®

wem trauen?

rein und reif ist kein hüpfspiel.

ps: ein andermal.

Maiordomus

19. Februar 2021 13:48

PS 2 für Ossis, Wessis und Österreicher punkto "Dorfnovelle", höchste Kategorie:

- Ossi. Theodor Fontane: "Unterm Birnbaum"  (auch unerreicht als Dorfkrimi, erschien zuerst in der "Gartenlaube")

- Wessi: Clemens Brentano: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl

- Oesterreich. "Kalkstein" von Adalbert Stifter, hat noch tiefere Dimensionen, den ganzen Stifter repräsentierend,  aber weniger populär als die gleichwertige Novelle "Bergkristall"

Die Hinweise sind als Alternative zur "Null-Epoche" gemeint, wobei aber gerade hier die Szene, wie es Kositza vorbildlich leistet, incl. Bestellungen weiterverfolgt werden muss, und natürlich sollen die Lichtblicke nicht verleugnet werden. Auch das gehört zu dem von mir regelmässig wohlanerkannten gedruckten Heft. Erachte den Rezensionsteil in diesem Sinn als Bestandteil eines noch stattfindenden deutschsprachigen Geisteslebens. 

 

 

 

Pferdefuss

19. Februar 2021 20:06

Dem Schöpfer der 100maligen und immer wieder einmaligen Ausgabe der Sezession gratuliere ich nochmals herzlich zum Jubiläum. Ein Förderabo als kleines Geschenk. Mögen mir andere folgen.

@ Majordomus

'Berthold': Verdammt! Immer dieselbe Kerbe. Was ich selbst proklamiere, verfehle ich am liebsten. Sie sind ein Meister des Fachs, so was zu entdecken. Lehrmeister also.

P.S. Darf man wissen, wo Sie in der Schweiz beheimatet sind?

@anatol broder

Auf, auf!  zum Superlativ: Nur noch Initialen. 'P.S. ein andermal': Bis dahin pure Langeweile.  

   

Der_Juergen

19. Februar 2021 21:40

Habe das neue Heft heute erhalten und werde es, wie stets, mit grossem Genuss lesen. Ein Glückwunsch an Kubitschek, Kositza und ihre Mitstreiter zur 100. Ausgabe. Hier wurde viel gearbeitet, und wahrhaftig nicht umsonst.

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