Eine Kleine Anfrage der Fraktion Die LINKE im Bundestag unter der Federführung der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn und Gökay Akbulut förderte Erkenntnisse zutage, die die Antragssteller wohl lieber im Dunkeln gelassen hätten.
Das Ziel der Kleinen Anfrage war es, die Fälle von Brandstiftung aus dem Bereich der Politisch motivierten Kriminalität-rechts aus den Jahren 2018 und 2019 in Erfahrung zu bringen. Dumm nur, wenn man die erste und zentrale Frage der Anfrage so offen formuliert, daß in der Antwort der Bundesregierung alle Brandstiftungen aus dem Bereich der Politisch motivierten Kriminalität aufgelistet werden.
Das Ergebnis: In den Jahren 2018 bis 2019 wurden vom Bundeskriminalamt 378 Branddelikte dem Bereich Politisch motivierte Kriminalität zugeordnet. Lediglich 17 davon werden einem rechten Hintergrund zugeordnet, während sage und schreibe 308 dieser Delikte von Linken verübt wurden. Die restlichen 53 Fälle entfielen auf »Ausländische Ideologie« und »Nicht zuzuordnen« – was alles unter »Ausländische Ideologie« fällt und inwiefern Taten, die »Nicht zuzuordnen« sind, klar als Politisch motivierte Kriminalität kategorisiert werden können, bleibt in der Antwort auf die Anfrage offen.
An dieser Stelle ein kleiner Wink an den ein oder anderen AfD-MdB, der vielleicht fleißig die Sezession im Netz liest: Die Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage von Frau Renner bietet etliche Ansatzpunkte, um mit einer eigenen Anfrage noch einmal mehr Details zu den linken Brandstiftungen in Erfahrung zu bringen.
Indes steht außer Frage, daß den Fragestellern bei der Kleinen Anfrage ein erheblicher Lapsus unterlaufen ist. Mit ziemlicher Sicherheit hatte man nicht dieses Ergebnis erzeugen wollen, sondern auf weitere irreführende Daten gehofft, mit denen man das Schreckgespenst der »Gefahr von rechts« hätte weiter aufblasen können. Speziell Martina Renner – die im Bundestagplenum gerne mit Antifa-Anstecker posiert – sollte ihr eigenes Milieu gut genug kennen, um zu wissen, daß Fragen zu Branddelikten am besten sehr vorsichtig und eingeschränkt gestellt werden müssen, damit nicht das ganze gewalttätige Ausmaß des linken Vorfelds ans Tageslicht gezerrt wird.
Nun liegt die Rußspur linksextremer Zündler hier schwarz auf weiß in Druckbuchstaben vor:
Fälle von Brandstiftung aus dem Bereich der Politisch motivierten Kriminalität- rechts in den Jahren 2018 und 2019
Am Rande der Gesellschaft geht es in die 14. Runde – Themen gibt es zu genüge. Diesmal bieten das neu gegründete »Netzwerk Wissenschaftsfreiheit«, die Einfamilienhaus-Debatte bzw. der Widerstand gegen die Suburbanisierung und die Renaissance des Autoritären im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ausgiebig Stoff für Diskussionen.
Ist das »Netzwerk Wissenschaftsfreiheit« nicht nur ein neuer, jedoch weniger verbindlicher Aufguß des von Ernst Nolte gegründeten Bundes der Freiheit der Wissenschaft? Und wie nachhaltig und wirksam ist ein solches Netzwerk überhaupt?
Worum geht es bei der Einfamilienhaus-Debatte konkret? Um die ökologischen oder die sozialen Problemfelder und ist das Anliegen hinter einer Eindämmung des suburbanen Zerfaserns legitim? Woher rührt die neue Lust am Autoritären? Welche Überlegungen zu einem neuen starken Staat haben Substanz und welche nicht?
Sezession-Chefredakteur Götz Kubitschek, IfS-Leiter Dr. Erik Lehnert, Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza und Sezession-Redakteur Benedikt Kaiser gehen all diesen Fragen wie immer mit einer angenehmen Brise aus Humor und Gelassenheit hier auf den Grund:
In der aktuellen Jungen Freiheit (JF) vom 19. Februar bekam der Pinneberger und an der Universität Köln lehrende Rechtswissenschaftler Dr. Ulrich Vosgerau die Gelegenheit, die 39. Studie des Instituts für Staatspolitik von Josef Schüßlburner Scheitert die AfD? Die Illusion der Freiheitlichkeit und die politische Alternative (kann hier bestellt werden) in seiner Rezension unter dem Titel »Falsche Schuldzuweisungen« zu verreißen.
Stein des Anstoßes ist die Studie Schüßlburners einrahmende Argumentation, daß es Ausdruck von politischer Naivität und das Ergebnis einer ausgeprägten bundesdeutschen Sozialisierung sei, welche die AfD-Führung dazu verleite, in Bezug auf die Beobachtung durch den Verfassungsschutz Zugeständnisse an das Establishment zu machen; derweil sie die politische Funktion, welche der Inlandgeheimdienst zeitlebens erfüllt, konsequent ausblendet.
Kurz und knapp zusammengefaßt, weist Schüßlburner darauf hin, daß das Grundgesetz kein unantastbarer Monolith im rechtspositivistischen Sinne ist, dessen Auslegung vom gesellschaftlichen Wandel unberührt bleibt und auf einen Status ante zurückgestellt werden könnte. Ferner geht er noch einen Schritt weiter und attestiert dem Grundgesetz qua seiner historischen Wurzeln in der alliierten Besatzung eine immanente Diskrimination rechter Strömungen. Das Spiel sei also schon von vorneherein zu Ungunsten der politischen Rechten ausgelegt und wer sich darauf einlasse, der könne nur verlieren.
Diese Feststellungen bewegten wiederum Vosgerau in besagter Rezension dazu, Schüßlburner peinlich bemühte Verfassungsfeindlichkeit und »laienhaftes Unverständnis« zu unterstellen. Nach Vosgerau habe die AfD auf der eigenen Verfassungstreue zu beharren und diese als ihr konstituierendes Nonplusultra herauszustellen. Dabei verlangt Vosgerau von der AfD das genaue Gegenteil wie Schüßlburner: Die Verantwortlichen hätten angesichts der drohenden Beobachtung durch den VS »sämtliche Anstrengungen dem Ziel unter[zu ]ordnen, eben dies zu vermeiden«.
Weiter stößt er sich an Schüßlburners Analyse der etablierten Kräfte als einem amerikafreundlichen Komplex und packt am Ende seines vor politischen Unvermögen sprühenden Verrisses ganz tief in die liberalkonservative Trickkiste: Das Grundgesetz sei heute ein halbkommunistisches, von 68ern gekapertes Zerrbild seiner selbst, woran die linksdominierten Medien maßgeblich Schuld hätten.
Fast jede Zeile Vosgeraus bietet Angriffspunkte und ist eine exemplarische Zurschaustellung all der Gründe, »warum Konservative immer verlieren«. Er steht inmitten der Flut einer sich ständig wandelnden Gesellschaft, die sich von dem Punkt der Geschichte, den er herbeisehnt, weit entfernt hat und die durch einen Verweis auf die alte Auslegung ihrer Gesetze sowie eine daran wieder anknüpfende Rechtsprechung, nicht im Zaum gehalten werden kann.
Er steckt in der Defensive und klammert sich letztlich an das Konstrukt eines entpolitisierten Rechts – eines festgesetzten Grundgesetz-Dogmas, das von der gesellschaftlichen Wirklichkeit entkoppelt ist. Die besondere politische Hilflosigkeit von Personen wie Vosgerau ergibt sich zudem dadurch, daß sie nicht die »Traditionen, deren Vergessen [sie] zu einem Großteil mitbefördert [haben], sondern lediglich eine ältere Form des Liberalismus« verteidigen. Vosgerau ist also ironischerweise selbst Kind des Wandels, dessen Auswirkungen er beklagt.
Aus diesem Umstand erwächst ferner seine Fehlanalyse des Phänomens der 68er-Revolte, die er für die »Fehldeutungen« des Grundgesetzes verantwortlich macht. Jedoch war die 68er-Revolution nicht ursächlich für den gesellschaftlichen Wandel der BRD, sondern nur Ausdruck bzw. politischer Nutznießer einer sozialen Entwicklung, die bereits vor 1968 eingesetzt hatte und deren Wurzeln weit vor die Sponti-Revolte zurückreichen.
Josef Kraus, ehemaliger Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und klassischer Konservativer, führte diesbezüglich in seinem Buch 50 Jahre Umerziehung – Die 68er und ihre Hinterlassenschaften auf S. 19ff aus:
Die ›68er‹ und ihre Epigonen schmücken sich mit fremden Federn. Denn in der Bundesrepublik hatten große Reformen und weitreichende Liberalisierungen lange vor 1968 stattgefunden – und damit ohne die 68er. (…) 1954 war eine große Staatsrechtsreform eingeleitet worden; die Kriterien Schuld und Strafe wurden ergänzt bzw. ersetzt durch die Prinzipien Resozialisierung und Reintegration. Die Strafbarkeit der Homosexualität wurde de facto aufgehoben, auch wenn deren endgültige Entkriminalisierung erst 1969 kam. 1958 folgte ein Gleichstellungsgesetz und damit das Ende des Alleinvertretungsrechts des Ehemannes (…). Mit dem September 1969 gab es eine Liberalisierung des Eherechts; die Strafbarkeit des Ehebruchs wurde aufgehoben, das Schuldprinzip bei der Ehescheidung erst 1976. Ab 1. Juli 1970 galten uneheliche Kinder nicht mehr als Personen minderen Rechts. Aber all dies war vor ›68‹ in die Wege geleitet worden.
Und der Universalhistoriker Rolf Peter Sieferle formulierte in seiner Studie Fortschrittsfeinde? auf S. 391 ergänzend:
Was die antiautoritäre Bewegung emphatisch-revolutionär gefordert hatte, kam nun, verstärkt durch den Wohlfahrtsstaat und die Reallohnsteigerungen, in breiter Front in Gang. Die alten puritanischen oder ›preußischen‹ Tugenden brachen zusammen. Triebverzicht, Selbstbeherrschung, Disziplin, Gehorsam und Opferbereitschaft waren keine Werte mehr, die sich einer großen Resonanz erfreuen konnten. Sie schienen einer vergangenen Zeit des Mangels und der Unterdrückung anzugehören und im Dienste überholter Herrschaftsverhältnisse zu stehen. Die neuen Werte, Emanzipation, Selbstverwirklichung, Autonomie und Unabhängigkeit wurden von den Kulturrevolutionären konzeptualisiert, aber sicherlich nicht erzeugt. Der ihnen zugrunde liegende Hedonismus wird vielmehr von der Warenproduktion, besonders der Werbung, selbst gefördert.
Es verwundert nicht, daß für jemanden wie Vosgerau, dessen politisches Ziel – wie er es in den ersten Zeilen seines Textes andeutet – in der Konservierung einer Helmut-Schmidt-BRD liegt, diese sozio-historischen Dynamiken im Dunkeln bleiben. So ist ihm auch die Einsicht verwehrt, daß der Anti-Amerikanismus der 68er bloße Fassade darstellte, die die willige Nachahmung des US-amerikanischen Linksliberalismus verdeckte, und Schüßlburners Analyse einer »amerikafreundlichen Parteienlandschaft« daher direkt ins Schwarze trifft.
Doch es endet nicht bei diesen sozio-historischen Fehlanalysen: Im Text beklagt Vosgerau die verfassungswidrige Grenzöffnung von 2015 sowie eine ebenso verfassungswidrige europäische Staatsschuldenvergemeinschaftung und begreift nicht, daß – wie das Carl Schmitt bereits feststellte – Macht durch das Recht nicht beschränkt wird, sondern das Recht erst durch Dezision Geltung erfährt.
Man muß zwangsläufig konstatieren, daß Schüßlburner die politischen Aspekte des Rechts besser verstanden hat als Vosgerau und deswegen im Gegensatz zum norddeutschen Juristen auch dazu in der Lage ist, »Demokratie« außerhalb des Rahmens des GG zu denken.
Gleichwohl ist Vosgeraus Verriß nicht ohne seinen Kontext zu verstehen: Das aggressive Schießen gegen die IfS-Studie mit all seinen Nebentönen und den (politischen) Absichten dahinter erhält in Anbetracht seiner Einbettung in die AfD-Agenda der JF seine schlüssige Folgerichtigkeit.
Denn im Grunde sind Vosgeraus Ausführungen lediglich das Ventilieren der Vorstellung des JF-Chefredakteurs Dieter Stein von einer »realpolitischen« AfD, die sich durch eine felsenfeste Bürgerlichkeit den dauerhaften politischen Erfolg sichern könne – die vorangegangen Zeilen sollten verdeutlicht haben, inwiefern die Umsetzung dieser Strategie die AfD marginalisieren und ihr Anliegen, eine grundlegende Alternative zum Status quo darzustellen, ad absurdum führen würde. Abgesehen davon stünde am Ende dieser Agenda nicht nur der Untergang einer Partei, sondern auch ein wiederholtes, folgenschweres Versagen der Rechten.
Laurenz
Werter Herr Schick, Sie haben das nicht verstanden. Die linken Brandstifter sind die guten Brandstifter und zündeln für die Gerechtigkeit, die rechten - hingegen sind gemeine Terroristen. Das kann man doch gar nicht vergleichen.