Die Praxis war speziell in Athen weit verbreitet gewesen. Heute erleben wir in der Form der Cancel Culture seine Auferstehung in modernem Gewand. Das auf dem kanal schnellroda und auch hier auf Sezession im Netz oft erwähnte und gleichsam kritisierte Netzwerk Wissenschaftsfreiheit hat sich als Reaktion auf die Ausweitung dieses Phänomens gegründet.
Auf der Netzseite des Netzwerks definiert man seinen Zweck wie folgt:
Wir sind ein Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich für ein freiheitliches Wissenschaftsklima einsetzen. Darunter verstehen wir eine plurale von Sachargumenten und gegenseitigem Respekt geprägte Debattenkultur und ein institutionelles Umfeld, in dem niemand aus Furcht vor sozialen und beruflichen Kosten Forschungsfragen und Debattenbeiträge meidet.
Die Auswüchse der neuen Lust an der sozialen Verbannung bekommen mittlerweile auch liberale Professoren zu spüren. Das geht so weit, daß man linksliberalen Intellektuellen wie der Philosphin Svenja Flaßpöhler das Etikett »rechtsreaktionär« anheftet, um sie aus dem eigenen Dunstkreis zu exkludieren und in einer Gesellschaft mit einem ausgeprägt phobischen Verhältnis zur politischen Rechten vollumfänglich zu diskreditieren.
Der taz, eigentlich ein klassischer Hort für moderne Scherbengerichte, gab Flaßpöhler ein Interview, über das ich dank Sezession-Literaturredakteurin Ellen Kositza gestolpert bin, die es über ihren Twitter-Account empfohlen hatte. Hier ein Auszug:
Gibt es den Teufel eigentlich auch in weiblicher Form? Ist das Teil irgendeines Diskurses oder darf der als einziger männlich bleiben?
Das weiß ich nicht, aber es gibt ganz sicher eine weibliche Form von Gewalt. Mich hat jedenfalls von Anfang an skeptisch gemacht, dass alle, wirklich alle #MeToo super fanden, von Alice Schwarzer und Angela Merkel über Giovanni di Lorenzo bis hin zur linken Feministin in Neukölln. Da wird eine Quasireligion aufgebaut und wer es wagt, die zu kritisieren, ist rechtsreaktionär. Das hat nichts mit einem offenen, liberalen, demokratischen Diskurs zu tun.
Wenn jetzt von rechter Seite aus faschistoide Vorstellungen wieder als wünschenswert artikuliert und als politisch durchsetzbar gedacht werden und von einer sich als progressiv verstehenden Seite der Gesellschaft auch das Reinheitspostulat kommt, wo bleibt denn der autonome Raum?
Da kann ich jetzt mal als Betroffene antworten. Dass meine Thesen streitbar sind, ist doch völlig klar. Aber was mich erschreckt hat, ist, dass manche Leute wegen meines #MeToo-Buches den Diskurs mit mir verweigern. Als wäre ich ein Nazi.
Was für Leute sind denn das?
Zum Teil Bekannte, die demselben Milieu entstammen.
Zum ganzen, eigentlich von Kositza gehobenen Fundstück geht es hier:
Von moralischem Totalitarismus – Hören Sie auf, Sie beleidigen uns!
Endlich, nach etlichen Aufschüben, bietet sich nun die Gelegenheit ein hörenswertes Fundstück aufzunehmen: die Lagebesprechung #49 mit Michael Schäfer.
Schäfer zeichnet für den ersten rechten Comic-Verlag, Hydra-Comics, verantwortlich (hier geht es zur Netzseite.). Der in Dresden ansässige, nonkonforme Kleinverlag sorgt seit mehreren Wochen für Furore in der deutschen Comicwelt. Lustigerweise mußte die Hydra dafür nichts weiter machen, als zu existieren.
Weil das altgediente deutsche Fachmagazin Comixene in einer Ausgabe einen kurzen Text abdruckte, der das Projekt »Hydra-Comics« ohne die sonst typischen Warnungen und »kritischen« Einordnungen vorstellte, sahen mehrere Gesinnungswächter ihre Zeit gekommen, um die typischen Mechanismen der oben bereits angeführten Cancel Culture ins Rollen zu bringen.
Die komplette Geschichte mit all ihren skurrilen Auswüchsen hören Sie hier:
Die Corona-Pandemie und die Politik der »Lockdowns« ist nicht nur die Zeit der großen Plattformkapitalisten wie Amazon, sondern auch die Stunde der Podcasts. Überall ploppen neue Formate auf. So auch beim konflikt-magazin, das zusätzlich zur Netzpräsenz den »konflik Podcast« aufnimmt (Hier geht’s zum YouTube-Kanal.).
Neben dem klassischen Gesprächsformat widmet man sich auch theoretischen Exkursionen. Eine dieser Exkursionen führt in die Gedankenwelten von Theodor W. Adorno, die Kritische Theorie. Genauer stellt man sich die Frage, wie das Denken Adornos dem »Konservativen im 21. Jahrhundert von Nutzen sein« könnte.
Im Grunde ist das die stringente Fortführung der Nutzbarmachung »milieufremder« Konzepte, mit der man die Neue Rechte speziell im Hinblick auf Gramscis Theorie der Kulturellen Hegemonie gemeinhin assoziiert. Sezession-Autor Nils Wegner hat dies bereits hier in seinen »Überlegungen zu einer postmodernen Rechten« in der Sezession 92 auf den Postmodernismus und in der Sezession 95 auf den Akzelerationismus ausgeweitet.
Hier geht es zum ersten Teil der hörenswerten Reihe »Postliberal« des »konflik Podcasts«:
Laurenz
@JS
Mag Ihnen widersprechen. Ein Scherbengericht wurde durch alle "Bürger" vorgenommen, und nicht nur von einem Teil einer Bevölkerung, wie jetzt durch ca. 13% Anywheres. Die Idee ist doch ganz nett. Und wenn Studenten so ihre Professoren aussieben, ist das doch in Ordnung. Denn jeder kriegt das, was er verdient. Bei Politikern wäre das doch auch eine gute Maßnahme, Horst Drehhofer muß dann ins Ösi-Exil.